Die Schwangerschaft I
Am Anfang der Schwangerschaft war noch alles ziemlich normal, die Tatsache, dass in mir drinnen ein paar kleine Wolfsmenschen heranwachsen, hat sich irgendwie noch gar nicht real angefühlt.
Ich hatte zwar die Gewissheit, dass es so ist, aber da ich anfangs eher wenig davon merkte, wollte das alles noch nicht so ganz in meinen Kopf rein.
Jetzt sieht das schon ganz anders aus.
ICH sehe mittlerweile anders aus.
Die kleine Kugel, die ich mir schon nach wenigen Wochen eingebildet habe, ist jetzt auf eine Größe angewachsen, die man nicht mehr ignorieren kann.
Und dabei sind seit Schwangerschaftsbeginn erst zweieinhalb Monate vergangen.
Meine Schulkollegen haben schon vor fast einem Monat angefangen zu reden. Darüber, dass mein Bäuchlein, das so langsam aber sicher zu wachsen begann, doch nicht nur von meiner Verfressenheit herrühren könnte, wie sie anfangs annahmen.
Anstatt mich einfach direkt darauf anzusprechen, haben sie jedoch alle feige den Mund gehalten, zumindest, wenn ich in der Nähe war.
Wenn sie untereinander waren, war ich wohl eines der heißesten Gesprächsthemen.
Aber, wie eigentlich immer, bekommt man das Gerede ziemlich schnell mit.
Ich habe nicht viel darauf gegeben, mir war eigentlich relativ egal, was die anderen jetzt von mir dachten.
Mila und der Rest der Clique wusste Bescheid und hielt zu mir, und das reichte mir.
Die anderen brauchte ich nicht. Sollten sie doch denken, was sie wollten.
Nach drei Wochen Gerüchteküche hielten es einige schließlich nicht mehr aus und sprachen mich nun doch auf meinen Bauch an.
Die Reaktionen auf meine Schwangerschaftsbejahung fielen sehr unterschiedlich aus.
Mitleidig, fassungslos, angewidert... Das volle Programm.
Immerhin wissen jetzt alle, was los ist.
Ich bin schwanger. Punkt.
Ich habe ihnen erzählt, dass das zwar unbeabsichtigt geschah, aber dass ich es so, wie es jetzt nun mal ist, angenommen habe und mich auf das Baby freue.
Ich habe es in der Einzahl belassen. Baby. Alles andere würde zu noch mehr Fragen und Aufmerksamkeit führen.
Allerdings können sich einige wohl mittlerweile denken, dass ich bei meinem Bauchumfang mehr als nur ein Baby in mir heranwächst.
Fragen nach Bildern von Ultraschallterminen habe ich abgewiesen, auch meinen Freunden gegenüber, die ja außer Mila nichts von Nays wölfischer Seite wissen.
Wie das dann werden soll, wenn die Babys da sind und meine Freunde sie mal sehen wollen, weiß ich auch noch nicht.
Die Verwandlungen werden wohl vorerst ziemlich unkontrolliert sein und ich habe keine Ahnung, wie ich dann das plötzliche Umwandeln der Babys in Babywölfchen erklären soll.
Eigentlich will ich auch gar nicht, dass so viele davon wissen.
Das würde nur dazu führen, dass sich früher oder später wieder jemand in der Gegenwart von anderen verspricht und Nay und unsere Babys irgendwann die Sensation der Medien sind und Labortests unterzogen werden. Nein danke.
Auf die Fragen nach dem Vater des Babys habe ich ihnen ehrlicherweise Nay, meinen Freund, genannt.
Dass er mich bei der Schwangerschaft vollkommen unterstütze und auch danach gemeinsam mit mir für das Baby da sein wird.
Die meisten meiner Schulkameraden haben ihn mittlerweile ohnehin schon einmal gesehen, er hat mich zu Beginn der Schwangerschaft fast jeden Tag von der Schule abgeholt und war manchmal selbst in den Pausen auf dem Schulgelände vorzufinden.
Durch die Schwangerschaft ist sein Beschützerinstinkt nochmal extrem gewachsen.
Nay hält sich wann immer er kann in meiner Nähe auf, reagiert ziemlich abweisend anderen gegenüber und wird eifersüchtig, sobald mein Blick auch nur ein anderes männliches Wesen außer ihn streift.
Manchmal nervt das schon, aber ich weiß ja, dass er nichts dafür kann. Und irgendwo gefällt es mir auch, wenn er sich so besitzergreifend verhält.
Meinen Lehrern habe ich von selbst von meiner Schwangerschaft erzählt, um jeglichen Fragen vorzubeugen und mir, aber vor allem ihnen, die peinliche Situation zu ersparen.
Schon jetzt, erst im dritten Schwangerschaftsmonat, ist es echt anstrengend.
Die Übelkeit tritt mittlerweile immerhin nicht mehr so oft, und zum Glück auch nicht mehr so stark auf. Im ersten und bis zur Hälfte des zweiten Schwangerschaftsmonats war sie besonders schlimm.
Dafür fühle ich mich jetzt ständig schlapp und bin so müde, dass ich in der Schule schon oft kurz vor dem Einschlafen stand.
Schwindelig ist mir glücklicherweise nicht so oft, aber wenn, dann richtig.
Nay tut mir schon leid, er ist immerhin derjenige, der meine schlechte Laune und die Stimmungsschwankungen, die von meinem Gefühlschaos, der Übelkeit und allem herrühren, am meisten abbekommt.
Es scheint ihn jedoch nur wenig zu stören, er kümmert sich wirklich liebevoll um mich und unsere Babys.
Seine Liebe ist mir die größte Stütze überhaupt.
Manchmal liegt er stundenlang neben mir, seine Hand auf meinem Bauch, und freut sich wie ein Schneekönig, wenn er die Bewegung unserer Babys irgendwann durch die Bauchdecke spürt.
Dabei quillt mein Herz einfach nur aus Liebe zu ihm über.
Auf Sex haben wir bisher nicht verzichtet, aber beschlossen, dass heute Nacht unser letztes Mal vor der Geburt sein wird.
Ich weiß zwar ehrlich gesagt nicht, wie ich die nächsten Wochen oder Monate bis dahin überstehen soll, aber es wird einfach zu anstrengend für mich.
Ich will das weder mir, aber vor allem den Babys nicht zumuten.
Allerdings ist der Sex während der Schwangerschaft echt krass.
Nay liebt meinen Babybauch, dass er sich in gewisser Weise zurückhalten und auf mich achtgeben muss, macht ihn an.
Und ich liebe es einfach, wie liebevoll er mich dadurch behandelt.
Ein weiterer unsicherer Punkt ist die Dauer der Schwangerschaft.
Bei Wölfinnen dauert die Tragzeit in der Regel 62 bis 75 Tage, bei Menschen um die 9 Monate.
Wir wissen nicht, wie sich die Kombination von Wolf und Mensch nun auf die Dauer auswirken wird. Vermutlich irgendetwas dazwischen, mein Bauch wächst auf jeden Fall für einen Menschen unnormal schnell.
Er spannt deswegen oft sehr, weil das Wachstum der kleinen Wolfsmenschen in mir einfach so schnell vonstatten geht.
Heimlich mache ich mir echt Sorgen, wie ich die Schwangerschaft überstehen werde, aber Nay gegenüber erwähne ich meine Bedenken nicht.
Er würde sich nur Vorwürfe machen, weil er sich für meine Sorgen verantwortlich fühlen würde.
Aber Mila ist für mich da, wenn ich reden möchte.
Auch in Nays Leben beginnt sich gerade einiges zu verändern.
Nachdem Nay sich meinen Eltern in seiner Wolfsgestalt gezeigt hat und diese die Informationen einigermaßen verarbeitet hatten, haben wir uns nochmal zusammengesetzt und in Ruhe über die Zukunft gesprochen.
Ma und Dad haben versprochen, uns während der Schwangerschaft und auch danach zu helfen, wo sie können und Nay und ich sind ihnen unendlich dankbar dafür.
Vorerst werden wir vor allem auf finanzielle Hilfe angewiesen sein.
Ich bin in drei Monaten mit der Schule fertig und hatte eigentlich vor, danach Biologie zu studieren. Allerdings würde ich dabei kein Geld verdienen.
Meine Eltern haben jedoch beschlossen, finanziell auszuhelfen, damit ich trotz der ungeplanten Schwangerschaft noch die Chance habe, meinen Traum zu verwirklichen.
Nebenbei muss ich mir eben einen Nebenjob suchen, um wenigstens so viel wie möglich aus eigener Tasche zahlen zu können.
Bei Nay hingegen sieht alles ein bisschen schwieriger aus.
Da er keinerlei Papiere besitzt, kann Nay sich nicht einfach bei einem Arbeitgeber um einen Ausbildungsplatz bewerben, noch nicht einmal bei einer Zeitarbeitsfirma kann er sich so anmelden.
Doch mein Vater hat ihm einen Vorschlag gemacht, an den ich noch überhaupt nicht gedacht habe.
Dad hat gemeint, dass er seinem Freund Pete zumindest teilweise von Nay erzählen würde.
Er hat vorgeschlagen, Pete zu überzeugen, Nay trotz seiner fehlenden Papiere in dem Kleinbetrieb, den er und mein Vater zusammen leiten, zu beschäftigen.
Ihn also schwarz dort arbeiten zu lassen.
Sie würden ihm einen fairen Lohn garantieren und es wäre kein Problem, wenn er sich nach der Geburt unserer Babys erstmal um diese kümmern würde.
Nay Freude darüber war zwar etwas gedämpft, da er sich gerne hätte registrieren lassen, um endlich Papiere zu bekommen und so als existierender Mensch zu gelten, aber er hat eingesehen, dass das nur Komplikationen zu Folge hätte.
Der Vorschlag, dass Nay im Handwerksbetrieb von Dad und Pete arbeiten könnte, war somit ziemlich perfekt.
Vor einem Monat hat er dort angefangen, das ist auch der Grund, warum er mich mittlerweile in den Pausen nicht mehr in der Schule besuchen kommt und auch nur noch selten dort abholen kann.
Mein Vater ist sehr zufrieden mit ihm.
Und ich liebe es, das glückliche Funkeln in Nays Augen zu sehen, wann immer er von der Arbeit nach Hause kommt.
Er fühlt sich jetzt endlich auch von anderen Menschen außer mir gebraucht.
Und dieses Gefühl hat er so sehr verdient.
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