II.

                                                                                                  -

                                                                                     nemophilisy.

                                                                                       Chapter II.

Via ist keine Person, die in deinem Leben auftaucht. 

Via ist die Person, die wieder aus deinem Leben verschwindet.

Via.

Vias Gedanken waren strukturiert. Anders hätte man es wohl auch nicht treffender bezeichnen können. Aber nur weil sie strukturiert waren, hieß das noch lange nicht das sie Sinn ergaben. Vielleicht war es auch die Sichtweise, wie sie betrachtet worden, die sie als sinnlos abstempelten. Via wusste es nicht. Via wusste vieles nicht.

"Du bist eine chionophile Person.", warf Via es in den Raum. 

"Was bedeutet das?", Yuli sah sie fragend an.

"Du magst Schnee oder allgemein kaltes Wetter."

"Wie du meinst.", wisperte Yuli und schwieg.

Meistens fielen ihr Wörter ein mit denen man andere Menschen analysieren konnte. Das war wahrscheinlich auch der einzige Grund weshalb sie diese Wörter sammelte. 

Yuli sagte irgendwas, es interessierte Via nicht. Es interessierte sie nicht die Tatsache was Yuli sagte. Sondern das sie etwas sagte.

Yuli war verwirrend, aber über eins war sich Via sicher. Nämlich das sich die Yuli, die Via damals kennengelernt hatte, in keinem Moment mit der jetzigen Yuli vergleichen ließe. Dafür war das ganze Konstrukt auf das Yuli aufgebaut war zu kompliziert. Und aus diesem Grund starrte Via nur ausdruckslos in Yulis Gesicht. Yulis braunen Haare sahen veruwschelter den je aus, als sie sie das erste Mal gesehen hatte, war sie sich sicher gewesen nie einen ordentlicheren Haarschopf gesehen zu haben. Und das Funkeln fehlte. Diese Funkeln, wenn Yuli vom Skaten redete, über das Leben fabullierte. All dies fehlte. All das was Yuli zu Yuli gemacht hatte.

"-und aus diesem Grund ist dieses ganze System einfach nutzlos."

"Yuli?", es war wohl fast das erste Mal das Via ihren Namen aussprach. Und das auch noch in einem fragenden Tonfall. Fast erschreckt sah Yuli auf und Strich sich mit ihren Fingerspitzen eine sehr widerspenstige Strähne hinter ihr rechtes Ohr.

"Was?", fast bissig, erschien es Via.

"Du bist nicht mehr so fröhlich. Du bist all das nicht mehr, was du einmal warst.", eine regide Feststellung, jedoch hatte sie Recht.

"Aha. Und? Was soll ich jetzt mit meiner wertlosen Existens machen?", fragte Yuli und ihr Unterton war fast feindseelig. So hatte Via sie noch nie erlebt. Wobei Yuli sich zu stark verändert hatte als das man sie mit der alten Yuli vergleichen hätte können. 

"Wieso? Wieso all das?"

Yuli biss sich auf die Lippe. Fast war es als hatte Via einen wunden Punkt erwischt. "Interessant.", dachte diese und musterte weiter Yuli.

"Wieso nicht?"

"Gegenfragen umgehen meine endgültigen Fragen nicht, dessen müsstest du dir mehr als bewusst sein."

"Ich muss mich vor dir nicht rechtfertigen für das was ich bin, Via. Also halt dich da raus."

Via behielt weiter ihr starres Gesicht, was eigentlich Normalität für sie war. Gedanken waren schließlich verwirrend genug. Da musste sie nicht noch ihre Gesichtsmuskeln mit hineinziehen.

"Musst du nicht. Solltest du aber.", mehr sagte sie leise.

"Du analysierst mich. Das ist eine Tatsache, aber du vergisst dabei eines, Via."

"Inwiefern?", fragte Via, gelassen wie immer.

"Letztendlich bist du nur ein Mensch. Wir sind alle nur Menschen."

Yuli kickte plötzlich energisch gegen den Balken. Ihr grüner Chuck rebellierte in seinen letzten Atemzügen, jedoch bewahrte ihn das nicht für den heftigen Tritt gegen das Holz. Via zuckte nicht zusammen. Genau genommen änderte sich rein gar nichts in ihrer Mimik. Yuli nahm einen tiefen Atemzug und ließ sich entkräftet an der Wand neben Via niedersinken. Ihre schmalen Schultern zitterten und ihr buntes Haar wirkte farblos. Alles an Yuli wirkte farblos. 

"Limettengrün. LIMETTENGRÜN!", Yulis Stimme brach und sie fuhr sich mit ihren Händen durch die Haare. Via musterte sie still. Es war nicht ihre Aufgabe einzuschreiten, befand Via und sah, wie Yuli innerlich mit sich rang. Vias Gedanken ratterten durch ihren Schädel. Größtenteils handelten sie von Yuli. In letzter Zeit taten sie das oft. In letzter Zeit hatte sich jedoch auch vieles geändert. Am meisten von allem Yuli. 

"Limettengrün?", platzte es unerwartet aus ihr heraus. Eigentlich war Via ziemlich gut darin sämtliche ihrer Gedanken monoton zu steuern und das spiegelte sich sonst auch in dem was sie sagte wieder. 

Yuli hob ihren Kopf aus den Armen und sah sie an. Das erste Mal war ihr Blick nicht unsicher sondern stahlhart.

"Limettengrün.", sagte sie mit fester Stimme auf Vias Frage hin. Sie sagte das, als würde das alles erklären. Normalerweise verstand Via was Yuli ihr versuchte zu sagen, aber mit dieser Erklärung konnte sie rein gar nichts anfangen. Was sollte limettengrün auch aussagen? schließlich war das nur eine einfache Farbe.

"Kannst du das erläutern?", wahrscheinlich war das eine sehr provozierende Frage in dem Moment, aber Via wusste sich nicht anders zu helfen.

Yuli warf nur hilflos die Arme in die Luft und schnaubte. 

"Limettengrün, eben. Und purpur. Du analysierst doch so gerne, analysier das mal bitte!", meinte sie aufgebracht in Vias Richtung und schlug mit ihrer Faust auf die Dielen.

Via schwieg. Es war das zweite Mal das sie schwieg. Bis jetzt hatte das nie etwas gutes bedeutet, wie eben heute auch nicht. Sie starrte einen Moment besinnungslos in die Luft. Sprachlos zu sein, war etwas neues für sie. Weswegen sie sich räusperte und nervös eine Strähne aus dem Gesicht strich.

"Yuli?", ihre Stimme war leise. 

"Was?", fauchte diese und lehnte sich gegen die Wand. 

"Du wirst verrückt.", eine Feststellung Vias, diese sie in diesem Moment mehr als vertrat. Zu Vias Verblüffung lachte Yuli. Jedoch war das Lachen nicht, wie man es vielleicht erwartet hatte. Generell hätte niemand, vor allem nicht Via, das Lachen erwartet. Yuli lachte aus ganzem Herzen.Via hatte Yuli bis zu diesem Punkt noch nie lachen gehört. Plötzlich verstummte sie und blickte Via durchdringend an.

"Du sagst das als wäre das was neues."

Und wieder war Via sprachlos. Wer wäre das auch nicht, wenn er mit einer vermutlich Verrückten auf einem Dachboden festhängen, die "Limettengrün." als eine Erklärung verwendete? 

"Ist es das nicht?", fragte Via nun neugierig. Ihr Unterton ließ merken, wie sie immer noch versucht diese ganze Situation als real zu bezeichnen. Schließlich war diese Situation zu surreal um sie als real zu bezeichnen, fand Via.

"Keine Ahnung, Sag du es mir.", murmelte die Verrückte und sah sie erwartend an. Die pinken Strähnen wirkten farbloser den je. 

"Wenn ich es wüsste, hätte ich nicht gefragt, oder?"

Yuli wedelte nur mit ihrer Hand. 

"Wahrscheinlich. Schließlich bist du genauso verrückt, wie ich es bin.", sagte Yuli leichthin und lachte kurz auf. Das Lachen jagte Via einen Schauer über den Rücken, dennoch ließ sie sich das nicht anmerken. Viele meinten Via wäre anders, was größtenteils daran lag das sie sich nicht homogen in die Masse einfügte. Das war letztendlich eine große Zeitverschwendung.  Jedoch besaß sie , wie es ausschaute noch den Fetzen Normalität, der Yuli fehlte. 

"Verstehe.", brachte Via heraus. Diese Situation fand sie mehr als surreal.

"Du verstehst rein gar nichts, also tu nicht so.", lachte Yuli und Via stand auf und zog ihren schwarzen Rucksack langsam zu sich hin. Darin verstaute sie alles, was sie auf ihrer Reise bis jetzt aufgetrieben hatte. 

"Wo willst du jetzt schon hin?", gackerte Yuli, deren Normalität sich wahrscheinlich gerade eben selber in das All geschossen hatte. 

"Weiter.", meinte sie karg und streifte ihre Jacke über. Meisten blieb sie länger an den selben Orten, aber dieser hier schien ihr nicht länger als geeignet.

"Du lebst jetzt also das was dich von Anfang an schon verfolgt?"

Via hielt verblüfft inne. 

"Was meinst du?", sie sah Yuli fragend an. Und das was Yuli sagte, verfolgte sie ihr ganzes weiteres Leben. Denn schließlich verstand sie nun. 

"Du rennst davor weg etwas nicht verstehen zu können. Du bist überfordert mit all dem."

Via erstarrte. Wer wäre das auch nicht im Anbetracht dessen das eine Verrückte alles in die fehlenden Worte fassen konnte, was dich an allem zweifeln ließ?

"So ist das nicht.", Via versuchte sich zu verteidigen. Eigentlich hätten ihr die Worte Yulis egal sein können. Aber sie waren alles andere als das. 

"Wie ist es den sonst?", fragte Yuli sie fast bösartig. Yuli wusste das sie recht hatte.

Via schwieg. Sie brauchte eine Weile um die Worte zurechtzulegen, die sie Yuli ins Gesicht schleudern wollte.

"Ich lasse mich nicht von jemandem beurteilen, d- der verrückt ist. Und ich hoffe-", sie hielt kurz inne, "-wir sehen uns nie wieder."

Nun schwiegen beide. Via bereute ihre Wort, doch es war zu spät den sie waren bereits gehört worden. 

"Wenn das so ist. Tschüss."

Wortlos ging Via. Alles war eine Sache der Sichtweise, aber war es nicht klar zu erkennen, wie surreal all dies war? Diese Frage schwebte in ihrem Kopf umher und sie versuchte sie los zu werden. All dies konnte nicht wahr sein. Nichts an Yuli war je surreal oder gar real gewesen. Manchmal kam es ihr so vor als wäre Yuli ein Wesen geschickt um Via endgültig in den Wahnsinn zu treiben. Denn Via war ebenfalls der Wahnsinn selbst, oder? Via konnte keine Antwort finden. Den es gab keine. Schließlich war es alles eine Sache der Sichtweise.

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