Escape {3}
Der Junge, auf den er sich übergeben hatte, kam nicht zurück.
Wobei Jungkook es nicht mit Sicherheit sagen konnte, da er wieder in seine Traumwelt abgedriftet war. Als er das nächste Mal die Augen aufschlug, stand eine Frau in dem Zimmer. Ihre Augen, wie die einer Katze, aufmerksam, ruhig und abschätzend. Mit jeder ihrer Fasern tödlich. Ihre pinken Haare waren jedoch nicht das Auffälligste an ihr, sondern die Ohren. So spitz wie Messer. Dem Schwarzhaarigen fiel nur ein Wort dafür ein.
Fae.
Mächtige Wesen beschenkt von den Göttern. Sie konnten einen mit bloßer Hand das Genick brechen. Oder mit ihren Gaben, welche sie erhalten hatte, zu Asche verwandeln, einem die Luft aus dem Körper saugen. Sie waren geschickte Jäger und tödliche Vorboten. Sie jagten dem Schwarzhaarigen eine Heidenangst ein. Er war in einem Fae-Haushalt aufgewachsen.
Und das hatte ihn zerstört.
"Sunmi hat dich hergeschickt, oder?"
Eine solch direkte Frage brachte Jungkook aus dem Konzept. Kannte sie Sunmi? Konnte er dieser Frau vertrauen? Er entschloss sich vorerst keinen Ton von sich zu geben. Das Erste, was er in seiner persönlichen Hölle gelernt hatte, war immer seine Worte mit Bedacht zu wählen. Neben einer Waffe konnten gesprochene Worte dein Untergang bedeuten. Sie waren weitaus gefährlicher. Und der Schwarzhaarige neigte zu unpassenden Gedanken.
Die Frau merkte, dass Jungkook nicht antworten wollte. Sie konnte ihn verstehen. Wer weiß, was ihm widerfahren war.
All das hier war neu für ihn.
"Hier bist du in Sicherheit. Keiner wird dir etwas tun", sprach sie und lächelte. Der Schwarzhaarige wollte ihr Glauben schenken. Wollte ebenfalls lächeln und annehmen, dass er hier sicher war.
Er konnte nicht. Sicher würde er nie sein. Niccht für das, was er war.
"Ich bin Park Ye-Eun, die Rektorin dieses Internates."
Überraschung zierte Jungkooks Gesicht. Er war in einem Internat? Wo war er überhaupt?
Völlig in Gedanken versunken, merkte der Schwarzhaarige erst zu spät, dass er allein gelassen wurde.
Das Wieso beschäftigte ihn. Wieso hatte Sunmi ihn ausgerechnet hierher geschickt? Er glaubte nicht daran, dass er hier Schutz finden würde. Nicht bei all den Fae-Krieger und Kriegerinnen. Sie würden ihn verletzen. Demzufolge musste er hier weg. Seine nackten Füße empfanden den Boden als kalt, nachdem er die Beine aus dem Bett geschwungen hatte. Doch jetzt war keine Zeit nach seinen Schuhen zu suchen. Die ersten Schritte von ihm waren wackelig und unkoordiniert, jedoch wurden sie mit jedem weiteren kräftiger, bis er sich wieder fit auf den Beinen fühlte. Jetzt musste er nur noch einen Weg hinaus finden. Die Gänge des Internats waren verwinkelt, sodass Jungkook nur umherstreifte. Bisher war ihm kein Fae oder Mensch entgegengekommen und darüber war er froh. Als er eine breite Flügeltür öffnete, hätte er sie am liebsten wieder zugeschlagen. Eine Vielzahl von Schülern starrte ihn an. Genau wie der Junge auf den er sich übergeben hatte.
"Warum bist du nicht im Krankenzimmer?", rief ein Fae mit gelockten blondem Haar. Jungkooks Augen wurden kaum merklich größer, nachdem er verstanden hatte, in welcher Situation er sich gerade befand. Panisch suchte er nach einem Ausweg. Die Tür am anderen Ende des Saals würde er keineswegs erreichen, ohne von irgendwem überwältigt zu werden. Er drehte sich um und rannte in die entgegengesetzte Richtung aus der er gekommen war. Laute Rufe hörte der Schwarzhaarige, bevor er um eine Ecke bog und einige Stockwerke die Treppe hinabstieg. In einem Raum im Keller versteckte er sich. Jungkook atmete tief ein und aus. Seine Lunge schien zu brennen. Er war eindeutig außer Form. Aber diese Gedanken halfen ihm gerade nicht. Er musste raus aus diesem Internat, was schwierig werden würde, da wahrscheinlich jeder ihn suchte. Gerade als er sich hingestellt hatte, hörte er Schritte. Sie klangen dumpf. Eindeutig ein männlicher Fae. Jungkook war erleichtert, als die Schritte sich entfernten.
Doch der Staub in der Abstellkammer kroch ihm in die Nase und brachte ihn zum Niesen. Das war gar nicht gut. Die sich entfernenden Schritte verstummten, ehe sie wieder anfingen durch den Keller zu hallen. Direkt in seine Richtung.
Jungkook drückte sich immer weiter gegen die Wand des Raumes. Er wollte hier weg. Nicht mehr in Angst leben. Nicht mehr verletzt werden. Sein Atem wurde schneller bis er nur noch stoßweise ging. Er bekam keine Luft mehr. In dieser Kammer war er wenigstens sicher, doch das tröstete ihn nicht im geringsten. Die Kälte umhüllte ihn mit einem Mal wie eine Glocke. Die quietschende Tür ließ ihn zusammenzucken. Die Nässe auf seinen Wangen fiel ihm erst auf, als ein Junge mit blondem Haar. Zumindest glaubte Jungkook das, da es viel zu dunkel war. Sein Wimmern ging in der Dunkelheit unter und er wünschte sich, er wäre woanders. Weit weg, wo ihn niemand finden konnte.
Die Stimme des Jungen stieß ihn aus seiner Trance. Jedoch brachte es ihn nicht damit aufzuhören, sich wiegend vor und zurück zu bewegen.
"Ich bin Yoongi."
Er wirkte auf den ersten Blick nicht sonderlich froh darüber, dass er Jungkook suchen musste, aber seine Stimme war höflich. Er war ebenfalls ein Fae und dennoch änderte sich sein Gesichtsausdruck, als er den Schwarzhaarigen sah.
"Du hast gerade eine Panikattacke", stellte er fest und kam auf ihn zu. Jungkook rutschte panisch weiter an die Wand, obwohl es nicht mehr ging. Seine Sicht verschwamm kurzzeitig, bevor sie mit voller Kraft auf ihn niederprasselte. Er bekam keine Luft. Er würde sterben. Die Kälte brachte ihn um.
"Nenn mir fünf Dinge, die du in diesem Raum siehst", sein Gegenüber starrte ihn an. Der Schwarzhaarige war verwirrt und die Stille drückte sich in dem Raum breit. Sollte er ihm vertrauen?
"Ich, ich sehe einen Besen, und diese Leiter dahinten. Altes Putzzeug und einen kaputten Schrank und dich."
Er war sich über nicht sicher, ob er ihn per Du ansprechen durfte. Jedoch schien es seinen Gegenüber nicht zu stören.
"Gut so", ermunterte er ihn. "Jetzt sag mir vier Dinge, die du anfassen kannst."
Jungkook überlegte kurz und sah sich um.
"Meine Hose, den Boden, die Wand und meine Arme."
Der Schwarzhaarige merkte, dass es ihm besser ging und erst jetzt fiel ihm auf, dass der Fae ihn ablenken wollte.
"Drei Dinge, die du hören kannst."
Jungkook musste zugeben, Yoongi hatte eine beruhigende Stimme. Er schloss die Augen und hörte seiner Umgebung zu.
"Ich höre das Wasser in den Leitungen, das Knacken der Heizung und meinen Herzschlag", flüsterte er und schaute dem Blonden in die Augen.
"Welche zwei Dinge kannst du riechen?"
Die Frage fand der Schwarzhaarige absurd, jedoch war sein Zittern zurückgegangen, wofür er seinem Gegenüber dankbar war.
"Ich rieche dein Aftershave und meinen eignen Schweiß."
Seine Stimme klang viel kräftiger. Nicht mehr so brüchig.
"Und zu guter Letzt: Eine Sache, die du schmecken kannst."
Das Wort, welches wie eine Pistole aus seinem Mund kam, schallte durch die Abstellkammer.
"Angst"
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Mein liebes Volk! Ich fühle mich beschwingt. Heute habe ich zwei Kapitel für die Story geschrieben und es gefällt mir wie es sich entwickelt.
Wie würdet ihr eine Verbindung zwischen Yoongi und Kookie finden? Keine sexuelle, sondern viel mehr wie Brüder?
Feel free to comment!
Erin❤
26.07.2020
(Die Direktorin)
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