Alte Gefühle 2
Und hier kommt sie...
Leider schien auch der darauffolgende Tag nicht wirklich eine Verbesserung für ihn bereitzuhalten. Denn schon eine Stunde nach Dienstbeginn bog Delilah in ihren Abteil ein. Gibbs Blick sprach Bände. Delilah war nun sein Problem. Scheinbar verlangte Gibbs, dass Tony die Dinge wieder geradebog. Vor allem solange McGee noch keine Gelegenheit hatte, persönlich mit Delilah Schluss zu machen.
Doch für den Moment sollte er wohl noch in der Hölle schmoren, denn sie wollte zum Boss und nicht zu McBaffled. Auch das sollte wohl ein Aufzug Gespräch werden.
"Agent Gibbs, Tim hat immer erzählt, dass man mit Ihnen gut reden kann. Beziehungsweise dass sie ein guter Zuhörer wären. Ich wusste nicht wem ich mich sonst anvertrauen sollte."
"Ist das so? In Ordnung."
"Ich glaube, nein, ich weiß--"
"Sie sind schwanger!"
"Äh, jjaa. Ja, woher--"
"Shannon, meine erste Frau, sie hat damals genauso herumgedruckst. Außerdem ist mir, schon als sie reingekommen sind, aufgefallen, dass irgendetwas anderes ist."
"Oh. Ähm, dann komme ich gleich zu meinem Anliegen. Wie soll ich das Tim sagen, ich meine, irgendwie ist es gerade komisch zwischen uns."
Da fragte sie ihn? Er hatte mehr als eine Ehe in den Sand gesetzt. Für diese Angelegenheit war er wirklich der Falsche. Wie war er nur in diese Situation geraten? DiNozzo. Der konnte was erleben.
Er räusperte sich und erwiderte:"Sag es ihm einfach. Ich weiß nicht, was da zwischen ihm und Ihnen los ist, aber er wird sich auf das Kind freuen. Und er wird es lieben. Außerdem kriselt es in jeder Beziehung einmal. Es ist nur wichtig, wie sie beide damit umgehen!"
Dann betätigte er den Stopp-Schalter erneut und drückte den Knopf. Als die Fahrstuhltüren sich öffneten, ließ er ihr den Vortritt. Bereits da konnte er die Unruhe in Tony spüren und sendete nun schon vorsichtshalber Stoßgebete, damit dieser es nun nicht endgültig versemmelte. Er deutete ihm sich jetzt mit Delilah zu unterhalten. Tony haderte, das wusste er, aber er war selbst schuld.
Er hatte Tim schließlich geraten, sich von seiner schwangeren Freundin zu trennen.
Oh man. Ihm brach der Angstschweiß aus. Wenn sein Boss schon so schaute, dann konnte das einfach nichts Gutes heißen. Für eine Sekunde schloss er die Augen und atmete tief ein. Jäh unterbrochen riss er die Augen auf. Headslap. Er hatte ihm wieder einmal einen Headslap verpasst. Völlig unerwartet. Diesmal hatte er wirklich nicht damit gerechnet.
„Delilah!"
„Ja? Weißt du wo Tim ist?"
„Ähm, genau darüber wollte ich mit dir reden!"
„Ok, in Ordnung."
„Ja, also, ähm. Es ist so. Man, ich weiß noch nicht einmal genau, was ich sagen soll. Ok, ich habe Tim Beziehungstipps gegeben. Ja, ich weiß. Ich! Bis dahin war auch alles gut, nur dann hat ihm jemand seine Liebe gestanden. Ich habe ihn danach im Park aufgegriffen und ihm die Möglichkeit gegeben, einfach mit mir zu reden. Doch er hat nur vor sich hin erzählt und ehe ich mich auch dazu äußern konnte, hatte er eine Entscheidung getroffen. Für mich bestand keine Chance, es ihm auszureden... Es tut mir so unendlich leid. Und ich werde als Menschenmögliche tun, um ihm davon abzubringen."
„Wer? Was hat er entschieden? Bitte werde deutlicher! Ich saß die letzten 15 Stunden im Flieger und bin danach direkt hierher gefahren. Ich weiß also noch überhaupt nichts."
Sie wusste noch nichts! Er musste Tim finden, und zwar schleunigst. Binnen Sekunden stürzte er los, die Treppen runter, vorbei an Ellie, die ihm verdattert McGees letzten Aufenthaltsort nannte, nur um dann kehrtzumachen, und in den Pausenraum zu stürzen.
Dort fing er ohne Punkt und Komma, geschweige denn einer Atempause, zu reden an. Angefangen bei der Tatsache, dass Delilah da ist. Somit extra aus Dubai hergeflogen ist, weil sie gemerkt hatte, dass zwischen ihnen etwas nicht stimmte. Und er vergleichsweise per Telefon Schluss machen wollte. Nur weil er sich seinen Gefühlen nicht sicher war.
Da schnitt McUnschlüssig ihm das Wort ab und meinte, dass er in Tony's Monolog nicht mitkam.
Ehe Tim fertig gesprochen hatte, fuhr er fort.
„Timothy McGee, überleg' dir das bitte noch einmal. Sie ist zurückgekommen, weil sie dich liebt. Ich möchte nicht, dass du am Ende wie Jay Gatsby in „Der große Gatsby" von F. Scott Fitzgerald tot in deinem Swimmingpool aufgefunden wirst, nur weil du vorgibst, dass du und nicht sie am Steuer des Wagens saßt."
„Muss ich das jetzt verstehen? Außerdem! War das gerade ein Buchverweis?"
„Nein, nicht zwingend und ja, na und?"
„Du und ein Buch??"
„Lenk' nicht ab."
„Das muss an Ziva liegen!"
„Timothy McGee, mag sein, dass das an meiner Beziehung liegt. Sie tut mir nun mal gut. Und jetzt hör' auf abzulenken."
„Wow."
„Was soll das heißen?"
„Solche Worte aus deinem Mund hätte ich niemals für möglich gehalten."
„Danke, ich auch nicht. Aber das hält nicht mehr lange an, wenn du so weitermachst. Denn wenn du Delilah verlässt, wird Zi mich verlassen. Und nachdem ich über acht Jahre gebraucht habe, um mir meine Gefühle einzugestehen, werde ich alles tun, damit das nicht geschieht. Also noch einmal klar und deutlich: Ich habe dir nicht geraten sie zu verlassen und mit Abby durchzubrennen. Ich habe dir lediglich nahegelegt, klare Fronten zu schaffen und dir deinen Gefühlen bewusst zu werden. Also geh' zu Delilah und erkläre ihr schonend, dass du aktuell nicht weißt, wo ihr steht und dass du dir gerne darüber klar werden würdest. Oder tue einfach das, was du für richtig hältst, aber schiebe mir dann ja nicht den schwarzen Peter zu! Verstanden?"
„Du wolltest mich verlassen, um mit Abby durchzubrennen?"
Tony drehte sich wie vom Blitz getroffen um und stammelte einige unverständliche Worte. Das lief hier komplett aus dem Ruder. McGee würde ihn umbringen. Das wäre es ihm allerdings wert, wenn Tim jetzt die richtige Entscheidung treffen würde. Doch davon konnte er in seiner Mimik nichts ablesen. Er warf ihm einen Blick zu, der so viel sagte wie „Sei ehrlich" und dann nahm er seine Beine in die Hand. Gedanklich forderte Tony sich auf, nicht stehen zu bleiben, ehe er an seinem Platz war. Doch leider lenkte ihn das zu sehr von seinem Weg ab. Kurz vor dem Aufzug geschah es! Denn ehe er sich versah, taumelte er mit einer Frau in seinen Armen zu Boden. Moment! Nicht eine, seine! Der Duft war unverkennbar.
„Hey Sweetcheeks, bist du hier, um zu kontrollieren, dass ich nichts anstelle?"
„Das hättest du wohl gerne. Nein, Vance wollte mich sehen."
„Aber er hat doch gemeint, dass er keine Stelle frei hat. Was will er jetzt von dir? Moment, lass mich dir kurz hochhelfen!"
„Wenn es sein muss... Ich weiß es nicht. Aber ich werde es gleich erfahren. Vorher gestehst du mir aber was du angerichtet hast."
Sie kannte mich einfach zu gut! Seine Liebste anzulügen würde ihm so oder so nichts bringen, deshalb war er absolut ehrlich. Er hatte einfach eine zu große Klappe, zumindest das musste er zugeben.
Tony schloss seinen Vortrag gerade richtig, denn sein bester Freund und Delilah tauchten hinter der nächsten Ecke auf. Händchenhaltend wohlgemerkt! Das musste doch etwas Positives verheißen? Hatten sie sich ausgesprochen?
Hoffnungsvoll erbat er eine Auskunft von Tim.
„Naja, Delilah ist schwanger. Ich war aufrichtig und wir haben beschlossen, eine Paartherapie zu besuchen. Ach ja, und Delilah zieht zurück nach D.C."
Tony konnte nicht anders, er ließ einen großen Seufzer los. Natürlich freute er sich für ihn, doch gleichzeitig sorgte er sich auch um seine beste Freundin. Es fühlte sich in gewisser Weise so an, als ob er ihr ihr Glück verwehren würde!
Hiernach war McGee zu Abby gegangen, um es ihr selbst mitzuteilen. Dennoch hatte er kein gutes Gefühl. Seine Lieblingsforensikerin hatte dort unten allerhand Chemikalien und andere Waffen. Seine Bemühungen lagen nun darauf sich nicht allzu große Sorgen zu machen.
Derweil hatte sich Ziva zu Vance begeben, während alle anderen sich langsam wieder an ihren Plätzen eingefunden hatten. Tony lief jedoch lieber auf und ab, zum Sitzen war er viel zu unruhig. Nachdem seine Liebste zurückkam, war von Tim noch weit und breit nichts zu sehen.
Im Nachhinein war Tony klar, dass das von Anfang höchst unüberlegt war. Denn als McGee wiederkam, sah er aus, als ob er auf der Flucht wäre. Somit erübrigte sich für Tony die Frage nach „wie es denn lief".
Daraufhin drehte er sich panikartig um, stürzte zu den hinteren Treppen. Abby musste es von ihm erfahren! Von dem Stimmengewirr hinter sich nahm er nur am Rande Notiz. Erst als er unsanft am Ärmel seines Jacketts gepackt und zurückgezogen wurde, registrierte er Ziva.
Sie schien ganz genau zu wissen, was er vorhatte. Um ihm dann deutlich zu machen, dass das eine ganz blöde Idee war, brauchte sie keine Worte. Das konnte er aus ihrem Blick ablesen. Ohne Umschweife zog Zi ihn in eine kurze Umarmung und schob ihn anschließend sanft zurück zu den Treppen.
Allerdings nur bis zum Antritt, denn dort machte sie kehrt. Verdutzt drehte er sich um, nur um noch von einem kurzen, entschuldigenden Blick einzufangen. Ob das so ein guter Impuls ihrerseits war? Trotz all der Zeit, die Ziva bereits in D.C verbracht hatte, war sie nicht unbedingt die Feinfühligkeit in Person.
Unruhig wartete Tony auf der Treppe. Nein, das konnte praktisch nicht gutgehen. Aber lauschen wäre auch nicht richtig! Gedanklich wog er alles nochmals ab und fasste schließlich einen Beschluss. Es war ja für den guten Zweck. Achtsam tapste er zur Labortür und lauschte.
„Abbs, möchtest du reden?"
„Du wusstest es?"
„Kommt drauf an, was du mit „es" meinst! Dass du ihn liebst seit gestern Abend. Dass er sich für Delilah entschieden hat seit vielleicht einer halben Stunde. Aber da musst du ihn auch irgendwo verstehen!"
„In...inwiefern?"
„Hier, schnäuz dich erstmal."
Ziva agierte sehr souverän, das hatte er ihr so nicht zugetraut. Denn sie schien genau zu wissen, dass Abby das „Warum" nur verstehen würde, wenn sie sich beruhigt hatte.
„Besser? ... gut. Du weißt, dass Tim dich lieb hat. Aber nun mal nur als gute Freundin, Abbs. Und in jeder Beziehung kriselt es mal ein wenig. Du musst verstehen, dass er Delilah, trotz all der Widrigkeiten, liebt. Außerdem ist sie, ähm. Abby, du musst jetzt tapfer sein. Schaffst du das?"
„Was ist sie?"
„Du musst mir zuerst versprechen, dass du ruhig bleibst!"
„Ja, ja, ok."
„In Ordnung! Abby, McGee wird Vater."
„Sie ist schwanger?"
„Ja. Wie geht es dir damit?"
Nach einem dumpfen Bumms kehrte Stille ein. Tony horchte noch einige Sekunden, aber es kam nichts mehr. Was ging da drinnen vor sich? Vorsichtig lugte er hinein und stellte mit Erleichterung fest, dass er sich keine Sorgen machen musste. Er sah Abby, die ihre verschmierte Wimperntusche scheinbar gerade auf das T-Shirt seiner Freundin übertrug. Abbs hatte ihn noch nicht entdeckt, aber bei seinem Ninja war das praktisch unmöglich. Kaum merklich schüttelte Ziva den Kopf und er trat nickend den Rückweg an. Allerdings nicht ohne vor der Tür noch einen Moment abzuwarten.
„Ich weiß, dass es das sicher nicht einfacher für dich macht. Aber sieh es mal so: Dann ist er einfach nicht der Richtige für dich. Und egal wie lange es dauern mag, Abby, auch du wirst eines Tages jemanden finden mit dem du dir deinen Sarg teilen wirst!"
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