Tschernobyl - Radioaktives Trauma

Zuerst einmal ein Danke an MaritaDarling, die dieses Thema vorgeschlagen hat! Ich hoffe, dass es dir gefallen wird!

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Genauso wie bei 9/11 weiß mal wohl noch, was man am 26. April 1986 gemacht und wie man reagiert hat, als man von der schrecklichen Katastrophe erfahren hat, die sich in der damaligen Sowjetunion abgespielte. - Jedenfalls wenn man zu dieser Zeit schon geboren wurde.

Die Rede ist von der nuklearen Katastrophe von Tschernobyl.

In Physik habe ich momentan genau dieses Thema, was wunderbar zu der Radioaktivität passt und was für schreckliche Folgen das haben kann. Ich werde heute nicht nur auf die Abläufe eingehen, sondern auch auf die vielen Opfer, die das Ereignis heute noch fordert und darauf, wieso die Radioaktivität heute noch so lange in dem Gebiet andauert.

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Zuerst einmal zu dem Ablauf. Wie konnte es so weit kommen?

Das Kernkraftwerk Tschernobyl befindet sich heute in der Ukraine und wurde nach der Katastrophe stillgelegt. Es wurde 1970 gebaut und war damit also nur 16 Jahre in Betrieb. Block 4, der später explodieren sollte, war damals gerade einmal 2 Jahre alt.

Alles fing an mit dem 25. April 1986. Das war ein Freitag. In Block 4 sollte getestet werden, ob bei einem Stromausfall die Kühlpumpen weiterlaufen können, bis die Notstromaggregate angelaufen sind. Dies ist so wichtig, weil die radioaktiven Atomkerne immer weiter zerfallen, sodass Radioaktivität freigesetzt wird - und ich brauche wohl niemanden zu erzählen, wie gefährlich diese Strahlung ist.

Allein Marie Curie, die zusammen mit Pierre Curie die Radioaktivität im Jahr 1896 beruhend auf Henri Becquerels Entdeckung entdeckt hat, war so verstrahlt mit ihrem dauernden Umgang mit der Strahlung, dass sie schon sehr früh starb. Ihe Hände waren verbrannt von ihr.

Marie und Pierre Curie


Um 13.00 Uhr begannen also diese Testdurchläufe. Die Reaktorleistung wurde reduziert, das Notkühlsystem dementsprechend ausgeschaltet. Dies wird zu einem verhängnissvollen Fehler. Denn um 14.00 Uhr wurde aus Kiew Strom angefordert, die Hauptstadt der Ukraine und ca. 150km von Tschernobyl entfernt. Der Fehler: die Notkühlsysteme, die extrem wichtig sind, bleiben ausgeschaltet.

Kurz nach 23.00 Uhr begann der Test erneut. Doch mit anderem Personal. Der Reaktor sollte auf 25 Prozent seiner Leistung abgefahren werden.

Um 0.28 Uhr fiel die Leistung des Reaktors unerwartet auf ein Prozent. Unter 20 Prozent kann der Reaktor nicht mehr sicher gesteuert werden, müsste eigentlich heruntergefahren werden, doch das Gegenteil passiert; das Personal steigerte die Leistung. Mit sieben Prozent Leistung und nur vier von acht eingeschalteten Kühlpumpen startete der Tag, der alles verändert wird.

Um 1.23 Uhr stieg der Druck des Kühlmittels. Der Schichtleiter versuchte eine Notabschaltung. Ein Konstruktionsfehler hierbei ließ die Leistung auf das 100-Fache ansteigen. Durch die enorme Hitze, die dabei entstand barst die Druckröhren und das Kühlwasser verdampfte schlagartig.

In wenigen Sekunden kam es zu gleich zwei Explosionen. Das Dach des Reaktogebäudes wurde weggesprengt, wodurch Luft in den Reaktor drang und es zu einem Brand kam. Rießige Staubwolken mit giftigigen radioaktiven Stoffen wie Iod, Radium und Polonium stieg in die Atmosphäre auf und wurde durch den Wind und den Regen überall in die Welt mitfortgetragen. Unter anderem in viele Gebiete Deutschlands. Auch heute noch kann man die Auswirkungen hier sehen.

Der Reaktorkern wurde zerstört. Um 5.00 Uhr sind die Brände außerhalb des Reaktors gelöscht. Mit Rubschraubern versuchte man das Innere der Reaktoren zu löschen, was allerdings misslingt.

Viele Menschen opferten ihr Leben, um in Tschernobyl die radioaktiven Stoffe aufzuräumen und zahlen dafür einen hohen Preis. Auch heute noch sterben viele Menschen, die vor 35 Jahren dort aufgeräumt haben, an Krebs. Das Millitär aus der Sowjetunion half ebenfalls mit. In 2er Teams räumten sie im 90 Sekunden Rythmus auf. Länger konnten sie nicht bleiben, die Strahlung war zu hoch. Jeder wurde nur einmal dort hingeschickt und musste dann augenblicklich in Sicherheit gebracht werden.

Aufräumarbeiten in Tschernobyl


Die Reaktoren brannten tagelang. Immer mehr Menschen wurden aus den umliegenden Städten in Bussen evakuiert und in Turnhallen gebracht, die nun als Flüchtlingslagern dienten. So viele Menschen verloren damals ihre Heimat mit einem mal, manche dachten, es sei nur für kurze Zeit und sie würden ihre Heimat bald wieder sehen, doch für die meisten war es ein Abschied für immer. Ganze 450.000 Menschen mussten umziehen.

Ein Tag nach der Katastrophe am 27. April verlief der Alltag in hoch radioaktiven Städten sogar ganz normal ab. Sie wussten noch nichts von dem Ereignis vom Vortag. Kinder gingen in Kindergärten, die Erwachsenen arbeiteten. Kinder spielten draußen sogar Fußball und wurden somit sehr verstrahlt. Wer sich in der Turnhalle aufhielt, hatte noch etwas Glück.

In der sogenannten "Todeszone" starb der Wald innerhalb kürzester Zeit ab. Das Erbgut in dem Zellkern der Tiere veränderte sich und somit entstanden Mutationen. Auch heute noch findet man verstrahlte und ganz neue fehlgebildete Tiere dort vor.

Mutation von einem Kalb mit zwei Köpfen

Die Löscharbeiten an den Reaktoren dauerten ganze 10 Tage an! Bergleute versuchten unterdessen einen Tunnel unter den Reaktoren zu bauen, um den Kern von unten zu kühlen, bevor das lavaartige Material in das Grundwasser geraten würde. Hier herrscht eine besonders hohe Strahlung und die Bergleute riskierten ihr Leben. Was sie entdeckten ist schrecklich; der Kern war bereits geschmolzen und war mittlerweile in den Keller des Kernkraftwerkes gelaufen.

Das verseuchte Wasser lief in den Keller und damit in die Schuhe der Aufräumarbeiter. Ihre Füße wurden total verbrannt. Eine Strahlung von 250 Millisiviert ist die Grenze. Wird mithilfe eines Dosimeters eine höhere Strahlung bei ihnen gemessen, müssen sie sofort nach Hause. Zum Vergleich: Die normale Umgebungsstrahlung, die uns umgibt, beträgt im Durchschnitt ungefähr 14 Millisiviert. Diese Strahlung erfolgt durch die kosmische Strahlung, die von der Sonne ausgeht und von der terrestrischen Strahlung, die durch das Uran im Boden ausgeht. Doch unsere Körper sind diese Strahlung gewonnt und haben sich im Laufe der Zeit daran angepasst.

In diesen Tagen erfuhr die ganze Welt von der Katastrophe. Tagelang wird darüber berichtet und gewarnt, man solle sich drinne aufhalten und Fenster und Türen geschlossen halten. Radioaktiver Regen fiel auf Westeuropa.

Ein neues Dach für den Reaktor entstand, das aus Beton besteht und die Radioaktivität etwas dämmen soll. Eine Zementfabrik entstand dafür extra in der Nähe von dem Kernkraftwerk.

Dach über der Anlage


Manche Menschen kehrten trotz hoher Strahlung in ihre Heimat zurück. Sie sind täglich Plotonium 240 ausgesetzt, das sich in der Lunge absetzt und sich im ganzen Körper verbreitet. Und auch das hoch radioaktive Iod 131 verursacht Krebs durch die Schilddrüse. Nach der Katastrophe gab es 30-mal mehr Schilddrüsenpatienten.

Lebensmittel müssen in den Todeszonen täglich überprüft werden. Die meisten Lebensmittel sind so verstrahlt, dass man sie nicht mehr essen kann. Kinder, die in dieser Zone aufwachsen, werden von klein auf darüber geschult, wie gefährlich Radioaktivität tatsächlich ist. Sie kennen sie wie die besten Forscher auf diesem Gebiet.

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Nun zu der Frage, wieso sich die Radioaktivität immer noch nach 35 Jahren hält. Der Grund: Der Kern strahlt immer, das heißt, der Kern zerfällt immer noch so lange, bis irgendwann ein Element entstanden ist, das nicht mehr radioaktiv ist.

Die Halbwertszeit bestimmt, in welcher Zeitspanne ein Atomkern zerfällt.
Das Iod hat eine achttägige Halbwertszeit, was wiederum heißt, dass es acht Tage dauert, bis Iod zerfällt, wieder acht, bis es dann wieder zerfällt und so weiter.

Die Halbwertzeit von Radium dauert da schon länger; ganze 30 Tage.
Und Polonium hat eine Halbwertszeit von einer Millionen Jahre! Das ist ein ganz anderes Niveau.
Zum Glück wurde in Tschernobyl nicht ganz so viel Polonium gefunden. Aber bis Tschernobyl wieder komplett strahlungsfrei ist (ausgenommen von der Umgebungsstrahlung) dauert es wohl noch einige Jahrhunderte.

Auch heute noch wird aufgeräumt. Menschen riskieren dabei ihr Leben. Ca. 400.000 Menschen haben bereits mitgeholen. Es sind so viele, weil man versucht die Strahlung auf mehrere Menschen aufzuteilen.

Um die noch austretende Strahlung etwas einzudämmen, ist eine Art Sarkophag 2016 entstanden. Das ist ein großes Dach, das etwas weiter entfernt von dem Kraftwerk gebaut und dann über das ganze Gelände aufgestellt wurde. Darunter wird aufgeräumt für mehrere Jahrhunderte. Leider wird das Dach nur höchstens ein Jahrhundert halten, bis eine neue Lösung her muss. Und hinzu kommt, dass es sehr, sehr, sehr teuer ist.

Ich kenne eine Person, die sich sehr für Tschernobyl interessiert und selber Mal dort hin möchte.
Deshalb meine Frage an euch:
Würdet ihr dort einmal hinfahren, um euch die verlassenen, geisterhaften Städte anzuschauen? Oder hättet ihr zu sehr Angst zu stark verstrahlt zu werden? Was würdet ihr euch gerne anschauen? Und wann würdet ihr es machen?
Wie würdet ihr euch fühlen bzw. was würdet ihr denken, wenn ihr zu den vielen Menschen zählen würdet, die ihre Heimat verlassen mussten? Würdet ihr selber beim Aufräumen mithelfen?
Schreibt es jetzt gerne in die Kommentare!

Ich bitte nun um eine kurze Schweigeminute für die vielen Opfer, die bei der Katastrophe und danach umgekommen sind. 35 Jahre sind vergangen und es erschüttert immer noch. Wie konnte so viel falsch laufen? Eine Aneinanderreihung von Fehlläufen und dramatischen Ereignissen haben so vielen Menschen das Leben und ihre Heimat gekostet.

Schweigeminute: Gedenken an die Opfer


Es sollte Fukushima im Jahr 2011 folgen.

Fukushima-Katastrophe


Die Katastrophe von Tschernobyl wird uns noch sehr lange begleiten. Die Opfer dürfen niemals in Vergessenheit geraten! 4000 Opfer sind regestriert, doch die genaue Opferanzahl bleibt ungewiss...

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Nun zu den Quellen, die ich euch sehr ans Herz legen kann.

- Eine sehr gute Doku über Tschernobyl und Fokoshima (diese habe ich ebenfalls im Physikunterricht gesehen und fand sie sehr ergreifend und informativ): https://m.youtube.com/watch?v=19zb0Q-uXgw

- Bild von Tschernobyl: https://www.spiegel.de/thema/tschernobyl/

- Bild von Marie und Pierre Curie: https://www.hanisauland.de/node/1181

- Aufräumarbeiten in Tschernobyl: https://www.pinterest.de/pin/672162313105230811/

- Mutation eines Kalbes mit zwei Köpfen: https://amp.welt.de/vermischtes/article1709221/Zweikoepfige-Tiere-sind-keine-Monster.html

- Dach über der Anlage: https://www.srf.ch/article/11462082/amp

- Schweigeminute: Gedenken an die Opfer: https://freundeskreis-polozk.de/tschernobyl-35-jahre/

- Fukushima-Katastrophe: http://neu.lpb-bw.de/atomkatastrophe.html

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