35. Kapitel
In der Kneipe brannte schwaches Licht und es hatte wieder angefangen zu schneien. ,,Die kommt net mehr. Das war eine Verarsche", meinte Blaze und verschränkte die Arme vor der Brust. ,,Sie kommt. Sie muss kommen", sagte ich und starrte zur Kneipentür, als würde das irgendetwas bringen. ,,Und wenn nicht? Willst du dann rein stürmen und sie persönlich raus zerren?", fragte Tyler und ich warf ihm einen wütenden Blick über die Schulter zu. Ich wusste, dass beide Bloom nicht wirklich trauten, ich traute ihr auch nicht, aber was blieb uns schon anderes übrig? ,,Vielleicht. Ohne sie stirbt Nicky!", antwortete ich schulterzuckend und Blaze sah auf sein Handy. ,,Wenn sie nicht gleich auftaucht...dann geh ich", meinte Blaze, steckte sein Handy weg und ich funkelte ihn wütend an. ,,Willst du, dass er stirbt? Es ist unsere einzige Chance. Dann lass dich nicht aufhalten und verpiss dich" Mein Ton war etwas zu hart, aber leider lag auch viel zu viel Verzweiflung in meiner Stimme. Blaze schnaubte. Er wusste, dass ich Recht hatte, ohne Blooms Hilfe würde Nicky sterben.
Plötzlich flackerte das Licht in der Kneipe. Die Tür quietschte, als Bloom sie öffnete. Sie sah sich um, erblickte uns und schloss die Tür hinter sich. Bloom trug einen schwarzen dünnen Mantel, der ihr zu groß war. Sie kam auf uns zu und ohne etwas zu sagen und nur mit einer knappen Kopfbewegung machte sie uns klar, dass wir ihr folgen sollten. Mit schnellen Schritten lief sie die Straße entlang und schließlich blieb sie in einer Nebenstraße stehen. ,,Was erhofft ihr euch von diesem Treffen?", fragte sie und drehte sich langsam zu uns um. ,,Das du uns hilfst unser Rudelmitglied zu retten", sagte ich und sie musterte mich skeptisch. ,,Und was springt da für mich raus? Ich meine, ich begehe damit Verrat und wenn das raus kommt, kann ich mir auch gleich die Kugel geben", meinte sie und verschränkte die Arme vor der Brust. ,,Du hast dich entschieden dich mit uns zutreffen", meinte Tyler kalt und sie sah ihn emotionslos an. ,,Ja, weil ich nicht die Verantwortung tragen wollte, dass ihr in der Kneipe ermordet werden", sagte sie kalt und Blaze schnaubte. ,,Nur deshalb? Echt? Dann können wir ja gehen", meinte er und ich funkelte ihn wütend an. Wieso musste er ausgerechnet jetzt in dieser Situation so stur sein? ,,Du bist es uns schuldig. Du weißt schon, ich hab dich am Leben gelassen...und wenn das Rudel bedeutet dir doch gar nichts...ich hab die Narben an deinen Körper gesehen...und auch die Narben am Körper des Omegas", sagte ich und sie zuckte zusammen. ,,Das Rudel ist sowas wie meine Familie...", fing sie zögernd an, jedoch wurde sie von Tyler unterbrochen. ,,Tolle Familie, in der man misshandelt wird." ,,Du verstehst das nicht...ohne das Rudel hab ich gar keinen mehr! Ich bin ne Waise!", sagte sie fast hysterisch. Jedoch wenn ihr das Rudel so wichtig war, wieso hatte sie sich trotzdem mit uns getroffen? ,,Nicky ist sowas wie ein Familienmitglied von uns...wir wollen ihn nicht verlieren...wir brachen nur etwas von dem Blut des Mischlings, wir wollen ihn ja nicht umbringen", erklärte ich und Blaze warf mir einen Seitenblick zu. Ich wusste, was er dachte, er und auch das ganze Rudel waren von Anfang an dafür gewesen, dass wir den Mischling umbringen, jedoch wenn wir das Bloom jetzt ins Gesicht sagen, würde sie uns erst recht nicht helfen. ,,Dein Rudel mag von mir aus deine Familie sein...aber es zerstört unsere", fuhr ich fort und Bloom seufzte fast gequält, als hätte ich das ausgesprochen, was sie schon lange zu vor hören wollte...was sie schon längst wusste. ,,Zeigt mir diesen Jungen...", sagte sie schließlich und steckte die Hände in ihre Jackentasche.
Ich öffnete die Wohnzimmertür und wäre am liebsten wieder rückwärts raus gegangen. Nicky war noch bleicher, als heute morgen. Seine Augen waren glasig und rot von den Drogen und auch wenn er high war, sah er nicht gerade so aus, als ob er keine Schmerzen spürte. Kiara kniete vor dem Sofa und hielt seine Hand. Sie sah uns fast flehend an und auch Blaze stellten sich die Nackenhaare auf. ,,Wo wart ihr?", fragte Nicky und versuchte sich aufzurichten, jedoch hielt ihm Kiara davon ab. Sie musste nur leicht mit dem Kopfschütteln und ihr Hand an seine Wange halten und schon hörte er auf sich zu bewegen...sie verstanden sich stumm. Bloom stand hinter mir und sah zu Nicky, jedoch war auch ihr der Schock ins Gesicht geschrieben. Kiara sah zu uns und machte wieder Handbewegungen. ,,Sie meint, dass er kaum noch was Festes runterbekommt und es auch schon mit Wasser kritisch ist...die Entzündung hat sich ebenfalls verschlimmert", übersetzte Blaze und sah zu Nicky. ,,Wenn Nicky jetzt schon so aussieht...wie sieht er dann in zwei Tagen aus?", überlegte Tyler laut und ich schnappte laut nach Luft...wollte ich echt darüber nach denken? ,,So wie es aussieht überlebt er keine zwei Tage mehr...er ist zu schwach", äußerte sich Bloom zu Wort und trat neben mich. ,,Wer ist das denn?", fragte Nicky, jedoch antwortete ihm Keiner, weil das war wohl unser kleinstes Problem. ,,Wir brechen morgen früh auf...ich bring euch zum Mischling", sagte sie und ich sah sie erleichtert an. ,,Das heißt du hilfst uns?!", quietschte ich und nahm sie in den Arm. Sie zuckte zusammen und war wahrscheinlich mit dieser Situation überfordert. Wir mussten keinen weiteren Verlust ertragen, Nicky hatte an neuen Überlebenschancen dazu gewonnen.
,,Eins frage ich mich trotzdem....wieso hilfst du uns so plötzlich?, fragte ich uns stellte Bloom etwas zu essen hin. Sie sah auf die Brötchen und zögerte. ,,Es ist nicht vergiftet, meinte ich und setzte mich gegen über von hier. ,,Das ist nicht mein Problem, aber ich habe sau lange keine Brötchen mehr gegessen, wahrscheinlich habe ich total vergessen wie die schmecken, meinte sie und griff zögernd danach. ,,Habt ihr euch echt nur von Menschenfleisch ernährt?, fragte ich und biss vorsichtig in das Brötchen. ,,Nicht nur...ganz am Anfang, als ich dazu gestoßen bin haben wir uns von Wild ernährt...seit wir hier sind ernähren wir uns von Menschenfleisch...zumindest, die die gut genug sind um etwas abzubekommen, erklärte sie und man sah es ihr an wie sie jeden Bissen des Brötchen genoss. ,,Wie meinst du das denn?, fragte ich. ,,Naja...das Rudel hat so etwas wie eine Essensordnung. Darkness bekommt das beste, die Betas das zweit beste und so weiter. Ich steh ziemlich weit unten, weshalb ich selten was bekomme...meistens hab ich Katzen gefangen um wenigstens etwas zu essen zuhaben, erklärte sie und machte sich über das zweite Brötchen her. ,,Wieso bist du nicht abgehauen? Du hättest wahrscheinlich als Sucher gute Chancen, meinte ich und sie sah mich plötzlich an. ,,Naja...wahrscheinlich. Ich bin im Rudel geblieben, weil ich bei meinem Bruder sein wollte...aber jetzt hält mich da nichts mehr viel, erklärte sie und legte das Brötchen weg, als wäre ihr schlagartig der Appetit vergangen. ,,Was ist mit deinem Bruder passiert?, fragte ich vorsichtig und sie schluckte. ,,Er war ein Sucher genau wie ich...jedoch hat er sich Darkness widersetzt. Daraufhin hat Darkness ihm die schlimmste Strafe gegeben, die es in dem Rudel gab. Der Tod war dagegen noch harmlos. Der Mischling sollte meinen Bruder beißen, so dass er genau das durchmachen musste, was Nicky durchmacht. Nicky ist auf Drogen und spürt nur die Hälfe, was ein großes Glück für ihn ist, da die Schmerzen, die man durchlebt einen kaputt machen...sie zerfressen den Körper innerlich und man wünscht sich zu sterben. Als ich Nicky gesehen habe, habe ich meinen Bruder vor mir gesehen. Darkness hat mich angewiesen bei meinem Bruder zubleiben und zu zusehen wie er langsam und qualvoll stirbt. Er meint, dass ich so lerne, auf Darkness höre und was mir widerfährt, wenn dem nicht so ist, erzählte sie und Tränen liefen ihr über die Wange. ,,Nicky ist unschuldig...weshalb ich nicht will, dass ihm das Gleiche passiert, schluchzte sie und vergrub ihr Gesicht in den Händen. ,,Könntest du mich bitte allein lassen?, fragte sie und sah mich durch tränenverschleierte Augen an. ,,Wenn was ist...ruf mich, sagte ich und stand auf. Sie tat mir so unglaublich leid, denn ich wusste wie sehr es schmerzte Nicky in dem Zustand zu sehen, wie sehr musste es schmerzen den eigenen Bruder so sehen zu müssen?
Ich hatte mich in mein Zimmer zurück gezogen, um mich zu duschen und mental auf die nächste Zeit vorzubereiten. Wir hatten den Rest des Rudels kontaktiert, dass sie nicht weiter suchen musste, denn wir wussten nun, wo der Mischling war. Ich hatte bequeme Sachen angezogen und meine Haare in einen unordentlichen Dutt zusammen gebunden. Wir hielten es am besten, solange Nicky schlief, dass jeder sich etwas um sich kümmerte, weil in den letzten Tagen überschlugen sich die Ereignisse förmlich. Als ich aus dem Badezimmer trat, erblickte ich Tyler, der auf meinem Bett saß und anscheinend auf mich wartete. ,,Haily", sagte er erschrocken, als hätte ich ihn aus den Gedanken gerissen. ,,Was suchst du hier...es hieß doch, dass jeder Schlaf nachholen soll", sagte ich und kam zu ihm. Er stand auf und nahm mich in den Arm. ,,Ja...aber ich hab das vermisst, dass ich mit dir allein sein konnte und mit dir so reden kann, wie ich es immer tun würde", meinte er und ich legte meine Stirn an seine Halsbeuge. ,,Ich hab das auch vermisst", murmelte ich und genoss einfach den Moment. Glaube hätte ich vor drei Monaten gewusst, das ich irgendwann mal so hier stehen würde, hätte ich mich selbst geschlagen, weil damals war Tyler noch ein riesiges Arschloch und nun verstand ich ihn mehr als nur gut...und ich hatte ihn lieben gelernt. Er war immer für mich da, hat mich aufgefangen, wenn ich es am nötigsten brauchte und ich hatte das Selbe für ihn getan. ,,Nach Hannah, hab ich nie eine Andere so geliebt wie dich...du bist sowas wie mein Neumond", erklärte er und lächelte mich glücklich an. Ich lächelte ebenfalls und küsste ihn. Okay damals hätte ich mich wahrscheinlich umgebracht und in einer Grube vergraben, weil ich es auch noch genoss ihn zu küssen...es einfach nur liebte. ,,Egal, was morgen passiert...danach wird alles gut", meinte er und legte seine Stirn an meine. ,,Alles wird gut", wiederholte ich und schloss die Augen. ,,Das hier hätte ich schon viel früher machen sollen", meinte er küsste mich wieder. ,,Ich habe mich widersetzt, wollte nichts für dich fühlen, aber jetzt. Jetzt will ich nichts anderes mehr", hauchte ich ihm zu und Tyler lächelte wieder, er hatte nie aufgehört zu lächeln. ,,Es ist noch nicht wirklich spät, aber morgen wird ein anstrengender Tag", meinte Tyler und hielt mich einfach nur in seinem Arm. Mein Kopf lag an seiner Brust und ich hörte seinen Herzschlag, wie er das Blut durch seinen Körper pumpte. ,,Ich lass dich nicht wieder los, nie wieder", flüsterte Tyler mir zu und küsste mich auf die Stirn. Hätte ich nur diesen Moment von Frieden einfrieren können, denn das was mich morgen erwartete, würde die Hölle werden. Ich hatte Angst vor morgen, sehr große sogar, weil ich das, was jetzt war nicht verlieren wollte, aber um Nickys Leben zu retten und um so vielen das Leben zu retten, musste das sein, was morgen passieren würde.
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