#2: Snamona: Sonne, Mond und Blumen
Pomona Sprout lebte alles andere als abstinent.
Von einem kleinen Kräuterschnäpschen nach Feierabend war die Professorin keineswegs abgeneigt.
Allerdings beließ sie es dabei.
Meistens.
Heute war einer ihrer schlechteren Tage.
Schon seit Ewigkeiten haderte sie mit der richtigen Düngung der Baldrianwurzeln, die Severus Snape in wenigen Stunden benötigen würde.
Der Trank der Lebenden Toten stand wie jedes Jahr auf dem Programm der Sechstklässler.
Ein blässlich rosaner Trank, der den Konsumenten in einen tiefen Schlaf versetzte und ihn, wie einen Toten, durch nichts mehr aufwecken ließ.
Hauptbestandteil des Trankes, den der Zaubertränkeprofessor am nächsten Morgen mit seinen Schülern brauen wollte, waren unter anderem die Baldrianwurzeln, die seit mehreren Tagen nicht mehr gewachsen waren und deren Blätter schlaff nach unten hingen.
Pomona hatte die Nase voll.
Wie ein Dutzend Hauselfen hatte sie die letzten Tage geschuftet und alles war umsonst.
Um sich ihren Kummer von der Seele zu zaubern, hatte die Kräuterhexe heute Abend schon deutlich mehr intus, als ihr gut täte.
Sie hatte keine Lust von Professor Snape ausgelacht zu werden und schon gar nicht wollte sie sich eingestehen, dass sie seit langer Zeit wieder Probleme mit ihren Fähigkeiten hatte.
Irgendetwas brachte die Hexe derart aus der Fassung, dass sie ihr jahrelang erlerntes Handwerk vollkommen vergaß und nur sie selbst hatte Ahnung, wer oder was dies sein könnte.
Währendessen saß der Professor und Zauberer, um den sich die Gedanken von Pomona Sprout immer häufiger drehten, in einem entlegenen Turmzimmer in Hogwarts, in dem Sybill Trelawneys Wahlfach Wahrsagen stattfand.
Wieder einmal hatte Dumbledore ihn dazu verdonnert den Unterricht seiner Kollegen zu analysieren, um den seinen, den Zaubertränkeunterricht, erfolgreicher zu gestalten.
Insgeheim ahnte Snape den wahren Grund, warum er hier war.
Trelawney war wie alle anderen Professoren in Hogwarts außergewöhnlich freundlich zu ihren Schülern und wie alle wussten, wäre es nicht verkehrt, wenn Severus sich davon eine Scheibe abschneiden würde.
Lieber wäre er bei Professor Sprout im Unterricht.
Tief in seinem Inneren wusste er, dass ihm eine Stunde in den Gewächshäusern gewiss nicht missfallen würde.
Schon nach wenigen Minuten verlor der Professor jegliche Geduld.
Wie konnte man denn freiwillig ein so langweiliges Wahlfach belegen und sich das stundenlange Geschwafel über Teeblätter und Prophezeihungen von dieser mit Perlenketten behängten Spinnerin anhören?
,,Jetzt einmal ehrlich, Sybill. Sie können sich doch selbst nicht richtig ernst nehmen! Niemand hier in diesem Zimmer glaubt daran, dass Sie aus diesen matschigen Teeblättern unsere Zukunft vorhersagen können. Bei Merlins Bart, das ist doch Unfug!"
Professor Snapes Stimme klang entzürnt sowie belustigt, als er sich über den Lehrstoff seiner brillentragenden Kollegin beschwerte.
,,Darf ich bitten, Professor Snape? Ich hoffe ich habe mich verhört!", antwortete die Wahrsagerin empört und verschränkte ihre Arme vor ihrer Brust.
Die flüsternden Gespräche der Schüler in dem stickigen Turmzimmer stoppten abrupt, denn alle Augen waren nun entweder auf Snape oder Trelawney gerichtet.
,,Ganz gewiss nicht, Werteste. Ich meine alle meine Worte vollkommen ernst. Steigen sie gefälligst vom hohen Ross und sehen sie ein, dass sie keine nennenswerten Talente haben, die den Zauberern und Hexen in dieser Klasse im späteren Leben nützlich sein werden!"
,,Nun gut, das lässt sich leicht herausfinden, Severus", lächelte die Wahrsagerin tückisch und streckte ihre Hand nach Snapes Teetasse aus.
,,Was haben wir denn da? Ein Kreis... nein, eine Sonne. Oder doch ein Mond? Umgeben von. Hmm, gar nicht so leicht wie ich angenommen hatte.
Ihre Zukunft ist überaus vielseitig, Professor Snape.
Ach ja, Blumen. Nun, damit hätte ich nicht gerechnet."
,,Was soll das denn? Rücken Sie mit der Sprache raus!"
,,Ich weiß gar nicht, wie ich Ihnen das schonend beibringen soll, Severus, aber es scheint, als wären Sie verliebt.
Bei diesen ganzen Anzeichen... sie wissen es vielleicht nicht, doch sowohl Sonne, Mond, als auch die Blumen stehen für das Glück in der Liebe."
,,Sie spinnen doch total! Sie reimen sich etwas zusammen, was Ihnen in den Kopf passt und versuchen die Zaubererwelt damit zu überzeugen! Das ist niemals die Wahrheit und das wissen sie."
,,Überzeugungskraft ist auch ein Talent, Professor.
Verliebt in die Liebe, klingt doch fabelhaft, nicht war?", ertönte eine belustigte Stimme aus einer der hinteren Ecken des Turmzimmers.
Der Slytherin, mit dem Severus Snape am Wenigsten in einem so unnützen Wahlfach wie diesem gerechnet hätte.
,,Machen Sie sich nicht über ihren Professor lustig, Junge. Ich kann mich erinnern aus ihren Blättern auch einen Mond erkannt zu haben und dieser scheint schon hell über euch zwei Turteltäubchen zu läuchten. Mr. Zabini, bitte. Hören Sie auf Ihren Freund vom Unterricht abzulenken und sorgen Sie dafür, dass ihre Augen in den Teeblättern bleiben und nicht in Malfoys versinken!"
Der Blondschopf starrte verdattert zu seinem Gegenüber und richtete seinen Blick dann verlegen gen Boden.
Draco und Blaise?
Nun hatte Severus aber genug.
Wie konnte Sybill auch nur wagen, so etwas abscheuliches zu behaupten?!
,,Mr. Malfoy, Mr. Zabini. Ich würde vorschlagen, sie verlassen diesen Unfug hier und suchen sich ein anderes Wahlfach. Wie wäre es mit Arithmetik? Oder belegen sie doch den Apparierkurs. Alles, aber nicht das hier", waren Snapes letzte Worte ehe er verstört das schwebende Turmzimmer üder eine silberne Leiter verließ und sich immer noch aufgebracht auf den Weg zu Pomona Sprout, der Professorin für Kräuterkunde, machte.
Am nächsten Tag würde er zusammen mit den diesjährigen Sechstklässlern den Trank der lebenden Toten herstellen, wofür ihm noch einige Zutaten fehlten.
Beim Gedanken an die Kräuterhexe erhellte sich seine Miene minimal, denn egal wie schrecklich sein Tag auch war, Pomona machte ihn besser.
Severus hatte keine Ahnung wie oder warum, aber es war so und dieser Umstand machte ihn unfassbar glücklich.
Verloren in Gedanken streifte er über Hogwarts Ländereien, vorbei am Gemüsegarten und an Hagrids Hütte, ehe er Pomonas Gewächshaus erreichte und schließlich eintrat.
,,Nun gut, wie wir alle wissen werden morgen Tränke gebraut und dafür bräuchte ich noch einige Schlafbohnen, Affrodillwurzeln, Wermut und zu guter letzt die Baldrianwurzeln."
Neugierig sah sich Severus um, doch von Pomona war keine Spur.
,,Pomona? Hallo?"
,,Hmmm?", hörte er ein leichtes Stöhnen und wandte sich in die Richtung, aus der das merkwürdige Geräusch kam.
,,Pomona? Bist du da?"
,,JaaAaa verdammt."
Schüsseln flogen auf den Boden, als die Kräuterhexe ausversehen dagegen trat und so Snapes volle Aufmerksamkeit auf sich zog.
,,Ah, gut. Pomona, wie schon gesagt. Ich bräuchte da noch-", doch die Hexe kam ihm zuvor und unterbrach ihn mitten im Satz.
,,Ich habe k-kein Baldrian", lallte die betrunkene Professorin leise und schwankte mit kurzen und vorsichtigen Schritten umher.
,,Sag mal bist du betrunken?"
Völlig empört starrte Snape seine liebste Kollegin an und trat auf sie zu, um ihr mit beiden Armen Halt anzubieten.
Reflexartig schnappte die Hexe nach seinen Händen und konnte so ihr Gleichgewicht halten.
,,Ich habe kein doofes Baldriannn. Schon seit T-Tagen wächst das dumme Zeug nicht meehr."
,,Jetzt setzen wir uns erst mal", schlug Severus vor und zog Pomona mit sich auf den Boden.
Sofort legte sie ihren Kopf auf die linke Schulter des Professors.
Diese klitzekleine Bewegung löste ein spannendes Kribbeln in seiner Magengegend aus, das er schon öfter in Pomonas Gegenwart verspürt hatte.
Nur eine einzige Person hatte es jemals geschafft, derartige Gefühle in Severus Snape auszulösen und diese Person entschied sich letztendlich gegen ihn.
Seit diesem Tag hatte er solche Gefühle nicht mehr zugelassen, doch jetzt waren sie wieder da.
Wie konnte es nur sein, dass die pummelige Pomona Sprout in ihren Fünfzigern Schmetterlinge in Snapes Bauch herbeizaubern konnte?
Verlegen räusperte sich Severus und schlagartig drehte sich der Lockenkopf in seine Richtung.
Wie in Trance versetzt starrte der Professor in Pomonas Augen und wollte sie nicht mehr gehen lassen.
Und gleichzeitig wollte er vor allem das.
Sie gehen lassen.
Denn eine Bindung war nicht das Richtige für Snape.
Zu groß war die Angst Pomona zu verlieren, so wie er auch schon Lily verloren hatte.
In Gedanken versunken merkte er gar nicht wie sich die kleine Hexe seinen Lippen näherte und schließlich die ihren auf seine legte.
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Aufgrund der misslungenen Baldrianwurzeln musste der Trank der lebenden Toten zur Enttäuschung vieler Schüler warten.
Stattdessen nahm Snape mit seinen Schülern eine Theoriestunde über
Amortentia, den Liebestrank, durch, denn seine Gefühle könnte man im Moment nicht besser beschreiben und ebenjenes Thema zog Snapes ganze Aufmerksamkeit an, als er durch ein Buch voller Zaubertränke blätterte.
Eine Stimme räusperte sich am Eingang seines Klassenzimmers in den Kerkern und Snape horchte auf.
,,Severus, könnte ich Sie kurz um ein Gespräch unter vier Augen bitten?", ertönte Pomonas friedliche Stimme und sofort machte sich der Professor auf den Weg, denn am liebsten würde er ihrer Stimme den ganzen Tag zuhören.
Vor den Türen zog die Hexe ihn zur Seite und sah ihm schuldbewusst in die Augen.
,,Das gestern tut mir unfassbar lei-"
,,Ich mag dich, Pomona. Ich-, ach bei Merlins Hose, Ich liebe dich."
,,Bitte was?"
Oh nein.
Sie konnte sich nicht an den Kuss erinnern.
Verlegen wandte sich Severus ab.
Die Röte stieg ihm ins Gesicht und er war kurz davor zu verschwinden, als ihn Pomonas dickliche Finger an einem Arm festhielten.
,,Nun, eigentlich wollte ich mich bei dir entschuldigen, weil ich gestern wohl ein Schnäpschen zu viel getrunken hatte, aber wie ich sehe, ist da wohl doch mehr passiert...", flüsterte die Kräuterhexe nachdenklich.
,,Könntest du mich vielleicht einweihen, Severus?", schlug sie nun verlegen grinsend vor.
Wo war denn der mutige Snape geblieben, dem es egal war, was alle dachten?
Was hatte diese Hexe nur aus ihm gemacht?
Vorsichtig trat er einen winzigen Schritte vor den anderen und legte schließlich schon zum zweiten Mal seine Lippen auf Pomonas.
Nach einigen Sekunden ließ der Professor von ihr ab und sah ihr tief in die Augen.
,,Das ist gestern passiert, Werteste. Und ich würde es gerne öfter wiederholen, wenn du auch bereit dazu bist."
Lange sah ihm Pomona in seine wunderschönen dunklen Augen, ehe sie ihre Lippen erneut miteinander verband.
,,Und wie ich das bin", flüsterte sie in den Kuss.
Severus Snape musste sich an diesem Tag eingestehen, dass Sybill Trelawney wohl doch nicht ganz Unrecht hatte.
Sonne, Mond und Blumen passten perfekt in seine Zukunft.
In eine unerwartete Zukunft gemeinsam mit Pomona Sprout.
~
1665 Wörter
So, der zweite OneShot.
Snamona war ja mal ganz etwas anderes, aber tatsächlich fiel es mir erstaunlich leicht, diesen OS zu schreiben.
Und anders ist auch mal gut, sonst wird es zu langweilig ;)
Wie fandet ihr ihn?
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