Liebe kann ein Bumerang sein
Hi Alle,
dieses Kapitel widme ich @ilka1605 zum Geburtstag. Ich hoffe es gefällt euch!
LG Talia
Seelenruhig saß er da und leerte seine zweite Flasche Bourbon an diesem Abend. So ging das bereits seit einigen Wochen. Seit sie weg war. Nie wieder wollte er so von seinen Gefühlen für eine Frau abhängig werden und doch war es geschehen. Nach Shannons Tod hätte er nicht zu träumen gewagt, dass er noch einmal in den Genuss gekommen wäre eine Frau so zu lieben wie er sie liebte. Das allein brachte ihn aber nicht dazu so viel zu trinken wie er es tat. Nein. Auch die Tatsache, dass Tobias ihn deswegen bereits aufzog, sorgte bei ihm für Unbehagen.
Tief im Herzen wusste Gibbs, dass sie ihren Gefühlen unausweichlich irgendwann nachgegeben hätten, doch bevor das geschehen konnte, hatte sie ihn verlassen. Einfach so allein zurückgelassen. Wenn auch nicht zwingend freilich, aber vielleicht hatte sie Leon ja um die Versetzung gebeten. Nein, er hatte definitiv schon zu viel getrunken. Obwohl er versuchte sich mit aller Macht abzulenken, kehrten seine Gedanken doch immer wieder zu ihr zurück.
Was sie jetzt wohl machte? Wahrscheinlich saß sie in diesem Moment gerade in ihrem neuen Büro in Montpelier und durchforstete die Akten der Angestellten der Vermonter Dienststelle. Oder sie erstellte Profile ihrer neuen Bekannten, sowie sie es auch hier getan hatte. Er vermisste sie so sehr, dass es nicht mehr in Worte zu fassen war.
Er konnte und wollte nicht einfach ohne sie weitermachen. So als ob nie etwas gewesen wäre. Aber wenn er sich nicht bald zusammenriss, würde er es nicht länger vor seinen Agents verbergen können. Alles in ihm schrie, dass er zu ihr musste, doch er war nicht der Mann für solch alberne Gefühlsduseleien. Wenn er sich nur genug Mühe gab, würde er diese schon abstellen können!
Vielleicht war es somit gar nicht so schlecht, dass Jack sich auch nicht bei ihm meldete. So konnte sein Vorhaben tatsächlich funktionieren. Mit diesem Gedanken schlief Gibbs schlussendlich ein.
Am nächsten Morgen wurde er von dem nervtötenden Geräusch seines läutenden Mobiltelefons geweckt. Dieser Lärm am frühen Morgen und sein verkatertes Selbst machten ihn noch grummeliger als es für ihn üblich war.
„Was?"
„Agent Gibbs, Morgen! Ich hoffe, Sie haben gut geschlafen!"
„Leon, was soll das?"
„Sehen wir einmal davon ab, dass ich Sie solange Sie Bereitschaft haben jederzeit anrufen darf und gehen zu den besorgniserregenden Dingen über! Auf die Dienststelle in Vermont wurde heute Morgen ein Anschlag verübt. Bis jetzt konnten keine Überlebenden geborgen werden. Agent Gibbs..."
Gibbs hatte aufgelegt, denn mehr konnte er nicht verkraften. Keine Überlebenden, er wollte sich nicht von anderen erklären lassen, dass sie nicht überlebt hatte. Er konnte nicht schon wieder jemanden verlieren, der ihm sehr am Herzen lag. Davon hatte er im Leben zu viele verloren.
Ohne weitere Überlegungen anzustellen, sprintete Gibbs die Treppen hoch in sein Schlafzimmer. Dort fischte er seine Notfalltasche unter dem Bett hervor, wo er sie zuletzt hingeschleudert hatte. Dann kramte er in seinen spärlichen befüllten Schubladen. Jedoch war ihm noch nicht klar, was er vermisste. Aber immerhin schien er zu wissen, wo er suchen musste.
Erst jetzt realisierte er, wie lange er schon nicht mehr in diese Lade geschaut hatte. Eine Menge unnützes Zeug tauchte da auf. Eine Mütze, ein Trikot der OSU Cowgirls, ein Teil eines Murmelbahn-Bausatzes, ein Talisman, der vermutlich einst Shannon gehörte. Er wühlte weiter. Ein Trikot, Moment, das hatte er doch eben bereits in der Hand. Unmotiviert, zog er die Schublade gänzlich aus der Kommode und kippte den Inhalt auf den Boden. Dort dividierte er anschließend seine Erinnerungsstücke auseinander.
Kurz davor diese ziellose Suchaktion abzubrechen, hielt er auf einmal eine Puzzlebox in der Hand. Kelly's. Die Box war ein Geschenk seiner Tochter an ihn. Wie in Trance taumelte er zurück auf sein Bett. Sanft fuhr Gibbs die Konturen der Box nach, gelegentlich drückte und schob er, doch wie immer tat sich nichts. Kelly hätte jetzt gelacht sowie sie es immer getan hatte. So viele Jahre nach ihrem Tod brachte er diese Box immer noch nicht auf. Ein leichtes Lachen entkam ihm. Sie hätte ihm jetzt vermutlich die Puzzle-Box aus der Hand genommen und es ihm wieder einmal vorgezeigt.
„Da hast du recht, Dad! Und jetzt gib mal her. Das ist schließlich ganz einfach. Nie die Hoffnung aufgeben, Dad, bevor du die Gewissheit hast, dass es wirklich so ist. Vergiss das nie!"
„Das werde ich nicht. Nie, versprochen."
„So, fertig. Ehe ich aber wieder gehe, Dad: Du weißt, dass Mum und ich dich sehr liebhaben und wollen, dass du endlich wieder glücklich bist! Merk dir das."
Tränen tropften vereinzelnd in die nun geöffnete Puzzle-Box. Ganz oben lag ein Bild, dass sie gemeinsam abbildete. Er nahm es in die Hände und strich über das Abbild seiner kleinen Tochter. Nicht die Hoffnung aufgeben, noch ist nicht alles verloren. Gibbs drückte das Foto an sich und murmelte ein „Danke, Kelly". Dann stand er auf und stellte das Bild auf der Kommode ab.
Gewaschen und mit seiner Reisetasche bewaffnet, zog er seine Wohnungstür zu. Ohne Jack würde er nicht wiederkommen, dann setzte er an zum Wagen zu gehen. Abrupt blieb Gibbs stehen, viel zu überrascht darüber, wer ihn da zugeparkt hatte.
„Was tut ihr hier?"
„Dasselbe könnten wir dich auch fragen. Ich gehe mal davon aus, dass du durchfahren wolltest. Wir sind hier um dich abzuholen.", erwiderte McGee.
„Nein!"
„Wie nein? Boss, wir wissen ja nicht, was du denkst, aber du hast bei Vance' Anruf aufgelegt und vermutlich nicht mehr gehört, dass...", setzte Bishop an, doch Gibbs wollte sich unter keinen Umständen zurück ins Büro beordern lassen.
„ICH WERDE NICHT MITKOMMEN."
„Gut, wenn du meinst. Wir nehmen aber jedenfalls den Flieger."
„Was für einen Flieger?"
„Haben wir jetzt also deine Aufmerksamkeit? In fünfzehn Minuten geht unsere Maschine nach Montpelier. Du kannst gerne mitfliegen, deshalb sind wir nämlich da.", führte Nick aus, der sich bis jetzt im Hintergrund gehalten hatte.
Er schmunzelte und stieg dankbar in den Wagen. Sein Team war für ihn da, wie eine Familie.
Vor Ort angekommen, sprang Gibbs aus dem Wagen ehe dieser überhaupt angehalten hatte. Es sah schrecklich aus und rief in ihm Erinnerungen wach, die er lieber nicht wieder hervorgeholt hätte. Trümmer soweit das Auge reichte, nichts als Chaos und Staub. Eine Dienststelle wie ausgelöscht!
Wieder blickte Gibbs sich um, McGee schritt gerade auf einen Mann zu, der scheinbar der Einsatzleiter war. Bishop und Torres unterhielten sich, den Blicken nach zu urteilen, über ihn. Er ließ seinen Blick ein weiteres Mal schweifen. Trotz der zahlreichen Einsatzkräfte wirkte der Ort trostlos und verlassen.
„Gibbs! Der Zuständige meinte, dass wir mal in den Zeltlagern schauen sollen, ob wir sie dort finden. Viele sind es nicht, meinte er, aber ein Versuch ist es sicher wert. Ellie, machst du das bitte? Nick, informier' du dich bei der Feuerwehr über ihre Einschätzung der Einsturzgefahr, also von dem was noch übrig ist!", instruierte McGee.
Er machte das ziemlich gut. Der einstige Elfenkönig war Herr der Lage. Gibbs war wirklich stolz auf ihn. Er schenkte ihm einen beeindruckten und zugleich dankbaren Blick. Dann kehrte Ellie auch schon zurück. Die Blicke ruhten auf ihr, er wusste, dass sie das bemerkte. Erst als sie stehen blieb, schüttelte sie den Kopf und machte deutlich, dass sie keine neuen Informationen hatte. Das war weder schlecht noch gut. Aber noch war nichts verloren, er musste geduldig sein und die Leute ihre Arbeit machen lassen.
„Boss, das wird schon. Laut der Verantwortlichen sollen da auch noch Überlebende drinnen sein."
„Und wir kennen ja Jack! Sie gibt nicht einfach auf."
„Gibbs, nimm es mir nicht übel, aber Regel 12 ist längst überholt. Nutze diese Chance."
Obwohl Gibbs ihnen zuhörte, kommentierte er nichts davon. Etwas anderes hatte seine Aufmerksamkeit erregt. Da bewegte sich doch etwas! Oh verdammt. Da war noch jemand im Gebäude. Er wusste nicht, ob es Jack war, aber da war noch eine Person drinnen. Da machte das Objekt auch schon einen weiteren Satz.
In derselben Sekunde drehte er sich in die Richtung, in der bis eben der Einsatzleiter stand. Doch der war nicht länger dort. Nein, er stand einige Meter entfernt und führte eine offensichtlich angespannte Lagebesprechung mit dem Captain der Feuerwehr. Er rannte los und schrie diesem zu, dass sie dringend ein Luftkissen oder irgendetwas ähnliches brauchten. Der Angeschriene reagierte zwar, ihm aber dennoch viel zu langsam. Wie ein Irrer fuchtelte Gibbs in der Luft umher. Auch wenn er bezweifelt hatte, dass ihn irgendwer verstand, kam plötzlich Bewegung in den Einsatzleiter. Er deutete auf das kippende Bauwerk und da ertönte auch schon der Befehl des Captains an seine Einheit. Sie sollten das Gebäude stabilisieren und ihm alle Modalitäten, die es in Betracht zu ziehen gab, darlegen.
Endlich kam hier Bewegung herein, die Stimmung war nun konzentriert, und die zuvor angespannte, die nicht länger zu ertragen gewesen war, gewichen. Die Stabilisierung erfolgte mittels eines Einsatz-Gerüstsystems, doch die Überlegungen dauerten an. Die Drehleiter zu kurz, das Kissen zu klein, der Gebäudeteil zu instabil, als dass man Leute reinschicken könnte. Nun wollten sie erst einmal mittels hochsensibler akustischer Ortung lokalisieren wo genau und wie viele Menschen sich dort befanden. Die zuständigen Einsatzkräfte befanden sich aber erst am anderen Ende der Einsatzstelle und konnten nicht allzu schnell hier sein.
Gibbs riss langsam der Geduldsfaden. Es konnte ja wohl nicht so schwer sein, eine Lösung zu finden. Da kam ihm eine Idee!
„Ich seile mich von oben ab und montiere dort eine Evakuierungsrutsche. Sie haben doch eine in Ihrem Einsatzfahrzeug."
„Boss, das kannst du nicht machen.", kommentierte sein Team unison.
„Und wie ich das kann."
„Oh, Ihr Kollege hat absolut recht. Das kann ich nicht gestatten.", mischte sich nun der nichts tuende Komiker ein.
„Dann gestatten Sie es eben nicht, ich mache es trotzdem."
„Diskutieren bringt nichts, geben Sie ihm lieber, was er verlangt.", setzte sich sein ältester Schützling nun für ihn ein.
Zehn Minuten später, hatte Gibbs sich bereits auf die richtige Höhe abgeseilt und trat nun die Fensterscheibe ein. Im Gebäude verschaffte er sich einen Überblick und informierte sich über die Anzahl der Anwesenden. Ein verängstigter Angestellter gab ihm Auskunft. Es sollten dreizehn Leute sein. Dann brachte er ohne Schwierigkeiten die provisorische Rutsche an und stellte sicher, dass alle sicher unten ankamen. Acht waren draußen, fehlten nur noch fünf und seine Wenigkeit.
Gerade wollte er im Gang nach rechts abbiegen, als durch die gegenüberliegende Türe Hilfeschreie zu hören waren. Der Raum hatte scheinbar ein kleines Vorzimmer gehabt, denn dieser verbarg zuvor die versperrte Bürotür. Bei näherer Betrachtung war sie wohl verkeilt. Er dachte nach, die Feuerwehr hatte ihm dankenswerterweise eine Axt mitgegeben, die war ihm nun von Nutzen, da die Tür aus Holz war. Zwei Schläge brauchte er, ehe er sie gewaltsam aufgebracht hatte. Er half vier Personen raus und brachte diese abgesichert durch Klettergurte zur Rutsche. Anschließend ging Gibbs zurück, schließlich sollte noch eine Person im Gebäude sein. Er sorgte sich, denn auch Jack wurde noch nicht gefunden.
Unerwartet und aus dem Nichts ging eine weitere Türe vor ihm zu Boden. Dahinter tauchte eine Frau auf, die direkt gegen die gegenüberliegende Wand taumelte und dort auf dem Grund aufkam. Gibbs erkannte sie sofort. Jack. Doch sie reagierte auf seine Rufe nicht. Im selben Moment sackte das Gebäude ein weiteres Mal ab und er wurde rausbeordert. Das war ihm jedoch egal, stattdessen arbeitete er sich die letzten Meter zu ihr vor.
„Jack, hörst du mich. Ich bin es, Jethro. Du darfst nicht gehen, verstehst du! Bitte, ich brauche dich. Und ich war ein Idiot. Ein Vollidiot, weil ich dir nicht gesagt habe, was ich für dich empfinde als ich die Gelegenheit dazu hatte! Jack, ich liebe dich und ohne dich gehe ich hier nicht weg. Hörst du?"
Und schon verlor das Bauwerk wieder an Höhe, diesmal hatte Gibbs jedoch das Gefühl nicht wieder anzuhalten. Sie fielen weiter!
McGee wurde unterdessen nervös. Ohne Jack würde Gibbs da nicht mehr herauskommen, das wusste er. Ein weiteres Mal schrie er ins Funkgerät, dass er wenige Minuten zuvor dem Einsatzleiter aus der Hand gerissen hatte. Dieses verdammte Objekt hatte laut Inspektoren keine zwei Minuten mehr, bevor es zu Staub und Asche zerfiel. Es solle das Team nicht wundern, schließlich hatte es ohnehin schon einige Stunden ausgehalten, was an sich schon außergewöhnlich genug wäre!
Gerade drückte er nochmals den Knopf, um hinein zu brüllen, doch da geschah das eben prophezeite. Wie in Zeitlupe sah er das Gebäude vor seinen Augen schwinden. Dann löste er sich aus seiner Starre und schrie erneut in das Gerät in seiner Hand. Keine Reaktion. Plötzlich wirbelte ein weiteres Mal am unteren Ende der Rutsche Staub auf und zwei Personen kamen zum Vorschein. Gibbs und Jack.
„Boss, wir haben uns furchtbare Sorgen gemacht. Geht es euch gut?"
„Das habe ich mitbekommen. Jack ist verletzt, alles andere ist gerade unwichtig."
Mit seiner Hilfe stand Gibbs auf, hob dann Jack hoch und trug sie zum Rettungswagen. Der Sanitäter sorgte sich sofort um sie und teilte ihnen nach elendslangen Minuten, die sich für ihn wie Jahre anfühlten, mit, dass sie wohl nur einen gebrochenen Arm hätte und aufgrund der immensen Erschöpfung nun schlafen würde.
Aus dem Augenwinkel sah er wie Gibbs neben ihm zu Boden ging. Erleichterung und Realität schienen ihn zu überkommen. Tim wollte ansetzen etwas zu sagen, doch der Silberfuchs kam ihm zuvor.
„Nie die Hoffnung aufgeben, bevor du die Gewissheit hast, dass es wirklich so ist."
„Was?"
„Regel Nummer 12!"
Eine halbe Stunde später, waren alle im Krankenhaus eingetroffen und Gibbs wartete ungeduldig darauf endlich zu ihr zu können. Als der behandelnde Arzt schließlich auftauchte, hatte er nicht nur den fünften Kaffee intus, sondern auch Hummeln im Hintern. Ohne zu zögern, sauste er an dem Arzt vorbei ins Zimmer.
„Jack, du bist wach! Wie geht es dir?"
„Ganz gut, aber ich glaube, da im Gebäude halluziniert zu haben!"
„Wenn du dich auf meine Liebeserklärung beziehst, dann nein. Das habe ich so gesagt und so gemeint. Ich liebe dich und möchte eigentlich keine weitere Sekunde mehr ohne dich an meiner Seite verbringen."
„Das freut mich zuhören. Und für mich gilt dasselbe!"
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