2 / Vom Kindheitsalbtraum aus dem Meer gefischt

Vorsichtig versuchte ich meine Augen zu öffnen, aber es ging nicht. Es fühlte sich an, als wären meine Augenlider kiloschwer.
Mein Kopf brummte. Noch nie im Leben hatte ich solche Kopfschmerzen. Was ist passiert? Hatte ich nur einen Kater? Hatte ich überhaupt etwas getrunken?
Es fühlte sich an als würde ein Elefant auf mein Kopf trampeln oder gar eine ganze Elefantenfamilie.

Schließlich öffneten sich meine Augen und das erste was ich sah, war eine weiße Decke, die mich warm hielt.

Kurz darauf wollte ich beruhigt meine Augen wieder schließen, bis mir einfiel, dass meine Bettwäsche eigentlich grau war.

Geschockt riss ich meine Augen auf, als der Groschen fiel und ich merkte, dass das nicht mein Bett ist.

Ich lag auf einem fremden Bett, in einem fremden Zimmer, in einer fremden Wohnung. Verdammt, wo bin ich gelandet ?

Das Zimmer, in dem ich lag, war mittelgroß. Die 3 Wände waren hellgrau gestrichen, nur die linke Wand war weiß, als hätte die Farbe nicht mehr ausgereicht. Vor dem Bett stand ein großer hölzerner Schrank, dessen Schranktür offenstand, sodass ich die vielen Männerhoodies und T-shirts darin sehen konnte. Rechts von mir war ein großes Fenster, durch das die Sonnenstrahlen das Zimmer erhellten. Das Einzige, was ich draußen erkennen konnte, waren Baumkronen und der Himmel.

Die Matratze unter mir bewegte sich. Heilige Scheiße, was war das jetzt? Sanft drehte ich mein Kopf zur Seite, weil mein Kopf bei jeder kleinsten Bewegung schmerzte.

Als ich sah, was da war, konnte ich meinen Augen nicht glauben, denn da schlief eine Person mit blonden Haaren munter neben mir.

Laut schrie ich auf und erhob  mich erschrocken. Schwarze Punkte tanzten vor meinen Augen und mein Kopf fühlte sich an wie Beton.

"Du solltest dich bei solch einer Kopfverletzung nicht so ruckartig bewegen", brummte der durch mein Schrei geweckte Mann mit seiner rauen Morgenstimme. Seine goldenen Haare fielen zerzaust auf sein Gesicht, die er schnell wegschob, um mich genauer zu inspizieren. Warte mal... welche Kopfverletzung? Meine Finger tasteten mein Gesicht hoch zu meinem Haaransatz, wo ich ein Verband um meinen Kopf fühlen konnte.

Mit Argusaugen sah der Fremde mich von oben bis unten an, merkte sich regelrecht jedes einzelne Detail meines Körpers, während ich unter sein Blick ganz leicht verlegen wurde. Er soll damit aufhören.

"Wie heißt du ?", riss er mich aus meinen Gedanken. Ich sah ihn leicht perplex an, weil ich mich jetzt erinnern konnte, was passiert war. Stumm sah ich vor mich hin, während die ganzen Erinnerungen wie ein Schlag auf mich zukamen. Ich konnte nicht fassen, dass ich fast gestorben wäre, obwohl mein Leben erst jetzt doch richtig anfing. Immer noch auf eine Antwort wartend sah er mich mit einer hochgezogenen Augenbraue an.

"Hast du dich verschluckt? Oder hast du etwa deinen Namen vergessen ?", lachte er leicht, jedoch wurde er schnell wieder ernst, als er wohl merkte, dass man nicht lachen sollte, falls ich ernsthaft all meine Erinnerungen verloren hätte.

"Mein Name ist Paris", antworte ich ihm schlussendlich.
"Ja klar und mein Name ist San Francisco", machte er sich über mich lustig und lächelte verschmitzt, während er sich wieder seine Haare aus dem Gesicht strich.

"Das ist echt nicht witzig", ich verschränkte meine Arme. Es war zwar nicht das erste mal, dass man über meinen Namen lachte und ich wusste, dass ich jetzt schon mittlerweile gewohnt sein muss und es einfach hinnehmen musste, aber jedesmal würde ich der Person am liebsten an die Gurgel gehen.

"Oh doch, das ist es", sagte er und fing an lauter zu lachen, nachdem er mein bockiges Gesicht gesehen hatte.

Diese Lache kam mir irgendwie bekannt vor oder bildete ich mir das nur ein? Da gab es doch eine Person, die ich kannte, die so verrückt lachte, dass man dachte der Joker höchstpersönlich würde vor einem stehen.

Überall in meinen Erinnerungen suchte ich nach einer solchen Lache ab und da fiel ich es mir wieder ein. Oh nein, bitte nicht. Nein, nein, nein. Es gab nur eine Person auf dieser Welt, die so lachte.

"Francis, bist du das?", fragte ich und der Mann vor mir hörte sofort auf zu lachen. Er sah mich genauso erschrocken an wie ich ihn. Prüfend sah er mich an, als ob er sicher gehen würde, dass ich DIE Paris bin. Aber das schlimmste war: ich bin DIE Paris und er ist DER Francis, den ich seit meiner Kindheit verabscheute.

Aber trotzdem hatte er sich in den fünf Jahren in dem ich ihn nicht gesehen habe verändert. Ich konnte immernoch nicht fassen, dass gerade wirklich Francis Malone vor mir stand. Er ist nicht mehr der kleine Junge, dem ich immer Streiche gespielt habe, sondern ein Mann. Ein waschechter Mann. Seine Haut war gebräunt, sein Gesicht markanter, viel maskuliner und allgemein sah er sehr trainiert aus.

"Sag mir bitte nicht, dass du Paris Anderson bist", seine grünen Augen sahen mich intensiv an. Ich schnaubte laut auf. "Doch genau die bin ich und ich bin jetzt auch nicht gerade froh dich nach fünf jahren wieder zu sehen, Francis Malone", motze ich ihn beleidigt an.

Er brummte wütend auf. "Die liebe Mademoiselle wäre aber ohne mich schon tot. Sei froh, dass ich dich aus dem Wasser gefischt habe und hier bei mir zuhause versorgt habe. Etwas mehr Dankbarkeit zeigen!". Francis verschränkte wie ich die Arme.

"Du könntest mich auch in ein Krankenhaus bringen, dann wärst du mich auch los", schrie ich ihn an und schlug die Decke beiseite, da mir langsam darin zu warm wurde, sodass ich dachte, ich würde neben einer Heizung schlafen.

"Das nächste Krankenhaus von diesen Strand ist meilenweit entfernt und so oder so ist der Weg zur Hauptstraße wegen eines Unfalls für die nächsten Tage gesperrt. Aber keine Sorge, ich studiere Medizin also weiß ich, was man machen muss", schrie er mich zurück und ich verstummte augenblicklich.

Unglaubwürdig sah ich ihn an. Er und Medizin? Das ist ja genauso wahrscheinlich wie ich und Sport. Oh Gott, wie ich Sport verabscheute. Schon beim Gedanken an den Sportunterricht früher musste ich mich fast übergeben.

"Ich weiß, ich sehe gerade nicht wie ein Medizinstudent für dich aus, aber in fünf Jahren kann man sich sehr ändern und jetzt komm, ich muss deinen Verband wechseln", seine Stimme wurde sanfter, aber ich kam immernoch nicht mit der Situation klar. Wie böse muss das Schicksal sein, dass ich fast ertrunken wäre und dann noch von meinem Kindheitsalbtraum gerettet wurde?

"Warum hab ich neben dir in deinem Bett geschlafen?", schon wieder verschränkte ich meine Arme.

"Weil es hier kein anderes Bett gibt und mein Sofa ist zu ungemütlich. Bilde dir darauf nichts ein. Ich war auch nicht gerade scharf darauf mein Bett mit einer fremden Frau zu teilen. Und jetzt steh doch auf oder bist du gelähmt?", murrte er genervt, während er an der Tür gelehnt auf mich wartete.

Augenverdrehend stand ich vom Bett auf, musste aber schnell feststellen, dass mir sofort schwindelig wurde. Ich strauchelte und versuchte irgenwo Halt zu finden, aber schon wieder kreisten schwarze Punkte vor meinen Augen und verdeckten meine Sicht, sodass ich wie ein Sack Reis aus China umfiel, jedoch hatte ich nicht mit Francis gerechnet, dessen starke Arme mich um meine Taille festhielt und mich vor dem Aufprall mit dem Boden schützte.

"Ich hab doch gesagt keine ruckartigen Bewegungen. Mit deiner Kopfverletzung hast du kein Sinn für Gleichgewicht mehr, aber das legt sich nach einer Zeit", flüsterte er nah an meinem Ohr, sodass Ich sein Atem auf meiner Haut spürte. Gänsehaut umhüllte mich.

Die grünen Augen sahen mich belustigt an, als würde er wissen, was er für einen Einfluss auf meinen Körper hatte, jedoch ließ er keinen weiteren blöden Kommentar ab so wie ich dachte, sondern führte mich gleich in das angrenzende kleine Badezimmer, wo er mich auf den Klodeckel plumpsen ließ.

"Warst die Gestalt, die von den Klippen gesprungen ist, um mich zu retten?", flüsterte ich leise und versuchte die aufkeimenden Erinnerungen, wie das Wasser meine Lungen füllte, zu verdrängen.

"Ja, der war ich und ich hoffe für dich, du weißt jetzt wie dumm es ist bei solchen starken Wellen zu schwimmen" tadelte er mich, holte aus dem Badezimmerschrank ein Erste-Hilfe-Kasten heraus und kniete sich zwischen meine Beinen.

"Wie hab ich mich genau verletzt?", fragte ich ihn, während er das grellorangene Erste-Hilfe-Kasten öffnete und darin rumwühlte.

"Du hast eine kleine Wunde am Kopf, die nicht so schlimm ist, wie ich dachte. Sie blutet etwas, aber dass ist normal für eine Kopfwunde. Das Schlimmste war aber, dass du Wasser in der Lunge hattest, aber das hast du alles schön rausgespuckt", antworte er und tätschelte mich, als wäre ich ein Hund, das gerade etwas Tolles gemacht hatte. Genervt verdrehte ich die Augen ohne dass er es bemerkte.

Mit Bedacht drehte er mein Kopf zu sich und steckte mit einem leichtem Schmunzeln die störenden Strähen, die mir ins Gesicht fielen, hinters Ohr.

"Jetzt könnte es etwas weh tuhen", warnte Francis mich und desinfizierte die kleine Wunde, nachdem er das Verband weggeschmissen hatte. An der Stelle brannte es heftig, sodass ich schmerzhaft mein Gesicht verzog.

"Darf ich weitermachen?", fragte er und sah mich mit seinen grünen Augen besorgt an. Stumm nickte ich, während Francis schon anfing den neuen Verband um mein Kopf zu legen.

"Fertig", sagte er und betrachte stolz sein Werk.
Ich schmunzelte. "Du wärst ein guter Arzt", dachte ich und könnte mir am liebsten eine klatschen, als ich merkte, dass ich es laut ausgesprochen hatte. Francis ein Kompliment machen war einfach nur...komisch.

"Ja, das weiß ich", gab er eingebildet zurück, sodass ich abermals meine Augen verdrehte. "Aber trotzdem solltest du bei einem Arzt vorbeischauen, wenn du wieder in der Stadt bist"

"Und wann kannst du mich zurück nachhause fahren? Ich bin erst neu hergezogen und wollte noch so vieles in Melbourne sehen", fragte ich ihn und sah wie er sein Kiefer zusammenpresste, sodass sein Gesicht noch markanter aussah. "In den nächsten Tagen bleibst du schön hier, ich lass dich in so einem Zustand nirgendswohin. So oder so dauert es ein paar Tage, bis die Straße zur Stadt wieder befahrbar ist", brummte er auf und ich konnte mir innerlich kein Schmunzeln vermeiden, weil es einfach nur zuckersüß war, wie er sich um mich sorgte.

"Jetzt geh zurück ins Bett. Es ist erst 7 Uhr morgens und du brauchst jetzt sehr viel Schlaf", befahl er mir und führte mich in seinen Armen langsam zurück ins Zimmer, wo ich mich zurück ins Bett legte.

Francis jedoch ging Richtung Tür. "Wohin gehst du?", fragte ich ihn, woraufhin er sich schwungvoll zu mir drehte. "Sachen erledigen", antworte er nur kurz und kalt ehe er die Tür hinter sich schloss.

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Bonjooour

Wie hättet ihr reagiert, wenn ihr nach 5 jahren euren Kindheitsrivalen sehen würdet ?

Eure Magistraaaaa

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