Ich liebe dich.
Ich wache unter dem Piepen meines Weckers auf.
Es dauert einen Augenblick, bis mir der Ablauf des gestrigen Abends wieder einfällt.
Sofort drehe ich mich zur Seite und sehe mich nach Nay um, doch er ist nicht mehr da.
Nichts deutet darauf hin, dass er über Nacht hiergeblieben ist.
Verwirrt setze ich mich auf.
Habe ich das alles nur geträumt?
Ich strecke mich zu meinem Nachttisch und angle nach meinem Handy.
Ein Blick auf meinen Chatverlauf mit Nay zeigt mir zum einen, dass er gestern Nacht wirklich bei mir geschlafen hat, und zum anderen, dass er mir heute früh bereits mehrere Nachrichten geschickt hat.
Nay:
guten morgen:)
sry dass ich schon weg bin
bin zum fenster raus als ich gehört hab dass deine eltern im haus rumlaufen
wusste ja nicht ob sie in dein zimmer kommen oder so
Nay:
sehn wir uns heute?
Nay:
❤
Ich kann das Lächeln, dass sich auf mein Gesicht stiehlt, nicht verhindern.
Guten Morgen, tippe ich.
Hab mich schon gefragt ob ich das alles nur geträumt habe, dass wir dich nachts zu mir ins Haus geschmuggelt haben:)
Du bist zum Fenster raus???
War das nicht ein bisschen hoch?
Von mir aus gerne;)
Die Antwort kommt so schnell, als hätte Nay die ganze Zeit auf sein Handy gestarrt und darauf gewartet, dass ich ihm schreibe.
Nay:
ich will gar nicht wissen was du nachts sonst noch so von mir träumst;D
Nay:
ich bin teilzeitwolf
(schon vergessen??)
also war die höhe ok
schreib mir wenn du von der schule daheim bist
ich will nicht dass du in den wald kommst die bäume sind immer noch nicht alle okay
Mach ich:)
Ich überlege lange, ob ich noch irgendwas schreiben soll, aber letztendlich schalte ich mein Handy aus und stecke es in meine Schultasche.
Dann mache ich mich für die Schule fertig.
~ ❤️ ~
Noch während ich die Haustür aufschließe, schicke ich Nay eine SMS und muss dabei über mich selbst den Kopf schütteln.
In der Schule sind meine Gedanken schon die ganze Zeit um ihn gekreist.
Mila ist fast ausgerastet und war dann vollkommen aus dem Häuschen, als ich ihr von letzter Nacht erzählt habe. Und natürlich hat sie mich sofort mit daraus resultierenden Fragen überhäuft, die den ganzen Schultag lang überdauert haben.
Ich bin froh, dass der Schultag endlich vorbei ist - bei aller Liebe zu Mila.
Ich kann es gar nicht erwarten, Nay wiederzusehen, obwohl wir uns erst heute Nacht zum letzten Mal gesehen haben, und frage mich, ob es ihm genauso geht.
Bin daheim ;)
Postwendend kommt die Antwort zurück.
Nay:
bin unterwegs
Ein Grinsen stiehlt sich auf mein Gesicht und als ich anfange, fröhlich pfeifend ins Wohnzimmer zu hüpfen, frage ich mich, ob ich langsam verrückt werde.
Oder krank. Liebeskrank.
Aber wenn ja, dann will ich nie wieder gesund sein.
Ich kann nur grinsend den Kopf über meine Gedanken schütteln.
Schnell setze ich mich an den Tisch und beginne mit meinen Hausaufgaben, da ich nicht wieder meine Zeit mit Nay dafür verschwenden will, sinnlose Schulblätter zu bearbeiten.
Zum Glück halten sich die Aufgaben heute in Grenzen und ich lege fast zum selben Zeitpunkt meinen Kulli beiseite, als es an der Tür klingelt.
So schnell wie selten springe ich auf und laufe zur Haustür.
Sofort reiße ich sie auf und stehe einem selbstgefällig grinsenden Nay gegenüber.
Er trägt heute ein dunkelgrünes
T-Shirt, dass sich perfekt an seinen Oberkörper schmiegt und dazu schwarze Jeans, die ihm tief auf den Hüften sitzen.
Ich werde mich wohl nie an diesen Anblick reiner Perfektion gewöhnen können.
Am liebsten möchte ich ihm sein Grinsen aus dem Gesicht küssen.
Doch vorher ziehe ich ihn erst einmal zu mir ins Haus und schließe die Tür wieder hinter mir, um Nay und mich davor zu schützen, Gesprächsthema Nummer eins im Klatsch und Tratsch der Nachbarschaft zu werden.
Aber kaum habe ich das getan, kann ich nicht mehr an mich halten.
Nay scheint es jedoch genauso zu gehen, er kommt mir entgegen, umschließt mich sofort mit seinen Armen und presst seine Lippen auf meine.
Nach einigen Sekunden löst er sich jedoch schon wieder von mir, sein Atem geht schneller.
Er sieht ein wenig verlegen aus und fährt sich mit der Hand durchs Haar.
Dann entweicht ein leises Knurren seiner Kehle, dass er offensichtlich versucht hat, zurückzuhalten.
Nay errötet leicht.
"Tut mir leid. Ich..."
"Deine andere Hälfte?"
Er grinst mich schief an.
"Er will auch mal wieder zum Zug kommen. Kann es nicht leiden, dass er so vernachlässigt wird."
"Fühlt sich das für dich wirklich so an, als wäre da noch diese andere Hälfte in dir, die ganz eigene Bedürfnisse und alles hat und immer wieder danach verlangt, jetzt deinen Körper und dein Bewusstsein übernehmen zu dürfen?"
Jetzt lächelt mich Nay sanft an.
"Nein. Das sag ich nur für dich so.
Es ist eher so, dass in mir drin dieser ständige Drang ist, mich zu verwandeln.
Als wüsste mein Verstand nicht, was er mit den beiden Körpern anfangen soll, da er selbst nur einmal existiert.
Und so hat er das Bedürfnis, beide Körper möglichst gleichzeitig auszunutzen.
Was jedoch nicht möglich ist.
Ich habe gelernt, dieses verwirrende Gefühl, diesen Drang, in meinen anderen Körper zu wechseln, der nie aufhört, zu unterdrücken oder wenigstens weitestgehend zu ignorieren.
Sonst würde ich den ganzen Tag nichts anderes tun als zwischen dem Wolfs- und dem menschlichen Körper hin und her zu wechseln.
Ich würde verrückt werden.
Aber ab und an wird der Drang stärker, bis er irgendwann übermächtig ist und ich es aufgebe, dagegen anzukämpfen.
Das kommt besonders dann vor, wenn mein Verstand meint, dass ich gerade etwas erlebe, worauf auch mein anderer Körper Anspruch hat, irgendwas, das mir von Bedeutung ist.
War das irgendwie... Verstehst du, was ich meine?"
Ich nicke.
"Und ich bin von Bedeutung."
Nay zwinkert mir zu.
"Tja. Ich gebe zu, wenn ich mit dir zusammen bin, fühlt sich mein aktuell ignorierter Teil ziemlich benachteiligt."
Ich lache.
"Deswegen bin ich früher manchmal so abrupt verschwunden.
Als du mich nur als Wolf kanntest, meine ich.
Der Drang, mich vor dir endlich wieder in einen Menschen zu verwandeln, war manchmal so stark, dass ich mich nur mit Mühe zurückhalten konnte und auf Abstand gehen musste, um mich dort zu verwandeln und meinen inneren Konflikt soweit auszutragen, bis ich den Drang, mich in mein menschliches Ich zu verwandeln, wieder unterdrücken konnte."
Ich weiß nicht, was ich darauf sagen soll und sehe Nay nur an, ein stilles Lächeln auf den Lippen.
Dann strecke ich meine Hand aus und streiche ihm durch sein schwarz-silbernes Haar.
"Und jetzt gerade fühlt sich dein Wolf benachteiligt?"
Nay hält seinen Blick starr auf meine Lippen gerichtet.
"Sehr", haucht er, sodass ich ihn kaum verstehe.
Erneut beugt er sich zu mir und streift mit seinen Lippen meine, um dann wieder zurückzuschrecken.
Schnell zieht er sein T-Shirt über den Kopf und hechtet nach vorne, auf alle Viere.
Im Sprung verwandelt er sich in einen Wolf und Jeans samt Boxershorts fallen, aufgrund seines jetzt schmaleren, geschmeidigeren Körperbaus, zu Boden.
Er ist regelrecht aus ihnen herausgesprungen.
Nun steht Nay als bildhübscher Wolf vor mir und sieht mich aus seinen wunderschönen Augen an.
Ich gehe in die Knie und kaum berühren meine Knie den Boden stürmt er auf mich zu und wirft mich um.
Lachend versuche ich, Nay davon abzuhalten, mir mein Gesicht abzuschlabbern, und frage mich währenddessen, ob es sich für ihn so anfühlt, als würde er mich küssen.
Ich schlinge meine Arme um seinen Hals und vergrabe mein Gesicht in Nays weichem Fell, um dort Schutz zu suchen.
Mein Wolf knurrt leise, weil er nicht mehr an mein Gesicht kommt und ich muss lachen.
Ich spüre, wie Nay die Nähe zu mir sucht und umarme ihn fester.
Dann löse ich mich von ihm und weiche ein Stück zurück, um ihn einfach anzusehen.
Nay sieht mich ebenfalls abwartend an.
"Du bist so schön", flüstere ich und tätschle ihm den Kopf, als er plötzlich wieder zurückweicht und zu seinem Kleiderhaufen läuft.
Dann verwandelt er sich zurück.
Anscheinend schämt er sich wirklich kein bisschen vor mir.
Diskret wende ich mich ab, doch natürlich kann ich nicht verhindern, dass meine Augen immer wieder zu ihm rüber schielen.
Es ist doch auch unfair, wie gut jemand aussehen kann!
In Nay scheinen alle Schönheitsideale im perfekten Verhältnis zusammengemischt worden zu sein, zumindest erscheint es mir so.
Ich starre auf seinen knackigen Hintern und kann nicht verhindern, dass meine Gedanken abschweifen.
"War das auch auf meinen menschlichen Körper bezogen?", fragt Nay, sieht mich an und erwischt mich natürlich dabei, wie ich ihn anstarre.
Ich laufe rot an und senke den Blick.
"Was?", frage ich verwirrt und versuche, mich an das von mir Gesagte zu erinnern, von dem er gerade spricht.
"Dass ich schön bin", meint Nay.
Ich höre das breite Grinsen schon aus seiner Stimmer heraus.
Erst will ich irgendetwas scherzhaftes erwidern, wie "Du bist so selbstverliebt", aber das trifft nun wirklich so gar nicht auf ihn zu.
Er ist noch dabei, sich selbst so zu akzeptieren, wie er ist, da würde so ein Kommentar von mir nicht unbedingt gut kommen, auch wenn er nur scherzhaft gemeint wäre.
Also sage ich ihm einfach die Wahrheit.
Warum auch nicht.
"Ja. Du bist der schönste Mann der Welt."
Ein erstaunter Ausdruck huscht über Nays Gesicht, dann kommt er zu mir und sieht mir tief in die Augen.
Mittlerweile hat er sich wieder ganz angezogen.
"Und du bist perfekt für mich.
Für mich bist du das Wertvollste und wirst es immer bleiben."
Ich freue mich über diese Worte mehr, als ich mich darüber gefreut hätte, wenn er einfach erwidert hätte, dass ich auch schön sei, selbst wenn er mich "Die schönste Frau der Welt" genannt hätte.
Denn ich weiß, dass ich das sicherlich nicht bin.
Es hätte einfach wie ein stumpfer Abklatsch dessen geklungen, was ich gesagt hätte.
Ich halte mich nicht für hässlich, nein, ich bin mit mir zufrieden.
Aber es ist einfach eine Tatsache, dass ich nicht die schönste Frau der Welt bin.
"Ich liebe dich."
Nay starrt mich an.
"Was hast du gerade gesagt?"
Er scheint zu denken, sich verhört zu haben.
"Ich liebe dich", wiederhole ich, den Blick fest mit Nays verschränkt.
Ich weiß, dass es stimmt.
Noch nie habe ich für jemanden so empfunden, wie ich es für Nay tue.
Er ist in diesen zwei Tagen, in denen ich ihn nun richtig kenne, zum Wichtigsten in meinem Leben geworden.
Kann sein, dass er das sogar schon vorher war, irgendwie.
Schließlich bin ich jeden Tag zu ihm in den Wald gegangen, habe mich jeden Tag mit ihm getroffen.
Aber eher als Freund.
Jetzt ist er der, den ich liebe.
"Du-" Nay räuspert sich.
"Du musst das nicht sagen, weil ich es dir gestern gesagt habe.
Ich habe gesagt, ich werde dir Zeit geben."
"Ja. Aber du weißt, dass ich dir das nicht einfach so sagen würde, wenn ich mir nicht sicher wäre."
Nay sieht mich immer noch an, als könnte er es nicht glauben, dass ich wirklich zu ihm gesagt habe, dass ich ihn liebe.
"Du liebst mich?"
"Ich liebe dich", wiederhole ich lächelnd.
Ein beinahe schüchternes Lächeln breitet sich auf Nays Gesicht aus und ich kann nicht anders als ihn zu küssen, so süß sieht er aus.
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Hi😁
Jetzt haben sie sich also endlich gegenseitig ihre Liebe gestanden.
Was sagt ihr dazu?
Und was denkt ihr, was jetzt so passieren könnte?
Ich hoffe, es gefällt euch bisher & natürlich auch weiterhin😉😊
Bis ganz bald❤😘
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