Kapitel 8




Amilia

Ich schrecke aus dem Schlaf hoch, als etwas oder jemand meinen Arm berührt. Überrascht blicke ich in Coles Gesicht. Sofort stehlt sich ein Lächeln auf mein Gesicht, doch dann bemerke ich seinen Gesichtsausdruck. Er sieht grimmig auf mich herunter.

,,Was ist los?", frage ich schlaftrunken und strecke meine Arme nach ihm aus.

,,Nichts", meint er und lässt seinen Blick über mich wandern. Plötzlich komme ich mir billig vor, auch wenn ich es vorhin noch für eine gute Idee gehalten hatte ihn nur in den Dessous zu empfangen. Ich beiße mir auf die Lippe und ziehe die dünne Bettdecke über meinen Körper, doch seine Hand hält mich zurück. Als ich wieder in sein Gesicht Blicke brennt Leidenschaft darin. Vielleicht hatte ich mich zuvor auch getäuscht, immerhin ist es ziemlich dunkel hier. Zu dunkel. Ich sehe mich nach meinem Handy um, kann es aber nicht finden, also blicke ich auf den Wecker neben meinem Bett. 1.54 Uhr.

,,Du bist ziemlich früh dran"

,,Ich konnte es nicht länger aushalten", gibt er kalt von sich. Ich mustere ihn unsicher. Irgendwas stimmte nicht mit ihm. Normalerweise war er selbst an seinen schlechten Tagen mir gegenüber liebevoll und respektvoll. Doch jetzt fühle ich mich nicht wohl.

,,Cole, sag schon, was ist passiert?", hake ich nach und richte mich im Bett auf, ziehe erneut die Bettdecke über mich.

,,Es war nur stressig", meint er und setzt sich auf die Bettkante. Ich nicke und lege meine Arme um seinen Hals, woraufhin er förmlich erstarrt. Schnell ziehe ich sie weg, doch das ist lächerlich. Er wäre wohl nicht gekommen, wenn er es sich anders überlegt hatte. Vor allem nicht viel zu früh. Also lege ich meine Arme wieder zurück an dieselben Stellen und fange an seinen Nacken zu küssen. Er seufzt leise und schließt für einen Moment die Augen.

,,Hast du...Kondome dabei?",frage ich und merke wie ich bei der Frage erröte. Warum wurde ich nur so nervös, wenn es um solche Themen ging? Für andere in meinem Alter war es sicherlich nichts besonderes. Doch für mich schon. Heute schon. Mein erstes Mal mit ihm. Mein erstes Mal mit irgendjemandem. Ich hatte es mir schon vorgestellt, als wir frisch zusammengekommen waren. Doch es war mir noch nicht richtig erschienen das sofort zu erledigen. Ich wusste, dass es nicht so extrem wichtig war, doch ich wollte sicher sein, dass er der Richtige dafür war. Und das war er. Kein anderer Mann hätte solange darauf gewartet. So geduldig und verständnisvoll. Ich lächle, als er mich auf's Bett zurückschiebt und sich dann über mich beugt. Doch statt mich zu küssen, so wie in meiner Vorstellung, zieht er sich die Hose herunter und greift dann in seinen Geldbeutel. Monoton wirft er mir das Päckchen zu und schiebt sich die Hose über die Knöchel.

Selbst ohne irgendwelchen Kenntnisse zu haben, abgesehen von den Geschichten, die mir meine Freunde erzählt haben, weiß ich, dass ein Kondom und ein nicht wirklich steifer Penis nicht funktionieren. Doch ich weiß nicht, wie ich das ändern soll. Klar, ich lebte nicht hinterm Mond und hatte das eine oder andere gehört. Doch jetzt, wo es soweit ist, bin ich ratlos. Vorhin war er ganz offensichtlich erregt. Jetzt sieht er eher so aus, als würde er das Ganze überhaupt nicht tun wollen. Frustriert sehe ich zu ihm hoch.

,,Cole, ich..."

,,Schon gut, nachher ist auch okay", meint er. Auch wenn es sich nicht in Ordnung anhört. Ich schüttle den Kopf und lege eine Hand an seine Wange und sehe ihm tief in die Augen.

,,Ich will dich, aber...naja, willst du das überhaupt?"

,,Natürlich"

,,Das sieht nicht danach aus", flüstere ich und küsse ihn sanft. Er erwidert den Kuss, wenn auch ein wenig widerwillig. Als er seinen Körper gegen meinen drückt nehme ich meinen Mut zusammen und lasse meine Hand über seinen Körper wandern, bis zu dem Bund seiner Unterhose.

,,Mach", flüstert er und sieht mich nachdenklich an. Wieder beiße ich mir auf die Lippe und denke nach, was ich tun sollte. Er verdreht die Augen und setzt sich auf, zieht mich mit sich hoch und lehnt sich gegen das Kopfteil meines Bettes. ,,Setz dich auf mich", weißt er mich an. Ungeschickt klettere ich auf ihn und lege meine Arme zum stützen wieder um seinen Nacken. Er legt seine eigenen auf meine Hüfte und streift meinen Körper entlang, bis zu dem Bh. Kurz zögert er am Verschluss, dann legt er die Hände zurück an meine Hüfte. Es ist eine unangenehme Situation. Cole, welcher offensichtlich nicht er selbst ist. Und ich, die absolut keine Ahnung hat, was sie hier tun soll. Und wir sitzen beide nur da und starren aneinander vorbei. Halbnackt.

,,Cole, vielleicht sollten wir es lassen", flüstere ich, doch er schüttelt den Kopf. Er schließt die Augen und atmet tief ein, dann küsst er mich leidenschaftlich, fordernd. Ich erwidere den Kuss und lehne mich an ihn. Endlich spüre ich den vertrauten Cole wieder, wenn auch etwas weniger anwesend als sonst. Was vermutlich eher an der Situation an sich liegt. Es dauert nicht lange, bis ich endlich die Erektion an meiner empfindlichen Stelle spüre. Ich bin fast schon erleichtert, auch wenn die Situation komisch bleibt. In dem Moment, in dem er hart wird hört er auf mich zu küssen. Stattdessen schiebt er ich wieder von sich herunter und presst mich ins Laken. Mit einer einzigen Handbewegung zieht er sich die Unterhose bis zu den Knien herunter und sieht mich herausfordernd an. Nun bin ich froh über den Sexualkundeunterricht. Ich habe wenigstens eine Ahnung, wie ich ihm das Kondom überziehen muss. Er hilft mir schnell und greift nach meinen Händen, schiebt sie mir über den Kopf und legt sein Gesicht an meinen Hals.

Unsanft, mit einem festen Stoß dringt er in mich ein. Er gibt sich noch nichtmal die Mühe mir die Unterhose auszuziehen, stattdessen schiebt er sie nur zur Seite. Ich keuche überrascht auf. Er füllt mich komplett aus. Doch bevor ich meine Gedanken sortieren kann verschwindet er aus mir, nur um noch härter in mich einzudringen. Ich vergrabe die Nägel in seiner Schulter und schreie leise auf. Sein Blick fällt kurz auf mich, doch ich zwinge mir ein Lächeln auf. Er muss nicht merken, dass es mir wehtut. Es ist mein erstes Mal. Ich weiß zwei Dinge darüber. Das erste Mal tut immer weh und das erste Mal ist immer scheiße. Also werde ich es überstehen und beim nächsten Mal sieht alles ganz anders aus. Er wirkt ein wenig irritiert, doch dann zieht er sich wieder aus mir zurück, wendet den Blick demonstrativ von mir ab und macht weiter. Ich versuche eine Hand zu befreien und greife nach seinem Gesicht. Selbst in der Dunkelheit kann ich seine angespannte Miene erkennen. Als müsste er sich wahnsinnig konzentrieren.

,,Cole, du tust mir weh", flüstere ich fast schon wimmernd. Bei meinen Worten zuckt er zusammen und scheint mich erst jetzt wieder wahrzunehmen. Tränen steigen in meinen Augen auf. Er flucht leise auf und lässt auch meine andere Hand los. Vorsichtig setzt er sich auf und zieht mich mit sich mit. Erst jetzt spüre ich, dass etwas an meinem Bein entlangläuft. Ich hatte mich viel zu sehr auf die Schmerzen konzentriert als dem Beachtung zu schenken. Auch er scheint es bemerkt zu haben und berührt vorsichtig meine Innenschenkel. Doch ich weiß auch so, dass es Blut ist. Und er weiß es auch.

,,Hast du deine Tage?", fragt er verwirrt. Ich schüttle den Kopf und senke den Blick. Erkenntnis spiegelt sich in seinem Gesicht wieder. Und Entsetzen. ,,Verdammt Amilia, sag mir nicht, dass das dein erstes Mal ist". Kurz hebe ich wieder den Kopf, doch sage nichts dazu. Fluchend erhebt er sich und wirft dabei das Kondom in meinen kleinen Mülleimer. ,,Warum hast du das nicht gesagt?", fährt er mich an

,,Das macht doch keinen Unterschied"

,,Es macht einen großen Unterschied. Ich...es tut mir leid"

,,Es ist nichts passiert", lüge ich. Schweigend läuft er im Zimmer auf und ab, bis ich mich schließlich ins Bad stehle, um mich zu waschen. Es ist nicht viel Blut, nur ein wenig. Dennoch schmerzt mein Unterleib noch immer. Doch es nimmt schon ab. Erleichtert, dass ich nicht komplett verblutet bin wasche ich mich gründlich und drehe mich schließlich zur Türe ins Schlafzimmer um. Cole steht im Türrahmen. Ich hatte ihn nicht bemerkt. Er sieht schuldbewusst und angespannt aus. Er hatte sich wieder seine Hose angezogen. Ich sehe ihn unsicher an. Er ist derjenige, der den Abstand zwischen uns überwindet und mich an sich zieht. Ich vergrabe das Gesicht in seinem Shirt, während er seine Arme um mich schlingt und mich hält. Ich bin so verwirrt von der ganzen Situation, dass ich nun wirklich anfange zu weinen. Er schiebt seine Hand unter mein Kinn und zwingt mich sich anzusehen.

,,Ich hätte das niemals getan, wenn ich das gewusst hätte"

,,Was hättest du nicht getan?"

,,Dich hart zu ficken statt mit dir zu schlafen", mein Magen zieht sich zusammen. So wie er es sagt frage ich mich, warum er das überhaupt tun sollte. Egal ob erstes Mal oder nicht.

,,Schon okay, du wusstest es ja nicht"

,,Vergiss es einfach, okay. Ich...werde das besser machen", ich lache bei seinen Worten unwillkürlich auf und sehe ihn fassungslos an.

,,Wie sollte ich das vergessen? Wie soll ich vergessen, dass es meinem Freund scheinbar absolut egal ist, ob der Sex mir auch gefällt, solange er einen Orgasmus hat. Dass er mich dabei noch nichtmal anschauen möchte. Dass er mich lieber wie eine Nutte rannimmt?", fauche ich und reiße mich von ihm los. Schweigend sieht er mich an, dann nickt er.

,,Du hast Recht. Es tut mir ehrlich leid, ich war abgelenkt. ich verspreche dir, dass das nie wieder passieren wird. Das hätte nicht passieren dürfen"

,,Das stimmt, es wird nicht wieder passieren", fauche ich und dränge mich an ihm vorbei, stürze mich gleich ins Bett und ziehe die Decke über mich.

Es dauert ein paar Minuten, bis er sich neben mich setzt, allerdings mit reichlich Abstand. ,,Du warst nicht du selbst", flüstere ich, nachdem einige Minuten Schweigen geherrscht hatte.

,,Ja, ich habe die Kontrolle verloren", gibt er schließlich zu. Ich schlucke trocken, meine Kehle fühlte sich an, als hätte ich Stundenlang durchgeschrien.

,,Warum?"

,,Weil ich sauer auf dich bin aber das...ist keine Entschuldigung", überrascht sehe ich ihn an und verschränke die Arme vor der Brust.

,,Warum bist du sauer?", er zögert, dann erhebt er sich und holt etwas aus seiner Hosentasche. Mein Handy. Verwirrt nehme ich es entgegen. ,,Woher?"

,,Du hast es im Laden liegen gelassen"

,,Und was ist damit?", er sieht mich fest an und holt tief Luft.

,,Ich habe die Nachrichten mit Jennifer gelesen", gibt er schließlich zu. Überrascht reiße ich die Augen auf und sehe ihn fassungslos an. Erst jetzt fällt mir das alles wieder ein, ich hatte es fast schon wieder vergessen. Weil es mir einfach nicht in den Sinn gekommen wäre ihn wirklich zu verlassen.

,,Und was hast du gedacht? Hast du wirklich gedacht, ich würde dich verlassen? Oder was hat dich so sauer gemacht?"

,,Du hast es geschrieben", ich schüttle den Kopf und sehe ihn an, als würde er mir gerade erzählen, dass er gerne Menschenkinder isst.

„Du hast dennoch mit mir geschlafen. Das ist abartig. War das irgendeine dämliche Rache?", frage ich verletzt. Er hält meinem Blick stand und schüttelt den Kopf

„Nein, so war das nicht. Ich..."

„Geh bitte einfach"

„Können wir das bitte erst klären"

„Schon gut, ich werde dich nicht anzeigen oder sonst irgendwas tun. Aber geh bitte"

„Anzeigen?", fragt er überrascht. „Ich wollte nicht dass du das so empfindest"

„Hab ich auch nicht"

„Warum kommt dir das dann in den Sinn?"

„Könnte man Rache nennen", er sieht mich prüfend an und erhebt sich schließlich. Mein Herz wird schwer, denn ich weiß, dass ich unfair spiele. Allerdings kann ich das jetzt auch nicht mehr zugeben, dafür bin ich zu stur.

„Das ist verrückt"

„Man würde mir sicherlich mehr glauben als dir", die Wort rutschen mir heraus, bevor ich sie überdenken kann. Er hebt eine Augenbraue und presst die Lippen aufeinander. Wir wissen beide, dass eine Anzeige sein Leben und das seiner Familie zerstören würde. Selbst wenn sie komplett haltlos wäre. Doch jeder Richter würde nur das Geld und den Einfluss meines Vaters sehen, es wäre definitiv keine faire Verhandlung. Allerdings würde ich eine Anzeige auch nicht wirklich in Betracht ziehen.

„Sicherlich. Du hättest einfach wirklich Schluss machen sollen. Oder am besten überhaupt nicht diesen verfluchten Laden betreten sollen", meint er unnatürlich ruhig, dafür dass wir uns gerade stritten und wendet sich schließlich endlich ab. Doch genau in dem Moment wird mein Herz schwer. Ich möchte nicht, dass er geht. Auch wenn das unlogisch ist. Abgesehen von dem heutigen Abend war immer alles gut gewesen. Doch vielleicht hatte sich auch nur sein wahres Gesicht gezeigt. Ich schaffe es kaum ihn einfach so gehen zu lassen. Auch wenn ich weiß, dass es so besser ist

,,Gute Nacht, Cole", sage ich leise. Zuerst glaube ich, dass er mich nicht gehört hat, doch dann dreht er sich zu mir um und betrachtet mich kurz, wendet sich dann endgültig von mir ab. Ohne meine Verabschiedung zu erwidern. Ich halte durch, bis er die Türe hinter sich schließt. Dann brechen sämtliche Dämme. Ich kann mich nicht daran erinnern jemals so geheult zu haben. Es wird mir alles zu viel. Ich muss hier raus. Ich kann nicht von diesem verfluchten Bett bleiben. Noch nichtmal in dieser Wohnung. Es ist mir sogar egal, wie ich rumlaufe, Hauptsache nicht hier drinnen.


Schnell werfe ich mir die nächstbesten Klamotten über, dann stürze ich förmlich aus der Wohnung. Eiskalte Luft schlägt mir entgegen, doch es ist mir egal. Ich laufe, wohin mich meine Beine tragen. Die Tränen in Verbindung mit der niedrigen Temperatur lassen mein Gesicht förmlich erfrieren, doch meine Sinne sind so taub, dass ich es nur am Rande mitbekomme. Ich halte erst an, als ich eine geöffnete Kneipe finde. Mein gefälschter Ausweis verhilf mir zu einigen Drinks, doch ich spüre diese noch nichtmal. ich hätte genauso gut Wasser trinken können. In meinem Kopf spielen sich tausend Filme ab. Ich starre teilnahmslos vor mich hin, ich könnte nichtmal sagen wie lange und was ich gesehen habe. Es ist so, als würde mein Gehirn keine anderen Informationen verarbeiten können. Was ist heute nur passiert? Wieder überkommt mich eine Welle voller Wut. Es ist 4.35 und ich empfinde das erste mal seit Stunden wieder überhaupt etwas. Etwas zu abrupt erhebe ich mich, woraufhin ich fast vom Barhocker fliege, doch ich halte mich an meinem Sitznachbar fest, welcher mir einen schmierigen Blick zuwirft. Angewidert ziehe ich die Hand weg und strecke der Barkeeperin einen Bündel mit Scheinen hin. Sie will mir das Wechselgeld geben, doch ich winke ab, auch wenn ich keine Ahnung habe wie viel Geld es überhaupt ist. Besorgt sieht sie mich an.

,,Hast du jemanden, der dich abholt?", ich schüttle leicht den Kopf. Panik steigt in mir auf, ich habe keine Ahnung, wo ich überhaupt bin. Geschweige davon wie lange ich nach Hause brauche.

,,Kannst du...mir die Nummer sagen?", ich muss mich zu sehr anstrengen einen geraden Satz herauszubringen, als ich gedacht hatte.

,,Welche Nummer?", fragt sie verständnislos. Ich schließe für einen Moment die Augen und stütze mich an der Bar ab.

,,Die Adresse, von hier", sie nennt sie mir und sieht mich abwartend an. Mein Hirn ist zwar eingeschränkt im Moment, dennoch kann ich mich daran erinnern, dass Cole hier irgendwo in der Nähe wohnen muss, auch wenn ich keine Ahnung hatte wo genau. Ich war noch nie bei ihm gewesen. ,,Wenn du willst kannst du warten, bis meine Schicht zu Ende ist, dann bringe ich dich nach Hause. Ich bin bald..."

Ich unterbreche sie und grinse sie dümmlich an. ,,Danke, nein, ich kenne hier jemanden. Ganz in der Nähe"

,,Soll ich dich bringen?", fragt sie. Ich schüttle den Kopf.

,,Nicht...nein. Nicht nötig", sage ich noch immer grinsend und torkle ohne etwas weiteres zu sagen Richtung Tür. Ich spüre ihre Blicke in meinem Rücken brennen aber ich bleibe nicht stehen. Ich muss unbedingt zu ihm.

Der Weg ist weiter als erwartet, wobei ich in meinem Zustand auch nicht wirklich klar darüber nachdenken kann. Doch letztendlich stehe ich vor einem heruntergekommenen, riesigen Gebäude. Meine Zuversicht schwindet zunehmend. Wie um alles in der Welt sollte ich ihn hier finden. Genau genommen fiel mir noch nichtmal sein Nachname ein. Angestrengt starre ich auf die vielen Klingeln und versuche mich wieder daran zu erinnern, doch es fällt mir nicht ein. Seufzend lasse ich mich vor die Tür sinken und starre hinaus in den Himmel. Tränen füllen meine Augen. Niemals hatte ich damit gerechnet, dass dieser Tag so verlaufen wird. Ich hatte mich eigentlich sogar richtig auf diesen Tag gefreut.

Gedankenverloren scrolle ich durch unseren Nachrichtenverlauf, bis ich an einer Nachricht hängen bleibe. Erleichtert lächle ich auf, als würde sein Nachname all meine Probleme lösen. Immerhin würde ich nicht mehr länger hier draußen bleiben müssen. Erst als mein Finger über dem Klingelschild schwebt fällt mir auf, dass ich jetzt kaum dort klingeln kann, immerhin ist es früh am Morgen. ,,Verdammt", fluche ich auf. Warum dachte man kein bisschen nach, wenn man betrunken war?

Mein betrunkenes Hirn braucht viel zu lange dafür um auf die glorreiche Idee zu kommen Cole anzurufen. Es ist mittlerweile fast 7 Uhr. Er müsste bald sowieso aufstehen. Immerhin war heute Samstag, er arbeitete also im Restaurant. Vielleicht hatte er davor dennoch Zeit um nochmal zu reden. Zögernd tippe ich auf seine Nummer um ihn anzurufen. Er nimmt nach nichtmal zweimal klingeln ab.

,,Ja?", seine Stimme wirkt müde und gereizt. Ziemlich überraschend wenn man daran denkt, dass er immer nur so wenig Schlaf abbekommt.

,,Cole", druckse ich vorsichtig herum. Ich höre wie er aufstöhnt und sich dabei im Bett aufrichtet. Sein Bett quietscht ziemlich laut jedenfalls.

,,Was willst du?", fragt er seufzend. Ich lausche kurz seinem regelmäßigen Atem und suche nach den richtigen Worten. Doch mein Kopf ist zu vernebelt um mir passende Worte zusammenzulegen.

,,Kannst du reden mit mir?", flüstere ich und unterdrücke ein Lachen, weil sich mein Wortlaut so dämlich anhört.

,,Bist du betrunken?", fragt er genervt und ich kichere als Antwort.

,,Du kennst mich so gut"

,,Besser als es gut für mich ist", meint er und trotz allem kann ich das Lächeln in seiner Stimme spüren. ,,Wo bist du? Ich hole dich ab", meint er und seine Stimme klingt plötzlich dumpf, doch ich erkenne, dass er sich lediglich umzieht. 

,,Du würdest mich trotzdem abholen?"

Er bleibt kurz still, ich höre ihn leise atmen. ,,Ich würde dich immer abholen und jetzt sag mir bitte wo du bist ich will nicht raten", ich spüre die Tränen erneut in mir hochkommen. Auch wenn es heute vielleicht nicht so gewirkt hatte war er mit Abstand der beste Mensch, den ich jemals kennen gelernt hatte. Ich bin mir zu hundert Prozent sicher, dass das keine leeren Versprechungen waren. Er meint das vollkommen Ernst.

,,Ich bin vor deiner Türe"

,,Du bist absolut verrückt, Amilia", seufzt er, betätigt aber nur wenige Sekunden später den Türöffner.

,,Tut mir leid"

,,Entschuldige dich nicht. Achter Stock, die offene Tür", meint er und legt dann auf. Ich lächle kurz dümmlich das Handy an, dann stecke ich es ein und mache mich auf die hoffnungslose Suche nach einem Aufzug, welchen es natürlich nicht gibt. Ich stöhne auf und nehme die ersten Treppenstufen, welche mir zeigen, dass ich absolut zu betrunken für solche Sachen war. Ich gebe mir selbst eine Minute und setze mich auf die erste Treppenstufe um mich auszuruhen, stütze den schweren Kopf in meine Hände ab und schließe die Augen.

,,Soll ich dich tragen?", weckt mich wenige Sekunden später eine wohlbekannte Stimme. Ich öffne die Augen und muss sie erstmal zusammenkneifen, da es plötzlich zu hell ist.

,,Ich wollte nur eine Minute...", sein Lachen unterbricht mich. Empört sehe ich ihn an und halte mich am Treppengelände fest, um aufzustehen.

,,Ich warte seit 15 Minuten auf dich"

,,15?", frage ich schockiert. Niemals. Wie konnte das nur passieren? Ich hätte schwören können, dass es nichtmal eine Minute gewesen war.

,,Komm bitte, ich möchte nicht, dass dich ein Nachbar sieht"

,,Schämst du dich?", frage ich grinsend und ergreife die angebotene Hand. Er dreht sich zu mir um und streicht mir das Haar aus dem Gesicht. Diese winzige Berührung reicht schon aus, um tausend Schmetterlinge in meinen Bauch zu katapultieren. 

,,Ehrlicherweise siehst du so aus, als hätte ich ein wehrloses Mädchen so stark abgefüllt, um sie in meiner Wohnung acht Tage lang zu foltern bevor ich ihrem Flehen nach Erlösung nachzukommen"

,,Du hast abartige Fantasien", sage ich und mustere ihn lächelnd. Er grinst schief und nimmt die Hand von meiner Wange. ,,Aber eigentlich siehst du gar nicht aus wie ein Mörder und ich bin nicht wehrlos"

,,Im Moment schon"

,,Willst du mir Angst machen?", frage ich und das Lächeln verlässt mein Gesicht.

,,Du bist diejenige, die sich hier morgens herumtreibt"

,,Was würdest du nur sagen, wenn du wüsstest, dass ich mich hier in der Gegend seit du gegangen bist herumtreibe?", sein Gesichtsausdruck verfinstert sich.

,,Du bist wirklich verrückt, Amilia. Was denkst du dir nur bei sowas? Du kannst...", ich unterbreche ihn, indem ich ihn küsse. Verzögert erwidert er den Kuss. Ich spüre das Treppengelände in meinem Rücken und seine Hand an meiner Taille. Ich dränge mich gegen ihn und lege die Hände an seine Brust. Meine Beine zittern, ob es am Alkohol oder an ihm liegt kann ich beim besten Willen nicht zuordnen. Ich weiß nur, dass ich es nicht überleben würde, wenn dass unser letzter Kuss sein würde. Ich wollte ihn mehr als alles andere. Vielleicht war das falsch doch ich konnte und wollte nichts dagegen tun.

,,Ich will dich", flüstere ich gegen seine Lippen. Das Lächeln stiehlt sich zurück auf seine Lippen.

,,Amilia, ich sollte dich in deinem Zustand nichtmal küssen"

,,Ich bin vollkommen klar"

,,Du hast die letzten Stunden das Gegenteil bewiesen. Wie wäre es, wenn du dich ausschläfst und wenn du dann noch so denkst mach ich alles was du willst"

,,Du bist wirklich zu gut", seufze ich und trete ein Stück von ihm zurück

,,Lieber zu gut als im Gefängnis", knurrt er und küsst mich auf die Stirn, greift erneut nach meiner Hand und zieht mich weiter. 

,,Ich hätte dich nicht wirklich angezeigt"

,,Dann sag sowas nicht", meint er seufzend.

,,Tut mir leid"

,,Entschuldige dich nicht"

,,Ich liebe dich, Cole", lalle ich. Er hält kurz in seiner Bewegung inne, fängt sich jedoch recht schnell wieder

,,Ich würde dir mehr glauben, wenn du diese Treppen hier ohne Hilfe nehmen könntest"

,,Ich meine es ernst", sage ich beleidigt und lasse seine Hand los nur um, ohne mich zu bewegen, hinzufallen. Er lacht leise, hilft mir aber dennoch auf. Böse funkle ich ihn an und halte mich statt an seiner Hand am Gelände fest. 


So schaffen wir es mehr oder weniger gut nach oben. Leise schleichen wir uns in seinem Zimmer, er schließt die Tür hinter uns ab. Dann gibt mir eines seiner Shirts und dreht sich weg, damit ich mich umziehen kann. Ich muss darüber lächeln, dass er es tut, obwohl er mich bereits nackt gesehen hatte. Doch so war er eben.

,,Du kannst wieder", flüstere ich, als ich bereits in seinem kleinen Bett liege. Sein Zimmer ist allgemein winzig, selbst unsere Abstellkammer zuhause ist größer. Lediglich ein Schrank und sein Bett fanden hier Platz.

,,Schlaf gut, komm, wenn du etwas brauchst", meint er und wendet sich erneut ab.

,,Mach dich nicht lächerlich, ich werde dich nicht auf dem Sofa schlafen lassen, das Bett reicht für uns beide", sage ich, auch wenn ich es nicht mit Sicherheit sagen würde, dass das Bett für zwei Personen gemacht war. Er zögert, beschließt dann aber wohl, dass er lieberer hier bei mir schläft als erklären zu müssen, warum er nicht in seinem eigenen Bett schläft. Ich presse mich mit dem Rücken gegen die Wand, dennoch berühren wir uns leicht. Vielleicht auch, weil wir es so wollen. Wir sehen uns eine Weile an, ohne ein Wort zu sagen.

,,Ich bin froh, dass du diesen Laden betreten hast", flüstert er schließlich. Überrascht ziehe ich die Augenbraue hoch und will gerade etwas erwidern, als er wieder anfängt zu reden: ,,Ich weiß, was ich vorhin gesagt habe.", meint er und beißt sich auf die Lippe. Ich lächle und rutsche ein Stück näher, küsse ihn erneut, diesmal leidenschaftlicher. Er zögert nur kurz, stattdessen zieht er mich so heftig an sich heran, dass ich Angst habe, dass wir gleich beide aus dem Bett fallen. Doch selbst das würde mich in dem Moment nicht stören. Ich lasse meine Hände über seinen Oberkörper gleiten, bis zum Bund seiner Hose. Der Alkohol macht mich deutlich mutiger, sodass ich mich ohne zu zögern auf ihn setze. Sein Blick ist voller Zuneigung, doch auch voller Verlangen. Und genau das empfinde ich in dem Moment auch. Ich will ihn so dringend. Langsam bewege ich meine Hüften, wobei er hart wird. Absolut bereit. Langsam küsse ich ihn und stöhne dabei an seine Lippen.

,,Amilia, ich werde das nicht tun, ich werde dich nichtmal länger anfassen", sagt er, auch wenn ich das zögern und das missfallen in seiner Stimme hören kann.

,,Das ist unfair", seufze ich, als er mich von sich schiebt.

,,Du könntest dich noch nichtmal daran erinnern, wenn du geschlafen hast"

,,Kannst du mich nichtmal in den Arm nehmen?", frage ich

,,Keine Berührungen", flüstert er und küsst mich so flüchtig auf die Nasenspitze, dass ich seine Lippen kaum wahrnehme. Ich grinse auf und nicke.

,,In Ordnung", flüstere ich und lasse meine Hand langsam meinen Körper entlang gleiten, bis zum Bund meiner Hose. Be lustigt betrachtet er mich, doch als ich schließlich mit einem Finger in mich eindringe wird sein Blick dunkler. Ich bin bereits so feucht, dass es deutlich einfacher als sonst ist. Ich lasse den Finger ein paar mal reingleiten. Er beobachtet mich dabei und ich kann die Spannung zwischen uns beinahe mit Händen greifen.

,,Bitte", flehe ich, doch er schüttelt den Kopf, allerdings nicht mit so großer Bestimmtheit wie zuvor. Ich stöhne leise auf, woraufhin er mich so stürmisch küsst, dass ich meine Finger vollkommen vergesse

,,Du bist unfair", stöhnt er frustriert auf und lässt wieder von mir ab.

,,Ich weiß nicht, was du meinst", flüstere ich unschuldig, während ich meinen Finger langsam aus meiner Hose nehme und damit über seine Lippen streiche. Überraschung liegt in seinem Blick. So eine Sicherheit war er von mir nicht gewohnt. Langsam nimmt er den Finger in seinem Mund auf und schließt die Augen, ringt offensichtlich mit seiner Selbstbeherrschung. Doch statt nachzugeben erhebt er sich und geht ohne ein weiteres Wort zu sagen aus dem Raum. Selbstzufrieden drehe ich mich auf den Rücken und starre an die Decke. Die Müdigkeit überfällt mich beinahe, sodass es nur wenige Minuten dauert bis ich in einen tiefen, wohltuenden Schlaf falle.

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