Dinosaurier aus Deutschland (03.10.2018)
- ARTIKEL DER WOCHE -
Dinosaurier aus Deutschland
Dinosaurier lebten auf der ganzen Welt. Sie besiedelten alle Kontinente und Klimazonen während des Erdmittelalters. Auch bei uns in Deutschland kamen sie vor, und obwohl Deutschland nicht gerade das bekannteste Dinosaurier-Land ist (die meisten Dinofossilien werden derzeit in Südamerika und China gefunden), wurden auch in unserer Heimat einige aufsehenerregende Funde gemacht. Passend zum Tag der Deutschen Einheit stellen „Die weißen Steine" nun die bekanntesten von ihnen vor und verlassen dazu ausnahmsweise mal die nordamerikanische Hell-Creek-Formation.
Deutschland lag im Jura und in der Kreidezeit zu großen Teilen unter Wasser und war Teil des großen Tethysmeeres, eines weltumspannenden Ozeans mit zahlreichen lichtdurchfluteten Flachmeerbereichen. Deshalb findet man bei uns nur sehr selten die Überreste von Dinosauriern, die ja allesamt Landtiere waren. Allerdings sind die Fossilien von Meerestieren bei uns sehr häufig, und begeisterte Fossiliensammler haben meist einen selbstgefundenen Ammoniten oder Belemniten (Donnerkeil) in ihrer Sammlung – tintenfischähnliche Kreaturen mit fester Außenschale, die in großen Schwärmen in den Meeren des Erdmittelalters umherschwammen.
Nahe der schwäbischen Stadt Holzmaden wurden darüber hinaus beeindruckende Fossilien von Ichthyosauriern entdeckt – keine Dinosaurier zwar, aber stromlinienförmige Meeresreptilien, die an das Leben im Meer perfekt angepasst waren und in den Korallenriffen unserer Heimat ihre Kinderstuben hatten. Bei einigen Fossilien wurde sogar der Augenblick festgehalten, als eine Ichtyhosaurus-Mutter ein Junges auf die Welt brachte: Die Tiere wurden wahrscheinlich durch einen unterseeischen Erdrutsch verschüttet und blieben dadurch erhalten.
Abseits der Korallenriffe sah es bei uns im Jura etwa so aus wie heute auf den Bahamas. Im tropisch warmen Tethysmeer lagen einige größere und kleinere Inseln, die auch die Heimat von Dinosauriern waren. Das bekannteste Dinosaurier-Fossil aus Deutschland ist wahrscheinlich die Archaeopteryx, auch als „Urvogel" bekannt. Dieses kaum krähengroße Tier lebte vor 150.000.000 Jahren im oberen Jura und wurde im Steinbruch von Solnhofen in Bayern entdeckt und von Hermann von Meyer im Jahre 1861 beschrieben. Archaeopteryx erregte auch bald außerhalb Deutschlands Aufsehen, weil ihr Auftauchen die noch junge Evolutionstheorie stützte und eines der von Charles Darwin vorausgesagten Mosaikformen repräsentiert – also ein Tier, dass sowohl die Merkmale einer urtümlicheren als auch einer fortschrittlicheren Tiergruppe in sich vereint. Archaeopteryx hat die hohlen Knochen und die Federn eines Vogels, aber sie hat auch einen langen, knöchernen Schwanz, bekrallte Armschwingen und Zähne im Schnabel wie ein Dinosaurier.
Aus Solnhofen ist außerdem der Compsognathus bekannt, ein kaum hühnergroßer Insektenfresser und Zeitgenosse der Archaeopteryx. Compsognathus hielt lange Zeit den Rekord als der kleinste Dinosaurier der Welt, wurde aber in der jüngeren Vergangenheit von einigen Theropoden aus China vom Thron gestoßen, die noch kleiner waren als er. Trotzdem ist Compsognathus vielen Dino-Freunden noch immer ein Begriff.
Ein weiterer Bewohner der spätjurassischen Inselwelt war der kleine Sauropode Europasaurus, der allerdings nicht in Bayern, sondern bei Bad Harzburg in Sachsen-Anhalt entdeckt wurde. Europasaurus ist einer der kleinsten bekannten Sauropoden und ein gutes Beispiel für sogenannte Inselverzwergung: Aufgrund seines begrenzten Lebensraumes haben sich seine Vorfahren angepasst und sind immer kleiner geworden, sodass Europasaurus kaum mehr als eine Tonne wog. Wohlgemerkt: Seine Verwandten auf dem Festland konnten damals das achtzigfache Gewicht und mehr erreichen!
Bevor die Kontinente auseinanderdrifteten und der jurassische Inselarchipel von Deutschland entstand, bildeten alle Erdteile noch eine einzige große Landmasse namens Pangaea. In dieser Zeit, der späten Trias von vor etwa 214.000.000, war Deutschland noch ein wahres Dinosaurierparadies. Zwar mussten sich die frühen Dinos zu jener Zeit die Welt noch mit anderen großen Reptilien, wie den furchterregenden Rauisuchiern wie Teratosaurus teilen, doch zeichnete sich schon damals ihr bevorstehender Erfolg ab: Plateosaurus etwa, ein 10m langer und 4,8 Tonnen schwerer Pflanzenfresser, war in jener Zeit besonders erfolgreich.
Mehr als 50 zum Teil hervorragend erhaltene Skelette dieses großen Tieres wurden allein in Deutschland entlang des Neckars und der Pregnitz gefunden, wo sich die sogenannte Trossingen-Formation erstreckt, eine der reichhaltigsten Fossillagerstätten der späten Trias und des frühen Jura. Von Sachsen-Anhalt über Thüringen bis nach Bayern wurden dort viele unterschiedliche Dinosaurier entdeckt, u.a. auch der etwas kleinere Prosauropode Efraasia.
Aber auch der kleine Theropode Procompsognathus und der mittelgroße Jäger Liliensternus waren dort zu Hause.
Auch aus der Kreidezeit sind Dinosaurier aus Deutschland bekannt, allerdings nicht mehr aus dem Maastrichtium, also der Zeit von vor 66.000.000 Jahren, in der „Die weißen Steine" spielt. Diese Gesteinsschichten wurden bei uns bereits weitestgehend durch Erosion abgetragen oder von jüngeren Schichten überlagert. Allerdings belegen einige etwas ältere Fossilien, dass es auch in der Kreidezeit bei uns Dinosaurier gab. In Münchehagen bei Hannover sind zwar keine Skelette gefunden worden, allerdings sogenannte Ichnofossilien: Über 300 Fußabdrücke wurden dort entdeckt, die von den Dinosauriern im schlammigen Bett eines frühkreidezeitlichen Flusses hinterlassen haben. Diese Fußabdrücke bezeugen, dass es bei uns vor etwa 139.000.000 Jahren eine reichhaltige Dinosaurierfauna gab, zum Beispiel mit Ornithopoden wie dem kleinen Hypsilophodon und dem größeren Iguanodon.
In Münchehagen haben aber auch gefürchtete Fleischfresser wie Neovenator ihre Fußabdrücke hinterlassen.
Und sogar gewaltige Sauropoden von der Größe des berühmten Brontosaurus oder Apatosaurus aus Nordamerika waren bei uns beheimatet. Die Skelette dieser imposanten Tiere warten allerdings noch auf ihre Entdeckung.
Der größte fleischfressende Dinosaurier, der jemals in Deutschland lebte, trieb allerdings bereits gute 25 Millionen Jahre früher, also im Mitteljura vor etwa 164.000.000 Jahren sein Unwesen. Im Wiehengebirge nahe der Stadt Minden in Nordrhein-Westfalen entdeckte man im Jahre 1999 die Überreste eines gewaltigen Raubdinosauriers. Eine Rippe dieses imposanten Tieres war um 50% größer als die des Allosaurus, des wohl bekanntesten Theropoden des Jura. Ausgehend davon wurde die Gesamtlänge des Tieres damals auf mindestens 12m beziffert, was jedoch inzwischen etwas nach unten korrigiert wurde. Neuere Untersuchungen lassen auf ein Tier von 7 – 9m Körperlänge schließen, allerdings wurde festgestellt, dass es sich wohl um ein noch nicht ausgewachsenes Jungtier handelte. Wiehenvenator, wie ihn die Wissenschaftler tauften, könnte als ausgewachsenes Tier also deutlich größer geworden sein und sogar an die Ausmaße eines Tyrannosaurus beinahe herangekommen sein.
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