𝖝𝖑𝖛𝖎𝖎𝖎. Wofür Sorgen?









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KAPITEL ACHTUNDVIERZIG
Wofür Sorgen?
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ELOISE WOLLTE SICH NICHT BESCHWEREN — WIRKLICH NICHT —, ABER SIE MUSSTE FESTSTELLEN, DASS FRED WEASLEY SEHR VIEL ZEIT UND ENERGIE HATTE. Zu viel. Sie dachte, sie war sich dessen bewusst gewesen, aber nun wo sie die erste war, die jede seiner Ideen laut und schnell erzählt bekam, manchmal auch dreimal, spürte sie die gesamten Ausmaße dieses Privilegs. Sie versuchte zuzuhören und ermutigende Kommentare abzugeben, aber Eloise merkte schnell, dass sie manchmal einfach ihre Ruhe brauchte.

Ihr war es in den letzten Wochen gar nicht so sehr aufgefallen. Seit ihrem Kuss... na ja... hatten sie eigentlich durchgehend Zeit miteinander verbracht. In einem Internat war das naheliegend und jede Sekunde ohne Fred war eine einzige Qual. Das klang vielleicht erbärmlich, aber es war die Wahrheit.

Eloise merkte allerdings nach und nach, dass sie mit jeglichen Hausaufgaben hinterher hing. Sie machte sie erst, wenn sie wirklich musste, und auch das eher schlecht als recht. Freds Anwesenheit war eine Gefährdung ihrer Aufmerksamkeitsspanne. Und es war nicht so, dass Eloise Klassenbeste war und immer die besten Noten absahnte, aber sie hatte sich immer Mühe für die Schule gegeben. Fred dagegen war das ja alles eher egal.

Schon als sie aufwachte fragte sie sich, wie sie heute mit seiner Energie umgehen sollte. Sie hatte Kopfschmerzen. Die Vision von gestern hatte sie mehr ausgelaugt, als sie erwartet hätte. Doch Fred stürmte schon vor dem Unterricht in ihren Schlafsaal, gerade als Eloise in ihrem BH durch den Raum lief und sich eine Bluse aus der Kommode kramen wollte.

Arwen schlief noch, weil sie morgens eine Freistunde hatte, Ophelia wartete fertig und motiviert, Grace machte sich im Bad fertig, und Eloise... Die errötete in den dunkelsten Rottönen, weil sie ohne ihre Bluse herumstand. Fred schien das jedoch kaum wahrzunehmen und packte sie energisch an den Armen, während er mit einer kleinen Erlenmeyerkolben vor ihrer Nase herumwedelte. „Schau mal", sagte er stolz.

„Fred", murmelte sie beschämt und erst jetzt schien er zu bemerken, dass sie tatsächlich noch gar nicht so viel anhatte.

Aber er winkte nur ab. „Stört mich nicht, das seh ich doch sowieso irgendwann", meinte er nebenher und wandte sich dann wieder dieser dämlichen Flasche zu. Eloise war froh, dass sie nicht noch roter werden konnte. „Wir wissen noch nicht, wie wir's nennen sollen. Wetter in der Flasche. Flaschenwetter. Wetter aus der Flasche. Verkorktes Wetter." Er lief in einem Kreis durch den Raum und Ophelia betrachtete ihn dabei, während Eloise hastig nach ihrer Bluse griff und sie eilig zuknöpfte.

„Stellt euch vor, ihr braucht eine Ablenkung", verkündete er und ließ sich auf Eloises Bett fallen. „Dann öffnet ihr eine unserer Flaschen. Und siehe da, ein Hurrikane fegt durch den Gang und ihr könnt abhauen. Oder es fängt an zu regnen. Nebel. Ein Schneesturm. Ein kleiner Tsunami. Cool, oder?"

„Mega", antwortete Eloise, die mit ihren Gedanken ganz woanders war und gegen das Pochen in ihrer Schläfe ankämpfte.

Arwen drehte sich herum. „Schmeiß ihn raus", murmelte sie und Eloise vermutete, dass diese Worte an sie gerichtet waren. Der Vollmond war heute, wenn sie sich richtig erinnerte, und sie hoffte, dass es Arwen halbwegs gut ging.

„Ach, ich stör doch nicht", entgegnete Fred und Eloise atmete tief durch, als er auf ihren Nachttisch sah und nach der Hexenwoche griff, die dort lag. Interessiert blätterte er durch die Seiten. „Oh, die engere Auswahl für das charmanteste Lächeln stehen fest. Wie spannend. Jetzt ist das mal wieder interessant, seit Lockhart weg vom Fenster ist, was?"

Eloise lief auf ihn zu und riss ihm die Zeitschrift aus der Hand.

„Hey", protestierte Fred. „Ich wollte noch das beste Toad in the Hole-Rezept aller Zeiten erfahren. Und die brennende Frage, welche Lippenstiftfarbe jeden Zauberer um den Verstand bringt." Er sah Eloise an und grinste. „Ich stimme für rot."

Sie ging nicht darauf ein und legte das Magazin wieder auf seinen Platz, bevor sie nach ihrer Hufflepuff-Krawatte griff. Arwen knurrte etwas, während Eloise mit bestimmter Stimme sagte: „Red nicht so über ihn. Gilderoys Verschwinden ist wirklich tragisch—"

„Gilderoy?", wiederholte Fred.

Eloise errötete.

„Mach dir nichts draus, er war halt Eloises große Liebe in der Vierten", warf Ophelia grinsend ein. „Und eigentlich seit sie die Hexenwoche liest."

Verlegen hob Eloise ihren Zauberstab, um ihre Krawatte zu binden. Fred lehnte sich zurück und sah zu Ophelia. „Gibt's da noch was, was ich wissen sollte?"

Ophelia grinste.

„Nein", sagte Eloise nur, doch ihre beste Freundin erzählte schon weiter:

„Eloise hatte mit zwölf diesen Plan."

„Plan?", wiederholte Fred amüsiert.

„Ja", gab Ophelia zurück, während Eloise die Arme verschränkte. „Sie meinte, wenn sie fünfundzwanzig ist, heiratet sie Prinz William."

Fred sah verwirrt aus. „Prinz wen?"

„Merlin Fred, den Enkel der Queen", murmelte Eloise verlegen. „Ich wollte Königin werden und ich dachte, vielleicht kann mein Dad mich irgendwann mal vorstellen oder so. Den Premierminister kennt er ja auch."

Stirnrunzelnd öffnete Fred den Mund. „Die Muggel haben eine Königin?", fragte er verwirrt.

„Ja", antwortete Ophelia, als wäre das offensichtlich.

„Ich verbiete jegliches Vorstellen oder Heiraten", entschloss Fred streng und Eloise schmunzelte leise.

„Keine Sorge, Fred, er wird dieses Jahr erst dreizehn, du hast noch ein paar Jahre mit ihr", scherzte Ophelia. „Wobei ich Harry am liebsten mag. Er ist frech und hat rote Haare, eigentlich ist das ja eher Eloises Typ."

Eloise warf ihr einen bösen Blick zu.

„Wie alt ist der?", fragte Fred skeptisch.

„Zehn", murmelte Eloise. Fred begann schallend zu lachen.

„Erzähl ihm lieber, auf wen du standest, Phelia", erklang Arwens gedämpfte Stimme und Eloise drehte sich kurz zu ihr, bevor sie zu Ophelia sah, die plötzlich ihr Grinsen verlor. Moment... was war da noch mal gewesen?

„Ich fand nur, dass er cool war", murmelte Ophelia kleinlaut und plötzlich mit geröteten Wangen.

„Wer?", fragte Fred, während Eloise in ihrer Schublade nach etwas gegen die Kopfschmerzen suchte.

Ophelia nuschelte etwas, dass Fred nicht verstand. Aber Eloise fiel es plötzlich wieder ein und sie legte sich eine Hand auf den Mund. „Nein", entfuhr es ihr. „Stimmt! Helga, das hätte ich fast vergessen, wir haben dich ja immer damit aufgezogen."

„Es war nur...", murmelte Ophelia. „Wir hatten noch kein Pflege magischer Geschöpfe, aber ich wollte unbedingt etwas darüber lernen — und er war so gut mit Tierwesen und ich fand ihn ziemlich cool."

„Wen?", fragte Fred erneut und sah ziemlich verwirrt aus.

Ophelia warf Eloise einen flehenden Blick zu. „Sag's ihm schon."

Eloises Mundwinkel zuckten, bevor sie zu Fred sah. „Charlie", erklärte sie schließlich.

Fred klappte die Kinnlade herunter. „Unser Charlie?"

Eloise lachte leise, als sie die Phiole in der Schublade entdeckte und sie schnell öffnete, um die Flüssigkeit herunterzuschlucken, die gegen die Schmerzen helfen sollte. Fred war so abgelenkt, dass er das gar nicht mitbekam. „Clearwaters und Weasleys... da ist eine Verbindung, was?"

Ophelia zuckte mit den Schultern. „Ich fand ihn nur cool und die da—" Sie deutete auf Eloise und die halb-schlafende Arwen. „—haben daraus mehr gemacht, als da war."

„Du hättest ihn sehen sollen", grinste Eloise. „Er hat jetzt Narben."

„Okay, das ist genug", unterbrach Fred das Gespräch. „Der attraktivste Weasley sitzt gerade mit euch in diesem Raum."

„Ich wusste nicht, dass Bill sich im Kleiderschrank versteckt", scherzte Ophelia und als Eloise zustimmend lachte, sprang Fred energiegeladen auf und klatschte in die Hände.

„Zeit zu gehen", verkündete er und schob Eloise bestimmend zur Tür. Plötzlich verzog er das Gesicht und näherte sich Arwens Nachttisch, auf dem eine Phiole stand, die einen unangenehmen Geruch abgab. „Was ist das denn?", fragte er.

„Nichts", antwortete Eloise hastig und zog ihn von dem Wolfsbanntrank weg, den Arwen heute noch einmal einnehmen müsste. „Lass uns gehen."

Fred lief schon weiter, bevor er kurz innehielt und sich zu ihr umdrehte. „Warte mal, du hattest die Schuluniform da eben noch nicht an, als ich reinkam, oder?"

Eloise sah ihn ein paar Sekunden an und schüttelte dann mit einem belustigten Schnauben den Kopf.

„Oh Mann, bin ich ein Idiot", murmelte Fred.

„Du warst nur sehr begeistert", munterte Eloise ihn auf, doch Fred seufzte nur schwermütig.

„Ich wäre auch bei dem Anblick begeistert gewesen", gab er zurück. „Meinst du—?"

„Wir müssen jetzt frühstücken", unterbrach Ophelia ihn und schob die beiden gut gelaunt nach vorne, um mit ihnen zum Frühstück zu laufen. Doch in der Großen Halle angekommen, traf Fred auf George und erneut waren sie in ihre Erfindung vertieft. Fred hörte wieder nicht auf zu reden und Eloise atmete fast erleichtert durch, als sie sich in Muggelkunde in Ruhe auf ihren Platz setzen konnte, ohne dass jemand ihr von irgendetwas erzählte und Begeisterung erwartete. Der Kopfschmerz kehrte zurück und ihre Gedanken kreisten sich immer noch um die seltsame Erinnerung, ebenso wie um Ophelias Vorschlag.

Eigentlich hatte sie heute Morgen einen Brief an ihre Mutter schreiben wollen. Sie kam sich komisch dabei vor, sie zu belügen, aber im Grunde genommen war es nur ein Vorwand. Ihr konnte ja niemand vorwerfen, sich für ihre Vorfahren zu interessieren.

Ophelia hatte vorgeschlagen, ein Projekt aus dem Geschichtsunterricht als Ausrede dafür zu verwenden, dass sie mehr über ihre Familiengeschichte wissen wollte. Ahnenforschung oder so etwas. Eloise würde sich schon etwas aus den Fingern ziehen. Allerdings wollte sie sie dafür persönlich treffen, weil sich das Ganze sonst als unmöglich gestalten würde, und das nächste Hogsmeade-Wochenende war für den März angesetzt. Als sie jedoch am Ende des Schultages losgehen wollte, um ihre Mutter zu fragen, ob sie an dem Wochenende Zeit hatte, nach Hogsmeade zu kommen, fing Fred sie grinsend ab.

„Wohin gehst du?", fragte er motiviert. Eloise fand wirklich keine Erklärung dafür, wie es möglich war, immer so verdammt energiegeladen zu sein.

„Zur Bibliothek. Ich muss Hausaufgaben machen und will einen Brief an meine Mum schreiben", erklärte sie.

„Dann komm ich mit", verkündete Fred und lief vor. „Ach übrigens, du weißt nicht, was heute passiert ist—" Eloise seufzte schwer und folgte ihm.

In der Bibliothek ließ Fred sich auf den Stuhl neben ihr fallen und legte seine Füße auf dem Tisch ab. Na hoffentlich kam Madam Pince nicht vorbei, sonst wäre er einen Kopf kürzer... Obwohl... Vielleicht redete er dann weniger.

Tatsächlich schwieg Fred, als Eloise mit ihren Hausaufgaben begann, aber es fiel schwer sich zu konzentrieren, wenn er so offensichtlich gelangweilt war. Er atmete schwer, tippte hin und wieder mit den Fingern auf dem Tisch herum und blätterte gelangweilt in Büchern herum, die er aus dem Regal vor sich schweben ließ.

„Fred", sagte sie irgendwann und er sah unschuldig zu ihr. „Hast du irgendwie Langeweile?"

„Ach", winkte Fred ab. „Ich amüsiere mich blendend." Sie hob die Augenbrauen, weshalb er nachgab und schwerfällig seufzte. „Wann bist du denn endlich fertig?"

Sie sah ihn lange an, bevor sie ihr Buch zuklappte und mit einem gequälten Gesichtsausdruck zu ihm schaute. „Fred, ich glaube, ich geh jetzt in meinen Schlafsaal."

„Alles klar." Fred sprang auf.

Eloise atmete tief durch. „Allein."

Fred runzelte die Stirn. „Du meinst—"

„Ich hab Kopfschmerzen", erklärte sie. „Ich brauche nur ein bisschen Ruhe. Ich habe es gestern noch weiter mit dem Ring probiert und es hat geklappt..."

„Was?", entfuhr es Fred. „Aber das ist doch cool! Wieso hast du nichts erzählt?"

Eloise öffnete sprachlos den Mund. „Weil... Weil es ziemlich schwer war, zu Wort zu kommen", erklärte sie und Fred schien tatsächlich kurz nachzudenken.

„Oh", sagte er schließlich. Sie nickte.

„Ich muss mich mal vor dem Abendessen ein bisschen umhauen." Und schauen, wie es Arwen geht.

„Klar", entgegnete Fred. „Ähm, ich bring dich."

Müde nickte sie und folgte Fred, der sie über die Vision ausfragte, die sie gehabt hatte. So kraftvoll wie sie konnte antwortete sie auf seine Fragen und versuchte die Bilder, die sie gesehen hatte, so akkurat wie möglich wiederzugeben. Sie war froh, als sie endlich in ihrem Gemeinschaftsraum ankam und Ruhe sie umgab. Mit einem schweren Seufzen lehnte sie sich gegen den Eingang und schlurfte schließlich an den Sofas vorbei.

Eine blasse Arwen begrüßte sie, die auch mit Kopfschmerzen zu kämpfen schien. Da hatten sich ja die richtigen gefunden. Erleichtert ließ sie sich auf ihr Bett fallen. Eloise schloss die Augen und legte sich eine Hand auf die Stirn.

„Wie fühlst du dich?", fragte sie ihre Freundin trotzdem leise.

„Na ja", gab Arwen zurück. „Geht schon."

Eloise nickte. Sie hörte ihre Freundin schwer seufzen.

„Wenn du Lykke wärst, würdest du es wissen wollen?", fragte Arwen plötzlich mit einem nachdenklichen, niedergeschlagen Ton.

„Irgendwann schon, vermutlich", erwiderte Eloise. „Aber vielleicht ist es noch ein wenig früh."

Arwen schwieg eine Weile. „Meinst du, sie versteht es?"

Lykke war ein nettes Mädchen, sie war offen, direkt und witzig, sprach aus, was sie dachte und strahlte trotzdem eine angenehme Ruhe aus. Aber wie sie reagieren würde, konnte Eloise nicht einschätzen. „Ich weiß nicht", antwortete sie also ehrlich.

„Wir haben darüber gesprochen, was wir nach der Schule machen wollen. Sie macht ihren Abschluss ja schon dieses Jahr", fuhr Arwen in nachdenklichem Ton fort. „Und ich habe ihr gesagt, dass ich Fluchbrecherin werden will. Ich fokussiere mich immer noch darauf, obwohl es aussichtslos ist."

„Ist es das?", fragte Eloise ernst.

Arwen schnaubte. „Man muss sich gesundheitlich durchchecken lassen, um anfangen zu dürfen. Genau wie bei jedem Job im Ministerium. Ich würde gar nicht erst eingestellt werden und im Register landen. Und davon abgesehen wäre ich jeden Monat krank. Oder alle zwei Wochen — du weißt, wie es mir geht, wenn ich meine Periode habe." Arwen hatte schon immer heftige Kreislaufprobleme gehabt und hatte den Unterricht oft nicht besuchen können. „Hier wissen die Lehrer, woran es liegt und haben Verständnis, aber da werde ich nicht so viele Tage verpassen dürfen wie hier. Was bringt es, wenn sie es nicht auf mein Zeugnis schreiben...? Spätestens da wird es auffallen."

Eine tiefe Traurigkeit erfasste Eloise plötzlich. Vielleicht konnte Arwen ja mal mit Bill reden... Möglicherweise wüsste er eine Lösung. Aber Eloise glaubte nicht, dass Arwen einem Fremden einfach davon erzählen würde.

Sie bat Grace, ihr etwas vom Abendessen mitzubringen, weil sie zu müde war, um sich selbst zur Großen Halle zu schleppen. Da sie sowieso etwas für Arwen mitgehen ließ, war eine zweite Portion keine Schwierigkeit. Grace begleitete Arwen kurz vor Mondaufgang auf das Schulgelände zur Heulenden Hütte, während Eloise immer noch auf ihrem Bett lag und friedlich die Hexenwoche las. Tatsächlich hatten die meisten Zauberer rot als die attraktivste Lippenstiftfarbe genannt...

Als Ophelia sich ebenfalls bettfertig hinlegte und ein Buch in die Hand nahm, schlug Eloise ihre Decke zurück und lief wortlos zu ihr herüber. Stumm rückte Ophelia zur Seite und Eloise ließ sich seufzend neben sie fallen.

„Was ist los?", fragte Ophelia nach einer Weile.

„Hast du gehört, was Fred heute Morgen gesagt hat?", entfuhr es Eloise, der es schrecklich unangenehm war, dieses Thema anzuschneiden.

„Er hat einiges gesagt", antwortete Ophelia.

„Ich weiß", murmelte Eloise angestrengt. „Die Das seh ich doch sowieso irgendwann-Sache", fuhr sie verschämt fort.

„Oh", sagte Ophelia. „Ja. Ich dachte mir, dass dir das im Kopf rumgeistert."

„Hm." Eloise starrte nachdenklich an die Decke. „Ich hab darüber noch nicht wirklich nachgedacht. Wann— Wann macht man denn... sowas?"

Ophelia ließ ihr Buch sinken. „Da gibt's keine richtige Zahl", erwiderte sie. „So wie es sich richtig anfühlt."

„Bei dir waren es drei Monate, oder?"

„Ungefähr", bestätigte Ophelia.

„Habt ihr vorher darüber geredet?"

Sie nickte. „Ja, klar." Sie zuckte mit den Schultern. „Es hat sich natürlich entwickelt."

Eloise fragte sich, wie sich so etwas natürlich entwickeln konnte.

„Lass mich raten, du fragst dich, wie sich sowas natürlich entwickeln kann?", fragte Ophelia mit gehobenen Augenbrauen.

„Ähm." Eloise sah sie unschuldig an. „Wie entwickelt sich sowas natürlich?"

„Ich würde ja sagen, wie sich der Kuss auch natürlich entwickelt hat, aber das hat bei euch ja anderthalb Jahre gedauert." Ophelia grinste frech, als Eloise etwas murrte. „Er hat übrigens beim Abendessen nach dir gefragt. Ich konnte ihn überzeugen, dass du einfach kaputt bist, aber er sah ein bisschen traurig aus."

Eloises Mundwinkel bewegten sich nach unten. Irgendwie machte sie der Gedanke daran, dass Fred traurig war, Eloise auch traurig. Sogar unendlich traurig. Und jetzt fühlte sie sich direkt schlecht dafür, dass sie sich so erledigt gefühlt hatte.

„Also zur natürlichen Entwicklung kann ich dir nur sagen, dass du es merkst, wenn du Stück für Stück mehr willst. Und dass ihr auch nicht alles auf einmal machen müsst. Aber mach's nicht für ihn, sondern wenn du es wirklich willst."

„Und wie weiß ich das?"

„Das weißt du dann."

Eloise schnaubte frustriert und wackelte nervös mit ihrem Bein herum, bevor sie murrend ihre Nase in ihr Knie grub. „Meinst du, Fred—", begann sie zögerlich. „Ich weiß nicht, wir haben uns doch erst vor drei Wochen geküsst."

„Ja, deswegen bleib ganz entspannt", riet Ophelia ihr.

„Aber meinst du, Fred—?"

„Eloise, wenn du dir darüber Gedanken machst, warum redest du nicht mit Fred darüber?"

Weil Eloise nicht gerne über so etwas sprach und es dann zu einem Thema werden würde?

„Weil das so peinlich ist", gab sie zu.

„Eloise, ihr seht euch vielleicht mal nackt, das ist viel peinlicher."

Sie setzte einen verzweifelten Gesichtsausdruck auf. „Also ist es peinlich?" War das nicht eigentlich voll komisch?

Ophelia seufzte. „Ich weiß nicht, er ist rothaarig." Daraufhin fing sie sich einen finsteren Blick ein, doch es dauerte keine drei Sekunden, bis die beiden zu lachen begannen. Ophelia legte ihr Buch zur Seite. „Und du solltest mit ihm darüber reden, dass du hin und wieder ein wenig Zeit für dich brauchst."

„Was meinst du?", fragte Eloise.

„El, du sahst heute manchmal aus, als schmeißt du ihn gleich aus einem Fenster", sagte Ophelia. „Da gibt es was in Beziehungen, das nennt sich miteinander sprechen. Und ich kenne dich, du brauchst einfach deine Ruhe, um Kraft zu tanken."

Eloise schwieg eine Weile. „Ich hab Angst, dass er das nicht versteht", gab sie zu.

„Ja", stimmte Ophelia, als sei ihre Sorge nicht einmal so unberechtigt. Das beruhigte Eloise nicht sonderlich. „Aber red einfach mit ihm."

„Meinst du, das ist etwas Schlechtes? Dass ich das so empfinde?", fragte Eloise.

„Nein", erwiderte Ophelia sofort. „Lee und ich mussten auch lernen, über sowas zu reden. Am Anfang verbringt man jede Sekunde miteinander — ihr hingt ja die letzten Wochen auch nur aneinander — aber gerade mit der Schule braucht man manchmal einfach seine Ruhe. Das geht ja selbst mir so und ich würde mal behaupten, dass ich wesentlich extrovertierter bin als du."

Nachdenklich spielte Eloise an ihren Fingern herum.

„Weißt du noch, wie es damals mit mir und Grace war?", fuhr Ophelia fort. „Wir mochten uns, aber wir brauchten auch Zeit, um uns aneinander zu gewöhnen. Deswegen hing ja Grace am Anfang mehr mit Arwen rum und ich mehr mit dir. Grace und ich sind oft aneinander geraten, weil wir oft einfach andere Typen sind. Und du und Fred seid ja wirklich in vielen Punkten verschieden. Es ist normal, dass man sich darauf einstellen und den anderen verstehen lernen muss. Das Wichtigste ist, dass man miteinander redet."

Eloise seufzte. „Ich dachte, nach dem ersten Kuss ist alles entspannt", beschwerte sie sich.

Ophelia lachte. „Oh, Eloise", entfuhr es ihr belustigt. „So einfach ist es dann doch nicht."

ღ ღ ღ

In der ersten Stunde nach den Weihnachtsferien hatte Fred sie dazu überreden wollen, sich in Verteidigung zu ihm in die erste Reihe zu setzen. Aber nicht einmal ein Einhorn hätte sie in den vorderen Teil des Klassenzimmers locken können. Sie fühlte sich wohl, ganz weit hinten, wo der Abstand zu Moody der größtmögliche war.

Letzte Woche hatten sie das nonverbale Zaubern beendet. Auch sie war nun sicher darin, was kein Wunder war. Moody hatte nicht aufgehört, Eloise dazu aufzufordern und ihr Tipps zu geben, bis sie es beherrscht hatte.

Nun wurde es schlimmer. Sie hatte es schon von Grace, Fred, George und Lee gehört, was Professor Moody den Viertklässlern am Anfang des Schuljahres gelehrt hatte — und sie wusste, was auch für sie auf dem Lehrplan stand.

Doch trotz Vorwarnung konnte sie nicht anders, als mit angeekelter Miene den Blick abzuwenden, als sich die Spinne auf dem Schreibtisch vor lauter Schmerzen wand, während Moody seinen Zauberstab auf sie richtete. Auch Lee schien es nicht zu behagen, wie jemand mit Taras Artgenossen umging.

Es war Grace, die den Zauber genannt hatte, als Moody die Klasse aufgefordert hatte, die unverzeihlichen Flüche aufzuzählen.

„Gut", schloss Moody, als er die arme Spinne aus ihrem Leidenszustand befreite. Erst jetzt wagte es Eloise wieder, zu dem Tier zu sehen, das eben noch Todesqualen ausgestanden hatte. Es bereitete ihr selbst Schmerzen, bei so etwas beiwohnen zu müssen.

„Das ist der Zauber, mit dem sie Tante Alice und Frank gefoltert haben", murmelte Grace bedrückt. Eloise versuchte, die Gänsehaut abzuschütteln, die an ihren Armen emporkroch.

„Gibt es einen Abwehrzauber?", fragte Moody und sah zu Cedric, der die Hand gehoben hatte.

„Nein", antwortete er und Eloise schluckte. Es war, als hätte dieser dunkle Zauber den ganzen Raum in einen schwarzen unsichtbaren Nebel getaucht, der sich in ihre Seele legte und sich dort verfing. Sie war empfindsam, was so etwas anging, aber es war fast, als konnte sie die dunkle Magie fühlen. Ihr war schlecht. „Die einzige Abwehr ist es, schneller zu sein als der Angreifer und ihn davon abzuhalten, den Zauber auszusprechen."

Moody nickte. „Ich wette mit Ihnen, dass kaum jemand in der Lage dazu wäre, diesen Spruch tatsächlich anzuwenden. Er benötigt Wille. Hass. Die Absicht, jemandem wirklich Schmerzen zuzufügen und sich an ihnen zu erfreuen. Die gestörte Seele eines dunklen Magiers." Ebenso schnell wandelte sich Moodys unheilvoller Tonfall in ein geschäftsmäßiges: „Welchen kennen Sie noch?"

Eine Weile schwiegen sie alle.

„Den Imperius", warf Fred schließlich ein, ohne die Hand zu heben. Moody nickte.

„Witzig", knurrte er. „Das hat Ihr Bruder auch gesagt. Viel von Ihrem Vater davon gehört, was?"

Fred und George nickten leicht.

„Jaja, der Imperius. Völlige Willenslosigkeit. Unter diesem Zauber tut man alles, was einem befohlen wird. Dinge, von denen man vielleicht nicht einmal weiß, dass man sie kann. Lügen, töten — jemand würde sich selbst die Hand abschlagen, wenn es ihm befohlen wird."

Eloise verzog bei dieser Vorstellung das Gesicht.

„Warum war das wohl so ein beliebter Zauber in den frühen Achtziger Jahren, hm?" Er schnaubte. „Sie alle behaupteten plötzlich, unter dem Imperius-Fluch gestanden zu haben, dem Dunklen Lord nicht wirklich gefolgt zu sein. Alles, um Askaban zu entgehen. Und bei manchen stimmte das, ohne Zweifel — viele dunkle Zauberer wendeten diesen Zauber an, um andere schreckliche Dinge tun zu lassen. Deswegen war es so schwer, jemandem zu vertrauen. Aber die meisten haben nach dem Krieg gelogen, um ihre eigene Haut zu retten. Nur die wenigstens standen zu ihren... Verbrechen." Moodys Auge zuckte durch den Raum, bevor er mit seinem Zauberstab auf die Spinne deutete. „Imperio!"

Das Tier folgte jedem Zauberstabwink, den Moody vollführte und Ophelia quietschte vergnügt, als sie vor ihr auf dem Tisch landete. Eloise war froh, dass sie ihr nicht zu nahe kam. Doch es war beängstigend zu sehen, wie viel Macht Magie in den falschen Händen haben konnte.

Nach kurzer Zeit ließ er sie wieder auf seinem Schreibtisch springen.

Eloise drehte den Kopf, als ein Freund von Cedric die Hand hob. „Ja?", fragte Moody.

„Was denken Sie zu den Todessern bei der Quidditch-WM? Meinen Sie, das waren wirkliche Todesser, die damals entkommen konnten, weil sie gelogen haben?"

Alle richteten den Blick auf Moody, dessen Auge umherwanderte. Eloise erinnerte sich daran, was er ihr vor nicht allzu langer Zeit gesagt hatte. Ein Zauberer wie Du-weißt-schon-wer starb nicht einfach... Aber das war Quatsch. Sonst wäre er ja längst wieder aufgetaucht.

„Ein dummer Aufruhr", knurrte Moody. „Und dann, wo das Dunkle Mal tatsächlich am Himmel war, hauen sie alle wieder ab und kriechen in ihre Löcher zurück. Wenn es nach mir ginge, säßen sie alle schon in Askaban, glaubt mir."

Eloise glaubte ihm das aufs Wort.

„Denken Sie wirklich, dass es eine Hauselfe war, die das Dunkle Mal heraufbeschworen hat?", fragte George. „Warum sollten die sowas machen? Vor allem die von Barty Crouch?"

„Ja, das würde heißen, dass er ihr den Zauber beigebracht oder es ihr befohlen hat. Aber das macht keinen Sinn — dann hätte er sie ja dafür auch nicht so bloßgestellt", fügte Fred hinzu.

Moody nickte finster. „Deswegen sage ich Ihnen ja immer wieder: Niemandem kann man trauen! NIEMANDEM!"

Eloise zuckte zusammen.

„Also los, der dritte, der dritte Unverzeihliche — ja, Johnson?"

„Der— Ähm— Der Todesfluch", antwortete Angelina. Mit großen Augen bewegte Eloise den Kopf zurück zu der Spinne.

„Ganz recht", entgegnete Moody und richtete ungerührt seinen Zauberstab auf die Spinne. „Avada Kedavra!"

Eloise schloss die Augen und wagte erst einen Blick auf das reglose Tier, als Moody wieder zu sprechen begann. Im Raum war es mucksmäuschenstill. „Innerhalb einer Sekunde tritt der Tod ein. Es gibt keinen Weg ihn zu blocken oder zu umgehen. Zumindest ist das bisher nur einer bekannten Person gelungen." Er musste seinen Namen nicht sagen.

Zögerlich meldete Arwen sich. „Wie genau funktioniert der Zauber eigentlich?", fragte sie. „Wie kann jemand einfach... tot sein?"

„Avada Kedavra trennt die Seele sofort vom Körper. Ohne sie stirbt der Körper", antwortete Moody.

Nachdenklich hob Eloise die Hand und bereute es in dem Moment, in dem er sie drannahm. „Was ist mit Astralreisen?", fragte sie. „Manche Menschen können ihren Körper verlassen und sehen sogar sich selbst. Einige magische Traumforscher sagen, dass das auch bei Träumen passieren kann. Was ist der Unterschied?"

Moody nickte. „Dass die Trennung so plötzlich passiert", erklärte er. „Deswegen berichten manche von einem Ausdruck des Schocks auf den Gesichtern der Opfer. Bei Astralreisen löst sich außerdem nur ein Teil des Bewusstsein vom Körper. Auch Dementoren sind etwas anderes... Sie saugen die Seele langsam heraus. So bleibt der Körper faktisch lebendig und arbeitet weiter, nur ohne Leben in sich. Kommen Sie mal nach vorne, Fudge."

Verunsichert sah Eloise sich im Raum um, aber sowohl sein richtiges als auch sein magisches Auge waren nun auf sie gerichtet. Mit einem unbeholfenen Räuspern lief sie nach vorne und verschränkte die Hände vor sich, als sie neben dem Tisch von Fred, George, Lee und Ophelia stehenblieb.

„Ich finde es wichtig, dass Sie die Wirkung dieser Zauber kennen — nicht nur in der Theorie, sondern auch, wie es sich anfühlt. Ich werde Sie unter den Imperius-Fluch setzen, Miss Fudge."

Eloise sah ihn mit großen Augen an.

„Professor, ich denke nicht, dass das im Lehrplan vorgesehen ist", mischte Fred sich plötzlich mit fester Stimme ein und Eloise fragte sich, seit wann sich Fred um den Lehrplan scherte, bis sie zu ihm sah und bemerkte, wie besorgt er sich angespannt hatte und von ihr zu Moody blickte.

„Wollen Sie das einem dunklen Magier erklären?", fragte Moody spöttisch. „Der verschont Sie bestimmt, weil es nicht im Lehrplan stand."

Fred biss die Zähne zusammen und sah zu Eloise, als würde ihm das alles gar nicht gefallen. Doch sie atmete tief durch und sah verunsichert zu Moody, als er seinen Zauberstab auf sie richtete und den Zauberspruch „Imperio!"—

Oh, wofür gab es Sorgen? Es war das schönste Gefühl auf der ganzen Welt. Sie fühlte sich so leicht, so so leicht... SPRING AUF DEN TISCH!, sagte eine wohlklingende Stimme in ihrem Kopf, also machte Eloise einen Schritt nach vorne und kletterte auf den Tisch. Hach, wie schön es war, wie als würde sie auf Wolken schweben. Alles war leicht, so so leicht... SETZ DICH AUF DIE KANTE.

Während Eloise sich hinsetzte, wurde sie sich plötzlich der Präsenz in ihrem Kopf bewusst. Die Stimme kam ihr nicht bekannt vor. War es Moody? Es klang nicht wie Moody. Dabei sollte er es sein.

Sie spürte sein Bewusstsein ganz deutlich in ihrem Kopf. Stirnrunzelnd versuchte sie danach zu greifen, an es heranzukommen. SING! Sie begann Can You Feel The Love Tonight zu singen, aber es war, als hätte sich ihr Körper automatisiert. Ihr Bewusstsein schwebte vor sich hin und wurde eingelullt von Moodys Stimme, die sich gleichzeitig gar nicht wie Moody anhörte.

Plötzlich fühlte sie die Anwesenheit aller Schüler in diesem Klassenraum, aber die penetranteste war die von Professor Moody in ihrem Kopf. Sie wusste nicht, was genau sie tat, aber sie versuchte, sie mit ihrem eigenen Bewusstsein zu packen bekommen. Und dann war es, als würde sie durch eine Tür gehen und verlor sich in einem Chaos von Bildern, die auf sie einprasselten.

Sie fühlte sich allein, unglaublich allein. „Er hat sich nicht einmal darum geschert, was ich für eine Note geschrieben habe", sagte eine männliche Stimme.

„Unsere Väter wollen nur das Beste aus uns herausholen", erwiderte ein Mädchen.

„Ich hasse ihn", antwortete der Junge kalt.

Sie empfand den Abscheu, den er empfand, der Hass, den Vorwurf, den er ihm machte, der Wunsch, gesehen und geliebt zu werden. Aber es gab etwas, dem er sich zugehörig fühlte, etwas, das ihm einen Sinn gab. Dunkelheit, Tod, und trotzdem tat es gut, Verderben zu verbreiten. Wieder Hass, Verrat, ein Gerichtssaal. Dann war da eine Kälte, die ihr bekannt vorkam. Dementoren. Überall. Das Bedürfnis zu leben wurde schwächer. Doch dann war da Hoffnung, ein Plan, das verschwommene Gesicht eines Vaters, einer kleinen Gestalt— MORSMORDRE.

Eloise schnappte nach Luft, als sie die Augen auf dem Tisch im vorderen Teil des Klassenraums öffnete. Fast rutschte sie vom Tisch, aber Fred war schon von seinem Platz aufgesprungen und hielt sie besorgt fest. „Geht's dir gut?", fragte er.

Sie nickte hastig. Moody sah verblüfft aus und starrte sie an, als hätte nicht nur sie diese Bilder in ihrem Kopf gesehen. Als er einen Schritt auf sie zumachte, schritt sie automatisch zurück. Fred schob sich ein wenig vor sie. Dann beruhigte sich ihr Atem wieder. Etwas, das sie eben gewusst hatte, entglitt ihrem Bewusstsein.

Moodys Lippen kräuselten sich zu einem spöttischen Lächeln. „Fudge hat eine gute Widerstandsfähigkeit, wie es aussieht. Bisher hat es nur Potter geschafft, sich dem Imperius zu widersetzen."

Aber Eloise hatte das seltsame Gefühl, dass widersetzen nicht hieß, in den Verstand des anderen einzudringen.

„Stellt euch in eine Reihe, na los, na los!", brüllte Moody und Eloise wollte sich schon zu ihrem Sitz zurückschleichen, als er sie an seine Seite winkte. Mit einem unbehaglichen Gefühl stellte sie sich neben ihn und sah dabei zu, wie er Alicia unter den Imperius setzte. Er beachtete sie kaum, während er sie Hampelmänner machen ließ. „Was soll ich sie tun lassen?", richtete Moody plötzlich beiläufig das Wort an sie.

„Walzer tanzen?", schlug Eloise vor.

Moody gab keine Reaktion von sich, aber Alicia begann, mit sich selbst zu tanzen.

„Was hast du gesehen?", fragte er plötzlich und sah sie immer noch nicht an.

Dass Moody nicht das beste Verhältnis zu seinem Vater gehabt hatte? Verschwommene Bilder von Todessern, die er jagte, und dem Zaubererkrieg?

„Ich weiß nicht, warum ich das gemacht habe", gab sie zu. „Ich wollte das nicht."

„Nein", antwortete Moody, als wäre er sich dessen bewusst. „Du hast seherische Eigenschaften, nicht?"

Eloise zögerte kurz. „Ja", gab sie schließlich zu. Auch wenn sie sich nicht darüber bewusst gewesen war, dass sie so stark sein konnten. Scheinbar zeigten sie sich unter Extrembedingungen.

Moody nickte. „Du kannst es fühlen, nicht wahr? Die dunkle Magie? Den Tod?"

Eloise sah zur der Spinne auf dem Tisch. „Ja."

„Du solltest es mehr trainieren."

„Ich versuche, die Sachen aus Wahrsagen ein bisschen weiterzumachen", entgegnete sie.

„Mehr als das", sagte er nur. „Dein Verstand ist stärker als du denkst."

Eine Gänsehaut überkam sie, als sie ihn ansah. Das gefiel ihr nicht.

„Setz dich", sagte Moody plötzlich, sowohl zu Alicia als auch zu Eloise. Sie zögerte keine Sekunde von ihm wegzukommen und sich auf ihren Platz in der letzten Reihe zu setzen. Schweigend und immer noch verwirrt schaute sie dabei zu, wie alle anderen die größten Peinlichkeiten über sich ergehen ließen, einen Stepptanz hinlegten, die Nationalhymne sangen oder das Alphabet rückwärts aufsagten. Etwas fiel von ihr ab, als die Stunde endlich vorbei war.

Als der Unterricht beendet war, kam Cedric zu ihr, Grace und Arwen herüber.

„Das war ganz schön..." Cedric führte seinen Satz nicht zu Ende, aber sie wussten alle, was er meinte. Er hatte ebenso unbehaglich dort gesessen.

„Ja", stimmte Eloise leise zu.

Eine seltsame Stille und Bedrücktheit hatte sich in diesem Raum breitgemacht — Eloise wollte einfach nur hier raus.

„Wie sieht es eigentlich mit der 2. Aufgabe aus? Hast du rausgefunden, was es mit diesem komischen Ei auf sich hat?", wechselte Grace das Thema. Sie alle schienen wieder fröhlicher zu sein.

Ein leichtes Lächeln zierte nun Cedrics Lippen. „Ja", antwortete er mit einer deutlichen Erleichterung in der Stimme. „Cho und ich haben es durch Zufall rausgefunden."

„Seid ihr jetzt eigentlich zusammen?", fragte Grace weiter und Eloise wusste nicht, ob sie sie für ihre unverhohlene Neugier bewundern sollte oder es unangebracht fand.

Doch Cedric wurde nur leicht rot um die Nasenspitze, bevor er ein Grinsen kaum unterdrücken konnte. „Eigentlich schon seit ein paar Wochen", gab er zu. Sie alle machten ein überraschtes Gesicht, vor allem Eloise, die davon überhaupt nichts mitbekommen hatte. Dafür brachte diese Neuigkeit sie endlich zum Strahlen. Sie war so abgelenkt, dass sie gar nicht mitbekam, wie Fred, George, Ophelia und Lee auf sie zuliefen, und zuckte zusammen, als Fred einen Arm um sie legte. „Bis später, Mädels", verabschiedete Cedric sich in diesem Moment von den dreien und sie hörte Fred ihn leise nachäffen, als er außer Hörweite war.

Tadelnd schlug sie ihm auf den Arm.

„Gut, dass ihr beiden da seid", wandte Grace sich an Fred und George.

„Gut?", warf Arwen ein. „Darüber lässt sich streiten."

George verengte die Augen in ihre Richtung und sie erwiderte es mit einem lieblichen Lächeln.

„Was ist?", fragte er dann Grace, während sie sich auf den Weg nach draußen machten. Eloise warf noch einen letzten Blick über die Schulter zu Moody, der die tote Spinne in Flammen aufgehen ließ.

„Wieso habe ich ein Vorstellungsgespräch bei eurem Bruder statt bei Crouch?", fragte Grace verwirrt. „Er hat von Anfang an die Briefe auf die Bewerbung beantwortet, aber eigentlich macht Crouch die Gespräche."

„Keine Ahnung, er ist jetzt irgendwie sein persönlicher Assistent", schnaubte Fred abfällig.

„Ich habe gehört, er ist krank", fügte Eloise hinzu. Crouch. Sie spürte ein seltsames Pochen in ihrem Kopf, fast als wäre da etwas, was herauswollte. Irgendetwas war seltsam. Sie hatte genug von diesen seltsamen Gefühlen — sie hatte oft eine gute Intuition gehabt und es einfach darauf geschoben, aber was, wenn es wirklich mehr war?

„Ja, irgendwie sowas", stimmte George zu. „Meinte Mum nicht in irgendeinem Brief, dass er seine ganzen Aufgaben übernimmt? Deswegen war er doch beim Weihnachtsball."

„Ah stimmt." Fred grinste und machte eine große Geste. „Das war einen Satz, bevor sie meinte, wir sollten uns besser ein Beispiel an ihm nehmen."

„Witzig ist Percy ja schon irgendwie", sagte Eloise amüsiert.

Fred zog die Augenbrauen zusammen. „Die Worte witzig und Percy gehören nicht in einen Satz, Wüstenröschen. Ich bin mir sicher, der Tag, an dem Percy einen Witz macht, ist mein Todestag." Er machte eine kurze Pause. „Das wird mich nämlich so sehr schocken, dass ich einfach umfalle."

Eloise lachte leise darüber und sah mit einem leichten Grinsen zu Fred auf. Es war lange her, dass er sie so genannt hatte. Aber irgendwie wurde ihr seltsames Gefühl durch seinen Satz noch schlimmer.

„Na ja, aber er ist ehrgeizig", sagte Grace mit einem Schulterzucken.

„Er ist ein Idiot", gab George zurück. „Und jetzt sag mal, wieso bewirbst du dich überhaupt bei Crouch?"

„Ich will die Stelle als Juniorpraktikantin diesen Sommer bekommen", erzählte Grace. Fred gähnte theatralisch.

„Wie aufregend", spottete er.

Grace zuckte mit den Schultern. „Es ist eine ziemlich gute Chance", meinte sie.

„Mein Dad wollte mich auch immer zu dem Praktikum überreden", merkte Eloise wenig begeistert an. „Aber mich kriegt nichts in die Nähe von Crouch."

„Wir können Percy ja unsere Empfehlung für dich aussprechen." George grinste und stieß Grace in die Seite.

„Ich will den Job bekommen, weißt du?", gab Grace ironisch zurück.

„Ich befürchte, du wirst ein schlechter Einfluss auf Eloise", sagte Fred besorgt. „Sie muss doch unsere Managerin werden und nicht im Ministerium versauern."

„Ich dachte, ich werde euer Manager", mischte Lee sich ein.

„Nein, du machst das Marketing und wirbst mit unseren Produkten im Radio, wenn du deine eigene Sendung hast", sagte George. „Außerdem hast du Angelina mal versprochen, dass sie Managerin wird, Fred."

„Ich fürchte, die lässt uns für Quidditch sitzen", entgegnete Fred.

Eloise sah nachdenklichen zwischen der Gruppe hin und her. Sie alle schienen zumindest ungefähr zu wissen, was sie machen wollten. Arwens Traum war es, Fluchbrecherin zu werden, seit sie dreizehn war, sonst hätte sie ihre Leidenschaft für Arithmantik, Ophelia liebte Tiere und magische Tierwesen und Grace schien sich auch immer mehr auf eine Karriere im Zaubereiministerium festzulegen. Fred und George hatten ihre Scherzartikel, Lee wollte im Radio moderieren, Angelina hatte Quidditch und Alicia fand laut George Sprachen wie Alte Runen, Meerisch oder Gobbledegook toll, weshalb sie vielleicht Übersetzerin worden wollte. Was machte man schon, wenn man Muggel und Wahrsagen mochte? Über den Wahrsage-Teil wollte sie gerade nicht nachdenken und ihr Dad würde es nicht gerne sehen, wenn sie in Arthur Weasleys Abteilung landete, da war sie sich sicher.

Ihre Gedanken schweiften zu der Frau aus der Erinnerung, die sie gesehen hatte. Auch sie hatte seherische Kräfte gehabt. Es würde Sinn ergeben, wenn sie eine Vorfahrin oder zumindest Verwandte von ihr war...

„Ihr habt jetzt frei, oder?", fragte Grace erschöpft. „Ich hab noch Alte Runen."

Alle vier nickten, nur Arwen nicht. „Arithmantik", murmelte sie.

„Hey, das ist doch dein Lieblingsfach", gab Grace zurück.

„Das heißt nicht, dass ich Lust drauf habe", stöhnte Arwen.

„Bis später, Leute!"

Und damit hatten sich Grace und Arwen auf den Weg gemacht.

Lee und Ophelia flüsterten verschwörerisch über etwas, bevor Lee verkündete: „Wir lassen euch mal kurz allein."

„Okay", murmelte Eloise und sah den beiden hinterher, bevor sie zu Fred aufblickte, der stehengeblieben war.

„Und da sind wir alleine mit der Hexe, die dem Imperius trotzt", sagte er mit einem stolzen Grinsen. Eloise wirkte jedoch nicht so erfreut und griff schweigend nach seiner Hand.

„Kommst du kurz mit?", fragte sie niedergeschlagen.

„Klar", erwiderte Fred und gleichzeitig sahen die beiden zu George, der neben ihnen stand und ebenfalls angehalten war.

„Ist schon gut." Er verdrehte die Augen. „Ich geh zu Alicia und Angie. Wir sehen uns." Sie zuckte leicht zusammen, als er die Namen der beiden Mädchen durch den Korridor brüllte und ihnen nachlief, doch Eloise konnte kaum ein Lächeln aufbringen. Es gab so vieles, was sie erst einmal loswerden musste.

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