Kapitel 2 - Unbezwingbar
Kapitel 2 – Unbezwingbar
Einige Momente dauerte es noch, dann hörten sie, dass sich drei oder vier Tiere aus den Bäumen herunterließen. Der erste Pfeil löste sich von Legolas' Bogen, und er traf, doch nicht tödlich. Wolken hatten sich nun vor den Mond geschoben, selbst für Elbenaugen war die Finsternis nun beinahe undurchdringlich. Dann allerdings breitete sich ein weißes Licht aus, zuerst beleuchtete es kaum den Kreis der Verteidiger, doch dann vertrieb es die Schatten aus den Bäumen um sie herum. Kurz mussten sich Lithaels Augen an das helle Licht gewöhnen, mit einem kurzen Blick stellte er fest, dass es aus Gandalfs Stab ausgesandt wurde, dann wurde er der Spinnen gewahr, die schon nah bei ihnen waren. Auch er schoss, auch er traf, doch auch sein Pfeil war nicht tödlich. Nur eine Spinne fiel von ihren Pfeilen, bevor sie zu nah heran waren, um ihnen mit Pfeil und Bogen beizukommen. Lithael und Taudir ließen ihre Bogen auf den Waldboden fallen und zogen lange, weiße Klingen von einer ähnlichen Machart wie Glamdring, jedoch viel jünger. Auch Legolas griff zu seinem Messer, Aragorns Hände lagen fest um den Griff seines Schwertes.
Bewegungslos harrten die Männer aus, bis die Spinnen nur noch einen Meter von ihnen entfernt waren. Dann stürmte Lithael mit einem Schrei vorwärts, wich den zuschnappenden Zangen der Riesenspinne aus und trieb ihr die Klinge in den Rachen. Die Spinne stieß ein hohes Kreischen aus, dann blieb sie reglos auf dem Boden liegen.
Doch Lithael hatte die Deckung aufgegeben, und bevor die übrigen Krieger ihren Kreis wieder schließen konnten, ließ sich eine Spinne von einem Ast über ihnen herab und brach ihren Verteidigungsring auf. Aragorn wirbelte herum, mit seinem Schwert schlug er dem Ungeheuer eine der Greifzangen ab. Es bäumte sich auf, ragte wie ein dunkler Turm vor Aragorn auf, und ließ sich dann auf ihn fallen. Nur ein Sprung zur Seite rettete ihn. Doch die Männer waren nun in Einzelkämpfe verwickelt und konnten einander nicht mehr schützen. Eine der Spinnen hatte sich das sofort zu Nutze gemacht und griff Taudir von hinten an. Im letzten Moment konnte er herumwirbeln und seine Klingen zwischen sich und den Kiefer der Spinne bringen, doch einer Verletzung konnte der Elb nicht entgehen. Eine der Zangen bohrte sich in seine linke Hand und ließ ihn schmerzvoll aufschreien. Lithael hatte den Schrei seines Freundes gehört und drehte sich zu ihm um, doch ein riesiger Spinnenleib versperrte ihm den Weg zu Taudir. Dieser versuchte verzweifelt, die Greifzangen von seinem Gesicht fernzuhalten. Er hatte seine Schwerter fallen lassen, um mit beiden Händen die Greifzangen festzuhalten. Verzweifelt blickte er sich nach einem der anderen um, doch sie alle waren in Kämpfe verwickelt. Auch von Lithael war nichts zu sehen. Blut quoll aus seiner verletzten Hand und färbte die Greifzangen der Spinne rot, er wusste, lange konnte er die Kraft nicht mehr in seiner Hand halten.
„Elio!", rief er verzweifelt, doch er fürchtete, sein Ruf würde ungehört verhallen.
Gandalf hieb mit Glamdring auf die Spinne ein, gleichzeitig nutzte er seinen Stab als Schild, um den Angriffen der Spinne zu entgehen. Er konnte sie von sich fernhalten, doch einen richtigen, tödlichen Treffer landen konnte er nicht. Taudir meinte zu erkennen, dass der Istar sprach, doch hören konnte er nichts. Seine ganze Kraft und Aufmerksamkeit waren darauf gerichtet, die giftigen Greifzangen von seinem Hals wegzuhalten, doch lange würde er nicht mehr durchhalten.
Lithael musste einen Weg zu Taudir finden. Er hörte den schweren Atem des Elben, obwohl der Klang von Stahl und wütende Kampfesschreie durch den Wald hallten. Lithael sah sich um. Auf dem schmalen Elbenweg war ein Vorbeikommen an der Spinne unmöglich. Ob ein Angriff von hinten möglich wäre? Er ließ es auf einen Versuch ankommen, nahm Anlauf und sprang auf den Rücken der Spinne. Diese bäumte sich auf, und Lithael rutsch auf dem glatten Panzer weg. Er hatte keine Zeit gehabt, der Spinne das Messer in den Rücken zu rammen, um sich daran festzuhalten. Kurz noch rang er um sein Gleichgewicht, doch ein erneutes Aufbäumen der Spinne warf ihn hinunter. Kurz blieb er benommen liegen, doch als er erneut einen Hilferuf von Taudir hörte, der der Spinne offensichtlich trotz seinem kurzen Ausfall nicht entkommen war, rappelte er sich wieder auf und beschloss, trotz dem hohen Risiko, auf weitere Spinnen zu treffen, sich seinen Weg durch die Bäume zu suchen. Geschwind und geschickt wie ein Eichhörnchen kletterte er den nächsten Baum hinauf und sprang von diesem zu einem weiteren, immer in Richtung Taudir.
Taudirs Arme zitterten. Er hatte kaum mehr Kraft. Bald würde er die Greifzangen des Monsters loslassen müssen und dann dafür beten, dass die Spinne ihn wenigstens schnell töten würde. Seine Hand rutschte ab, die eine Greifzange der Spinne grub sich tief in seinen Unterarm. Taudir schrie auf, schon tanzten dunkle Punkte vor seinen Augen. Ihm wurde schwindelig. Kurz war die Spinne abgelenkt gewesen, er war sich sicher gewesen, ihr zu entkommen, doch bei seinem Fluchtversuch war er gestürzt und erneut hatte sich das Monster über ihm aufgebaut. Er schrie erneut um Hilfe, doch niemand kam.
Lithael rann es kalt den Rücken herunter, als er den Schrei des Freundes hörte. Er sprang von dem Ast, auf dem er gerade stand, mitten auf den Rücken der Spinne. Das Tier bäumte sich ob seines Gewichtes erneut auf, wollte ihn abschütteln, doch diesmal konnte der Elb ob der besseren Position das Gleichgewicht halten. Er hörte die gequälten Atemzüge Taudirs, hörte, dass sein Freund einer Ohnmacht nahe war. Mit aller Kraft, die er aufbringen konnte, hob er die weiß schimmernde Klinge. Er packte sie mit beiden Händen und trieb sie mit einem Schrei in den Panzer der Spinne. Diese bäumte sich nochmals auf, versuchte, die Klinge aus ihrem Rücken zu entfernen, doch schließlich brach sie tot zusammen. Ihr schwerer Körper begrub Taudir unter sich.
Doch zugleich erhellte ein übernatürlich strahlendes Licht die Nacht. Es schien von Mithrandir auszugehen. Ein hohes Kreischen war zu hören, dann verstummte die Spinne, mit der der Zauberer augenscheinlich bis eben noch gekämpft hatte. Der Geruch nach verbranntem Fleisch stieg in die kühle Luft des nächtlichen Düsterwaldes.
Mit einem Schrei des Entsetzens sprang Lithael auf den Boden, kauerte sich neben den leblosen Körper der Spinne und versuchte, Taudirs Körper unter dem massigen Tier hervorzuziehen. Unbewusst fiel sein Blick auf Mithrandir, doch dieser hatte sich seines Angreifers bereits entledigt und war mit langen Schritten auf dem Weg zu dem Elben. Die Spinne, die versucht hatte, ihn zu verspeisen, war nun nur noch schwarze Asche.
„Mithrandir, helft mir!", rief Lithael und brachte Mithrandir dazu, noch schneller zu laufen. Er erkannte die schlimme Lage, in der sich Taudir befand, sofort. „Los, helft mir, den Körper der Spinne von ihm herunterzurollen!"
Mithrandir und Lithael packten den Körper der Spinne, und auch Armagor kam herbeigeeilt, und gemeinsam, unter Aufbringen all ihrer Kräfte, schafften sie es, das schwere Tier von Taudirs Körper zu rollen.
Dieser atmete tief ein, obwohl er, wie Lithael sofort erkannte, bereits bewusstlos war. Im Schein von Mithrandirs Stab betrachtete Lithael den verwundeten Freund. Sein linker Unterarm war eine einzige blutüberströmte Wunde, sein rechtes Bein sah seltsam verdreht aus. Außerdem war der Elb von vielen kleineren, weniger tiefe Wunden übersäht, die alle bluteten.
Der Elb war blass, fast weiß. Schweißperlen glänzten auf seiner Stirn, obwohl die Nacht kühl, fast kalt war. Lithael erkannte auch, wieso. Eine der Greifzangen hatte ihr Gift in Taudirs Körper abgegeben. Endlich kamen auch die übrigen Männer heran.
„Schnell, Lithael, Lindo, eilt Euch, bringt ihn in den Waldpalast!", befahl Legolas, „wir werden so schnell wie möglich kommen, doch ist es nun das Wichtigste, Taudir schnell zu unseren Heilern zu bringen. Los!" Die beiden nickten knapp, Lithael packte den Freund unter den Armen, Lindo hob den verletzten Elbenkrieger an den Füßen hoch und gemeinsam eilten sie, so schnell es mit Taudir ging, durch den Wald, auf Thranduils Palast zu. Legolas sah ihnen einen Augenblick lang hinterher, dann begann er, die verlorenen Waffen und Pfeile, die in ihrer unmittelbaren Umgebung lagen, einzusammeln. Gollum hatte den Spinnenangriff unbeschadet überstanden, obwohl sich während des Kampfes keiner der Elbenkrieger um ihn gekümmert hatte. Doch nun band Armagor ihn los und mit Galuelloth zog er ihn weiter in Richtung des Waldpalastes. Den restlichen Weg legten sie in Hast und schweigend zurück, sie alle waren in Sorge um den schwer verletzten Taudir und bangten doch auch, ob sie nicht noch einmal in einen Kampf geraten würden.
Endlich erreichten Lithael und Lindo Thranduils Hallen. Ein Wächter trat ihnen in den Weg, sein Blick fielt auf den bewusstlosen Taudir. „Schnell, sucht Nestaron und lasst ein Zimmer für Taudir vorbereiten!", rief Lithael. Der Wächter nickte hastig und war schnell verschwunden. Lindo und Lithael trugen den noch immer bewusstlosen Taudir durch die Lithael endlos erscheinenden Hallen und Gänge. Nur Fackeln erhellten ihren Weg, kein Elb begegnete ihnen.
Nach einer Ewigkeit erreichten die beiden Männer mit ihrer kostbaren Fracht die Hallen der Heilung. Es war ganz still, nicht einmal Laute der Verletzten oder Kranken drangen durch die verschlossenen Türen.
„Nestaron!", rief Lithael nach dem obersten Heiler. Rechter Hand öffnete sich eine Tür und ein großer, schwarzhaariger Elb trat heraus, der völlig übernächtigt aussah. In letzter Zeit gab es viele Spinnenangriffe und Nestaron und seine Untergebenen hatten viel zu tun.
„Bringt ihn hier hinein", befahl er Lithael und Lindo. Beide beschleunigten nochmals ihre Schritte. Nestaron hielt ihnen die Tür auf und die beiden Männer legten Taudir vorsichtig auf das frisch bezogene Bett, erleichtert, das Gewicht endlich ablegen zu können. „Geht jetzt bitte, beide. Zum Arbeiten brauche ich absolute Ruhe."
Nestaron schickte die beiden abgekämpften Männer mit einer Handbewegung aus dem kleinen Raum und schloss lautlos die Tür hinter ihnen. Lithael und Lindo sahen einander an, und der Jüngere erkannte die Sorge und den Schmerz in Lithaels Gesicht und legte ihm eine Hand auf die Schulter.
„Es ist ein schwacher Trost, doch Taudir ist stark. Er kann das Gift besiegen. Er überlebte, wie ich hörte, bereits die Schlacht des Letzten Bündnisses." Lithael nickte.
„Ich danke Euch für Eure Worte. Ihr seid jung, und Ihr seid voller Hoffnung. Bewahrt sie Euch in dieser finsteren Zeit." Er legte nun seinerseits dem jungen Elben kurz die Hand auf die Schulter, dann wandte er sich ab und ging fort. Lindo sah ihm einen Augenblick lang nachdenklich hinterher, bevor auch er die Flure der Hallen der Heilung verließ.
Endlich durchschritten auch die übrigen Männer das Haupttor. Einer der Wächter trat ihnen in den Weg, doch als er Legolas erkannte, gab er den Weg sofort frei. Dann standen sie endlich in der großen Halle. Die Anspannung, die sie auf dem letzten Stück ihres Weges begleitet hatte, fiel endlich von ihnen ab. Legolas rief einen der Bediensteten herbei.„Buior, führt Aragorn und Mithrandir zu unseren Gästezimmern. Sie haben einen langen Weg hinter sich, wir alle sind erschöpft. Sorgt dafür, dass sie zu essen und zu trinken bekommen und ein Bad, wenn sie es wünschen." Buior verbeugt sich knapp.
„Estel, ich bringe dich morgen früh zu aran Thranduil. Ich werde versuchen, ihn jetzt schon zu überzeugen, doch fürchte ich, dass mir das nicht gelingen wird. Noch wird Nestaron keinen Besuch für Taudir zulassen, aber morgen sollten wir zu ihm gehen. Ich hoffe, du kannst dich trotz all dem, was geschehen ist, ein wenig erholen. Losto vae." Aragorn nickte Legolas zu und wünschte ihm ebenfalls eine geruhsame Nacht. „Mithrandir, es tut mir wirklich außerordentlich leid, Euch in solche Gefahr gebracht zu haben", wandte sich Legolas dann an Gandalf.
Mithrandir jedoch schüttelte und erwiderte: „Mein lieber Legolas, Ihr könnt nichts dafür, dass die Spinnen eine solche Gefahr darstellen. Zudem war ich mir bewusst, dass Düsterwald keine friedliche Gegend ist." Legolas nickte, dennoch machte er sich Vorwürfe, es war als anhall-i-thirn seine Aufgabe, dafür zu sorgen, dass Wanderer halbwegs unbehelligt durch den Düsterwald reisen konnten.
„Doch jetzt geht, Mithrandir und Estel, Euer Geist ist sicher müde und auch Eure Körper bedürfen, wie ich mir denke, nach solch einer Reise Ruhe." Aragorn und Gandalf folgten Buior, der sie durch lange Flure und über schmale Brücken führte, bis sie zu einem langen Flur kamen. Es gab Fenster nach draußen, durch die sanftes Mondlicht hineinfiel. Nichts war zu hören außer die Schritte des Zauberers und die regelmäßigen Schläge von seinem Stab auf dem steinernen Boden. Der Elb öffnete eine hölzerne Tür und bat den Zauberer mit einer leichten Verbeugung in den kleinen, aber gemütlichen Raum, eine zweite Tür öffnete er für Aragorn. Er trat ein, dankbar, eine Nacht nicht draußen in der Wildnis verbringen zu müssen, und dennoch mit vor Sorge verdunkeltem Herzen.
„Armagor, Galuelloth, folgt mir zu König Thranduil." Legolas ging voran, die Wächter folgten mit Gollum, der ob der Abwesenheit Gandalfs seine Stimme wiedergefunden hatte. Er schrie und riss an dem Seil und jammerte und stieß immer wieder die Laute aus, derentwegen er seinen Namen erhalten hatte. Legolas schmerzten bald die Ohren von der kratzigen Stimme des Geschöpfs und er war verwirrt von den Gesprächen, die es führte.
Nach kurzer Zeit betraten sie eine helle Halle, die wie mit Bäumen bewachsen schien. Auf einem Plattform, etwas erhaben über der Halle, stand ein mächtiger Thron, darauf saß der König des Waldlandreiches. Legolas bedeutete seinen Wächtern, unterhalb des Thrones zu warten, und stieg als einziger die Stufen zu Thranduil hinauf.„Aran nín!" Legolas schlug sich die rechte Faust vor die Brust und verbeugte sich tief, so wie es von ihm hier in der Halle erwartet wurde.
„Erhebt Euch, anhall-i-thirn", forderte Thranduil seinen Sohn, im Moment jedoch den Hauptmann der Wache, auf. „Was ist geschehen, dass Ihr und Eure maethoer mich um diese Stunde noch aufsuchen?"
„Aran nín, hîr Aragorn sowie Istar Mithrandir sind in eingetroffen und sie haben ein Geschöpf namens Gollum mitgebracht."
„Gollum?" Fragend sieht Thranduil seinen Sohn an. „Ist Gollum etwa der Name der Kreatur, die sich hier zu meinen Füßen befindet?" Dabei deutet er mit dem Kopf auf die beiden Elbenwächter und das schmächtige Geschöpf, das noch immer vor sich hin jammerte.
„So ist es, aran nín."
„Was bezweckt hîr Aragorn damit, dass er es herbringt?"
„Nun, aran nín, er will wohl, dass wir es bewachen." Thranduil sah seinen Sohn ungläubig an. Hatte er gerade richtig gehört? Er sollte diese hässliche Kreatur in seinem Palast bewachen? Sollte seine Elben mit einer derart schmutzigen Arbeit belästigen?
„Anhall-i-thirn, es tut mir wahrlich leid für hîr Aragorn und Istar Mithrandir, doch so etwas, eine solch hässliche, zerstörte und böse Lebensform, dulde ich nicht in meinen Hallen." Legolas sah seinen Vater entsetzt an. Er musste ihn irgendwie davon überzeugen, Gollum zu bewachen. Er konnte dieses böse Geschöpf nicht wieder auf freien Fuß setzen oder es wieder Estel und Mithrandir anvertrauen.
„Aran nín, so lasst es wenigstens diese Nacht in Euren Hallen verbringen, ich werde morgen mit hîr Aragorn und Istar Mithrandir sprechen."
„So sei es, anhall-i-thirn." Legolas verbeugte sich nochmals vor Thranduil, bis dieser ihm das Zeichen gab, sich erheben und den König verlassen zu dürfen. Langsam stieg er die Stufen hinab.
„Armagor, Galuelloth, bringt Gollum in eine Zelle. Achtet darauf, dass er so tief im Berg ist, dass er des Nachts nicht gehört wird!"
Die beiden Wächter verbeugten sich erst vor Legolas, dann vor Thranduil und zerrten Gollum mit sich in Richtung des Ausgangs aus dem Thronsaal und dann in Richtung der Treppen, die tief hinab in den Berg führten.
Als Legolas und Thranduil alleine in der großen Halle waren, erhob sich der König des Waldlandreiches und stieg die Stufen hinab. Schweigend verließen beide Elben die lichte Halle.
Sobald sie sich nicht mehr im Bereich des Palastes aufhielten, den alle Elben nach Belieben betreten und verlassen konnten, nahm Thranduil die Krone vom Kopf. Das war für Legolas das Zeichen, dass er mit seinem Vater jetzt vertraut sprechen konnte. Er ergriff auch sogleich das Wort.
„Adar, morgen werde ich Estel und Mithrandir zu dir bringen. Sie werden dir den Verlauf ihrer Reise nochmals genau schildern. Ich bitte dich, adar, du darfst sie nicht wieder wegschicken!"
„Wie ich schon sagte, ion nín, ich werde dieses Geschöpf nicht in meinen Hallen dulden."
Thranduil blieb stehen und sah seinen Sohn an. Legolas versuchte, dem kalten Blick aus den eisgrauen Augen seines Vaters standzuhalten, doch er wandte zuerst den Blick ab.
„Bitte, ada, du darfst Estel nicht so enttäuschen! Er und Mithrandir haben Gollum über zweihundert Meilen hierhergebracht. Du hast doch selbst gesehen, wie er sich gegen jeden Schritt gewehrt hat! Du darfst diese Mühe nicht umsonst sein lassen!" Legolas' Ton hat sich beinahe in ein Flehen verwandelt, doch immer noch ist Thranduil nicht bereit, dieses Geschöpf in seinen Verliesen zu verwahren.
„Ich weiß nicht, was wir Aragorn und Mithrandir schuldig sind, dass wir jetzt für sie diesen Gollum verwahren und sicherstellen sollen. Soll Aragorn ihn doch nach Imladris zu Elrond bringen. Der wird Aragorn sicherlich keine Bitte abschlagen."
„Adar, als wir dort draußen waren, wurden wir angegriffen. Taudir wurde schwer verletzt. Seine Verletzung soll nicht umsonst gewesen sein."
„Ihr wurdet angegriffen? Weshalb erzählst du mir davon erst jetzt?"
„Ich kann schwerlich von zweierlei Dingen gleichzeitig erzählen, und in diesem Moment erschien mir der Verbleib Gollums wichtiger, auch wenn es um ein Elbenleben geht. Doch im Moment kann ich nichts weiter tun, als zu beten, dass Taudirs Stärke ausreichen möge, um das Gift zu besiegen. Deshalb erzählte ich dir das nicht als erstes."
„Wie konnte das passieren? Mit wie vielen Männern bist du hinausgegangen?"
„Wir waren zu sechst, dazu Mithrandir und Aragorn. Doch wir waren langsam unterwegs, Gollum wehrte sich stets und Mithrandir verließen gegen Ende unseres Marsches die Kräfte."
„Wegen dieses Gollums sind sie hergekommen, nur ihretwegen muss dieser tapfere Krieger nun um sein Leben kämpfen? Wir sollten dieses Geschöpf töten, das allein wäre die gerechte Strafe!"
„Es wird einen Grund haben, weshalb Mithrandir und Estel ihn hierher gebracht haben, adar!"
Legolas verstand seinen Vater einfach nicht. Wie konnte er so kalt sein, wie konnte er es ablehnen, dem abgekämpften Mithrandir zu helfen, Taudirs Kampfeskraft zu ehren? Legolas wusste, dass sein Vater das Wohl seines eigenen Volkes über das aller anderen stellte, doch so ein Verhalten war für den jungen Elben nicht nachvollziehbar.
„Irgendwann, ion nín, wirst du mich verstehen können. Ich kann meine Krieger nicht für das Bewachen und Versorgen dieser abscheulichen Kreatur abstellen, ich brauche alle Männer zur Sicherung der Alten Waldstraße! Das solltest du als anhall-i-thirn doch am besten wissen."
„Adar, ich werde Estel und Mithrandir nicht mit diesem Gollum wegschicken!"
„Legolas, was du tust, habe immer noch ich zu entscheiden! Nicht nur als dein Vater, sondern auch als dein König!"
Thranduil erhielt keine Antwort, nur einen kalten Blick aus den sonst so fröhlichen braunen Augen seines Sohnes. Mittlerweile waren die beiden Elben vor der Tür zu Legolas' Gemächern angekommen. Ohne seinen Vater noch eines Blickes zu würdigen, betrat der junge Elb seine Gemächer und warf die Tür hinter sich mit einem lauten Knall zu. Thranduil zuckte zusammen. So wütend hatte er seinen Sohn erst sehr selten erlebt. Nachdenklich betrat er seine eigenen Gemächer. Bevor er sich zur Ruhe begab, dachte er noch lange über Aragorn, Mithrandir, Taudir, seinen Sohn und Gollum nach.
***
Adar: Vater
Ion nín: Mein Sohn
Ada: Persönlichere Form von Adar, so etwas wie Papa
Anglennar: Sie nähern sich
***
Tja, das war das Kapitel. Diesmal mit etwas mehr Action als das erste. Ich hoffe natürlich, es hat euch gefallen. Über Reviews würde ich mich riesig freuen!
Liebe Grüße
Annaeru
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