24. Kapitel
Die restliche Woche zog sich extrem. Ich fühlte mich, als würde ich in einer Zeitschleife sitzen und jeden Tag den gleichen Kummer ertragen müssen, dazu kam, dass ich sogar die gute Laune im Rest des Hauses ebenfalls mit runter zog. Es tat mir leid, aber ich konnte mich auch nicht zwingen gute Laune vorzuspielen, deshalb verbrachte ich die meiste Zeit auf meinem Zimmer und drückte mich vor gemeinsamen Essen. So konnte ich wenigsten den Anderen meinen Schmerz ersparen. ,,Wir könnten auf eine Party gehen...das könnte dich ablenken", meinte Rachel und lächelte mich aufmuntern an. Ich saß in eine Wolldecke eingehüllt auf meinem Bett und strahlte förmlich von schlechter Laune. Sie hatten sich mir aufgedrängt, denn sie hatten sich selbstständig dazu beauftragt, meine Laune zu bessern. ,,Vielleicht würde ein bisschen Gras helfen", schlug Nicky vor und Rachel fauchte ihn an. Rachel war ebenfalls der Meinung, mit mehr Leuten würde sie vielleicht mehr bei mir erzielen. ,,Ja um dein Maul zustopfen!", kommentierte sie Nickys Bemerkung und er zuckte nur unschuldig mit den Schultern. ,,Wenn nicht mal mehr Schokolade hilft...", meinte Dean, welcher auf meinem cremefarbenen Bürostuhl saß und sich drehte. ,,Und was ist, wenn wir ihr einfach Zeit verschaffen sich zu verwandeln und sich abzureagieren?", warf Nicky mal etwas produktives ein, zumindest dachte er das som ,,Seit xy weiß, dass sie ein Wolf ist, ist die Sache noch riskanter", meinte Rachel und warf mir einen Seitenblick zu. JA sie vermieden es den Namen in meiner Gegenwart zu erwähnen, weshalb ich ihnen sehr dankbar war. Aber jeder Dumme wusste, wer mit xy gemeint war. ,,Na und wenn wir aufpassen...oder willst du, dass es noch Wochen so weiter geht? Sorry, Haily...aber wir brauchen wenigstens einen guten Alpha", meinte Nicky und sah mich entschuldigend an. ,,Ach komm Tyler hat sich etwas gebessert", sagte ich, es war eher ein Krächzten, weil ich, bevor sie herkamen, mal wieder geweint hatte. Dean stoppte ruckartig mit dem Drehen und sah mich Eindringlich an. ,,Ich weiß ja, dass ihr sowas wie nen Waffenstillstand habt...aber was läuft da zwischen euch?", fragte Dean und nun sah mich auch Rachel durchdringlich an. Ich war frisch getrennt, da angelte ich mir doch keinen Neuen! Was dachte er denn bitte von mir!!! Klar beschäftigte mich die Frage, was zwischen uns lief. Ich hatte doch selber keine Ahnung. Wir waren Freunde...aber schliefen Freunde nebeneinander in einem Bett? Aber wir umarmten uns höchstens....also mehr Körperkontakt war da nicht. Wir waren aber auch nicht so etwas wie Dean und ich. Wir verhielten uns anders...aber wie? ,,Nichts", brachte ich heraus und Dean zog seine Augenbrauen hoch. ,,Hm...gut. Dann wollen wir mal los", meinte er, als ob er mir die Lüge ausnahmsweise glauben wollte, jedoch später nochmals darauf zurückgreifen würde.
So wurde Nickys Plan in die Tat umgesetzt. Das Rudel hielt vor der Lagerhalle Wache und ich war in der Halle. Sie erwartete das ich mich abreagierte...meinen Kopf frei bekommen und mich wieder normal verhielt, denn ich war sozusagen hier Alpha. Weil Tyler schon nicht normal funktionierte und ich nun auch noch am Abkacken war...das Rudel wäre verloren, wenn ich mich nicht bald zusammen riss...jedoch ging es nicht. Ich lief in Wolfsgestalt durch den Raum und hoffte meine Gedanken loszuwerden...was jedoch schwerer war als gedacht. Körperliche Schmerzen konnten Werwölfe sehr gut und schnell heilen, jedoch seelische Schmerzen taten gefühlt doppelt weh. Meine Schritte wurden schneller und es bildete sich eine Spur auf dem verstaubten Boden. Es war eine dumme Idee, wie sollte ich mich abreagieren?! Oder mich ablenken? Im Wald ginge das perfekt...da könnte ich jagen gehen und hier gab es nichts...rein gar nichts. Ich wirbelte mit meinen schnellen Bewegungen Staub auf und seufzte. Bilder wirbelten ebenfalls mit dem Staub auf, der sich wie feiner Nebel über die Halle legte. Wie mich Jackson angesehen hatte, so vertraut und so verliebt. Wie sich seine Lippen auf meinen angefühlt hatten. Sein Geruch...einfach alles. Es war als hätte er, als er fortging, ein Stück von mir heraus gerissen und mit genommen. Die leere Stelle, die er hinterlassen hatte, brannte und schrie wie eine offene Wunde, welche einfach nicht verheilen wollte. Ich heulte auf, als ob ich mir einfach alles aus dem Leib schreien wollte...wenn das nur helfen würde.
Die Eisentür wurde geöffnet, jedoch verließ ich meine Bahn nicht, auch nicht als Tyler anfing neben mir zulaufen. Wir liefen schweigend nebeneinander. Nur unser Atem war zuhören. Was wollte er? Wollte er wieder die Schulter zum Ausheulen spielen? ,,Wenn du alles in dich hinein frisst, hilfst du keinem", fing Tyler an und ich funkelte ihn wütend an. ,,Ich will nicht reden", knurrte ich und verschnellerte meine Schritte. ,,Red doch wenigstens mit mir...ich will dir nur helfen!", meinte Tyler und blieb stehen. Hatte ich nicht schon genug mit ihm geredet? Er wusste mehr als alle Anderen...er hatte mich weinen gesehen und das nicht nur einmal. Was wollte er mehr? ,,Das kannst du nicht! Ich habe für dich eine gute Natur...ich tu dir gut, wegen meiner Alphanatur, jedoch kannst du mir nicht helfen", knurrte ich und eine Träne lief mir die Wange runter. Tyler rannte auf mich zu und sprang mich um. Seine Pfoten hielten meine Schultern fest und seine Schnauze war nah bei meiner. ,,Haily Clackson. Hör auf den starken Einzelgänger zu spielen! Das bist du nicht, dass merk ich...du bist verletzt, also red mit mir!", sagte er ruhig und ich stieß ihn von mir weg. ,,Tyler Clackson, tu jetzt nicht so als wärst du der tolle Alpha! Du kannst mir nicht helfen! Und ich bin ein Einzelgänger und das werd ich auch bleiben!", bellte ich wütend, als ich mich aufrichtete. ,,Das bist du schon lange nicht mehr! Du hast das Rudel ins Herz geschlossen, sonst hättest du uns nicht aus dem Häuschen gerettet oder hättest uns nicht an Vollmond geholfen", erklärte er und ich schnaubte. ,,An Vollmond war es einfach eine egoistischste Aktion, du hättest mich nämlich ebenfalls verraten." Tyler verwandelte sich zurück und ging langsam auf mich zu. Ich fletschte die Zähne. ,,Bleib weg", knurrte ich, jedoch ging Tyler einfach weiter. Ich blieb stehen und fletschte meine Zähne. ,,Was willst du denn noch?! Du hast mich weinen gesehen...ich bin schon lange nicht mehr der starke Einzelgänger. Willst du das etwa ausnutzen? Bin ich immer noch eine Gefahr für dich? Ist es das, wieso du mir helfen willst?!", brüllte ich ihn an und bereute es sofort. ,,Nein niemals! Ich bin dir sehr dankbar, dafür, dass du den Alphaposten neben mir eingenommen hast...wahrscheinlich wäre das Rudel mit mir zu Grunde gegangen", sagte er ruhig und verwandelte sich zurück. ,,Was dann?", fragte ich.
Als er vor mir stand, kniete er sich hin um auf meine Augenhöhe zu sein. ,,Du hilfst mir und ich will dir auch helfen. Das Rudel braucht dich...ich brauche dich", sagte er und strich durch mein Fell. Ich verwandelte mich zurück und seufzte. Wieso konnte er mich nur so beruhigen? ,,Wieso ist alles nur so kompliziert", flüsterte ich und sah ihm in die Augen. ,,Sonst wäre das Leben ziemlich langweilig", sagte er und lächelte...ja er lächelte. Seine Augen leuchteten auf und ich musste selber lächeln, als wäre es ansteckend. Mein Blick wanderte zu seinen Lippen und dann wieder zu seinen Augen...keine Ahnung, was hier gerade mit uns abging. Tyler tauchte auf und Jackson war aus meinen Gedanken verschwunden, was machte dieser Junge mit mir? War das mit Tyler und mir etwa doch mehr? Aber ich liebte Jackson. Was spielte also Tyler für eine Rolle?
Plötzlich fing Etwas an zu brummen und wir entfernten uns von einander, als hätte uns jemand zugebrüllt, dass das, was wir machen falsch war. Wahrscheinlich war es das auch. ,,Was ist das?", fragte ich und musste husten, weil Staub aufgewirbelt wurde. ,,Die Klimaanlagen...", meinte Tyler skeptisch und richtete sich auf. Ich stand ebenfalls auf und wollte gerade die Hand vorn Mund nehmen, um mich vor dem Staub zu schützen, als ich meine Handfläche sah... sie wies kleine Brandblasen auf und juckte. ,,Fuck!", brüllte Tyler griff nach meiner Hand und rannte in Richtung Ausgang. Meine Beine fühlten sich plötzlich so schwer an und ich wurde total müde...durch die Klimaanlagen gelang Silberstaub in die Luft, welcher mir sehr zu schaffen machte. Aber wenn ich mich weiter hier aufhielt, würde nur noch mehr Silberstaub in meine Lunge kommen...er würde meine Lunge verätzen und ich ersticken, so wie Tyler. Tyler stolperte und fiel zu Boden...ich war durch meinen Silberkonsum an Vollmond etwas abgehärtet...etwas nicht viel, jedoch war ich stärker als Tyler im Thema Silber. Er hustete und würgte. Blut lief ihm aus dem Mund, welches er versuchte auszuspucken. Seine Atmung ging unregelmäßig. Das Silber musste angefangen haben seine Lunge zu verätzen. ,,T-Tyler steh auf...wir müssen hier raus", krächzte ich und zog Tyler am Arm hoch. Plötzlich fingen die Feuerlöschanlagen an eine Flüssigkeit zu spüren. Es war kein Wasser und auch nichts mit Silber. FUCK! Ich riss Tyler auf die Füße und rannte schneller als ich es für möglich hielt. Die Flüssigkeit war Brennspiritus! Tyler sackte zusammen und krümmte sich. ,,Tyler wie müssen hier raus bitte!", schrie ich und zog ihn wieder auf die Beine. Ich stieß die Eisentür auf und schubste Tyler raus. Tyler landete auf der Erde, wo er sich krümmte und weiteres Blut ausspuckte und gerade als ich aus der Halle rennen wollte, fing diese Feuer. Durch den Brennspiritus, der überall an mir klebte, fing mein Pulli Feuer. Adrenalin wurde durch meinen Körper gepumpt und ich rannte nur noch schneller. Ich riss ihn mir vom Körper, schnappte nach Tyler und rannte weiter. Erst nach zehn Meter Abstand blieb ich stehen und atmete schwer. Meine Haare klebten an meinem Oberkörper und selbst das Top was ich unter dem Pulli getragen hatte, war voller Brennspiritus und war leicht versenkt. Meine Hände, mit denen ich den Pulli von meinem Körper gerissen hatte, waren übersäht mit Brandwunden, die sich fast über meine ganzen Unterarme zogen. Tyler hatte sich vom Silber erholt und begutachtete meine Hände. ,,Das ist egal! Wir müssen das Rudel finden", sagte ich hysterisch und sah mich um. ,,Ganz ruhig...sie waren nicht in der Halle, ihnen geht es wetten gut", meinte Tyler ruhig. Wie konnte der ruhig bleiben?! ,,Verdammt Tyler, das war Brandstiftung! Diejenigen wussten, dass da Werwölfe drin sind! Wer weiß was die mit dem Rudel gemacht haben!", schrie ich. Egal wer das war...er wollte uns damit töten. ,,Vielleicht sind sie sogar noch hier!", schrie ich und Tyler legte mir seine Hände auf die Schulter. ,,Beruhig dich. Erhol dich von dem Silber und dann gehen wir sie suchen", meinte er und als hätte er einen Schalter umgelegt, wurde es mir kotzübel. Ich übergab mich, wobei ich mehr Blut als irgendetwas anderes herauswürgte. Wir hätten sterben können. ,,Tief durch atmen. Das wird gleich wieder", meinte Tyler und strich mir über den Rücken. ,,Du hast leicht reden...du hast ja nicht über all Brandwunden", keuchte ich und stütze mich mit meinen Händen auf meinen Beinen ab.
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