Fire (18)


Die Tage zogen ins Land.
Mittlerweile war schon November und die Kälte kam mit einem Schlag. Seit der Verkündung über Jungkooks Herkunft hatte sich nicht viel für die meisten geändert, aber für den Schwarzhaarigen. Er kapselte sich immer mehr ab. Es war keineswegs, weil er schlecht behandelt wurde. Es war viel mehr sein Instinkt der sagte, er solle sich schützen. Und das tat er. Er ging nicht mehr zum Zeichnen, er aß allein auf dem Schuldach, wenn nicht abgeschlossen war, und Annäherungen von den anderen blockte er ab. Er sah in ihren Augen die Trauer, wann immer er nein sagte. Der Gestaltwandler wollte niemanden verletzen. Yoongi wirkte am meisten betroffen. Der Blondschopf hatte sich zu ihm an den Rand des Daches gesetzt, sprach nicht und sah ihn nicht an. Für einen Moment empfand es Jungkook als tröstlich, doch er schickte auch ihn weg. Er hatte beschlossen, dass die Einsamkeit sein stiller und bester Begleiter war. Sie war da, aber konnte nicht verletzt werden. Und mehr wollte Jungkook nicht. Nur die Schmerzen vermeiden.
Gerade saß er in einem Unterrichtsraum und genoss die Stille, während er nebenbei ein Buch las. Ein dicker Wälzer über die Entstehung der Seraphim und Dämonen. Hoch interessant, wäre die Schrift nicht so als würde man Hieroglyphen entziffern. Fast jedes zweite Wort musste er nachschlagen und das störte seinen Lesefluss. Manchmal konnte er sich die Haare ausreißen.
Ein ohrenbetäubender Lärm unterbrach seine Entspannung. Solch etwas hatte er noch nie gehört. Er schlich hinaus zum Gang und spähte umher. Keiner in Sicht. Gut, es war Mittagspause, weswegen niemand in den Klassenräumen verblieb. Außer er natürlich. Eine Kinderstimme ließ ihn herumfahren.

"Jungkook! Jungkook! Hilf mir bitte!"
Panik quoll unwiderruflich aus der Stimme empor. Ji-hyun blickte ihn mit verweinten ängstlichen Augen an. Irgendwas war passiert. Das schrillende Geräusch lärmte durchweg.
"Was ist passiert?", fragte er, doch der kleine Fae nahm sein Handgelenk und zog ihn mit sich. Durch Gänge und Türen, die der Schwarzhaarige kaum kannte. Man sollte meinen Jungkook kenne sich nach dreieinhalb Monaten endlich aus, jedoch war dies nicht der Fall. Manche Räume und Flure waren ihm unbekannt, wie das Erlernen einer neuen Sprache.
Sie kamen in einem Zimmer zum Stehen und da verstand der Gestaltwandler warum der Lärm so allgegenwärtig und laut war. Feuer.
Jungkook konnte seine Augen überhaupt nicht von den tänzelnden roten-gelben Flammen nehmen. Sie waren so einnehmend, dass er für einen Moment die Situation vergaß. Eine Hand an seiner Uniform ließ ihn in die reale Welt zurückkehren. Er schüttelte den Kopf, um klar zu werden. Der Schwarzhaarige fand Feuer schon immer beängstigend. Es wollte leben und sich verbreiten, ohne Rücksicht auf Verluste. Es war einfach nur tödlich.
"Wir sind noch nicht da."
Sie umgingen die Flammen durch eine andere Tür und waren nun in einem Hinterzimmer. Ein dreibeiniger Stuhl stand zu ihrer rechten und links waren zwei kleine Fenster, die zu einem großen geöffnet werden konnten. Geradezu lag ein umgekippter Schrank und darunter der junge vorlaute Fae, der mit Chun-ja unterwegs war.
"Wir haben gespielt und dann...und dann ist der Schrank umgekippt als ich Dae dagegen geschuppst habe. Und das Feuer...es kommt und kommt näher, und holt uns dann."
Vor lauter Aufregung und Angst schwoll die Halsschlagader des Kleineren an und er begann fürchterlich zu weinen. Jungkook neigte sich hinunter.
"Alles wird gut. Wir holen ihn daraus und dann verschwinden wir, okay?"
Der Gestaltwandler wusste natürlich, dass das Feuer sie bald eingeschlossen hatte, wenn er sich nicht beeilte, aber er konnte das Kind nicht noch mehr verängstigen. Dae war bewusstlos, wobei Jungkook nicht sagen konnte, ob irgendwas gebrochen war, da nur sein Oberkörper und ein Arm unterhalb des Schrankes hervortrat. Er schüttelte kurz seine Hände und stemmte diese danach unter die Kante des Möbelstücks. Dann zog er es nach oben. Es funktionierte nicht. Er versuchte es erneut. Nach fünf Minuten hatte es immer noch nicht geklappt.
"Äh, Jungkook. Ich glaube, wir, wir haben noch ein Problem", stammelte Ji-hyun und zeigte mit seiner zierlichen Hand auf die Tür. Unter dem Spalt kroch dunkler Rauch empor. Das war keineswegs ein gutes Zeichen. Sie mussten sich beeilen.
"Ji-hyun. Ich brauche deine Hilfe. Du wirst Dae hervorziehen, wenn ich den Schrank angehoben habe", befahl der Schwarzhaarige und drückte seine Hände an die gleichen Stellen wie vorher. Unter Aufwand all seine Kraft bewegte sich der Schrank und Jungkook ächzte vor Anstrengung als Jimins Bruder seinen Freund hervorzog. Mit einem lauten Knall ließ er den Schrank fallen und fiel anschließend zu Boden. Doch es war keine Zeit sich auszuruhen. Der Rauch wurde immer mehr. Ji-hyun begann zu Husten und Jungkook bemerkte ebenfalls, dass langsam die Luft knapp wurde. Der Gestaltwandler riss die Tür auf und schloss sie umgehend wieder, bevor die Flammen sein Haar verbrannten. Also durch die Tür konnten sie nun nicht mehr. Das war ein wirklich großes Problem. Er starrte aus dem Fenster und sah eine versammelte Menge vor dem Wald stehen. Sie hatten die Schule evakuiert. Die Feuerwehr fuhr in diesem Moment vor das Gebäude, doch das würde ihnen nicht helfen. Bevor sie hier eintrafen, wären sie schon zu Asche verbrannt. Jungkook schaute auf den kleinen Bruder von Jimin, wie er zitterte und seinen immer noch bewusst Freund festhielt. Da stand seine Entscheidung fest. Er nahm den kaputten Stuhl und schmiss ihn gegen das Fenster, welches sogleich einen Regen aus Glasscherben emporsandte.

"Was tust du da?"
Ji-hyun war aufgestanden und starrte ihn entsetzt an.
"Wir werden springen."
Die Augen des Kindes traten hervor. Er schüttelte heftig den Kopf.
"Willst du hier sterben? Deinen Bruder nie wiedersehen? Oder mit Dae nochmal spielen?"
Jungkook wusste, dass es fies war ihn so zu handhaben, aber so hatten sie eine Fluchtmöglichkeit. Eine nicht hundertprozentig sichere, aber immerhin.
Der Fae starrte aus dem Fenster. Dann nickte er. Der Schwarzhaarige nahm beide auf den Arm und keuchte unter deren Gewicht. Er musste unbedingt mehr Sport machen. Danach nahm er so viel Anlauf wie er aus diesem Zimmer herausholen konnte und sprang. Ji-hyun schrie wie am Spieß.
Während Jungkook sich etwas ins Gedächtnis rief. Und anschließend tat er etwas, was er schon seit zehn Jahren nicht mehr getan hatte. Er verwandelte sich.
Ihm war die Anatomie der Flügel von Dämonen bekannt und diese formten sich in dem Moment auf seinem Rücken.
Bevor sie auf dem Boden aufkamen, knackten seine neue gewonnenen Knochen und sie flogen einen Meter über den Grund. Sie flogen tatsächlich und Jungkook konnte nicht anders als zu lachen. Der Himmel war früher sein eigenes Reich gewesen. Im Himmel war er frei von Sorgen. Es war herrlich. Einige Wimpernschläge später kamen sie vor den anderen Schülern, welche ihn ungläubig anstarrten, zum Stehen. Seine Flügel versiegten in einem Meer aus Federn, wobei sein T-shirt nur noch in Fetzen an seinem Oberkörper hing. Das störte ihn nicht. Sie lebten noch.
Ji-hyun wandt sich aus seiner Umklammerung und Jimin kam angerannt. Seine Bruder umarmte ihn stürmisch. Ehe sich jedoch jemand zu ihm wandte, sie alle waren noch viel zu geschockt, fühlte sich Jungkook komisch. Er konnte es nicht beschreiben.
Die Bewegungen der Erde wurden stärker, so sehr, dass er gegen die Gesetze der Physik und aller Vernuft seitlich wegkippte. Das Gesicht von Jimin war plötzlich ganz nah über ihm, doch er hörte nur ein Geräusch wie ein unter Wasser ausgestoßender Schrei, dann fiel er in ein Meer aus schwarzer Watte.

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Einen wunderschönen Montagabend meine lieben Leser und Leserinnen!!!
Jungkooks erste Verwandlung!! Endlich. Gut, eher eine halbe, aber besser als nichts xD

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Erin🌸

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