Wandlerkuss
Erschrocken kreische ich auf und drehe mich erstmal auf die Seite von Falcon weg. Versuche, so viel wie möglich von meinem nackten Körper zu bedecken.
Ich spüre Falcons Blick auf mir ruhen und schäme mich plötzlich, obwohl ich gar nicht weiß, wofür genau.
Mein Körper mag nicht perfekt sein, ich war schon immer ein wenig zu dünn und schmal gebaut, aber er ist nichts, wofür ich mich schämen müsste.
Dann breitet sich jedoch plötzlich eine Decke über mir aus, und ich werde von Falcons Duft umhüllt.
Mir entweicht vor Schreck ein leises Quietschen, als sich Falcons Arme um mich schließen, und er mich erst wie eine kleine Raupe in die Decke einwickelt, bevor er mich auf seinen Schoß hebt.
Auch seine Wangen sind leicht gerötet, stelle ich fest. Er sieht unfassbar süß aus.
"Ich wollte das gerade nicht", stoße ich schnell hervor.
"Weißt du, es fühlt sich für mich seit meiner Verwandlung vorhin so an, als würden meine beiden Gestalten permanent miteinander ringen, welche gerade die Oberhand behalten darf.
Mein Vater und meine Brüder sind das gewohnt und haben es unter Kontrolle, aber ich kenne es nicht und es fühlt sich so intensiv an, so zwiespältig.
Einerseits war ich schon immer ein Mensch, weshalb es die Wolfsseite in mir drängt, auch endlich mal die Kontrolle über mich zu bekommen, die sie bisher nur zwei Mal hatte.
Andererseits ist meine menschliche Seite gar nicht daran gewöhnt, die Kontrolle abzugeben.
Gerade, als du mich gestreichelt hast, hat sich meine menschliche Seite ebenfalls danach gesehnt, dass du mich berührst."
Ich laufe puterrot an, nachdem ich schnell meine Erklärung hervorgestoßen habe, aber über Falcons Gesicht huscht ein Lächeln.
"Schäm dich doch nicht, Nera. Nicht dafür. Du bist schön... ich werde deinen Körper hoffentlich auch irgendwann mal ganz in Ruhe so betrachten können.
Aber wenn das gerade einfach aus einem Impuls heraus kam und noch nicht dein persönlicher Wunsch war, ist das vollkommen okay.
Wir können uns Zeit lassen."
Falcon haucht mir einen kleinen Kuss auf die Stirn.
Mit großen Augen und immer noch leicht geröteten Wangen sehe ich ihn an.
"Du bist unglaublich... Ich hätte nicht erwartet, dass du so verständnisvoll bist. Für alles. Und ja, soweit sind wir glaube ich beide noch nicht.
Wir haben uns heute so viel erzählt, so viel gebeichtet, das muss sich erstmal etwas setzen.
Aber-", setze ich an, und stupse mit meinem Zeigefinger gegen Falcons Nasenspitze, "das heißt nicht, dass ich mit meinem menschlichen Körper nicht zumindest darin übereinstimme, von dir schon viel zu lange nicht mehr berührt worden zu sein."
Und ehe Falcon reagieren kann, hebe ich meine Gesicht ganz nah an seines heran und küsse ihn.
So, wie ich es seit unserem ersten Kuss so oft geträumt habe.
Es fühlt sich unfassbar schön an.
Diesmal ist er ganz anders, sanft und vorsichtig.
Ich schließe die Augen und beginne, mich gerade in dem Kuss zu verlieren, als ich plötzlich die Augen aufreiße und zurückzucke.
Einen Moment später blicken Falcons olivgrüne Augen wieder in meine Wolfsaugen, und der junge Mann, auf dessen Schoß ich noch immer liege, fängt herzhaft an zu lachen.
Knurrend bemühe ich mich wieder um eine Rückverwandlung.
Vorhin hatte ich keine solchen Probleme, meinen Körper unter Kontrolle zu halten, aber da war ich auch viel zu beschäftigt mit Falcon, dem, was er gesehen hatte, und dem Gespräch, dass mir mit ihm bevorstand.
"Falcon...", sage ich und muss lächeln.
Er erwidert es und für einen Augenblick bin ich vollkommen glücklich. Hier, in seinen Armen. Mehr brauche ich nicht.
Dann aber schiebt sich ein anderes Bild vor meine Augen, welches mich mit innerer Unruhe erfüllt.
Mein kleines Wolfsbaby.
Ich war schon viel zu lange weg von ihm.
"Falcon, ich werde mich jetzt wieder auf den Heimweg machen."
Er schaut mich noch immer an, doch sein Lächeln wechselt über einen Schmollmund zu einem Dackelblick.
Ich muss lachen.
"Ich wäre ja noch etwas geblieben, aber ich will nach mei- nach dem kleinen Welpen sehen. Ich will ihn nicht so lange alleine lassen. Er kennt meine Familie nicht und ich will bei ihm sein, wenn er aufwacht."
Verständnis und Bewunderung sprechen mir aus Falcons Blick entgegen.
"Ich verstehe. Ich begleite dich noch ein Stück. Und ich freue mich darauf, dich morgen in der Schule zu sehen."
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