TÜRCHEN SIEBZEHN Tag 20; 16:19 Vater und Sohn

Herr Vater öffnete die Tür und legte einen Ordner auf den Tisch. 

"Guten Tag, Herr Vater. Wie ist Euer Befinden heute?" 

"Ausgezeichnet, James, Ausgezeichnet. Doch du erinnerst dich sicherlich noch an Punkt vier unseres Vertrages?" 

Ein kalter Schauer lief mir über den Rücken. Offenbar hatte er schon die Liste an passenden Ehefrauen zusammengestellt. Schon einmal musste ich es durcharbeiten, und hatte doch zu seiner Enttäuschung keine passende gefunden. Viele, die er trotz meiner Ablehnung hierher geschickt hatte, waren einfach nur hochnäsig oder komplett naiv gewesen. Dass meine beiden Brüder geheiratet haben, war schon verwunderlich, denn anfangs hatten sie eine ähnliche Abneigung empfunden wie ich. 

"Natürlich, Sir." Innerlich bereitete ich mich schon auf einen langen Monolog seinerseits vor. Er würde sicherlich nur die reichsten jungen Damen ausgesucht haben, deren Väter meist Freunde von ihm waren, insofern man seine Vorstellungen von Freundschaft mit den gängigen vergleichen kann. 

"Nun gut." Er klappte den Ordner auf und sofort stach mir ein breites falsches Grinsen ins Gesicht. 

"Michelle Kramper. Tochter von Nolan Kramper. Besitzt einen Wert von einer halben Milliarde. Gut gebaut, noch nie vergeben und ihr Vater ist bereit, sie an dich zu verheiraten, soweit sie mit zwanzig Prozent an jedem Gewinn aus baldig ihren und deinen Firmen beteiligt wird." 

Übelkeit stieg in mir während seinen Worten hoch. Nein, sie kam sicher nicht Frage, so wie auch jede andere in seiner ellenlangen Liste der Vorschläge. 

"Ich würde gerne die anderen Vorschläge hören, bevor ich mich entscheide, Sir." 

"Nun gut." Herr Vater blätterte die Seite um. Die nächsten zehn Minuten bekam ich kaum mehr mit, da sie sowieso alle gleich waren, egal, ob sie nun Michelle, Catherine oder Ella hießen. Der Wert von jeder betrug zwischen zehn Millionen und einer Milliarde. Es war wirklich großzügig von Herr Vater, mir auch die schlechten Angebote zu unterbreiten, wo es letztes Mal doch wenigstens fünfundzwanzig Millionen sein sollten, in die ich reinheiraten sollte. 

Die Seiten, die ich ablehnte, wurden mehr und die, die übrigblieben, weniger. Nur noch fünf Angebote hatte er für mich, von denen ich eine bis zum Wochenende einladen sollte. 

"Elisabeth Angel. Tochter von Henry Rancester, dem kürzlich verstorbenen Multimillionär, einer meiner engsten Freunde. Besitzt einen Wert von einer halben Milliarde Dollar, auch wenn dies noch nicht öffentlich bekannt ist. Sie selbst hat den genauen Wert noch nicht erfahren, da sie erst an ihrem Geburtstag darauf zugreifen kann. Gut gebaut, leider sehr chaotisch und nicht sehr diszipliniert, dafür aber naiv und durch den kürzlichen Verlust ihrer Schwester stark erschüttert. In den nächsten Wochen wäre die ideale Chance, um sie zu einer Hochzeit zu überreden. Die Bedingung von ihrem Vater ist, dass Kinder aus dieser Verbindung entstehen müssen, die seinen Namen tragen sollen. Ob eigene oder andere ist dabei irrelevant." 

"Auf keinen Fall! Entschuldigung, Sir, allerdings würde ich diese Person unverzüglich aus der Liste entfernen." 

Verwundert musterte mich Herr Vater. Sicherlich hatte er sich große Chancen erhofft, dass ich diesem Vorschlag zustimmen würde. Doch ich und Elisabeth, das war unmöglich! Nie im Leben würde ich sie so ausnutzen. 

"So wie du darauf reagiertest, würde ich sie doch in der Liste lassen, bis du mir einen triftigen Grund zur Entfernung aus ebendieser berichtest. Natürlich, dieser Mädchen hatte nie viel Benehmen gehabt und ihre Putz- sowie Kochkünste lassen deutlich zu wünschen übrig, wie ich es auf einem Weihnachtsessen bei meinem werten Freund unerfreulicher Weise am eigenen Leibe erfahren musste, aber dies ist kein Grund, die halbe Milliarde Pfund abzuschlagen." 

Ich schluckte. Wie sollte ich ihm nur erklären, dass ich sie schon kennengelernt hatte, ohne anzudeuten, dass sie der Grund für meine Rückkehr war? Er wäre entzückt gewesen und hätte sie sofort eingeladen. 

"Es gibt eben diese beiden anderen reichen Kandidatin mit einem ebenso großem Vermögen ..." 

"Michelle und Gabriella, beliebtest du das zu sagen, James?" 

 "Ja, Sir. Und beide sind durchaus ..." Ich suchte nach passenden Argumenten, fand jedoch nichts, was nicht ebenso auf Elisabeth zutraf. Und auch wenn ich Lügen verabscheute, musste ich letztendlich zu einer greifen. "Sie sind beide viel hübscher und würden in den Augen der Presse ein sicherlich besseres Bild abgeben." 

"Also gut, James. Dann hast du dich für diese beiden entschlossen." 

"Noch nicht vollends, Herr Vater, allerdings könnten wir zum Wochenende eine der beiden einladen. Ich werde mir in den nächsten Tagen überlegen, welche wir hier zum Diner willkommen heißen werden." 

Ein kurzes kaltes Lächeln huschte über Vaters Gesicht, bevor er den Ordner zuklappte. "Ich wusste, du würdest dich entscheiden, mein Sohn. Es ist die richtige Entscheidung, mein Lieber." 

'Mein Sohn.' Wie sehr verabscheute ich es, wenn er das sagte. Für ihn war es ein Lob, doch der Blick, der dabei an mir haftete, war weder familiär noch freundlich. Im Gegenteil, er sah mich an wie einen seiner Arbeiter, die gerade von ihm gekündigt worden sind. Er zeigte damit auf, dass er gewonnen hatte und nicht, dass er jemanden wirklich wertschätzte. 

"Vielen Dank, Herr Vater. Es war sehr angenehm, mit Ihnen Geschäfte zu machen." 

"Natürlich, mein Sohn. Ich freue mich, dass du langsam dein Erbe antrittst und ein echter Evil wirst, wie wir schon seit Jahren von dir erwarteten." 

Er ging und ließ mich allein im riesigen Saal zurück. Ich würde ein echter Evil werden. Das, was ich mein Leben lang vermeiden wollte. Aber es gab keinen anderen Weg für mich. Ich musste das Erbe antreten. Ich war sowieso schon hilflos verloren. 

Ich sackte nach vorne und nichts hielt mich vom Fall ab. Der kalte Mamorboden ließ mich frösteln und innerlich fiel ich viel tiefer, als mein Sturz auf den Fußboden war. Es gab kein Zurück mehr. Ich war ein Evil und ich musste mein Erbe antreten, so wie es Vater gewollt hat. Ich hatte einen Pakt mit dem Teufel aus dem Diesseits getroffen und daran konnte man nichts ändern. 

Tränen tropften auf den Boden und mein feiner Anzug saugte sich damit voll. Ich wusste nicht, weshalb ich weinte, wenn doch alles schon vorbei war. Wenn mein Schicksal doch schon entschieden war. Doch all die Verzweiflung floss aus meinen Augenwinkeln heraus, nur um sich in meine Kleidung zu saugen, die eine endlose Leere, die früher durch meine Seele gefüllt war, umhüllte. Ich war verloren. 

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