7 - Lucky (oder auch nicht)

Clint trainierte mit mir täglich im Round Pen.

Die Peitsche fand ich immer noch etwas gruselig, ich hatte aber gelernt, dass sie mir nichts tut.

Meine Wunde war mittlerweile gut verheilt und der Verband war dünner geworden.

Natasha hatte oft mit mir Abends in der Box gekuschelt. Sie war sogar einmal bei mir eingeschlafen und erst am nächsten Morgen wieder aufgewacht.

So verlief Tag für Tag und allmählich begann ich mich zu langweilen, bis mich Clint eines wunderschönen Morgens viel zu früh weckte.

Er streifte mir mein rotes Halfter über die Ohren und nahm mich mit aus der Box.

Etwas grummelig stapfte ich ihm hinterher in die Stallgasse, dort wartete Napoleon bereits geduldig auf uns.

Jetzt war ich doch etwas neugierig.

Zusammen mit den Beiden verließ ich den Hof und lief einen Schotterweg entlang, vorbei an saftigen Weiden, von denen ich bisher nur geträumt hatte.

Wir kamen zu einem braunen Holzgatter und Clint öffnete es.

Aufgeregt tippelte ich auf der Stelle.

Wir gingen hinein und Clint löste den Strick von Napoleon.

Mit einem »Geb gut auf sie acht, Kumpel.« klopfte er ihm auf den Hals und Napoleon trottete ein paar Schritte auf die Wiese.

Clint löste auch meinen Strick und kaum war ich frei, galoppierte ich auch schon los.

Ich konnte mein Glück kaum fassen. Endlich war ich auch auf einer Weide.

Ich spürte das weiche Gras und die Erde unter meinen Hufen.

Die Luft war frisch und die Sonne schien.

Mein Bauch kribbelte vor Glück und ich Wieherte laut und fröhlich.

Ich sprang wie ein kleines Fohlen auf der Weide herum.

Napoleon kam auch zu mir und lachte leise über meine Übermut.

Clint beobachtete uns vom Zauntor aus, dann drehte er sich um und ging den Schotterweg wieder zurück.

Ich rannte noch etwas auf der grünen Wiese hin und her, dann musste ich an einer Tränke halt machen und einen großen Schluck trinken.

Ich hatte mich wieder beruhigt und gesellte mich zu Napoleon.

★★★

Seite an Seite hatten wir Stunden lang gegrast. Das Gras schmeckte so gut wie schon lange nicht mehr.

Ich entschied mich dazu wieder auf der Koppel herum zulaufen. Ich entdeckte Schmetterlinge und blühende Gänseblümchen.

Zufrieden schnaubte ich und entspannt trottete ich über die große Weide.

Das war ein echt toller Tag.

Ich trabte zu dem Zaun, der an dem Hof grenzte. Clint lief über den Hof und schob eine Schubkarre voller Heu vor sich her.

Natasha hatte ein Getränk in der Hand und schaute ihm dabei von der Terrasse des Wohnhauses aus zu.

Nach einem lauten Wiehern von mir schauten Natasha und Clint zu mir.

Clint grinste kurz, dann schon er die Karre weiter in Richtung Stall.

Natasha schlenderte zu mir und schreichtelt meinen Kopf.

»Und genießt du die Weide?«

Ich nickte und ließ mich von Natasha kraulen.

Nach einer Weile wurde mir wieder langweilig, obwohl ich nichts gegen Natashas Steichel Einheiten hatte, fand ich die Wiese gerade um einiges spannender.

Ich drückte meine Nase ins weiche Gras und rumpfte ein paar Halme aus.

Natasha hatte sich auf den Zaun gestellt und schaute mir zu.

Ich bekam nebenbei mit, wie Clint wieder zum Wohnhaus lief. Clint öffnete die Tür und ein brauner Blitz schoss heraus auf mich zu.

Angst schoss in mich und ich rannte los.

Das braune Ding immer noch hinter mir.

»Ich muss hier weg!«

Ich schlug einen Haken um das Wesen abzuhängen, doch es war schnell und schlug auch einen Haken.

Ich rannte noch schneller. Das Ding hinter mir begann jetzt zu bellen.

Ich galoppierte auf Napoleon zu, der versuchte mich laut wiehernd zu beruhigen.

Doch ich lief weiter, an ihm vorbei, weiter in die Richtung von Natasha und Clint, die auf mich, oder dem Ding hinter mir, zugerannt kamen.

Kurz vor ihnen schlug ich erneut einen Haken und täuschte an nach links zu laufen.

Im letzten Moment schlug ich noch einen Haken nach rechts und galoppierte wieder von den Menschen weg.

Das bellende Ding war mir dicht auf den Fersen.

Clint hatte sich auf Napoleon geschwungen, der zu ihm gekommen war und beide jagten uns nun hinterher.

Blind vor Angst raste ich auf den Zaun der Weide zu.

In meinem Kopf formte sich ein riskanter Plan.

Ich ließ meine Hufe noch etwas schneller über den Boden schlafen, um Anlauf zu nehmen.

Noch 5 Meter.

Ich musste das schaffen!

Noch 3 Meter.

Das bellende Dinge war weniger als 2 Meter von mir entfernt.

Noch 2 Meter.

Clint der auf Napoleon saß war fast neben mir.

Noch 1 Meter.

In der letzten Sekunde wich ich nach links aus.

Das Ding hatte das nicht kommen sehen und schlitterte, bei dem Versuch zu bremsen in den Zaun.

Napoleon allerdings hatte schnellere Reflexe und jagte immer noch hinter mir her.

Mir ging auch die Puste aus und ich merkte wie meine Beine müde wurden.

Mein Galopp wurde langsamer, sodass ich auf gleicher Höhe mit Napoleon und Clint war.

Clint hatte sich auf meine Rücken rüber geschwungen.

Vor Schreck buckelte ich ein wenig, aber zum Glück hielt er sich eisern in meiner Mähne fest.

Sofort wurde ich an meine Training am Rennstall erinnert und ich legte wieder einen Zahn zu.

Obwohl ich nicht mehr konnte, holte ich noch mal alles aus mir heraus und ließ meine Hufe schneller über den Boden wirbeln.

Clint versuchte aber das Gegenteil zu erreichen.

Ich drehte eine Runde, sodass ich sehen konnte, ob das braune Ding noch da war.

Beruhigt konnte ich feststellen, das Natasha das Ding festhielt und wohl mit ihm schimpfte.

Ha! Geschieht ihm Recht.

Ich fiel in den Trab und steuerte auf eine Tränke zu.

Direkt davor blieb ich ruckartig stehen.

Mit einem lauten Platsch fiel Clint kopfüber ins Wasser.

Er musste wohl durch den plötzlichen Stopp das Gleichgewicht verloren haben.

Leise glugste ich.

Natasha hörte ich auch hinter mir lachen.

Ich trank ein paar große Schlucke, dann trottete ich zu Natasha und presste meine Nase an ihre Schulter.

Natasha lobte mich, immernoch lachend, dafür das ich Clint ins Wasser geschmissen hatte, dabei war das nicht mal meine Absicht gewesen.

Wo war eigentlich das braune Ding hin?

Unruhig schlug ich mit dem Schweif und blickte mich um.

Ich entdeckte Laura am Zaun, die das braune Ding festhielt und lachend zu Clint schaute.

Dieser hatte sich aus der Tränke erhoben und kam nun sauer auf mich zu.

Ich tippelte nach hinten, doch als ich sah, das seine Mundwinkel verdächtig zuckten und er nicht wirklich sauer war entspannte ich mich wieder.

Langsam kam ich auf ihn zu und knabberte an seinen nassen Haaren.

Lachend drückte er meinen Kopf weg und lief davon.

Fröhlich, das er mit mir spielen wollte, hüpfte ich hinterher.

Ich verfolge Clint noch ein bisschen, wobei sich Natasha und Laura kaputt lachten, doch irgendwann konnte er sich über den beschützenden Koppelzaun schwingen und war somit außer Reichweite für mich.

Ich tat so, als ob ich beleidig wäre und drehte ihm mein Hinterteil zu.

Dann trabte ich wieder zu Napoleon und wie grasten noch Seite an Seite, bis Natasha kam, um und einzufangen.

★★★

Abends lag ich müde und glücklich im weichen Einstreu und dachte über diesen tollen Tag nach.

Hoffentlich kann ich morgen wieder auf die Weide.

Napoleon hatte mir noch beim grasen erzählt, dass das braune Ding Clint's Hund Lucky war und das der Hund gerne Nachlauf spielte.

Napoleon döste vor sich hin, mit dem Kopf über der Trennwand zwischen uns.

Mit einem Gefühl der Sicherheit schlief ich ein und träumte von weiten Wiesen und braunen Hunden, die in Tränken fielen.

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