Kapitel 7




Als ich unser Zimmer betrat war es leer. Ich wusste nicht, wo die anderen waren. Ich genoss die Ruhe, die im Zimmer herrschte und ebenso fragte ich mich, wieso es so nicht immer sein konnte!

Mir war bis jetzt nie aufgefallen, wie unterschiedlich wir doch alle waren.

Lilys Ecke war voll mit Kissen und Zeug, was keiner benötigte. Alles war hauptsächlich in einem zarten Pink gehalten und strahlte Wärme aus.

Jennas Ecke hingegen, war, bis auf ein paar Umzugskartons, weitgehend leergeräumt und zeigte nichts Persönliches. Am Inhalt der Kartons konnte ich dennoch herausschließen, dass sie Blau bevorzugte und nicht so viele Sachen besaß. Sie war ja eh bald weg!

Enas Ecke war in einem Lila und Schwarz gehalten, welches ein wenig ihren Charakter wieder spiegelte. Alles war sehr chaotisch und unaufgeräumt, aber das schien niemanden zu interessieren oder zu stören.

Nun blickte ich zu meiner Ecke, die links des Zimmers lag und völlig trüb und leer aussah. Die graue Farbe des Bettbezuges war das einzig Lebendige dort. Der Weiße Schrank, der als Kleiderschrank dienen sollte, war so Gut wie leer, da ich nicht viel mitnehmen durfte.

Ich schaute unter das Bett und konnte die kleine Sporttasche erblicken. Schnell zog ich sie unter dem Bett hervor und öffnete sie. Ein kleines Bild kam zum Vorschein. Mum und Dad lächelten beide in die Kamera, während Leon und ich unsere Zungen herausstreckten.

Das Foto entstand vor gut fünf Jahren und noch nie hatte ich unsere Familie wieder so glücklich erlebt...

„Mich kümmert dein beschissenes Leben nichts also hör auf mit dem Scheiß und-" „- Oh Hey Ruby, hab dich nicht gesehen!", lächelte Ena, legte auf und steckte ihr Handy schnell in ihre Jackentasche. Sie war merklich nervös.

Schnell tat ich das Bild unter meine Bettdecke und blickte Ena an.

„Schon Gut, wir alle haben doch unsere Probleme, nicht wahr?", lächelte ich und verschwand aus dem Zimmer.

Ich verspürte plötzlich den Drang zu meiner Tante zu gehen, weshalb ich schnurstracks auf den Flur der Lehrer zusteuerte.

Was war plötzlich mit mir los?

Angekommen, an der mir allzu bekannten Tür, klopfte ich leicht und trat ein.

„Oh Hey Ruby, was machst du denn hier?", fragte sie stirnrunzelnd und doch erfreut.

Wenn ich das nur selbst wissen würde, wäre ich schon zufrieden.

„Ähm ich...ich wollte mal fragen, ob es eine...Box- AG oder so etwas Ähnliches gibt!", antwortete ich ihr leicht stotternd. Grundsätzlich war es ja nicht mal gelogen.

„Oh nein, das tut mir leid, aber so etwas haben wir hier nicht. Wir haben nur eine Werk-AG, Kunst- AG, Film-AG, Ballett-AG-", ich unterbrach sie, da mich ihre anderen AGs sowieso nicht interessierten.

„Gut ich glaub ich habe es verstanden, danke Tante!", sagte ich ihr mit einem leichten Unterton.

Plötzlich fiel mir etwas ein: „Hast du irgendwas von Mum und Dad gehört?" Nicht, dass sie mich interessieren würden, aber trotzdem wollte ich es irgendwie wissen!

„Nein, aber sie haben etwas per Post geschickt, warte ich hole es schnell", mit diesen Worten stand sie auf und ging in das Nebenzimmer.

Ich schaute mich um und erkannte, dass sie Fotos von uns an die Wand gehängt hatte. Von uns allen als Familie. Es waren ältere Fotos und zeigten, wie nahe sich meine Tante und meine Mutter waren. Sie waren immer Geschwister gewesen, die sich bei jeder Sache unterstützten.

Doch irgendetwas hatte die ganze Situation zerstört. War es das mit dem Testament, der Streit oder doch etwas anderes? Ich wusste es nicht und ich denke, ich würde es auch so schnell nicht erfahren.

„Ich hab's!", brachte mich meine Tante aus den Gedanken und hielt mir ein mittelgroßes Päckchen vor die Nase. Es war mit einem weißen Geschenkpapier bepackt, dass eine leichte Glitzer Schicht beinhaltete. Ich mochte nie Glitzer, aber das wussten meine Eltern natürlich auch nicht, da sie mich nie danach gefragt hatten.

Was war wohl in dem Päckchen drinnen?

„Ich geh dann mal, Tschüss!" sagte ich rasch und verschwand schnell aus ihrem Büro. Ich wollte das Päckchen nicht vor ihr öffnen, weshalb ich mich in unser Zimmer begab.

Wie erwartet, fand ich es leer vor. Schnell setzte ich mich auf mein Bett und hörte nicht wenig später ein lautes Knacksen. Scheiße, nein!

Als ich meine Hand unter die Bettdecke schob und wenig später die Scherben in meinen Händen spürte, wusste ich, was zerbrochen war. Das Bild!

Um nicht weiter darüber nachzudenken, packte ich die Scherben und warf sie in meinen Mülleimer, der unter dem weißen Schreibtisch stand. Tja, wer hatte überhaupt die Idee mit dem Glas bei Bilderrahmen erfunden? Plastikfolie wäre doch viel vorteilhafter oder? [Random Info: Ich bin grade an nem Projekt über Plastik im Meer xD]

Seufzend setzte ich mich wieder auf mein Bett und begann die komische Verpackung aufzureißen. Es gelang mir schnell und ich hatte einen Schuhkarton in meinen Händen. Aha, seit wann kauften sich meine Eltern Adidas Schuhe?

Ich öffnete den Schuhkarton und erblickte ein Fotobuch?! Naja das stand zumindest drauf

~Fotobuch-Familie Smith~

Verwirrt öffnete ich die erste Seite und erblickte einen Brief, welcher fein säuberlich in einen Umschlag gelegt wurde. Er war noch ungeöffnet und sogar mit einem kleinen Siegel verschlossen. Ich musste über die kleine Tatsache schmunzeln, dass sich meine Eltern Mühe gegeben hatten. Nur für mich!

Ich hielt das kleine Stück Papier nun in den Händen. Es kostete mich eine Menge Überwindung ihn aufzumachen, doch schließlich tat ich es:

Liebe Ruby,

du fragst dich bestimmt, wieso wir uns nicht bei dir melden. Es gibt da einen einfachen Grund, den wir dir schon oft erklärt haben. Wir wollen dir Zeit geben und den nötigen Abstand, den du brauchst. Wir wissen, wie du dich fühlst und was du durch machen musstest und wir hoffen vor allem, dass du dich nicht zu sehr verschließt. Wir können dir nicht erklären, wie leid es uns tut, dass wir nie da waren und wir hoffen, dass du uns eines Tages verzeihen wirst und kannst!

Wir lieben dich unser kleiner Rubin, Mum & Dad

Und das erklärten sie mir über einen beschissenen Brief? Anstatt mir das Zeug ins Gesicht zu sagen, trauen sie sich nicht einmal mich anzurufen? Man, was für Feiglinge waren meine Eltern eigentlich?

Ich wollte den Brief zerreißen, doch irgendetwas hinderte mich daran. War es meine Liebe zu ihnen oder doch der Teil von mir, der ihnen bereits vergeben hatte? Nein! Sie waren nie da gewesen! Das konnte man nicht so schnell verzeihen!

Ich packte ihn, mitsamt des Fotobuches in meine Sportasche, die immer noch unter meinem Bett lag und schmiss mich selbst auf mein Bett. Es war so kuschelig und ich beschloss liegen zu bleiben. Zumindest für kurze Zeit...

-

„Ruby! Wach auf, schnell, wir müssen zum Abendbrot!", rief Ena, die mich schüttelte. „Man, was ist los, wie lange habe ich geschlafen? Wieso müssen wir dahin, ich habe keinen Hunger?!", fragte ich verwirrt, doch mein Magen zog mir mal wieder einen Strich durch die Rechnung. „Ahja, dein Magen sieht das glaub ich eher anders!", lachte sie und verschränkte ihre Arme vor der Brust. Erwischt!

„Gut, dann komme ich eben mit, wenn's sein muss", ich verdrehte die Augen, woraufhin Ena noch mehr lachte: „Schon klar!"

Erneut verdrehte ich die Augen und stand auf.

„Wo sind eigentlich Lily und Jenna?", fragte ich sie, denn das interessierte mich wirklich.

„Sie sind schon unten, wir waren die ganze Zeit in der Bibliothek, da du irgendwie mit Nico verschwunden bist und nur Nico wiederkam. Danach wollte ich kurz ins Zimmer um nach dir zu schauen-", sie stockte, da sie sich wahrscheinlich an ihr eigenes Telefonat erinnerte.

„-Schon gut!", sagte ich schnell und ging voraus.

Wenig später kamen wir am besagten Saal an und setzten uns an unseren üblichen Platz. Alle waren bereits da und ich setzte mich diesmal absichtlich nicht gegenüber von Nico. Stattdessen nahm ich den Platz am Rand, der neben Lily und Matteo war.

„Gut, da nun alle hier sind, wollte ich nur mal bekannt geben, dass am Dienstag, also in drei Tagen, die Abschiedsparty von Jenna stattfinden wird!", erklärte Lily aufgeregt.

Alle jubelten und schauten mich an, da ich die einzige war, die anscheinend nicht über die Party erfreut war. Eigentlich war ich es mehr als die anderen, aber nicht über die Party, sondern über ihren Abschied!

„Man Leute, ihr seid die Besten, wäre es in Ordnung, wenn ich ein paar Freunde, aus meiner eigentlichen Schule einlade?", sie schaute damit eigentlich nur mich an, da wir beide genau wussten, welche Freunde das waren.

„Ja natürlich, umso mehr Leute kommen, desto besser wird die Party!", kreischte Ena.

„Gibt es Anwesenheitspflicht?", fragte plötzlich Nico. Ich war überrascht, da ich dachte, gerade er würde sich eine Party nicht entgehen lassen.

„Ja für die Freunde von Jenna ja auch, also Ja!", sagte Matteo streng, worüber ich schmunzeln musste.

„Gut, na dann muss ich ja kommen", antwortete er leicht genervt, was aber niemandem auffiel.

„Nächste Woche fängt ja die Schule an!", sagte plötzlich Louis, der die ganze Zeit geschwiegen hatte.

Ab diesem Zeitpunkt hörte mein Gehirn auf mitzuhören. Sie redeten jetzt wahrscheinlich darüber, wie ach so gut sie in der Schule waren und, dass Schule das Beste auf der Welt war.

„Und Ruby, welches Fach kannst du am Besten oder welches ist dein Lieblingsfach?", fragte mich Jenna plötzlich und hatte ein leicht spöttisches Grinsen im Gesicht. Konnte die nicht einfach ihre verdammte Fresse halten?!

Da ich niemandem auch nur wage etwas vor machen konnte und sich das alles eh spätestens im Unterricht herausstellen würde, erzählte ich ihnen einfach die Wahrheit:

„Hmm, lass mich mal überlegen! Ach ups Jenna, ich dachte du wusstest, dass ich wegen den Hauptfächern hätte sitzen bleiben müssen, nicht wahr?", alle schnappten hörbar nach Luft.

„Und wie bist du dann auf dieses Privatinternat gekommen?", wollte Louis wissen.

„Glaub mir, ich will hier nicht sein. Meine dumme Tante, aka die Schulleiterin, hatte plötzlich den Drang mit meinen Eltern einen Pakt zu schließen, um mich auf diese Schule zu bekommen", erklärte ich ungerührt.

Alle schauten mich entsetzt an, doch ich ignorierte es.

„Und warum hast du plötzlich nochmal so schlechte Noten bekommen? War das nicht wegen deinen anderen Freunden?", das letzte Wort spuckte sie förmlich aus.

„Noch ein Wort und es wird dir leidtun!", flüsterte ich ihr extra leise und schaute sie mit einem Blick an, bei dem ich die Wirkung liebte. Jenna zuckte nämlich zusammen und blickte hinunter auf ihr Essen.

Niemand sprach ein Wort, denn allen war die angespannte Stimmung bewusst. War mir auch recht so, da ich keinen Bock auf Erklärungen hatte.

Als alle fertig mit Essen waren, standen wir alle auf und gingen aus dem Essaal. Auch danach sprach niemand ein einziges Wort.

„Lust auf eine Runde Kickern?", versuchte Louis die Stimmung aufzulockern.

„Klaro!", antworteten Nico und Matteo gleichzeitig, was mich beinahe zum Lachen brachte. Aber nur beinahe!

Die Jungs spielten einige Zeit Kickern, bis sie schließlich keine Lust mehr hatten.

Wir setzten uns alle auf eines der riesigen Sofas, die im Raum um den Kicker herumstanden und führten unnötige Gespräche. Ich war froh, dass niemand von mir verlangte, dass ich mich einbrachte, denn darauf hatte ich definitiv keine Lust!

Plötzlich spürte ich eine kleine Vibration in meiner Innentasche und ich holte mein Handy heraus. Unbemerkt entfernte ich mich ein kleines Stück von dem Sofa und entsperrte es.

Ich hatte eine Nachricht von einer unbekannten Nummer erhalten. Verwirrt runzelte ich die Stirn und öffnete den Chat.

Unbekannt: Interessieren dich ihre Gespräche wirklich oder tust du nur so?

Verwirrt, wessen Nachricht das war, blickte ich mich suchend um und schaute direkt in Nicos Augen. Auch er war am Handy und zwinkerte mir zu. Ich schüttelte schief grinsend meinen Kopf, speicherte den Namen um und tippte eine Antwort.

Ich: Na dann müssen dich ja die Gespräche genauso brennend interessieren!

Nico: Wer weiß! ;) Lust ins Café zu gehen, die anderen kümmern sich ja gar nicht um uns! :O :(

Ich musste schmunzeln. Auf irgendeine Weise fand ich die Art des Kommunizierens von Nico lustig.

Ich: Von mir aus, aber nur, wenn du dir eine geile Ausrede einfallen lässt!

Nico: Jup, Deal!

Ich verdrehte nur die Augen und blickte ihn an. Nico hingegen, fand das alles sehr lustig und grinste mich blöd an.

Plötzlich stand er auf und streckte sich übertrieben lange. „Ey Leute, sorry das zu sagen, aber ich bin echt Hunde Müde, wir sehen uns morgen, Gute Nacht!", erklärte er und packte bereits seine Sachen ein.

Das nannte er eine Ausrede, dass ich nicht lachte. Ich zeig dir mal wie das geht!

Ich ging bei meinen Einstellungen auf Klingelton- Einstellungen und drehte den Ton extra laut. Nun ließ ich einen typischen Klingelton abspielen und alle Blicke, einschließlich des belustigen Blickes von Nico, lagen auf mir.

Gespielt drückte ich auf Stopp und tat so, als ob ich telefonieren würde.

„Hi Tante, was gibt's?"

„Okay!"

„Ja"

„Gut, ich komme!"

„Bis gleich!"

Ich blickte die anderen entschuldigend an und sagte: „Sorry, aber meine Tante, will mit mir über etwas sehr Wichtiges reden, wir sehen uns ja später, bis bald!" Alle nickten verständnisvoll und ich bog um die nächste Ecke, während ich auf Nico wartete.

Nico

Ich musste schmunzeln, wir beide waren so verschieden und doch trugen wir dasselbe Geheimnis!

Waren wir wirklich so verschieden?

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Heyyy, wie geht es euch?

Ich hatte die Idee mit einer Lesenacht und wollte mal fragen, was ihr davon haltet! Schreibts mir gerne,

bis Bald,

LG

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