Kapitel 20

Als sie wieder aufwachte, war das Erste, woran sie dachte, dass sie nicht in der Katzenwelt gewesen war. Und das zweite, was ihr einfiel, war, dass ihr das eigentlich sehr gut gefiel. Ihr dritter Gedanke gefiel ihr gar nicht. Sie hatte nämlich vergessen, ihren Eltern Bescheid zu sagen, dass sie bei Theo war. Noch schlimmer: ihre Eltern wussten noch nicht mal, dass sie überhaupt aus dem Haus gegangen war!

Hoffentlich machten sie sich nicht allzu große Sorgen!

Olivia ließ sich von Theo das Telefon geben und rief ihre Eltern an. "Bei Kelters."

Ein Glück, sie waren zu Hause.

"Hallo Papa, hier ist Olivia."
"Sag mal, wo bist du? Sandra, sie ist da!"
"Ich bin bei Theo..."
"Wie kommts?"

Sie konnte ihm doch nicht sagen, dass sie sich verirrt hatte. Wie käme das denn bitte rüber?

"Ich...hmm...hatte mir eine CD von ihm ausgeliehen und musste sie noch zurückbringen."
"Und da kannst du nicht Bescheid sagen?"
"Tut mir leid..."
"Wie sprechen nachher noch, schön, dass du auf die Idee gekommen bist, dich zu melden!"
Aufgelegt. "Scheiße...", Olivia fluchte leise. "Alles gut?" Ky war aus seinem Totenschlaf auferstanden und goss sich ein Glas Wasser ein. "Wird wieder, ich hatte so Schiss. Ich hab kein Plan, was das war." Ky stürzte das Wasser runter und spielte mit dem Glas.
"Ich aber..."
"Okay und was?" Etwas zu heftig nahm sie ihm das Glas aus der Hand und stellte es in die Spülmaschine.
"Komm mal mit."
Olivia folgte Ky ins Bad. Er drehte drehte ihr den Rücken zu.
"Was denn jetzt?"
Er murmelte:"Warte kurz..."

Was zum Teufel machte er da?

"Okay also wenn dich das jetzt erschrecken sollte, dann...tut es mir leid...aber ich bin mir eigentlich ziemlich sicher."
"Ich warte..."
Er legte irgendwas auf den Waschbeckenrand und drehte sich zu ihr um.

Heilige Scheiße!

Solche Augen hatte nur einer.
"Was?! Das kann nicht sein! Goldpfote?"
"Ja"
"Ach du scheiße."
"Kannst du wohl sagen! Ich fand es auch total krass, als ich erfahren hab, dass du du bist."
Das war ja alles schön und gut aber was war eben mit ihr los gewesen?
"Ky also...ähh...Goldpfote, was war das eben, dieser Anfall?"
"Also das ist schwierig zu erklären."
"Bitte Versuch es!"
"Wie bist du zur Nachtkatze geworden?"
"Ich hatte einen Unfall und als ich bewusstlos war, war ich plötzlich im Wald."
"Dass das nicht normal ist, weißt du?"
"Nein"
"Normalerweise ist es angeboren, es wird vererbt, aber nicht alle Kinder, von denen ein Elternteil, oder beide, Nachtkatzen sind, sind selber welche."
"Das heißt, das meine Eltern?"
"Nein warte, es kann sein, dass deine Eltern Nachtkatzen sind, oder einer von beiden, aber es muss nicht. Die Gene können über Generationen weiter gegeben werden, ohne dass jemand zur Nachtkatze wird. Aber bei dir bin ich mir da nicht so sicher. Denn die Umstände, die bei dir zum Erwachen des Nachtkatzen-Seins geführt haben sind ziemlich...sagen wir...außergewöhnlich."
"Außergewöhnlich?"
"Normalerweise werden die Gene mit dem Eintreten in die Pubertät aktiv."
"Oh."
"Aber du bist nicht der einzige Fall, dem es so passiert ist wie dir. Federgras ist einige Wochen vor dir bei uns aufgetaucht auch durch einen Unfall und jedenfalls hatte sie auch so einen Anfall, wie du."
"Erzähl weiter!"
"Naja, danach hatte sie immer Panik, in die Nachtwelt zu treten, hat versucht, das Schlafen zu verhindern und so. Und da wurde mir klar, dass sie vorher Beruhigungsmittel bekommen hatte, die dann plötzlich abgestellt wurden. Und weil sie tagelang nach dem Unfall nichts ungewöhnliches bemerkt hat, muss es eine Spritze gewesen sein, die sie im Krankenhaus bekommen hat. Und mit den Informationen aus dem Gespräch von Eisstern und Felskralle und einem weiteren Gespräch, was ich belauscht habe, kurz bevor Federgras bei uns aufgetaucht ist, habe ich dann meine Schlüsse gezogen."
"Und die wären?"
"Felskralle ist Arzt in der Notaufnahme. Er injiziert bewusstlosen Jugendlichen ein Sekret aus Nachtkatzenblut und Beruhigungsmitteln. Dadurch wird man zur Nachtkatze und findet das ganze am Anfang gar nicht komisch. Aber dann wenn die Beruhigungsmittel nachlassen bekommt man total Panik."
"Und der Anfall?"
"Da habe ich die Theorie, dass in dem Sekret Irgendwas ist, damit dein Immunsystem das Blut nicht abstößt und wenn das abgebaut ist, genauso, wie die Beruhigungsmittel, entsteht dieser Anfall."
"Und was kann ich jetzt machen?"
"Also ich weiß nicht, wie das jetzt weiter geht, weil du hast ja jetzt Nachtkatzen Gene und dein Körper reagiert im Körper gerade nicht oder?"
Olivia schüttelte den Kopf.
"Das heißt, du müsstest eigentlich Nachtkatze bleiben. Ist das sehr schlimm?"

War das schlimm? Es war immer noch ungewohnt aber eigentlich hatte sie es doch lieb gewonnen.

"Heute Nacht war ich aber nicht da."
"Das haben wir auch bei Federgras bemerkt und zwar werden durch den Anfall sowohl dein Katzen- als auch dein Menschenkörper erschöpft und deswegen müsstest du zum Ausgleich in beiden Welten gleichzeitig sein, aber weil das nicht geht, landet man in keiner. Das passiert auch wenn beide Körper krank sind, wobei das sehr selten ist."
"Woher weißt du das alles?"
"Ich will Medizin studieren und außerdem, wenn man sich mal länger damit beschäftigt und außen vor lässt, dass dieses Katzending völlig Psycho ist, dann werden gewisse Zusammenhänge deutlich."
"Okay aber das was Felskralle da macht, wer weiß davon und wie soll das weiter gehen?"
"Das weiß ich nicht aber Eisstern weiß auf jeden Fall davon und ich werde ihm auf jeden Fall sagen, dass wir es wissen."
"Felskralle hat mir verboten meine Menschliche Identität einer Nachtkatze anzuvertrauen, was jetzt, wo wir wissen, wer wir sind?"
"Ich weiß ja auch, wer Federgras ist und soweit ich weiß, wohnen alle aus unserem Lager in dieser Stadt, was ja auch Sinn ergibt, wenn Felskralle einige von uns im Krankenhaus tauft und..."
"Tauft?!" Unterbrach Olivia ihn.
"Ich dachte, weil man ja in die Gemeinde aufgenommen wird..."
"Hallo da drin?! Was macht ihr da?"
Sie zuckten beide zusammen, als Theo gegen die Tür schlug. "Olivia war schlecht und deswegen sind wir auf Toilette gegangen", log Ky und setzte schnell die Kontaktlinsen wieder ein. Dann schloss er auf. Theo musterte sie misstrauisch. "Also los, was war das eben?"
Ky drehte sich zu Olivia und sah ihr in die Augen. "Ich glaube, du solltest jetzt besser nach Hause gehen. Ich bringe dir dein Fahrrad nachher vorbei."
Sie fragte nicht, woher er ihr Haus finden sollte. Sie wunderte sich über gar nichts mehr. Sie schnappte sich die Tüte mit ihren Klamotten und machte sich auf den Weg.

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