TÜRCHEN ZWÖLF Tag 23; 0:05 Fall Nummer Drei
"Herein."
Ich hatte absolut keine Lust, jemanden zu begegnen, doch etwas anderes fiel mir nicht ein. Es konnte sowieso jeder hineinkommen, ich hatte einfach keine Lust, die Tür zu verbarrikadieren.
Die Tür schwang auf und ein etwas älteres Paar kam hinein. Ich hatte das Gefühl, die beiden schon gesehen zu haben, doch ich erinnerte mich nicht daran, woher. Vorsichtig richtete ich mich etwas auf, soweit es in den neuen Trümmern jedenfalls möglich war.
"Wer sind Sie?", fragte ich.
"Mister und Misses Jellouns aus dem Haus gegenüber."
Und schon wieder Nachbarn ... Wieso hatten Nachbarn immer das Talent, die besten Freunde oder die schlimmsten Nervensägen zu sein? Kaum wollte man ein einziges Mal alleine herumheulen, kamen schon wildfremde Nachbarn an, die bestimmt auch noch Hilfe brauchten.
"Wobei kann ich Ihnen helfen?" Ich versuchte, möglichst wenig genervt zu klingen, auch wenn es mir schwerfiel. Sozial bin ich eben nie wirklich gewesen.
Die Frau stupste den Mann mit dem Arm an, der mich hilflos anblickte. Ich ließ mich wieder nach hinten sacken. Offenbar würde das hier eine Weile dauernd.
Nach ein paar Minuten fing Misses Jellouns doch an zu reden. "Wissen Sie, wir haben nur eine kleine Rente. Wir können uns deshalb nicht viel leisten. Doch jetzt werden die Mieten für die Wohnungen um fünfzwanzig Pfund erhöht." Dann brach sie einfach ab, doch ich konnte mir schon denken, worum es dieses Mal ging.
"Erzählen Sie weiter."
"Also ... Diese fünfzwanzig Pfund pro Monat haben wir nicht. Es ist zwar nicht viel, aber wir haben schon so nur dreißig Pfund für sonstige Ausgaben übrig. Doch wenn wir nicht bis Ende des Monats das Geld nicht auftreiben, dann sind wir obdachlos."
Und wieder ein Geldproblem ... Ich hätte es mir eigentlich denken können, schließlich konnte jemand, der in so einer Wohnung hauste, nicht sehr reich sein. Mal abgesehen von mir und unserem Lord, also dem neunten Stockwerk von Haus Nummer 17.
"Und ich soll mit dem Vermieter reden?"
"Vielleicht wird er Gnade walten lassen, wenn Sie ihm beweisen, dass alle Menschen von Gottes Liebe lernen sollten und nicht die finanziellen Werte über den Wert der Liebe stellen sollten. Denn nur Liebe wird die Menschheit eines Tages erretten."
Ich verschluckte mich an meiner Spucke und fing an zu husten. Das war ja schon eine halbe Predigt! na gut, vielleicht nicht, aber ich war schon vor so langer Zeit in der Kirche gewesen, dass ich es nicht beurteilen konnte. Klang aber fast wie in einem dieser abgedrehten Engelfilme, in denen irgendwelche Leute plötzlich leuchten und von Gottes Liebe reden. Ich habe mich immer schon gefragt, ob die dabei clean waren. Das Pärchen hier wirkte aber noch halbwegs bei Verstand und torkeln taten sie auch nicht.
"Ich werde mein Bestes versuchen. Wie heißt er überhaupt?"
"Mister Genter."
Mit dem Namen konnte ich absolut nichts anfangen. Wer auch immer das war, er war also nicht sonderlich reich. Doch Leute zu kündigen, weil er monatlich fünfundzwanzig Pfund weniger bekommen würde, war absolut unmenschlich. Und deshalb nahm ich meinen dritten Fall an.
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