Escape the island- Teil 3
"Oft scheinen Wege richtig zu sein und entpuppen sich erst als falsch, wenn man in einer Sackgasse angelangt ist."
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Der Drache öffnete sein Maul und ein furchterregendes Brüllen erfüllte die Höhle. Kampfbereit hatten die Reiter ihre Waffen gehoben und starrten auf den wütenden Drachen. "Wieso ist der so schlecht gelaunt, Hicks?", wollte Rotzbakke wissen. "Ich glaube, der Gesang der Zwillinge hat ihn aufgeweckt. Flüsternde Tode schlafen tagsüber normalerweise und ich vermute, dass wir entweder immer noch Tag haben oder es draußen bereits wieder hell ist und wir die Nacht verschlafen haben", antwortete Hicks ohne seinen Blick von dem Drachen abzuwenden. "Und wie sollen wir ihn besiegen? Beziehungsweise, hast du eine Idee, wie wir hier wieder lebendig raus kommen?", fragte nun Astrid. "Leider nein. Ich bin für alle Vorschläge offen!" "Oh, ich hab's!", rief Taffnuss erfreut, "Wir machen ihn noch wütender, bis er uns nachfliegt und dann lassen wir uns jagen! Das wird lustig!" Hicks überlegte kurz und meinte dann: "Das ist eigentlich gar keine so schlechte Idee. Macht ihn so wütend, wie ihr könnt, aber tut ihm nicht weh. Wenn es draußen wirklich hell ist, dann haben wir soeben einen fast sicheren Weg in die Freiheit gefunden." "Nicht dein Ernst!" "Macht einfach was ich gesagt habe!" Und so geschah es. Die Drachenreiter machten so viel Lärm, wie sie nur konnten um den Drachen zu reizen. Hin und wieder versuchten sie auch mit ihren Waffen die Aufmerksamkeit des Drachen auf sich zu lenken. Der Flüsternde Tod versuchte nach den Reitern zu schnappen, doch sie wichen ihm gekonnt aus. "Ok, ich glaube es reicht! Lauft mir nach! Wenn ich jetzt rufe, dann springt ihr auf die Seite, verstanden? Los!", befahl Hicks. Die Reiter sprinteten Hicks nach. Der Flüsternde Tod dicht auf ihren Fersen. Obwohl sie in der Dunkelheit kaum etwas erkennen konnten, liefen sie so schnell sie konnten und ohne zu stolpern hinter ihrem Anführer her. Hicks hetzte die Reiter quer durch die Höhle, der Drache nur wenige Schritte von ihnen entfernt. "Hoffen wir mal, dass es hier rausgeht!", rief Hicks, während sie direkt auf eine Felsmauer zuliefen. "Jetzt!" Sobald sie Hicks' Befehl hörten sprangen sie zur Seite. Der Flüsternde Tod konnte nicht schnell genug reagieren und erblickte die Mauer erst im letzten Moment. Doch anstatt dagegen zu fliegen, grub er sich, wie Hicks gehofft hatte, durch den Fels hindurch und wenige Sekunden später schien helles Sonnenlicht durch das Loch, das der Drache verursacht hatte. Von draußen war das erschrockene Brüllen des Drachen zu hören, als er in das gleißende Licht blicken musste. Es dauerte nicht lange und er flog wieder durch das Loch zurück in die Höhle. "Schnell raus, während er noch abgelenkt ist!", befahl Hicks und die Reiter sprinteten in die Freiheit. Draußen angekommen konnten sie endlich durchatmen. Hier würde sie der Drache in Ruhe lassen. "Woher hasst du gewusst, dass es hier rausgeht?", wollte Astrid von dem braunhaarigen Drachenreiter wissen. "Hab ich nicht. Ich hab einfach darauf gehofft, dass ich richtig liege und der Drache uns nach draußen gräbt. Ist jemand verletzt?", fragte Hicks die übrigen Reiter. "Nur eine Schürfwunde, sonst nichts. Aber ich denke, wir könnten alle einen Schluck Wasser vertragen", meinte Fischbein. Hicks griff in die Tasche, die er von Viggo bekommen hatte und reichte Taff, Fischbein und Astrid einen Wasserbehälter. "Wir haben nur drei, wir müssen zusammen tauschen und sparsam damit umgehen", erklärte Hicks. Die drei Drachenreiter öffneten die Flasche und setzten an um zu trinken. Taff tat einen kräftigen Schluck und setzte dann die Flasche verwirrt ab. "Hä? Ich dachte immer, Wasser ist flüssig und schmeckt nicht nach Luft." "Kein Wunder", warf Astrid ein, "Die Flaschen sind leer!" Auch Fischbein hatte es erkannt und blickte prüfend in den Behälter. "Moment. Da ist ein Zettel drin." Der dickliche Drachenreiter zog den Zettel heraus und reichte ihn Hicks, welcher ihn entrollte und vorlas: "Wasser. Das Elixier des Lebens, nicht wahr, Hicks? Lebensnotwendig für alles lebende hier auf der Erde. Ihr müsst euch noch etwas gedulden, bis ihr es bekommt. Geduld, Hicks, erinnerst du dich? Ich wünsche euch viel Glück. Viggo." "Echt jetzt? Ich hasse diesen Typen!", stellte Raffnuss fest. "Und wohin sollen wir jetzt?" "Ich habe auch noch einen Zettel gefunden. Es steht aber etwas anderes drauf: Wasser. Es stillt den Durst. Ihr habt Glück, irgendwo hier ist ein See zu finden. Doch das was ihr wollt, bekommt ihr nicht ohne Kampf." "Gut, wo ist dieser See?" Taff zeigte nach unten, zum Fuß des Berges auf dem sie sich befanden, und rief freudig: "Ich hab ihn. Los geht's!" Er hatte recht und die Gruppe machte sich auf den Weg nach unten.
"Gleich haben wir's geschafft. Ich kann schon die Rufe des Wassers hören. Es schreit: Taffnuss, komm und trink mich!" Die anderen Reiter warfen ihm komische Blicke zu und setzten ihren Weg fort. Beinahe waren sie bei dem lang ersehnten Wasser angekommen, doch plötzlich sprangen Drachenjäger aus den umliegenden Büschen und umzingelten die Reiter. Die Umzingelten zückten kampfbereit ihre Waffen. Doch dann teilte sich der Kreis der Drachenjäger und Viggo schritt zu den sechs Freunden. "Ihr wart schneller als ich erwartet hatte. Ich gratuliere euch. Doch das Spiel ist noch nicht beendet", begrüßte Viggo seine Gefangenen und blickte dann zu Hicks, "Du dachtest doch nicht etwa an einen Kampf mit Waffen, Hicks? Du kennst mich doch. Ich kämpfe lieber mit dem Verstand. Was sagst du zu einem kleinen Spiel, um euer Wasser zu bekommen?" "Meinetwegen", antwortete Hicks. "Etwas mehr Begeisterung, wenn ich bitten darf. Nehmt sie mit!", befahl er dann den Jägern.
Wenig später war die Aufgabe, die Hicks lösen musste, vorbereitet. Es sah nicht all zu herausfordernd aus, bis Viggo dann erklärte, was er zu tun hatte: "Siehst du deine Freunde? Vier von ihnen tragen Eimer auf dem Kopf. Zwei deiner Freunde tragen einen blauen und zwei einen roten Eimer. Der Dicke mit dem roten Eimer steht mit dem Gesicht zum Baum, er kann daran nicht vorbeisehen, wenn er sehen könnte. Auf der anderen Seite des Baums steht das Zwillingsmädchen in blau. Dahinter Rotzbakke, oder wie er heißt, in rot und dann der andere Zwilling wieder mit einem blauen Eimer. Wenn sie nur in Richtung Baum schauen dürfen, wissen, dass es von jeder Farbe zwei gibt und etwas sehen könnten, wer von ihnen würde als erstes seine Farbe erkennen?" "Viggo, was soll das bringen? Und wo ist Astrid?" Viggo grinste ihn an: "Sie ist der Spieleinsatz. Dreh dich um." Hicks tat wie ihm geheißen und er erblickte Astrid. Sie wurde von einem Drachenjäger festgehalten, während ihr ein anderer eine Klinge an den Hals drückte. "Wenn du falsch liegst, hast du bald eine Person weniger in deiner Truppe, Hicks. Da du nun weißt, um was es geht, bitte ich um die Lösung des Rätsels. Du hast zehn Minuten Zeit. Je schneller du dich entscheidest, desto weniger schmerzvoll wird es für deine kleine Freundin sein." Er musste es schaffen, sonst würde Astrid sterben. Seine Hände begannen zu schwitzen und er spannte sich an. Er musste sich konzentrieren. Wenn er falsch lag, wäre es vorbei und sie wäre nicht mehr unter ihnen. Nein, das durfte nicht geschehen. Fischbein könnte es nicht sein. Er kann die anderen nicht sehen. Taff, vielleicht? Oder Raff? Rotzbakke? "Noch acht Minuten!", gab Viggo bekannt, während er gebannt zwischen einer Sanduhr, Hicks und dem Rätsel hin und her blickte. "Sieben Minuten! Drück die Klinge noch etwas mehr an ihren Hals!", befahl der Anführer der Drachenjäger seinem Bediensteten. Sie hatten Astrid in Hicks Blickfeld gestellt, um ihm zu zeigen, was geschah, wenn er sich nicht entschied. Astrid verzog vor Schmerz ihr Gesicht, während die kalte Klinge bereits ihre Haut leicht durchschnitten hatte und einige Tropfen Blut an ihrem Hals hinunterliefen. Hicks warf ihr einen besorgten Blick zu. Die Jäger konnten ihr das nicht antun. Er musste sich entscheiden. Schnell. Doch wer war es? "Vier Minuten. An deiner Stelle würde ich mich entscheiden, Hicks." Raff nicht, sie sah schließlich auch niemand anderen. Taff oder Rotzbakke? Ein unterdrückter Schrei Astrids drang in sein Ohr. Er musste handeln. Er ließ nochmals alles durch seinen Kopf gehen und gab dann seine Antwort: "Rotzbakke." "Bist du dir auch wirklich sicher?" "Ja und jetzt lasst Astrid gehen und die anderen auch!" Viggo gab seinen Jägern das Zeichen, die vier Reiter von Eimern und Fesseln zu befreien und Astrid loszulassen. Sobald Astrid frei war knickte sie erschöpft zusammen und Hicks stürzte zu ihr. "Astrid! Bleib bei mir. Wir helfen dir. Alles wird wieder gut. Fischbein mach irgendwas! Nimm die Tasche!" "Oh, junge Liebe. Aber Hicks, denk daran, Liebe macht dich verwundbar. Diese Liebe sowie die zu deinem Drachen. Wenn ihr die Drachen wieder wollt, müsst ihr euch beeilen. Ihr habt noch drei Tage und sie sind am anderen Ende der Insel. Bis bald!", verabschiedete sich Viggo und er und seine Männer ließen die Drachenreiter alleine am See zurück.
So schnell wie möglich versorgte Fischbein mit den Heilkräutern und Verbänden aus der Tasche und dem frischen Wasser aus dem See Astrids Wunde. Hicks saß einstweilen geduldig neben den beiden und hielt Astrids Haare hoch, während Fischbein den Verband um ihren Hals wickelte. Nachdem Astrid so gut es ging versorgt war und alle etwas getrunken hatten, rief Hicks die Gruppe wieder zusammen: "Ich hoffe ihr seid wieder gestärkt. Wir gehen weiter, sonst finden wir die Drachen nie", er wandte sich an Astrid und fragte besorgt, "Geht das für dich?" "Ich denk schon", antwortete diese, "und jetzt los." Mürrisch trotteten die restlichen Reiter hinter Hicks und Astrid her, bis sie gegen Abend an einen Wald kamen. "Wir gehen noch etwas in den Wald hinein, es ist noch zu früh zum Schlafen, außerdem müssen wir weiter kommen", informierte das zukünftige Oberhaupt sein Gefolge. Alle anderen stöhnten erschöpft auf, folgten aber ihrem Anführer, da sie wussten, wie wichtig die ganze Sache war.
Mittlerweile waren sie schon tief im Wald und die letzten Sonnenstrahlen waren dabei im Dunkel der Nacht zu versinken. "Ich hab Hunger." "Ich bin müde." "Ich kann nicht mehr." "Ich will heim." "Ich hab Blasen an den Füßen." "Hört endlich auf!", fuhr Hicks die Zwillinge und Rotzbakke an, die bereits eine halbe Stunde lang ihre Beschwerden Kund gaben. "Hicks, ich denke wir sollten wirklich eine Pause einlegen. Wir sind schon mehr als einen halben Tag durch maschiert", versuchte Astrid Hicks etwas Einsicht einzureden. "Du hast ja recht. Aber wir haben die Drachen seit knappen fünf Tagen nicht mehr gesehen. Wer weiß, was die Jäger mit ihnen machen. Wir dürfen nicht zu spät kommen." "Ja, aber erschöpft und übermüdet werden wir sie auch nicht finden, Hicks." Astrid legte ihm eine beruhigende Hand auf die Schulter und er drehte sich zu ihr um. Er lächelte ihr kurz zu und meinte dann an alle gewandt: "Also gut. Wir machen Pause." Sowie er das gesagt hatte, fielen Rotzbakke und die Zwillinge zu Boden und waren sofort eingeschlafen. Sekunden später gesellte sich Fischbein dazu und Hicks und Astrid wünschten sich noch eine gute Nacht bevor auch sie in einen tiefen, wohltuenden Schlaf versanken.
Die Sonnenstrahlen weckten die Reiter früh am Morgen aus ihrem Schlaf. Anfangs wussten sie nicht ganz, wo sie sich befanden, doch dann kamen ihre Erinnerungen der letzten Tage zurück und sie waren sofort hell wach. Alle außer einer Person. "Astrid? Astrid, wach auf, es ist Morgen", rüttelte Hicks sanft an der Schulter der blonden Drachenreiterin. Doch als sie sich nicht bewegte, geriet er in leichte Panik. "Astrid!" Er schüttelte sie etwas heftiger. Seine Augen erblickten ihr Gesicht, das kaum noch Farbe besaß. "Nein, nein, nein, nein, nein. Wach auf!" Eine seiner Hände bewegte sich zu ihrem Hals um nach dem Verband zu sehen. Als seine Finger ihre Haut berührten, durchfuhr ihn ein kalter Schauer. "Fischbein, sie ist eiskalt...Sie ist doch nicht etwa...nein", flüsterte Hicks stumm. Sein Blick war fassungslos auf ihr Gesicht und den blutgetränkten Verband fixiert. Sie durfte nicht tot sein. Sie konnte einfach nicht. Er brauchte sie doch. Er durfte sie nicht verlieren.
Fischbein kam näher und warf einen genaueren Blick auf Astrid. "Keine Sorge, Hicks. Sie atmet noch. Wir müssen nur so schnell es geht die Wunde neu versorgen! Außerdem muss sie etwas zu sich nehmen. Wir alle haben seit Tagen nichts gegessen." Hicks fiel ein Stein vom Herzen, als er Fischbeins Worte hörte. So schnell es ging erneuerten sie den Verband und die Kräuterpaste und flößten ihr vorsichtig etwas Wasser ein. Kurze Zeit später schien es ihr bereits besser zu gehen, da sie die Augen öffnete und sich aufsetzte. "Jetzt brauchen wir nur noch etwas Essbares", stellte Hicks erleichtert fest, nachdem er sah, das es Astrid besser ging. "Was ist das?", fragte Rotzbakke und deutete auf einen Korb, der neben ihnen plaziert worden war, "Der war gestern Abend noch nicht da." Hicks näherte sich dem Korb und öffnete ihn. "Essen!", rief er erfreut und sofort machten sie sich alle daran ihre leeren Mägen zu füllen. "Es ist mir ganz egal, wie der Korb hier her gekommen ist. Das einzige, worauf ich Wert lege, ist das Essen, das er uns mitgebracht hat", schmatzte Taff und die anderen stimmten ihm kauend zu. Nachdem sie gegessen hatten und Astrid wieder Farbe im Gesicht hatte und selbst aufstehen konnte ohne dass ihre Beine unter ihr nachgaben, machte sich die Truppe erneut auf den Weg ihre Drachen zu befreien.
Als die Sonne am höchsten stand, verließen sie die schützenden Bäume des Waldes und erreichten nach einigen weiteren Minuten Fußmarsch einen reißenden Fluss. Zu ihrem Glück befand sich jedoch eine Brücke keine drei Meter von ihnen entfernt. Doch bevor sie die Brücke erreichen konnten, stellte sich ihnen ein Drachenjäger in den Weg. "Was will der hier?", fragte Rotzbakke auf seine typisch gereizte Art. Der Drachenjäger vor ihnen, der gekonnt die Brücke blokierte, rührte sich nicht vom Fleck. Wie aus dem nichts schoss plötzlich ein Pfeil in die Richtung der Drachenreiter. "Aaaahhhrrrr!" Gab Hicks einen qualvollen Schrei von sich, bevor er zu Boden fiel und sich vor Schmerzen krümmte. Der Pfeil steckte tief in seinem Oberarm. Krampfhaft drückte er seine andere Hand auf die Einschussstelle, nachdem er den Pfeil herausgezogen hatte. Trotz seiner Schmerzen entdeckte er den Zettel, der an dem Pfeil befestigt war und griff mit seiner angeschossenen Hand danach, während er seine andere noch immer auf die Wunde drückte. Er entrollte den Zettel und erkannte sofort von wem er gekommen war. "Viggo."
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