XXVII| summer days

4 Monate später...

Eleonora POV

Der erste Juni war ein heißer Sommertag. Die Sonne stand hoch am Himmel und tauchte Hogwarts in einen traumhaften goldenen Schimmer.

Nervös knetete ich meine Hände und sah aus dem Fenster. Es waren kaum Schüler draußen. Nur eine Klasse, die Pflege magischer Geschöpfe hatte und das Hufflepuff-Quidditchteam. Offensichtlich waren sie für ein extra Training von Unterricht freigestellt worden. Sinn ergab das aber auch wenig, weil die Saison schon vorbei ist.

Der Gedanke an Quidditch versetzte mir einen Stich ins Herz. Ich habe die Mannschaft hängen lassen. Ich habe meine Freunde hängen lassen. Ich habe jeden hängen lassen.

Wieder stellte ich mir die Frage, ob es wirklich die richtige Entscheidung war zurückzukommen.

Mein Blick wanderte zur Uhr. Sie müssten normalerweise bald kommen. Der Unterricht hat schon vor 10 Minuten aufgehört und das Abendessen fängt auch bald an.

Ein melodisches Lachen ließ mich aufschrecken. Schnell wischte ich meine schwitzigen Hände an meiner Jeans ab und stand auf, bevor die Tür vom Schlafsaal aufschwang.

Als Lily, Alice, Marlene und Mary mich sahen, blieben sie schlagartig in der Tür stehen. Sie alle hatten ihre Haare zusammen gebunden und die dicken Strumpfhosen der Schuluniform durch dünne Kniestrümpfe ersetzt.

Schüchtern hob ich meine Hand. "Hey, Leute..."

Meine Stimme war unkontrolliert hoch.

"Ach, sieh mal an wer auch mal wieder auftaucht." Mary trat mit verschränkten Armen nach vorne und ließ die Tür geräuschvoll zufallen.

"Hört zu, ich kann verstehen wenn ihr sauer seid-"

Marlene unterbrach mich. "Sauer? Wir sind wütend. Verdammt wütend. Wegen dir haben wir das entscheidende Spiel gegen Rawenclaw verloren."

Verzweifelt sah ich auf den Boden. Lily und Alice sahen mich zwar nicht ganz so wütend, dafür aber wirklich enttäuscht an.

Mein Herz zog sich zusammen. Ich wollte das nicht. Ich wollte meine Freunde nicht hängen lassen.

"Hö-Hört zu, I-ch k-kann-", meine Stimme stockte. Kann ich ihnen überhaupt erklären warum ich weggelaufen bin? Sie werden mich noch mehr hassen als ohne hin schon.

"Was? Du kannst das erklären? Da bin ich mal gespannt. Denn egal was es ist, du weißt, dass es eine bessere Lösung gegeben hätte als wegzulaufen. Hör endlich auf vor deinen Problemen wegzulaufen.", Alice schüttelte den Kopf. Sie hat Recht, doch wie immer sah ich meine Fehler viel zu spät ein.

"E-Es tut mir leid.", stotterte ich atemlos. Es fiel mir schwer zu atmen. Ich weiß nicht, was ich erwartet hätte, aber vielleicht dass es leichter werden würde.

"Ich will deine Entschuldigung nicht hören. Du hast uns doch nicht mal eine richtige Erklärung da gelassen." Mary pfefferte ihre Tasche auf ihr Bett. Marlene nickte heftig. Sie stand immer noch in der Tür.

"Ich hätte gedacht wir sind durch mit den Geheimnissen. Ich hätte gedacht, du weißt, dass es uns egal ist was du bist. Ich verstehe das nicht. Ich verstehe dich nicht."

Ich atmete tief ein. Hilfesuchend sah ich zu Lily. Sie hatte bis jetzt noch nichts gesagt. Doch der verletzte Ausdruck in ihrem Augen verschlimmerte mein Schuldbewusstsein nur noch. Sie ging ebenfalls zu ihrem Bett und kam mir näher.

"Marlene hat Recht. Ich verstehe das auch nicht. Aber ich würde es gerne verstehen. Erkläre es bitte.", Lilys Stimme war, im Vergleich zu den anderen, angenehm leise, fast schon ein Flüstern.

Sofort beruhigte ich mich. Lilys Ruhe schien auf mich überzugehen. Ich muss es ihnen sagen. Auch wenn ich riskiere sie für immer zu verlieren. Das bin ich ihnen schuldig.

Trotzdem zögerte ich, bevor ich antwortete.

"Ich habe ihn gebissen."

Schlagartig wurde alles leise. Sogar die Vögel schienen zu verstummen. Es war eine ohrenbetäubende Stille, die einem irgendwie benommen machte. Die Luft war elektrisch aufgeladen. Ich wagte es nicht zu atmen.

Lily war die Erste, dich sich bewegte. Sie kam auf mich zu und griff nach meiner Hand.

"Sebastian? Warum?"

Und als sie mir diese Frage stellte, brachen plötzlich alle Mauern die ich so mühevoll mein ganzen Leben lang in mir gebaut hatte.

Manchmal bauen wir uns Grenzen, und dann knallen wir voll dagegen. Trennen uns von Dingen und Menschen und weinen deswegen. Manchmal wollen wir vorankommen und uns dabei nicht bewegen. Manchmal ist das Leben einfach schwer zu begreifen.

Und dann gibt es manchmal die Momente, in denen alles glasklar erscheint. Wo man genau weiß, wie man handeln und agieren muss. Momente die das Leben lebenswert machen.

Das war einer dieser Momente.

In mir brach alles los. Ich weinte, schrie und ließ einfach alles los, was sich in mir zusammen gesammelt hat. Aber ich redete auch. Ich erzählte meinen Freunden alles was passiert war.

Von dem Vorfall in Hogsmead angefangen, bis zu meinem Aufenthalt in Rumänien. Den Brief von Mr Black ließ ich allerdings weg.

Alice stoppte mich, als ich Rumänien erwähnte: "Was wolltest du denn in Rumänien?"

"Ich wollte meine Eltern finden. Also meine biologischen Eltern. Ich musste einfach wissen woher ich kam. Etwas in mir glaubte, dass ich mich vielleicht besser kontrollieren könnte, wenn ich wüsste wer ich überhaupt bin."

Sie sahen mich mit großen Augen an.

"Und? Hast du sie gefunden?"

Enttäuscht schüttelte ich den Kopf. "Nein, leider nicht, obwohl ich wochenlang recherchierte und fast ganz Rumänien auf den Kopf stellte. Irgendwann kam ich in ein kleines Zaubererdorf, wo man mir sagte, das vor etwas 13 Jahren eine schwarzmagische Gruppe sehr viele Vampire aufgespürt hatte und getötet hat. Meine Eltern dürften dabei auch gestorben sein."

Ich machte eine kurze Pause und sah in die Gesichter meiner Freunde. Lily sah mich traurig an. "Das tut mir leid.", murmelte sie, aber ich winkte nur ab.

"Ich habe meine Eltern zwar nicht gefunden, aber dafür hab ich andere Menschen gefunden. Menschen die so sind wie ich. Sie zeigten mir wie ich meine Fähigkeiten kontrollieren kann. Und zum ersten mal seit ich denken kann, halte ich mich unter Kontrolle. Ich fühle mich endlich sicher. Ich meine, natürlich dieses Ding ist immer noch in mir, aber ich kann es akzeptieren. Denn schlussendlich ist es doch egal wie wir geboren werden, es zählt was wir aus unsrem Leben machen. Dieses Ding es ist ein Teil von mir und ich bin ein Teil von ihm."

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Sirius POV

"Sirius?"

Erschrocken sah ich auf. Ein brünettes Mädchen stand vor mir. Ich schob meinen angefangenen Aufsatz beiseite und musterte sie genauer. Es war recht ungewöhlich in der Bibliothek angesprochen zu werden..

Eine Hufflepuff, in meinem Jahrgang. Ich glaubte, sie heißt Lena. Sie ist hübsch.

Sie spielt mit ihrer Haarsträhne. Wahrscheinlich wollte sie niedlich wirken, aber sie sah nur recht dümmlich dabei aus.

"Willst du vielleicht am Wochenende mit mir nach Hogsmead gehen?"

Innerlich überdrehte ich die Augen. "Oh, es tut mir leid, ich hab schon etwas mit meinen Freunden ausgemacht."

Enttäuscht dackelte sie weg. Ich hatte natürlich nichts mit meinen Freunden ausgemacht, aber ich wollte einfach nicht mit ihr ausgehen. Ich kann nicht mit jemanden ausgehen, wenn ich immer nur an sie denke.

Schnell wandte ich mich wieder meinem Aufsatz zu. Ich muss den Gedanken an sie verdrängen. Doch es war zu spät. Nora hat sich wieder in meine Gedanken geschlichen und wollte nun nicht mehr gehen.

Resigniert schüttelte ich den Kopf und packte mein Zeug zusammen. Ich kann mich jetzt nicht mehr konzentrieren.

Die Erinnerung an sie tat weh. Mittlerweile habe ich begriffen, dass ich mich Herz über Kopf in sie verliebt habe. Ich liebe Eleonora Wellington.

Ich liebe sie. Die Sommersprossen auf ihrer Nase wie die Schatten eines Schatten; wie sie auf ihrer Unterlippe kaut, wenn sie nachdenkt, und wie ihr Pferdeschwanz im gehen wippte. Wie sie aussah, wenn sie flog - als wäre sie schon fliegend geboren worden. Und wie perfekt sie an meine Brust passte; ihr Geruch und die Berührung ihrer Lippen und Haut, die immer kälter als normal war. Und wie sie lächelte. Als hätte sie ein Geheimnis. Wie sie sich einmal durch das ganze Alphabet gerülpst hat und ich so lachen musste,dass ich Butterbier durch die Nase prustete.

Und wie sie mich angesehen hat... Als könnte ich sie vor allem Schlechten auf der Welt bewahren.

Aber mein Geheimnis ist, dass sie diejenige war, die mich bewahrt hat.

Sie hat mich vergessen lassen, woher ich kommen. Ich war einfach nur ich. Nur Sirius.

Aber es ist egal. Nora ist weg. Sie ist weg und hat mir nur einen Fetzten Papier mit den Worten "Ich kann das Alles nicht mehr. Wir können nicht zusammen sein. Es tut mir leid"

Liebe hat sich für mich immer angehört wie ein Märchen, dass von Erwachsenen erzählt wird, um ihre Kinder ruhig zu stellen. Aber dann hab ich Nora getroffen. Doch folgende Wahrheit über die Liebe wird einem immer verschwiegen: Es tut weh, wenn sie einem das Herz bricht.

Ich wünschte, ich könnte loslassen. Ich wünschte, ich könnte aufhören an sie zu denken. Aber jedes Mal, wenn ich denke, ich habe es geschafft, stellt das Leben mir ein Bein, stoßt mich mit dem Gesicht voran in den Sumpf meiner Vergangenheit und lehrt mich, wie weit ich noch davon entfernt bin, über Nora hinwegzukommen.

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