Kapitel 32

Die Tränen rannten und rannten. Ich schickte Jessi eine leere SMS, sah nur alles verschwommen, doch sie verstand und war wenige Minuten später bei mir. Sie nahm mich einfach nur in den Arm, hielt mich fest und tröstete mich. Ich weinte und weinte, bis keine Tränen mehr kamen. Als ich mich ein wenig beruhigt hatte, erzählte ich ihr alles. Auch sie vergoß einige Tränen.


"Liebst du ihn?" fragte sie.


"Ja"


"Vermisst du ihn?" fragte sie erneut.


"Ja"


"Möchtest du ihn wiedersehen? Wissen, warum er es getan hat?" fragte sie weiter.


"Ich, ich weiß nicht genau" überlegte ich " Doch ja, ich möchte es wissen. Ich möchte ihn sehen."


"Dann weist du, was du zu tun hast, oder?" meinte sie leicht lächelnd.


"Ich denke schon" sagte ich, nahm mein Handy und überlegte, was ich schreiben soll. Doch mehr als ein "Hallo" brachte ich nicht zustande und schickte die SMS so ab.


Die Stunden vergingen und es wurde spät. So gingen wir schlafen, auch ich fiel irgendwann in einen unruhigen Schlaf. Am nächsten morgen überlegten wir, warum er sich noch nicht gemeldet haben könnte. Krank? Akku leer? Schläft, weil am anderen ende der Welt und Zeitverschiebung und so? Ich bereute es noch nicht, ihm geschrieben zu haben, ganz im gegenteil. Ich fühlte mich nicht mehr ganz so leer, doch ich war kribbelig, aufgeregt und konnte nicht genau erklären, warum.
Kurz nach dem Frühstück klingelte es an der Tür. Es war Sonntag und wir erwarteten kein Besuch. Wer konnte das nur sein? Grübelnd ging ich zur Tür und öffnete sie. Ich hätte jetzt mit allem gerechnet, aber nicht damit. Sprachlos, unfähig irgendwas zu sagen, unfähig irgendwie zu reagieren.


"Hallo Tessa" hörte ich ihn leise sagen "Darf ich reinkommen?"


Ich blieb wie angewurzelt stehen, konnte nichts sagen, mich nicht bewegen, starrte ihn nur an. Irgendjemand schob mich beiseite und ließ ihn herein.


Wir ließen uns auf die Couch sinken. Jessi machte uns ein Kaffee und ließ uns allein. Er sah gar nicht gut aus. Abgemagert, die Haare viel zu lang, Augenringe, tiefe Schatten im Gesicht und so schmal war es. Das funkeln aus seinen Augen war verschwunden. Ob man es nun wollte oder nicht, man sah, das er leidet. Das tat mir weh, er tat mir leid.


"Gibts du mir die Chance, dir das alles zu erklären? Möchtest du es hören?" fragte er vorsichtig.


Ich nickte nur stumm.


Er atmete tief durch und begann vorsichtig zu erzählen.


"Wir waren auf den Weg uns irgendwo für ein paar Tage niederzulassen um dort so etwas wie ein kreativ Urlaub zu machen. Wir hatten gerade eine Tour hinter uns und waren total erledigt. Doch die Produzenten wollten Nachschub, neue Songs fürs Album. Doch wir waren ausgelaugt. Nichts fiel uns ein und so entschlossen wir uns spontan, einfach auszubüxen, sozusagen. Wir hatten keine Ahnung, wo es hingehen sollte, doch wir fuhren einfach immer weiter. Als ich dich im Restaurant das erste mal gesehen habe, war ich total hin und weg. Deine Augen, dein Lächeln haben mich sofort in den Bann gezogen. Doch ich traute mich nicht, dich anzusprechen. Und mit einmal wart ihr weg. Ich war total traurig und konnte dich einfach nicht vergessen, bis du im Supermarkt vor mir gestanden hast. Es war von anfang an einfach unglaublich mit dir. So ungezwungen und einfach wunderschön. Ich weiß, ich hätte es dir gleich da sagen müssen, doch es war so schön, von jemanden gemocht zu werden, der nicht wusste, wer wir sind, bzw wer ich bin. Wenn man berühmt ist, weiß man nie, warum einer einen mag, ob es das Geld ist, der bekanntheitsgrad oder weil man man selber ist. Bei dir wusste ich, du magst mich meinetwegen und das war ein wunderschönes Gefühl. Ich genoß das einfach und irgendwann hab ich den Absprung verpaßt dir das zu sagen. Ich hatte Angst, ich hatte solch riesen Angst, dich dann zu verlieren. Und so schwieg ich weiter, immer am überlegen, wann und wie ich es dir sage. Doch dann war es zu spät und ich merkte, das meine Angst nun Realität geworden ist. Du warst weg, unerreichbar für mich und ich wusste nicht, wie es dir geht, was du machst und was du fühlst und das machte mich fertig.


Ich möchte dir jetzt was erzählen, was so gut wie niemand weiß. Vor 7 Jahren lernte ich ein Mädchen kennen. Sie war total anders als du und trotzdem war ich total in sie verliebt. Alle warnten mich vor ihr. Doch ich war blind. Ich sah nichts und merkte nichts, von dem, was sie hinter meinen Rücken tat. Es hat fast 2 Jahre gedauert, bis ich merkte, das sie mich nur ausgenutzt und belogen hat. Sie hat mich benutzt, um berühmt zu werden, hat mich ausgenutzt, mein Geld mit vollen Händen aus dem Fenster geschmissen. Sie hat mich nie geliebt, meinte dann, sie würde mich nicht mal mögen und ich sei es nicht wert geliebt zu werden. Sie hat mich zutiefst verletzt und hintergangen. Ich nahm mir ihre Worte so zu Herzen, das ich niemanden mehr an mich ran ließ. Fünf Jahre hatte ich niemanden, vertraute ich niemanden und ließ niemanden in mein Herz. Ich wollte nur noch sterben, doch die Jungs ließen das nicht zu und wurden so meine besten Freunde. Sie passten auf mich auf, bauten mich langsam wieder auf, doch vergessen konnte ich das nie.


Du siehst, ich weiß wie man sich bei sowas fühlt. Und dadurch tut es mir noch viel mehr leid, dir das gleiche angetan zu haben. Du hast es als erste geschafft, mir wieder Leben einzuhauchen, mich zum lächeln zu bringen, was nicht gespielt war. Du hast mich sofort mit deinem lächeln erobert und das fühlte sich toll an. Bei dir konnte ich mir sicher sein, das du mich liebst und nicht mein Geld, das du nicht nur durch mich berühmt werden willst. Das du mich nicht ausnutzen würdest. Doch nachdem das raus kam, merkte ich, das ich im Grunde nichts anderes mit dir getan habe und das hat mich geschockt. Ich wollte dich nie verletzten. Ich wollte dir nie weh tun und dich schon gar nicht verlieren. Das einzige was ich wollte, war mit dir alt zu werden. Jeden Abend mit dir im Arm einzuschlafen und jeden morgen mit dir im Arm aufzuwachen. Ich wollte immer nur bei dir sein, ganz egal, wo du bist, was du machst oder wo du hin wolltest.


Ich liebe dich. Ich liebe dich so sehr. Du fehlst mir so unendlich und ich hoffe, das du mir irgendwann verzeihen kannst. Ich weiß nicht, ob es noch eine Chance für uns gibt, doch ich wünsche es mir so sehr." erklärte er leise und vorsichtig.


Ich saß einfach nur da, hörte ihm zu. Ich sehe, wie er leidet. Ich glaube ihm. Ich glaube ihm jedes einzelne Wort. Ich stehe auf, gehe rüber und setze mich neben ihn. Ich streichelte mit meiner Hand über seine Wange, nahm ihn in die Arme und wir weinten beide.


"Es tut mir leid Tessa, es tut mir so leid. Bitte versuche mir irgendwann zu verzeihen" schluchzte er.


"Ich weiß Samu, ich weiß" flüsterte ich.

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