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Namjoon war hungrig. Zumindest ein bisschen. Aber er traute sich nicht raus. Irgendwie ängstige es ihn zu wissen daß er draußen auf Suga treffen könnte. Es war JK heute gewesen der seinen Fensterladen aufgemacht und ihn somit geweckte hatte. Er hoffte darauf das bald einer der beiden anderen kommen würden um ihm Frühstück zu bringen. Tatsächlich ließ es gar nicht so lange auf sich warten.

„Hey, gut geschlafen?", fragte J-Hope fröhlich und reichte Namjoon einen Teller mit zwei Broten drauf. Naja. Namjoon hatte Recht gut geschlafen, wäre er in der Nacht nicht von JK geweckt worden der sich fluchend und grummelnd im Wohnzimmer verzogen hatte. „An sich schon.", antwortete er also und nahm den Teller entgegen. Das eine Brot war mit Salami belegt das andere mit Marmelade bestrichen.

„War etwas?", fragte ihn J-Hope. „JK kam irgendwann in der Nacht runter und hat laut vor sich hingeflucht." „Das waren wir wohl." J-Hope lachte ausgelassen. Beugte sich leicht verschwörerisch zu Namjoon. „JK kann es nicht leiden, wenn Suga nachts zu mir kommt." Dann zwinkerte er ihm zu, was Namjoon nicht ganz verstand und zeigte auf das Marmeladenbrot in das Namjoon gerade biss. „Das ist übrigens von Suga."

Gut, jetzt wo er schon einen Bissen gemacht hatte, war Misstrauen dem Brot gegenüber ein wenig zu spät, wenn auch Namjoon überrascht war. Suga hatte ihm das Brot gemacht? Warum sollte der das denn machen? Hatte J-Hopes Standpauke den anderen etwa wirklich geholfen? J-Hope grinste ihn nun wieder breit an. „Hast du einen Bücherwunsch? Suga geht gleich in eine Bibliothek und konnte dir etwas gegen die langeweile ausleihen."

Irgendwie war Namjoon J-Hope jetzt noch ungeheurer als Suga. Gut bei letzteren wusste er nicht woran er war, wie bei J-Hope. Doch irgendwie war dessen Fürsorge doch befremdlich. Da war er dessen Geisel und dieser Typ setzte jetzt auch noch daran dass er sich nicht langweilte. Sollten Geiseln nicht eher gefoltert werden oder so? Das hatte sich Namjoon auch die letzten Tage schon gefragt. Doch wenn er zurück dachte daran wie J-Hope die Drohung aussprach und sie ernst meinte, war er sich wirklich sicher das die Gruppe ganz anders konnte, wie sie sich gerade gaben. Er würde aber auch nicht nachfragen. Am besten nichts riskieren. 

Er nickte langsam. „Vielleicht ein Buch über Astronomie?", fragte er dann und J-Hope nickte. Dann winkte er ihm zu und war aus der Tür verschwunden. Ein „Bin dann weg!", schallte wenig später durchs Haus und eine Tür knallte. J-Hope war also weg. Wohin er ging interessierte Namjoon. Ob er es wagen könnte sich ein wenig umzuschauen wenn es hieß Suga sei auch nicht da? Mit JK würde Namjoon klar kommen, er hatte ihm bisher am wenigsten Angst gemacht. Vielleicht sollte er auch einen Fluchtversuch starten? Wobei die Fessel... Dann wohl lieber nicht. Nicht das J-Hope seine Warnung doch wahr machte.

Hin und her gerissen schaute Namjoon aus dem Fenster. Aß seine Brote zu Ende und schaute auf den Wald. Immer noch hatte er keinen einzigen Anhaltspunkt wo er sich befand. Ja, vielleicht fand er in der Wohnung Anhaltspunkte, auch wenn er das stark bezweifelte. Er fühlte sich irgendwie allein. Wollte zurück zu seinem Vater, zurück zu seinem vorherigen Leben. Vielleicht konnte er das ja auch, wenn sein Vater ihnen das Lösegeld gab. Und das würde er bestimmt. Jedoch brachte ihn genau diese Sache zu der Frage, warum die drei unbedingt das Geld brauchten.

Ob er mehr über die drei erfahren könnte? Wenn er es geschickt anstellte? Irgendwie? Namjoon ergriff eine seltsame Angst als er daran dachte sich freiwillig diesen Personen zu stellen um etwas über sie herauszufinden. Jedoch, je mehr er wusste, je mehr konnte er später bei der Polizei Aussagen. Also traute er sich doch aus dem Zimmer. JK fand er in der Küche und nur zögerlich trat er näher. „Was willste?"

Erschrocken zuckte er zusammen, hatte nicht erwartet das JK ihn schon jetzt bemerken würde. „Eigentlich wollte ich wissen warum ihr das Geld braucht." Namjoon hörte wie seine eigene Stimme zitterte. Verdammt so unsicher hatte er nicht vorgehabt zu klingen. JK lachte leicht. „Mutig von dir, einfach zu fragen. Ich weiß nicht warum J-Hope so einen Narren an dir gefressen hat und dir hier so viel Freiraum gibt, denn meinetwegen wärst du nur in deinem Zimmer, aber ich mag es wenn man auch mal mutig ist. Muss man im leben sein."

JK wandte sich nun zu Namjoon. Blickte mit den Kontaktlinsenaugen ihn musternd an. „Wir brauchen das Geld, weil wir mehr als nur knapp bei Kasse sind. Wir haben nicht den Luxus kaputte Gegenstände einfach neu zu kaufen. Wir haben nicht den Luxus ein ausgewogenes Leben zu führen. Wir leben hier weil Suga dieses Haus geerbt hat. Einfach so. Da kann man von Glück reden, aber ansonsten..." Kurz stoppte JK. „... viele Menschen Leben nicht im Luxus. Und wir Leben am Rand der Existenz. Würde Suga nicht stehlen wäre nicht nur er schon mehrmals den Hungertod gestorben, sondern mit ihm auch um die zwei Dutzend andere."

Die Worte waren ernst. Es erschreckte Namjoon. So schlimm stand es um manche Menschen? Er hatte nichts anderes als Luxus gekannt und gewusst das er einiges mehr hatte als andere, aber nie hätte er gedacht das es so schlimm sein könnte. „Am Rande der Existenz?", fragte er also nach und seine Stimme zeigte nochmal auf wie erschrocken er war. JK nickte. „J-Hope und mein Bruder gehen zwar arbeiten, aber es sind keine Vollzeit, geschweige denn gut bezahlte Jobs. Suga findet keine Arbeit und auch keine Ausbildung. Niemand will ihn. Und mich braucht momentan keiner. Also leben wir zu viert von zwei Gehältern. Es reicht gerade fürs essen. Und dann haben wir auch noch haufenweise Schulden..."

JK knirschte mit den Zähnen, es schien ihn wirklich wütend zu machen. Namjoon traute sich nicht nachzufragen, was ihn so in rage versetzte. Viel eher sollte er vom Thema ablenken, denn er sah wie fest JK schon den Teller in der Hand hielt. Hoffentlich brach der jetzt nicht in seiner Hand durch. „Warum findet er keine Arbeit?", fragte Namjoon einfach. Mehr über Suga zu erfahren war bestimmt nicht verkehrt. Freudlos lachte JK auf. „Weil er nun mal Suga ist."

Wirklich weiter half das Namjoon nun auch wieder nicht. Doch da fiel ihm wieder ein wie J-Hope Suga Mal genannt hatte. Ob er sich trauen sollte nachzufragen? Zumindest ging er davon aus, das Yoongi Sugas richtiger Name war. „Also möchtest du mir sagen, weil Yoongi er selbst ist nimmt ihn keiner?" Absichtlich hatte er den Namen in der Mitte des Satzes gelegt in der Hoffnung JK würde es so nicht auffallen, jedoch hatte er sich getäuscht.

Er hatte sich ganz gewaltig getäuscht. Der Teller wurde ihm innerhalb von Sekunden bedrohlich unter die Nase gehalten, die Knöchel von JK traten schon weiß hervor, so fest krallte er das Geschirrstück. „Wenn du noch einmal versuchst mich auszufragen über etwas was dich nichts angeht garantiert dir J-Hope auch keine Sicherheit mehr. Ich kann dein ganzes Leben zerstören und deinen Vater innerhalb von Sekunden in den sicheren Ruin stürzen. Also überleg dir ganz genau was du hier machst! Deine und seine Zukunft hängen ganz von euch beiden ab. Tanzt einer aus der Reihe leidet ihr beide!"

Schwer schluckte Namjoon und trat einen Schritt zurück. Sein anfänglicher Mut war verschwunden und machte wieder der Angst platz. JK war definitiv genauso beängstigend wie die beiden anderen. Er meinte es ernst. Genauso ernst wie J-Hope seine Morddrohung ausgesprochen hatte. „V-ver-standen...", stotterte Namjoon und trat schleunigst den Rückzug in sein Zimmer an. Das er dabei den Teller, welchen er in der Hand hatte , wieder mitnahm fiel ihm erst in seinem Zimmer auf.

Auch wenn dieser Raum nicht sicher war und noch immer leicht unterkühlt, war er doch irgendwo eine halbwegs sichere Zone. Dort beruhigte sich Namjoon erstmal und blickte wieder aus dem Fenster. JKs Blick, es war von allen drei der Blick, der ihm am meisten Angst machte. Vielleicht weil er normalerweise immer aus dem Blick lesen konnte, was eine Person gerade dachte, zumindest bei den Mitarbeitern war das nie ein Problem gewesen. Selbst bei seinem Vater und seiner Mutter hatte er dieses Problem nicht. Doch hier. Sie sagten das mit solch einer Ernsthaftigkeit und doch verschonten sie ihn. Bisher.

Namjoon hoffte das es so blieb. Das sie ihn weiterhin verschonen würden. Allein hier eingesperrt zu sein machte ihn ja schon zu schaffen. Doch plötzlich kam Namjoon etwas anderes in denn Sinn, sein Vater hatte es nie erlaubt wenn er Mal rausgehen wollte. Zumindest als er kleiner war und irgendwann hatte Namjoon aber auch aufgehört zu fragen. Er sollte immer lernen, bekam aber alles dafür wenn er es tat. Die Gedanken schwirrten immer noch in seinem Kopf umher, als er Plötzlich eine Bewegung am Wald wahrnahm.

Er erkannte Suga, welcher auf einem wunderschönen Pferd ritt. Es sah majestätisch aus wie der junge Mann auf dem Pferd galoppierte, ganz ohne Sattel. Der Wind durchwühlte dessen Haare und die Mähne des Pferdes flog auch hinterher. Doch nur einen Augenblick später waren die beiden wieder aus Namjoons Blickfeld verschwunden. Doch das Bild wollte er nicht vergessen, es hätte irgendwie Freiheit ausgestrahlt. Freiheit...

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