Nachts am Bahnhof
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Mina 👣: Du bist immer da. Deswegen hab ich ja auch dir geschrieben
lil' L. ☮: Es gibt so Tage, da will ich meine Eltern einfach so lange abfucken bis sie mir ein Zugticket zu dir besorgen. Dann würd ich circa 10h später vor deiner Haustür sein und du wenigstens hoffentlich kurz lächeln.
Leider is' das nich' so gut umsetzbar in der Realität.
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Irgendwie hatte sie es doch geschafft. Nach monatelangem Nerven.
„Mama? Ich geh' jetzt zur Mina, is' mir egal, was du davon hältst! Ihr geht's mies, ich will sie einfach nur in den Arm nehmen... Außerdem sind Ferien! Gib mir doch bitte einfach das Geld... Ich zahl's dir zurück... Aber bitte Mama...", sie wirkte flehend, fast bettelnd. Lag eventuell daran, dass sie es war?
Ihre Mutter seufzte: „Und du willst jetzt zu ihr? Du musst doch Koffer packen, die Bahnlinien raus suchen... Und außerdem ist es schon 17 Uhr! Bis du da ankommst-"
„Ja. Jetzt", fiel sie ihr ins Wort. Sie wirkte entschlossen. Sehr entschlossen.
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Eine gute Stunde verging.
Sie und ihre Mutter standen am Berliner Hauptbahnhof und warteten auf den Zug, der sie in die Schweiz bringen sollte- beziehungsweise zum ersten Zwischenstopp.
Sie konnte es nicht wirklich glauben... Sie hatte es geschafft! Sie würde jetzt spontan zu ihr fahren! Allerdings... Sie hatte auch ihre Sorgen. Sie musste zwei Mal umsteigen und sie war nervös. Sie dachte, dass sie irgendwas in der Eile und Aufregung vergessen hatte... Oder dass sie das mit dem Wechseln der Züge nicht richtig hinbekommt...
Mina hat sie nicht bescheid gesagt. Es sollte eine Überraschung werden.
Wird schon schief gehen...
Die Bahn fuhr nach einer gefühlten Ewigkeit endlich in den Bahnhof ein.
Sie schluckte schwer, lächelte ihre Mutter schief an, schulterte ihren Rucksack nochmal richtig und stieg dann mit einem leisen „Bis nächsten Freitag, Mama..." ein, als der ICE seine Türen öffnete. So hatte sie es mit ihrer Mutter abgesprochen- bis Freitag... Mina würde sie schon nicht wegschicken... Hoffentlich.
Sie ging durch den ICE und suchte nach einem freien Platz. Sie war eigentlich total geschafft, kaputt, müde als auch fertig von diesem Tag... Es war zwar nur Zeugnisabgabe... Aber es war trotzdem kein sonderlich schöner Tag gewesen, abgesehen davon, dass sie in der Nacht davor nur ziemlich wenig geschlafen hatte.
Sie setzte sich an das Fenster auf einen freien Zweierplatz und legte ihren Rucksack neben sich. Danach machte sie den Reißverschluss ihres Rucksackes auf, kramte nach ihrem Brillenetui und verstaute ihre Brille darin, nachdem sie sie abgenommen hatte. Die Brille war gerade einfach irgendwie störend- und sie brauchte sie ja gerade nicht. Sie nahm gleich noch ihre In-Ears aus dem lilanem Eastpak, steckte die sich ins Handy und lies ihre Playlist auf Zufallswiedergabe laufen... Die Songs, auf die sie keine Lust hatte, skippte sie. Nach einer Weile meldete sie sich im WLAN dort an und sah ein paar YouTube-Videos... Die erste Zugfahrt ging recht schnell vorbei. Es regte sie nur irgendwie auf, dass sie diese arschteure Karte kaufen musste und niemand gekommen ist, um sie zu kontrollieren.
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Mina war inzwischen wieder bei sich Zuhause angekommen. Total fertig von dem Training warf sie ihren Turnbeutel in irgendeine Ecke ihres Zimmers, nachdem sie kurz „Hallo" zu ihren Eltern gesagt hatte. Sie steckte ihr Handy ans Akkuladekabel und schrieb in die Roleplay-Gruppe, dass sie zurück sei und nur noch kurz duschen gehen würde...
Sie, mittlerweile im zweiten Zug, las die Nachricht so ziemlich sofort. Sie antwortete schnell noch und grinste vor sich hin. Das Handy legte bereit für Mina, die meistens nur so zehn Minuten oder weniger zum Duschen brauchte. Sie machte ihren Bildschirm bis dahin aus, lauschte einem Rap von Eminem und schaute es dem Fenster... Es hatte zu regnen begonnen. Sie liebte regen... Und wenn man dabei in einem Zug oder in einem Reisebus -am besten Nachts- saß, hatte es irgendwie noch ein besonderes, magisches Feeling. Aus dem Grinsen wurde ein leichtes Lächeln und sie driftete mit ihren Gedanken ab- bis Mina ihr im Privatchat schrieb, dass sie nun voll und ganz zu haben wäre.
Die zweite Zugfahrt war die längste von den Dreien. Sie nahm demnach ihr Handy wieder, machte es an und hörte sich an, wie scheiße das Training heute war...
Vielleicht kann ich sie ja wirklich kurz zum Lächeln bringen, wenn ich vor ihr stehe...
Sie antwortete, dass der Tag ja heute geschafft wäre und sie ja jetzt noch ein bisschen roleplayen konnten oder so...
Das taten die dann auch. Es war ungefähr halb neun, als sie anfingen... Und sie chatteten noch spät bis in die Nacht. Bis 4 Uhr morgens. Mina schrieb, dass sie schlafen gehen würde. Sie wünschte ihr eine gute Nacht, sah auf die Uhrzeit uns lächelte, als sie sah, dass sie wieder so lange geschrieben hatte... Sie lächelte noch ein bisschen mehr bei dem Gedanken, dass sie sie in ein paar Stunden fest in den Arm nehmen konnte. Sie war zwar schlafen gegangen- aber irgendwie schaffte sie es schon zu ihr. Sie dachte sich, dass sie sich einfach nicht zu viele Gedanken machen sollte. Sie war im Zug zu einer ihrer besten Freundinnen- ein zurück gibt es eh nicht mehr. Und sie wollte auch nicht zurück.
Die Fahrt ging nach einer gefühlten Ewigkeit für sie zu Ende. Sie stieg aus und war irgendwie in Panik. Sie hatte Angst, dass sie das richtige Gleis nicht finden würde oder glatt die Bahn verpassen würde! Sie stieg aus der Bahn und suchte die dritte -und letzte- Bahn, die sie in den Ort von Mina bringen sollte. Die Panik war, sie sich herausstellte, nicht nötig gewesen. Das Gleis fand sie, indem sie einmal schnell wen danach fragte und als sie ankam, zeigte die Abfahrttabelle an, dass ihr Zug in vier Minuten kommen sollte... Okay. Vier Minuten zum Sammeln! Sie beruhigte sich, weil sie immer noch den Adrenalinschub wegen der Angst hatte, dass sie die Bahn nicht finden würde und grinste danach weiter vor sich hin, während sie auf einer Bank sitzend ein wenig nervös mit ihren Füßen, die in ausgelatschten Adidas steckten, hin- und her wippte. Die Wartezeit kam ihr viel zu lange vor, obwohl die Bahn sogar zu früh kam.
Sie stieg ein und suchte sich schnell wieder einem Platz. Die Fahrt war die kürzeste von allen.
Gut... Eine Stunde noch. Eine Stunde, dann kann ich sie endlich in den Arm nehmen... Boah, wenn das jetzt ein Traum is', das wär' so mies...
Die Fahrt zog sich, wie nicht anders erwartet, hin wie ein Kaugummi. Allerdings fand alles mal ein Ende und ehe sie sich versah stand sie Nachts am Bahnhof... Okay, es war schon morgens- aber sie hatte nicht geschlafen und es war noch dunkel. Es war Nacht für sie.
Einem fremden Bahnhof in einem anderen Land.
Am gestrigen Morgen konnte sich nicht einmal im Traum denken, dass sie jetzt hier wäre.
Sie schaute auf ihr Handy. Kurz nach sieben Uhr morgens. Wenn sie Glück hatte, war Mina schon wach... Wenn nicht, dann wird sie so lange bei ihr anrufen, bis sie wach werden würde.
Sie schrieb ihr "komm zum Bahnhof. Da wartet wer auf dich x)" und grinste wieder blöd vor sich hin. Allerdings wurde sie auch langsam müde und gähnte kurz.
Mina kam nicht online.
Sie rief sie an. Ungefähr 10 Mal, bis sie endlich abnahm.
„Hallo...? Was ist denn los...?", fragte sie verschlafen.
„Lies deine WhatsApp-Nachrichten und frag' einfach nicht weiter nach!", danach legte sie auf.
Mina war total verwirrt, öffnete WhatsApp und ging auf den Chat der beiden. Ihre Augen weiteten sich und ehe sie einmal "Lol" schreiben konnte, war sie schon am Bahnhof.
„Locki!", rief sie breit lächelnd.
„Yes, Girl, live und in Farbe", sagte sie und lachte leise.
„Du.. Ähh.. Was?!", sie wirkte ein bisschen überfordert. Aber sie war gerade auch erst aufgestanden und dachte selbst, dass das einfach nur ein schöner Traum war.
„Halt doch einfach die Klappe und nimm' mich in den Arm, ich hatte eine lange Reise hinter mir...", sagte sie wieder sehr breit grinsend.
Sie nickte nur energisch, breitete ihre Arme aus und rannte quasi auf Locki zu und nahm sie fest in den Arm. Sie erwiderte die Umarmung sofort und so standen sie da gute 10 Minuten bis sie irgendwann zu ihr nach Hause gingen...
×××
Hab' dich lieb, HolyMacaronixD. Wenn (noch!!) nicht irl, wieso nicht hier?
<3
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