Nachspiel
Sabine war nicht sofort aufgefallen, dass etwas nicht stimmte, und sie fühlte sich furchtbar, weil sie erst jetzt bemerkte, dass es Ezra auch körperlich nicht besonders gut ging.
Nachdem er und Kanan von Malachor zurück gekommen waren, hatte sie den Padawan nur kurz zu Gesicht bekommen. Ezra hatte sich nach ihrer Rückkehr sofort in seinem Zimmer eingesperrt, und es seitdem kaum verlassen. Er hatte Hera nicht mal ansehen können.
Erst, als er sich ein paar Tage später im Gruppenraum blicken ließ, fiel Sabine auf, dass Ezra nicht mehr normal lief, sondern das eine Bein fast nur noch hinter sich her schleifte.
Sie hätte mit ihm gern über das Vorgefallene geredet, aber das wollte er nicht, und sie würde ihn nicht zwingen, sich zu öffnen... auch wenn es ihm vielleicht gut getan hätte. Kanan hatte ihnen erklärt, was vorgefallen war... Dass Ezra sich die Schuld daran gab, und deshalb Abstand wollte.
Die Mandalorianerin konnte sich denken, warum Specter sechs gerade jetzt sein Zimmer verließ. Außer ihr und ihm war momentan niemand da, der ihn hätte auf das ansprechen können, was vorgefallen war. Zeb war auf einer Besprechung, stellvertretend für Hera, welche, jetzt, da Leena friedlich schlief, versuchte, Kanan davon zu überzeugen, zurück zum Schiff zu kommen. Der ehemalige Jedi kam nicht damit klar, dass er seiner Frau in seinem jetzigen Zustand nicht nur nicht helfen konnte, sondern ihr sogar noch mehr Arbeit machte, als sie ohnehin schon gehabt hatte. Deshalb hatte er beschlossen, sich bis auf weiteres in Atollons Einöde zu verziehen – so lange, bis er gelernt hatte, mit der Situation umzugehen. Und das gefiel der Twi'lek ganz und gar nicht. Sie wollte nicht, dass er glaubte, das alles allein durchmachen zu müssen... Und der Mandalorianerin ging es mit Specter sechs ähnlich.
Dadurch, dass Sabine Ezra jetzt zu Gesicht bekam, bemerkte sie sofort, dass etwas mehr als nur nicht stimmte. Er schien kaum laufen zu können.
„Du bist verletzt, oder?", versuchte sie, ihn darauf anzusprechen, aber er winkte ab. »Ich hätte ihn viel früher durchchecken müssen. Eigentlich schon sofort nachdem sie zurückgekommen sind.«
Dass Hera dazu nicht in der Lage gewesen war, machte sie ihr nicht zum Vorwurf. Aber zumindest sie selbst, die so viel Wert darauf gelegt hatte, dass er heil wiederkam, hätte darauf achten müssen, hätte überprüfen müssen, ob zumindest körperlich mit ihm alles in Ordnung war – dass es das seelisch nicht war, war offensichtlich. Er war immerhin ihr bester Freund, und, so sehr er sich auch verschloss... sie merkte diese Dinge. Weil sie dieses Verhalten kannte. Ein wenig von Tristan... aber am allermeisten von sich selbst.
„Es ist nichts weiter", beharrte Ezra seelenruhig und wandte sich dann von ihr ab, um ein Glas aus dem Schrank zu nehmen.
Aber so leicht ließ sie sich nicht abwimmeln.
„Du humpelst. Das ist definitiv nicht »nichts weiter«, hörst du?"
Wenn er sich schon sonst nicht von ihr helfen lassen wollte... wenigstens darum wollte sie sich kümmern.
„Ich laufe immer so", beharrte der Junge trotzig, woraufhin sie die Augen verdrehte und ihn skeptisch anschaute. „Du willst, dass ich dir beweise, dass es nicht weiter schlimm ist? Schön."
Specter sechs lief durch den Raum, hin und her, sein Bein nun vollständig belastend, aber schon nach ein paar Schritten waren ihm Tränen in die Augen geschossen und dann knickte das offenbar verletzte Bein, jetzt, wo er es voll belastete, einfach unter dem Gewicht weg. Er landete mehr als unsanft auf dem Boden und schrie auf, und sie war sich nicht sicher, ob es vor Überraschung war, oder vor Schmerz. Danach versuchte er jedenfalls nicht einmal, wieder hochzukommen, was mehr für die zweite Option sprach als ihr lieb war.
„Ich werde auf der Stelle das Bacta holen", erklärte sie und verschwand in Richtung Medi-Station.
Als sie zurück kam, hatte Ezra sich kein Stückchen vom Fleck bewegt, und sie befürchtete, dass das wohl mehr daran lag, dass er nicht konnte, als daran, dass er endlich vernünftig geworden war und es deshalb nicht wollte. Vorsichtig schnitt sie das Hosenbein auseinander, um sehen zu können, was Specter sechs ihr nicht hatte zeigen wollen: eine üble Schnittwunde am linken Oberschenkel, die sich, weil sie nicht einmal notdürftig verarztet worden war, inzwischen entzündet hatte. Die Stelle war heftig angeschwollen. Sabine hatte das ungute Gefühl, dass das Ganze nicht unabsichtlich geschehen war.
„Wie ist das denn passiert?"
Ezra zuckte die Schultern.
„Weiß ich auch nicht mehr so genau. Bin auf Malachor irgendwo vorbei geschrammt, oder hingefallen, und dann ist es eben passiert. Hat kaum geblutet, schien mir nicht wichtig genug zu sein, um der Verletzung größere Aufmerksamkeit zu schenken. Ist doch nur ein kleiner Schnitt. Ich weiß wirklich nicht, warum du gleich so besorgt bist."
Sie seufzte. Dass diese Wunde ihm nach allem, was auf Malachor passiert war, unbedeutend vorkam, wunderte sie nicht, aber unglaublich dumm war es trotzdem, sie nicht richtig zu verarzten und nicht mal einen Blick auf eine Stelle zu werfen, vom der man wusste, dass sich dort eine Verletzung befand. Ein wenig glaubte sie, dass er es nicht getan hatte, weil er wollte, dass er litt, wegen dem, was er falsch gemacht hatte.
„Dir ist hoffentlich klar, dass das mit einer Blutvergiftung enden könnte, und du daran sterben könntest. Also ja, ich mache mir Sorgen, und ich habe allen Grund dazu", erwiderte sie trotzig und fing vorsichtig an, sein Bein abzutasten.
Er gab sich allergrößte Mühe, nicht vor Schmerz das Gesicht zu verziehen, aber sie zuckte ohnehin fast sofort erschrocken zurück. Seine Haut war heiß, viel heißer, als sie es hätte sein dürfen. Als sie seine Stirn befühlte, bestätigte sich ihr Verdacht.
„Bei den Sternen, du glühst ja", stellte sie besorgt fest, woraufhin er die Augen verdrehte.
„Mir geht's gut", beharrte Ezra und blitzte sie beinahe wütend an, wovon sie sich allerdings kein bisschen einschüchtern ließ.
„Ich werde jetzt die Wunde verarzten, und dann wirst du dich hinlegen und dich gesund schlafen, und wenn ich dich ans Bett fesseln muss", erklärte Specter fünf bestimmt.
„Du solltest dich nicht um mich kümmern", erwiderte er kalt, aber sie ließ sich von ihm nicht von ihrem Vorhaben abbringen.
„Doch. Falls dir nämlich etwas passieren sollte, würde ich mir das nie verzeihen, verstehst du?", erklärte sie und begann, ihm vorsichtig Bacta auf die Wunde zu sprühen, und verband diese anschließend.
Er verzog aufgrund von Kälte und Schmerz das Gesicht, aber er ließ es geschehen, wenn auch nur mit wenig Begeisterung.
„Ich wäre momentan ganz froh, wenn mir was passieren würde. Dann könnte ich zumindest keine Fehler mehr machen, wegen denen jemand von euch verletzt wird", murmelte er und senkte den Blick.
„Hör auf der Stelle auf damit, sowas zu sagen, okay? Was auf Malachor passiert ist, war nicht deine-", begann Sabine, aber Ezra unterbrach sie.
„NATÜRLICH WAR ES MEINE SCHULD! Kanan... Kanan ist blind. Meinetwegen. Und Ahsoka ist meinetwegen tot." Ezras Stimme wurde mit jedem Laut leiser, verzweifelter. „Wenn ich nicht gewesen wäre... wenn ich Maul nicht vertraut hätte, könnten sie beide ihr Leben normal weiterführen. Vielleicht wäre es besser, wenn ich nicht mehr da wäre."
„Bitte sag sowas nicht. Du hättest nicht voraussehen können, dass er euch hintergeht. Du hast nur versucht-"
Specter sechs ließ sie wieder nicht ausreden.
„Ich war dumm, und naiv, und ich habe einen Fehler gemacht, den ich nie wieder werde korrigieren können!", fuhr der Padawan sie an.
Es tat ihm leid, dass er sie so anschrie, denn eigentlich war er nur sauer auf sich selbst und nicht auf Sabine. Ihm wäre es lieb gewesen, wenn sie ihn einfach mit seinem Schmerz allein gelassen hätte. Aber das tat sie nicht. Trotz allem, was er falsch gemacht hatte, war ihre Stimme so voller Überzeugung, so voller Liebe... Es tat ihm beinahe weh, ihr zuzuhören, aber ein Teil von ihm wünschte sich, dass sie nie wieder aufhörte zu reden.
„Ezra... Wir alle machen Fehler. Aber wenn wir uns ewig dafür verantwortlich machen, hilft das niemandem. Und dich auch noch zu verlieren, würde unseren Schmerz nicht lindern, und deine Fehler nicht wieder gut machen. Auf eine gewisse Art und Weise würdest du vor deinen Fehlern weglaufen, um nicht mit ihnen leben zu müssen. Für uns würde es das alles nur noch schlimmer machen. Ist es das, was du wirklich willst?"
Er schüttelte den Kopf. Der Junge hatte Tränen in den Augen.
„Ich möchte nicht, dass nochmal jemand von euch verletzt wird."
„Na siehst du. Jetzt verdonnere ich dich noch zu ein paar Tagen Bettruhe, und dann wird das schon wieder", sagte sie bestimmt, und hoffte, dass er nicht heraushörte, dass sie genau wusste, dass manche Dinge nie wieder gut werden würden.
„Okay, gut, aber... sag bitte nichts Hera. Sie hat momentan so schon genug Probleme."
Sabine hasste den Ton, den er in der Stimme hatte, als er das sagte, aber sie nickte langsam. Sie würde Hera nichts sagen. Aber sie wollte auch nicht, dass Ezra das Gefühl hatte, dass er nur das war. Nur ein weiteres... Problem, das der Crew durch ihre zufällige Begegnung aufgehalst worden war. Der Gedanke war für sie völlig abwegig.
»Das bist du nicht. Wir haben so unendlich viel Glück, dich gefunden zu haben.«
Sie konnte und wollte sich ein Leben ohne ihn nicht mehr vorstellen. Das war ihr jetzt klarer denn je.
Im selben Moment erinnerte sich der Padawan an etwas, das er in all dem Aufruhr vollkommen vergessen hatte. Er griff nach dem Anhänger, den er unter seinem Oberteil verborgen getragen hatte.
„Entschuldige. Nach allem, was passiert ist, habe ich nicht mehr daran gedacht, ihn dir zurückzugeben."
Ezra machte schon Anstalten, ihn abzunehmen, aber Sabine schüttelte hektisch den Kopf. Sie nahm den kleinen Anhänger zwischen die Finger, ohne Specter sechs die Kette von seinem Hals nehmen zu lassen, legte ihn in seine Handfläche und schloss seine Finger darum.
„Ich will, dass du ihn behältst. Es reicht mir nicht, dass du ein Mal zurückgekommen bist. Ich möchte, dass du immer zurückkommst."
Er schüttelte den Kopf.
„Sabine, hör zu. Es wäre mir lieber, wenn du mir den Anhänger gar nicht erst gegeben hättest. Dann wäre ich vielleicht einfach im Tempel gestorben, und... Du solltest ihn zurücknehmen."
„Es wäre nicht besser, kannst du das nicht endlich kapieren?!" Sie schaute ihn fassungslos an. „Du... hör auf der Stelle auf, zu sagen, dass ein Universum ohne dich ein besseres wäre! Das stimmt nicht! Du bist mein bester Freund, und ich will dich nicht verlieren, verdammt! Krieg das endlich in deinen Schädel!"
Die Mandalorianerin packte ihn bei seinen Schultern.
„Ich-", setzte er an, aber sie ließ ihm keine Chance, auszureden.
„Es ist okay, dass du dich fertig machst, wenn es unbedingt sein muss – auch wenn keiner von uns dir die Schuld für das gibt, was passiert ist. Ich kann das gut verstehen. In einer solchen Situation verliert man die Fähigkeit, rational zu denken, sehr schnell. Aber keine Sekunde erlaube ich dir, zu denken, dass wir besser dran wären, wenn wir dich nie gefunden hätten, oder dich auch noch verlieren würden." Sie drückte ihn an sich. Dann stopfte das Mädchen den knallbunten Phönix wieder unter sein Oberteil, damit ihr Gegenüber ja nicht auf die Idee kam, ihn ihr doch noch zurück zu geben. „Du behältst den Anhänger, und du bringst ihn mir wieder. Immer. Keine Wiederrede."
Ezra seufzte. Ihr jetzt zu widersprechen hätte zu nichts geführt... und ihre Worte heiterten ihn tatsächlich auf, wenn auch nur ein wenig.
„Okay. Gut. Schön. Meinetwegen."
Die Umarmung gab ihm so unendlich viel Halt, und es war genau das, was er jetzt brauchte, auch wenn er das nie zugegeben hätte. Und zum ersten Mal, seit er zurück war, lächelte er wieder ein wenig.
Als der Junge anschließend allein in seinem Zimmer lag, war das bisschen Wärme, das er zuvor noch gespürt hatte, verschwunden. Ezra lag in seinem Bett, die Augen geschlossen, doch wie automatisch wanderten seine Gedanken immer wieder zurück zu dem Sith-Holocron. Er fand keinen Schlaf, aber dafür etwas anderes... eine seltsame Art von... Bestimmung, wann immer er das Holocron vor sich sah.
»Wenn ich lerne, seine Kräfte zu nutzen... dann kann ich es verhindern. Dann kann ich verhindern, dass je wieder einer von euch verletzt wird.«
Wenn er das konnte... wenn er tatsächlich lernen konnte, sie zu beschützen, dann hatte sein Leben einen Sinn. Er musste um jeden Preis stärker werden, damit sich das, was passiert war, nie wiederholen würde. Er wusste nur zu gut, dass Kanan das nicht gewollt hätte. Keiner von ihnen hätte das gewollt. Und aus eben diesem Grund war das hier ein Weg, den er alleine gehen musste.
Die Fehler, die er auf Malachor gemacht hatte, würde er nie wieder gut machen können... aber in Zukunft, das schwor er sich, würde er sie alle beschützen. Selbst wenn es ihn das Leben kosten würde.
A/N: Ja, das kommt auch noch... musste erst ein paar der anderen Oneshots vor Staffel drei bearbeiten (womit ich leider auch noch nicht ganz fertig bin, aber der aktuelle Stand ist so, dass es keinen zu sehr verwirren sollte). An dieser Stelle möchte ich jedem, der ein bisschen mehr zu der Zeit nach Malachor lesen möchte, Knorky4 empfehlen. Die Geschichte „A dark fire" ist, besonders für eine erste Geschichte, extrem gut gelungen und verdient wesentlich mehr Reads und Votes, als sie aktuell hat.
Okay, das mache ich sonst eigentlich nie, aber ich denke ich frage einfach mal... gibt es etwas bestimmtes, was einer von euch gerne lesen möchte? Falls ja könnt ihr gerne Vorschläge für Oneshots schreiben – sehr gerne im ZdS Universum, aber es muss nicht zwangsläufig dazu gehören – und ich schaue mal, ob ich etwas damit anfangen kann. Möchte einfach noch gerne etwas kleines schreiben, bevor ich wieder zu nichts komme.
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