Die Hell-Creek-Formation (15.08.2018)

ARTIKEL DER WOCHE -

Die Hell-Creek-Formation

In „Die weißen Steine" gelangt eine Schulklasse auf mysteriösem Wege in die späte Kreidezeit, genauer ins Maastrichtium – die jüngste Stufe dieses Zeitalters. Unsere Geschichte spielt in der sogenannten Hell-Creek-Formation, also in etwa dort, wo sich heute das Gebiet des US-amerikanischen Bundesstaats Wyoming erstreckt. Wir befinden uns also im amerikanischen Mittleren Westen, genau zwischen den Rocky Mountains und den endlosen Weiten der Prärie, die aus zahlreichen Western-Filmen bekannt sind.

Damals wie heute war dieses Gebiet ein weites gebrochenes Plateau, aus dem vereinzelte Bergkämme aufragten. Heute ist Wyoming allerdings eine Gegend mit kontinentalem Klima. Niederschläge sind dort selten, das Land ist eher trocken. Im Maastrichtium war es jedoch genau umgekehrt: Im Osten von Hell Creek, dort wo sich heute die Prärie als ein Meer aus Gras erstreckt, war zu jener Zeit tatsächlich ein Meer. Durch seine Nähe zu einem der übriggebliebenen Arme des Western Interior Seaway, einer Meerstraße, die einst den kompletten nordamerikanischen Kontinent der Länge nach in zwei Hälften teilte, herrschte dort vor 66.000.000 Jahren ein maritimes Klima vor. Besonders in den Sommermonaten während der Regenzeit gab eine hohe Niederschlagsquote, die für die Pflanzenwelt ein wahrer Segen war. Diese Pflanzen waren so ziemlich die gleichen, die wir heute in der Gegend am Mittelmeer oder an den Küsten des tropischen Amerikas und Asiens vorfinden, die Landschaft selbst ähnelte stark dem heutigen amerikanischen Südwesten mit seinen Bayous und Mangrovenwäldern.

Der Mond, welcher der Erde damals noch ein gutes Stück näher war als heute, hatte in Nähe der Küste einen entscheidenden Einfluss auf das Landschaftsbild: Ein schneller Gezeitenwechsel und ein hoher Tidenhub formten die dortige Landschaft. Die Küste war nur bei Ebbe überhaupt sichtbar, dann bildete sie einen paradiesischen weißen, aber durch den vulkanischen Einfluss mancherorts auch schwarzen Sandstrand. Bei Flut hingegen erstreckten sich ausgedehnte Mangrovensümpfe weit ins Landesinnere.

Erst nach mehreren Kilometern erhoben sich Hügel aus den Sümpfen und das Landschaftsbild änderte sich immer mehr, je weiter man nach Westen ging. Dort wurde die Sumpflandschaft durch einen Gürtel aus feuchten Zypressenwäldern und Palmenhainen abgelöst. Noch weiter landeinwärts dominierten dichte sumpfige Bruchwälder aus Nadel- und Laubhölzern, gelegentlich öffneten sich auch weitläufige Farnprärien, die von mehreren Flussläufen durchzogen wurden und die Landschaft entwässerten. Am Boden wuchsen Farne, Palmfarne und Moose, Gräser waren jedoch noch sehr selten.

Der vulkanische Ursprung dieser Landschaft war überall gut sichtbar: Der Boden war bunt, einerseits lehmig und braunrot, andernorts wieder schwarz von der Lava. Wenn man noch weiter landeinwärts ging, stieß man auf ausgedehnte Lavafelder, in denen die Vegetation spärlicher wurde und sich karge Felslandschaften ausbreiteten. In dieser Landschaft gediehen hauptsächlich Nadelhölzer wie Araukarien, Kiefern und Pinien.

Weiter im Westen erreichte man schließlich ein gewaltiges Gebirge, das viele Millionen Jahre später zu den Rocky Mountains werden sollte. Damals jedoch ragten seine Gipfel mehr als 7.000m in die Höhe. Die Hänge waren noch bis in große Höhen von Lorbeerwäldern bewachsen, die von den feuchten Luftmassen zehrten, welche von der Küste ins Landesinnere zogen und sich an den Gipfeln aufstauten.

Trivia:

Die Hell-Creek-Formation ist eine sehr großflächige Fossilienlagerstätte, die sich in der Zeit von vor 67.000.000 bis vor rund 65.000.000 Jahren ablagerte und sich über die heutigen U.S.-Bundesstaaten Montana, Wyoming sowie North und South Dakota erstreckt.

Heute finden wir in der Hell-Creek-Formationen vor allem die Ablagerungen aus den Flusslandschaften, die vielen Dinosauriern, aber auch einer ganzen Menge anderer Tiere ein Zuhause boten. Vor allem die Fossilien von eng ans Wasser gebundenen Tieren wie Amphibien, Schildkröten und Krokodilen, und natürlich auch zahlreichen Süß- und Salzwasserfischen sind in Hell Creek ebenfalls sehr häufig.

Aus der Hell-Creek-Formation stammen einige der bekanntesten Dinosaurier der Populärkultur wie die berühmten Gattungen Tyrannosaurus, Triceratops und Ankylosaurus.

Überall in der Hell-Creek-Formation kann man den Übergang von der Kreide zum Paläogen, dem darauffolgenden Zeitalter, selbst als Laie gut erkennen: Die sogenannte KP-Grenze zeichnet sich in einer etwa 2cm dicken und schwarz gefärbten Linie in den Gesteinsschichten ab. Diese Linie entstand wahrscheinlich als direkte Folge eines gewaltigen Meteoriteneinschlages, der für das Artensterben am Ende der Kreidezeit die Ursache war. In der KP-Grenze fanden Wissenschaftler eine hohe Konzentration des auf der Erde nur sehr seltenen, aber in Asteroiden sehr häufigen Isotops Iridium.

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