XXIV| monster
Eleonora POV
atme
Langsam hob ich meinen Brustkorb und senkte ihn wieder.
atme
Unsicher öffnete ich meine Augen. Mein warmer Atem gefror in der kalten Luft.
Mit Tränen in den Augen blickte ich auf den gefroren See. Das Rascheln der Bäume im Wind beruhigte mich.
Das ist alles nur ein böser Traum. Das muss ein Traum.
Wieder sammelten sich Tränen in meinen Augen. Schnell blinzelte ich sie weg. Im Moment war ich sicher.
Nachdem Snape mich vor den anderen demaskierte, habe ich mich so schnell wie möglich vor ihnen versteckt. Nicht, dass sie mich überhaupt suchen würden.
Wie kann ich ihnen überhaupt jemals wieder unter die Augen treten? Was wird Lily von mir halten? Was werden Marlene, Alice und Mary von mir halten? Was werden James, Remus und Peter von mir halten?
Was wird Sirius von mir halten?
Ich habe nie den Mut aufgebracht ihm zu sagen was ich fühle.
"Hier bist du. Bist du schon die ganze Zeit hier? Komm lass uns rein gehen."
Remus stand hinter mir, doch ich machte mir nicht Mühe mich umzudrehen und starrte weiterhin auf den See.
"Eleonora, du frierst. Bitte, lass uns rein gehen."
Noch immer zeigte ich keine Reaktion.
Mit einen lauten Seufzer ließ sich Remus neben mich in den Schnee fallen. Dazu murmelte er noch einen Wärmezauber, durch den ich meine Gliedmaßen wieder fühlte.
"Danke", wisperte ich und streckte meine tauben Finger.
Ich hätte ja selbst einen Zauber ausführen können,aber mein Zauberstab war in meiner Tasche, die ich fallen hab lassen.
"Bist du schon die ganze Zeit hier? Wir haben dich nämlich schon überall gesucht."
Remus betrachtete mich von der Seite, aber ich brachte es nicht über mich ihn anzusehen.
Seufzend begann Remus seinen Vortrag: " Glaubst du wirklich wir wollen nichts mehr mit dir zu tun haben, nur weil die ein Vampir bist?"
Ich wusste, dass er sich eine Antwort erhoffte, aber mein Mund blieb geschlossen.
"Es ist nicht schlimm anders zu sein."
Vielleicht hat er Recht. Vielleicht ist es wirklich nicht schlimm anders zu sein.
Aber vor ihm ist nie jemand weg gerannt. Ihn hat nie jemand als Missgeburt oder Monster bezeichnet. Seine Familie hat ihn nicht verstoßen.
"Glaub mir, ich weiß wovon i-"
Ich unterbrach ihn.
"Lass es bitte, Remus. Ich weiß, dass du glaubt, du weißt Bescheid, aber das tust du nicht. Du als kleines Kind gebissen, ich wurde damit geboren. Es ist in mir und ich kann nicht dagegen tun. Ich wurde dazu geboren ein Monster zu sein."
Schockiert sah Remus mich an.
"Du-Du weißt es?"
Ein kleines Lächeln schlich sich auf mein Gesicht.
"Du wusstest doch auch schon vorher von meinem Leiden, oder? Ich glaube, wenn man selbst mit etwas zu kämpfen hat, erkennt man sowas. Warum hast du nie etwas gesagt?
Zum ersten Mal wandte ich mich Remus zu.
Er erwidertet mein Lächeln.
"Aus dem selben Grund wie du, vermute ich."
Wir verfielen in ein angenehmes schweigen.
"Glaubst du wirklich sie würden dich vor den Kopf stoßen?", meinte Remus nach einer Weile, "Glaubst du wirklich James oder Lily oder Sirius würden dich für ein Monster halten?"
Ich wusste keine Antwort auf seine Frage.
"Lass uns rauf gehen."
Zögernd nickte ich.
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Der Gemeinschaftsraum war wider meiner Erwartungen schon komplett leer.
Nur James, Lily, Marlene und Alice saßen noch am Feuerplatz. Sirius war nicht da.
Lily war die Erste, die mich sah. Sofort sprang sie auf und schloss mich in ihre Arme.
"Gott sei Dank, dir geht es gut."
Kaum hatte sie mich losgelassen, umarmten mich auch schon Marlene, Alice und James.
"Diese Freundschaftsgruppe ist auch schon zu einem Auffangbecken für missverstandene Geschöpfe geworden.", flüsterte James lachend, damit die andren ihn nicht hörten.
Dann kam Lily wieder zu mir.
"Du wirst immer, absolut immer, meine beste Freundin sein, ganz egal was du bist."
Ich nickte schwach und umarmte sie abermals.
Danach setzten wir uns zu James, Remus, Alice und Marlene auf ein Sofa.
Wir redeten nicht viel und sie ersparten mir unangenehme Fragen.
Als Lily, Marlene, Alice und Remus zu Bett gingen und mich mit James allein zurückblieb, stellte ich die Frage, welche mir schon die ganze Zeit am Herzen lag.
"Wo ist Sirius?"
Gerade als James antworten wollte, schwang die Tür auf und Sirius kam herein.
Kaum hatte er mich gesehen, lief er auf mich zu, zog mich hoch und schloss mich in seine Arme.
Sein Duft, eine Mischung aus Pfefferminz und kalter Luft erfüllte mich. Es war nur eine Umarmung, aber, bei Merlin, sie fühlte sich so gut ein.
Mein Kopf lag in seiner Brust vergraben und seine Hände fuhren beruhigende Kreise auf meinem Rücken.
Ich weiß nicht wie lange wir so da standen, aber als wir uns von einander lösten, war James verschwunden.
Obwohl ich es niemals zugeben würde, war ich froh, dass er mich mit Sirius allein gelassen hat.
Eigentlich hatte ich erwartet, dass sich setzten würde, doch er blieb dicht vor mir stehen. Seine warmen Hände legten sich auf meine kalten Wangen.
"Jag mir nie wieder so einen Schrecken ein.", flüsterte er mit weicher Stimme, "Du warst vier Stunden lang verschwunden. Dir hätte sonst was passieren können."
Lächelnd nickte ich, während Sirius mich wieder in seine Arme zog. Ich genoss die Wärme die sich in mir ausbreitete. Zum ersten Mal seit langem war es mir wirklich egal was ich war. Mir war egal, dass ich ein Vampir war, denn daran kann ich doch sowieso nichts ändern.
Im Moment war ich nur ein Mädchen, dass in den Armen des Jungen lag, der ihr Herz höher schlagen ließ.
Nach ein paar Minuten, die sich wie eine Ewigkeit anfühlten, aber trotzdem zu kurz waren, lösten wir uns.
"Also, du bist ein Vampir?"
Sirius grinste mich schief an. Seufzend atmete ich aus.
"Ersparen wir uns die Geschichte des gestörten Waisenmädchen. Sie ist irgendwie beklemmend. Außerdem kannst du dir das Meiste doch sowieso schon selbst zusammenreimen."
Ich wandte mich ab und wollte mich auf einen Sessel setzen, doch Sirius hielt mich am Unterarm fest und zog mich zurück.
"Aber ich will die Geschichte von dir selbst hören."
Bedrückt sah ich zu Boden. Ich sprach nicht gern über meine Gefühle,schon gar nicht vor Sirius. Zum Glück schien er das zu bemerken, denn er ließ mich los und drehte sich um. Verwirrt sah ich ihm nach, als er zum alten Plattenspieler lief, der seit Ewigkeiten im Gemeinschaftsraum stand und eine Platte auflegte. Grinsend schlenderte er zu mir zurück.
"Darf ich um diesen Tanz bitten?" Er deutete eine Verbeugung an und hielt mir seine Hand hin.
Verwirrt zog ich die Augenbrauen zusammen und suchte nach Worten:" Sirius, ich... Was wird das?"
"Ich will mit dir tanzen", antwortete er ohne mit der Wimper zu zucken.
"Ich kann gar nicht tanzen."
"Keine Angst, ich führe.", mit diesen Worten griff er nach meiner Hand, drehte mich einmal um mich selbst, bevor er seine Hände zärtlich auf meine Hüften legte. Wie aus Reflex schlang ich meine Hände um seinen Hals. Sanft wippten wir im Takt der Musik auf und ab.
"Machen wir es doch einfach so. Ich stelle fragen und du beantwortest sie.", schlug Sirius vor, während er mit seinem Blick förmlich durchbohrte.
Zögernd nickte ich.
"Bist du gebissen worden? Hast du am Hals ne abgefahrene Narbe, die du immer verstecken musst?", kam es sofort euphorisch von ihm. Lachend schüttelte ich den Kopf.
Das ist eine der Sachen, die mich an Sirius Orion Black so faszinierten. Obwohl mir die Angelegenheit noch so unangenehm ist, bringt er mich zum lachen.
"Nein, so ist es nicht. Ich wurde so geboren. Wahrscheinlich war nur ein Elternteil von mir ein Vampir,aber so genau weiß ich das leider nicht, weil ich meine Eltern nie kennen gelernt habe."
Sirius nickte schon fast enttäuscht, bevor er mich einmal drehte und dann näher als zuvor zu sich zog.
"Also wie läuft das eigentlich ab? Hast du die ganze Zeit das Bedürfnis jemanden die Halsschlagader aufzubeißen?"
"Nein. Die meiste Zeit bin eigentlich wie jetzt. Ein normaler Mensch. Aber manchmal kämpft es sich an die Oberfläche und will die Kontrolle übernehmen."
Ich atmete tief ein und aus .Es ist schwierig so offen darüber zu reden.
Unterbewusst rückte ich noch zu ihm und legte meinen Kopf in seine Halsbeuge. Es hätte kein Blatt mehr zwischen uns gepasst.
"Danke.", murmelte ich gegen seine heiße Haut, "Danke, dass du mich nicht fallen lässt, obwohl ich es selbst schon getan habe."
Ich hob den Kopf und sah zu ihm auf.
"Tanzt du deswegen mit mir? Als Dankeschön?", raunte er. Er wirkte fast ein wenige verletzt.
Ich blickte fest in seine Augen. "Nein."
Meine Stimme war nicht mehr als Hauch, doch Sirius hörte mich. Und er wusste auch, dass ich komplett ehrlich war.
In diesem Moment wurde mir klar, wie hoffnungslos ich ihm schon verfallen bin.
Unsere Gesichter bewegten sich von selbst aufeinander zu. Ich spürte seinem warmen Atem auf meiner Haut. Ab jenem Moment hörte meine Gehirn auf zu denken und alles geschah aus reiner Intuition. Das nächste was ich wahrnahm, war das kribbeln in meinem Bauch, als sich meine Lippen von Sirius' trennten.
Ich konnte die Gefühle nicht beschreiben, die sich in diesem Moment in mir ausbreiteten. Es folgten noch weitere Küsse, die noch mehr in mir auslösten als der erste.
Wir sprachen kein Wort, es waren keine nötig, zumindest nicht bis mich widerwillig von Sirius löste.
"Wir sollten schlafen gehen. Ich muss morgen früh raus." Ich erinnerte mich nur äußert ungern an das Treffen morgen mit Sebastian. Sirius ging es offensichtlich genau so.
Seine Kiefermuskeln zuckten gefährlich. Beruhigend drückte ich seine Hand.
"Ich will nicht mit ihm ausgehen. Ich will absolut gar nichts von ihm. Ich habe nur ja gesagt um ihm klar zumachen, dass ich nicht an ihm interessiert bin. Willst du dich danach im drei Besen treffen?"
Meine Worte beruhigten ihn, denn er nickte lächelnd und begleitete mich noch bis zur Treppe.
"Ich denke, heute war ein sehr erfolgreicher Tag.", Sirius grinste mich schief an, bevor seine Lippen zum letzen Mal heute auf meine trafen.
Müde machte ich mich auf dem Weg nach oben, mit einer Einsicht für die ich viel zu lange gebraucht habe.
Es ist nicht schlimm anders zu sein, solange man sich selbst akzeptiert.
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