Kap. 11: Ich brauche dich jetzt

Mama machte mir eine Suppe. Sie behauptete, dass sie mir gut tun würde. Ich glaubte eher, dass das Kochen ihre Nerven beruhigte. Natürlich hatte ich meinem Bruder und meinen Eltern noch ein Mal geschildert, was passiert war. Carter blieb an meiner Seite und das schien Niemanden zu stören. Jetzt wollte ich einfach alleine sein. Beziehungsweise alleine mit Carter. Seine Nähe tat mir unglaublich gut. Er hatte eine beruhigende Wirkung auf mich. Da klingelte mein Handy, in Carters Tasche. Ich hatte ganz vergessen, dass Sahra es im noch gegeben hatte, bevor wir die Schule verließen. Und genau diese rief auch an. Stöhnend reichte ich das Handy an meinen Bruder weiter. >>Kannst du ihr erzählen was passiert ist? Ich habe keine Lust zum dritten Mal alles zu berichten und würde mich gerne etwas hinlegen. Sag ihr, dass es mir gut geht und wir uns morgen sehen.<< Mark tat einfach mal das, was ich ihm sagte und ich war ihm dafür mehr als dankbar.<< Er verließ das Wohnzimmer, in dem wir uns alle versammelt hatten, und betrat unseren Garten durch die Terassentür. Auch ich stand nun auf. Carter wollte sich von mir verabschieden, da unterbrach ich ihn. >>Du kommst mit mir. Deine Anwesenheit tut mir gerade gut, also kommst du mit.<< Damit war für mich die Diskussion erledigt und meine Eltern sahen mir einfach überrascht hinterher. Sie schienen sich jedoch nicht zu trauen, etwas dazu zu sagen, als Carter und ich uns auf den Weg in mein Zimmer machten. Auch Carter sagte nichts. Das war auch besser so. Oben in meinem Zimmer, wartete Carter in Ruhe darauf, was ich als nächstes tun würde. Ich ging zu meinem Kleiderschrank, nahm mir die bequemste Jogginghose und mein Lieblingsshirt heraus und zog mich vor ihm um. Schließlich trug ich noch Unterwäsche und meinen BH hatte jetzt auch fast jeder gesehen. Schweigend drehte er sich währenddessen um und wartete bis ich fertig war. Ich schmiss mich auf mein Bett und klopfte neben mich. >>Na komm. Du kannst da nicht ewig stehen bleiben und wäre ja nicht das erste Mal, dass wir nebeneinander in einem Bett liegen.<< Zum Glück äußerte Carter sich nicht dazu, sondern rutschte einfach neben mich. Nach einer Weile, in der wir still nebeneinander lagen, fing er an zu sprechen. >>Ich bin ziemlich sauer, Mia. Nicht auf dich, aber auf diesen Blödmann, auf die anderen Trottel, auf mich,...<< Ich unterbrach ihn. >>Warum bist du auf dich sauer?! Du hast mir geholfen. Dafür habe ich mich noch gar nicht bedankt. Danke, Carter. Wirklich.<< Ich verstand wirklich nicht, warum er auf sich sauer war. >>Ich habe das Gefühl, dass ich früher hätte da sein sollen. Ich gebe mir Schuld an diesen Gerüchten. Ich bin ja auch Schuld daran. Bevor du mich jetzt wieder unterbrichst: Ja, ich weiß selbst dass das blöd ist, aber so empfinde ich gerade. Als ich deinen Anruf bekommen habe, dachte ich mein Herz bleibt stehen. Du hast einfach nicht mehr geantwortet und ich habe in meiner Verzweiflung Sahra angerufen. Die wusste auch nicht wo du bist und ich bin wohl ziemlich ausfallend geworden. Ich hatte Angst, Mia. Bitte tu mir so etwas nicht noch ein Mal an. Ich bin dennoch froh, dass du versehentlich mich erreicht hast.<< Sein kurzes Grinsen lies mich schlucken. Auch dies hatte ich der Polizei erzählt, wie alles andere auch. Aber Carters Geständnis jetzt... Ich wusste nicht, was ich sagen sollte, hatte keine Ahnung wie es für ihn gewesen war. Er sprach weiter. >>Als ich dort ankam und deine zerrissene Bluse und den Händeabdruck in deinem Gesicht gesehen habe, da bin ich wirklich durchgedreht. Einzig deine Stimme hat mich abgehalten, etwas dummes zu tun. Du hast immer wieder meinen Namen geflüstert, wusstest du das?<< Verwirrt schüttelte ich den Kopf. Ich konnte mich nur daran erinnern, wie ich zu Anfang nach ihm gerufen hatte. >>Jedenfalls wusste ich, dass der Kerl es nicht Wert war und du wichtiger bist. Du hast mir so eine Sche*ß Angst eingejagt. Du hast einfach nicht reagiert und ich wusste echt nicht, was ich tun sollte. Noch nie kam ich mir so hilflos vor. Und dann sagst du auf der Wache auch noch, dass es alles halb so Wild sei und du einfach ein bisschen über reagierst, weil deine Nerven etwas gespannt sind. Mia, du hast jedes Recht zu toben und zu schreien. Du reagierst gewiss nicht über. Und ich bin sauer auf mich, weil ich einfach nichts dagegen tun konnte und du mich gar nicht brauchst. Du bist so stark, Mia. Das bewundere ich an dir. Deine Nähe beruhigt mich.<< Kann man da nicht verstehen, warum ihm mein Herz zu fliegt. Ich liebe diesen Mann und zwar schon mein halbes Leben. Er wusste gar nicht, wie sehr ich ihn brauche. >>Carter, einigen wir uns darauf, dass wir beide die Gegenwart des anderen genießen. Ich möchte nicht mit dir darüber diskutieren, wer hier wen mehr braucht.<< Dann blieb ich stumm und kuschelte mich wie selbstverständlich an seine Brust. Erst einige Minuten später sagte er wieder etwas. >>In Ordnung, Mia.<< Dann legte er seinen Arm um meine Schultern und wie von selbst vielen mir die Augen zu. Um vier Uhr am Nachmittag. Es war aber auch ein anstrengender Tag.

Leise Geräusche drangen in mein Bewusstsein. Noch war ich irgendwo zwischen schlafen und wach sein gefangen. >>Oh man, sind die süß.<< Seufzte meine Mutter, Evelyn Baker. Was war hier überhaupt los und was meinte sie mit diesem Satz? >>Mir wird schlecht.<< Meinte daraufhin mein Bruder Mark. Immer noch etwas schlaftrunken, wollte ich mich umdrehen und die Stimmen meiner Familie verdrängen. Jedoch funktionierte das nicht so, wie ich das wollte. Mir viel auf, dass mein Kissen sich auch etwas anders anfühlte als sonst und sich hob und senkte. Erschrocken riss ich die Augen auf und starrte auf einen schlafenden Carter und dann zu meiner Familie, die sich ebenfalls in meinem Zimmer versammelt hatte. Meine Mutter hatte eine Schüssel Suppe in der Hand, vermutlich wollte sie mir diese bringen. Als ich auf die Uhr sah, konnte ich sehen das wir acht Uhr abends hatten. Ich hatte fast vier Stunden in den Armen von Carter geschlafen. Das ich das noch nicht so ganz in dieser skurrilen Situation wahrhaben konnte, kann man mir kaum vorwerfen. Ich wollte mich aus seinen Armen befreien, da immerhin meine Familie im Zimmer war, doch bei dem Versuch wurde ich plötzlich auf den Rücken gedreht und Carter benutzte mich wie einen großen Teddybär. Den konnte man wirklich durch nichts wecken. Sein Kopf lag auf meiner Brust und ich sah hilfesuchend zu meiner Mutter, die glücklich seufzte. Ich sollte vielleicht erwähnen, dass sie total die Romantikerin war. Als ich zu meinem Bruder blickte, verdrehte dieser seine Augen und kam auf uns zu. Mein  Vater stand einfach nur mit verschränkten Armen in der Tür. Mark packte seinen besten Freund an der Schulter und zog den schweren Körper kurzerhand von mir runter und auf den Boden. >>Genug mit meiner Schwester gekuschelt.<< Mit einem lauten Knall kam er auf dem Boden an und wurde wach. >>Aua.<< Carter brauchte nicht so lange wie ich, um die Situation einzuschätzen. >>Hey Evelyn. Peter.<< Sprach er meine Eltern an und sah dann zu meinem Bruder. >>Hättest mich nicht gleich so lieb wecken brauchen, Mark.<< Grinsend ließ sich Carter von Mark aufhelfen. Auch ich konnte nun aufstehen und folgte meiner Familie nach unten in das Esszimmer, um meiner Mutter eine Freude zu machen und ihr Suppe zu verköstigen. Die anderen nahmen sich da gleich auch eine Schüssel Suppe. >>Gordon guckt sich morgen früh vor der Schule deine Verletzungen an. Ich habe ihm gesagt, dass es dir heute zu viel wäre.<< Dankbar sah ich meine Mutter an. Ich wollte den Tag einfach am liebsten aus dem Kalender streichen. Nach dem Essen verteilten wir uns. Meine Eltern setzten sich mit einem Glas Rotwein auf die Terrasse und Mark und Carter in das Wohnzimmer. Ich wollte wieder in mein Zimmer gehen, entschied mich dann jedoch dagegen. Kurz vor dem Wohnzimmer bekam ich dann das Gespräch zwischen Carter und meinem Bruder mit. >>Ich weiß, meiner Schwester ging es nicht gut, aber musstest du sie gleich bekuscheln?!<< Ich blieb stehen und aus Neugierde belauschte ich das Gespräch. >>Ich bin einfach eingeschlafen. Das war keine Absicht.<< Murrte Carter ausweichend zurück. >>Was läuft da zwischen dir und Mia? Ich weiß, dass sie schon länger auf dich steht und ich möchte nicht, dass du sie ausnutzt.<< Was? Wie Mark wusste das ich vielleicht ein klitzekleines bisschen in Carter verliebt bin. >>Das ist doch Quatsch, Mark. Mia steht nicht auf mich und da läuft auch nichts.<< Carter, du bist echt blind. Wenn das sogar meinem Bruder aufgefallen ist. >>Stehst du auf sie?<< Fragte Mark aufgebracht. Oh, das konnte jetzt interessant werden. Aber eigentlich wusste ich, das Carter es verneinen würde. >>Ich...<< Da hörte ich die Terassentür aufgehen und meine Eltern hinein kommen. >>Mark, würdest du morgen früh deine Schwester zur Schule fahren? Ich muss früh bei der Arbeit sein und möchte nicht, dass sie zu Fuß geht.<< Fragte Papa und ich schlich mich nach oben, bevor mich noch Jemand entdeckte.

In meinem Zimmer angekommen, versuchte ich einzuschlafen. Dies wollte mir aber einfach nicht gelingen. Gegen dreiundzwanzig Uhr gab ich es dann auf und starrte an die Decke. Warum ich es tat, ist mir selbst nicht ganz klar, aber ich nahm mein Handy in die Hand und wählte Carters Nummer. Ich wollte gerade wieder auflegen. Bestimmt schlief er schon und dann konnte ihn auch nichts wecken. Außerdem, was würde ich ihm sagen? Da hob er doch tatsächlich ab. >>Ja?<< Fragte er mit vom Schlaf rauer Stimme. Was sollte ich ihm denn jetzt sagen. >>Mia, bist du das?<< Da kam ich wohl nicht mehr raus. >>Ja, ähm... Ich konnte nicht schlafen und... Ach, ist eigentlich auch egal. Gute Nacht.<< Bevor Carter darauf reagieren konnte, hatte ich aufgelegt. Super gemacht Mia. Jetzt hält er dich bestimmt gleich für viel erwachsener. Zehn Minuten später, ich schämte mich immer noch für meine Blödheit, klopfte es an meinem Fenster. Es war tatsächlich Carter, der mir da zuwinkte. Ich öffnete das Fenster und sah ihn erstaunt an. >>Was machst du hier?<< Er hatte die Leiter aus dem Schuppen genommen und an die Hauswand gelehnt. Jetzt kletterte er durch das Fenster herein, während er antwortete. >>Du hast mich angerufen und dann aufgelegt. Ich kann das nicht leiden.<< Schien er Ernst zu meinen. >>Also, was ist los?<< Gute Frage, was antwortet man darauf nach so einem Tag. >>Ich schätze, ich drehe einfach durch. Vielleicht werde ich verrückt.<< Das war mein Ernst, doch Carter lachte und schmiss sich auf mein Bett. >>Ich denke nicht, schließlich bist du doch schon verrückt.<< Empört stapfte ich mit dem Fuß auf, bevor mir aufging das dies wirklich ziemlich verrückt und kindisch war. >>Weißt du, was dein Bruder heute behauptet hat.<< Er schüttelte sich vor Unglauben, während er das sagte. >>Er meinte doch tatsächlich, du seist verliebt in mich. Unglaublich, oder?<< Als ich nicht lachte, sah er auf und in ein ziemlich niedergeschlagenes Gesicht. Carter war doch wohl nicht so dumm und blind, um das nicht zu verstehen. Stille breitete sich aus und ich ließ mich auf den Boden sinken. >>Mia, das geht nicht. Ich bin nicht gut genug für dich.<< Wenn das seine einzige Sorge war. resigniert sah ich ihn an. >>Weißt du Carter, ich mag dich. Sogar sehr gerne. Doch ich muss wohl einsehen, dass dies nicht auf Gegenseitigkeit beruht. Und das ist okay. Aber ihr, also du und mein Bruder, ihr müsst endlich einsehen, dass ich kein kleines Kind mehr bin.<< Sein Blick war nicht abwertend, aber auch nicht gerade aufbauend. >>Du weißt doch gar nicht, was ich fühle, Mia!<< Ach, jetzt versuchte wir es auf diesen Ton. Na schön, das konnte ich auch. Also schrie ich zurück. >>Du redest ja auch nie über deine Gefühle.<< Und das war der Beginn einer ziemlich unschönen Diskussion, in der wir beide dem anderen unschöne Dinge an den Kopf warfen. Was das Fass zum Überlaufen brachte, war Carters letzte Bemerkung und ich versprach mir, mich ab diesem Tag zu entlieben, wenn es so etwas gab. >>Weißt du was, Mia?!?! Du sprichst selbst nicht offen über deine Gefühle und glaubst, immer alles besser zu wissen. Schön, vielleicht verläufst du dich da einfach in etwas. Wir passen einfach nicht zusammen. Ich treffe mich im Moment mit einer Frau. Sie ist hübsch und klug und mit ihr ist es nicht so kompliziert wie mit dir. Vielleicht liegt es ja daran, dass sie einfach schon älter und reifer ist als du.<< Die ganze Wut, hatte sich plötzlich aufgelöst. Das hatte er nicht gesagt! Plötzlich war ich mehr als ruhig und zeigte auf mein Fenster. >>Raus, Carter.<< An seinem Gesichtsausdruck bemerkte ich, dass auch ihm nun klar wurde, was er da gerade gesagt hatte. Doch es war zu spät. Gesagtes konnte man so leicht nicht ungeschehen machen. Zum Glück blieb er Stumm und verließ mein Zimmer. Im Nachhinein wundert es mich immer noch, dass keiner meiner Eltern oder mein Bruder den Streit mitbekommen hatten. Ich weiß nicht, ob dann alles anders gekommen wäre.

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