♘13.♘
Am nächsten Tag herrschte eine komische Stimmung auf der Mythos Academy. Jeder Schüler rechnete in jedem Moment mit einem Dämonenangriff. Auch Jacqueline, Romy, Shery, Jill und ich waren sehr nervös. Um die Mittagszeit versammelten sich so ziemlich alle Leute der Schule in der Cafeteria, einfach, um nicht allein draußen herumsträunen zu müssen. Doch mitunter gab es auch Mutige, die damit angaben, stark und tapfer zu sein. Ich schüttelte bei diesen Menschen nur den Kopf. Wie konnte man denn nur positiv zu dieser Sache stehen?
Nach dem Essen gingen wir zu fünft über den Campus. "Ich muss in die Stadt, ich komme später nach, okay?", meldete sich da Jill.
"Auf keinen Fall gehst du ohne eine von uns!", erwiderte Shery.
"Ich gehe mit ihr. Ich brauche auch noch was. Also geht schon mal in Jacquelines Zimmer; wir kommen bald nach", sagte ich. Unsere drei Freundinnen warfen uns noch unsichere Blicke zu, dann entfernten sie sich von uns.
"Danke Giny, dass du mitkommst."
Ich zuckte mit den Schultern. "Kein Problem. Mir ist gerade eingefallen, dass ich ebenfalls noch etwas einkaufen muss. Komm schnell! Ich will so bald wie möglich wieder hier sein." Wir verließen den Campus und somit das Schulgelände, stiegen in den Bus und fuhren Richtung Shoppingstreet. Dort kauften wir das Gewünschte ein und fuhren wieder zurück. Die ganze Zeit waren wir furchtbar angespannt. Jill hatte Thisa - ihren Speer - mitgenommen. Nike hing in ihrer Lederscheide, die ich um meine Hüfte gebunden hatte. Kurz bevor wir zum Eingangstor der Schule kamen, hörten wir plötzlich etwas knacksen. Wir schauten uns erschrocken um. Jill sah mich mit großen Augen an und flüsterte: "Was war das?" Ich zuckte mit den Schultern. Es hatte sich so angehört, als wäre jemand auf einen Ast getreten. Wie blieben weiterhin aufmerksam, setzten jedoch unseren Weg fort. Nur wenige Augenblicke später erklangen leise Schritte und auf einmal packte mich wer von hinten und hielt mir irgendetwas an den Hals. In diesem Moment bekam ich Panik. Jill starrte mich und die Gestalt hinter mir an.
"Hallöchen, wen haben wir denn hier?", fragte der Mann, der mich festhielt. Er hatte eine sehr tiefe, raue Stimme. Er schien ziemlich groß zu sein. "Was wollen Sie?", presste ich zwischen meinen Zähnen hervor.
"Krieger töten." Ein Dämon. Ein Dämon hatte uns aufgespürt! Ich musste schlucken. Meine Freundin wusste nicht, was sie tun sollte. Doch dann bemerkte ich - und im selben Moment auch Jill -, dass der eine Mann nicht allein war. Zwei andere Dämonen tauchten auf - und sie trugen schreckliche Masken, die das Gesicht von Erebos zeigten. Die Augen dahinter leuchteten weiß, als wären die Menschen blind, doch das konnte nicht sein. Schließlich hatten sie uns gefunden. Sie trugen schwarze Roben, die ihnen bis zu den Fußknöcheln reichten. Man konnte keine anderen Klamotten sehen. Ich glaubte, dass es sich um drei Männer handelte. Eine Frau hätte eine komplett andere Figur.
"Ich bin schon gespannt, wie gut ihr kämpft ...", sagte einer der drei. "Oder eher wie schlecht?"
Danach ging alles sehr schnell. Der Mann hinter mir schubste mich nach vorne und drehte mich dabei um, sodass ich ihn ansah. Auf Jill stürzte sich ein Dämon und sie versuchte, seine Angriffe abzuwehren. Ich ebenfalls. Der Mann, der vorher einen Dolch an meine Kehle gehalten hatte, kämpfte nun gegen mich und wollte unbedingt sein Schwert in meinem Herz versenken. Schon nach zwei Minuten atmete ich schwer. So etwas war ich definitiv nicht gewohnt!
"Virginia! Jill!", schrie da jemand. Mike! Ich schaute mich um, währenddessen ich versuchte, die Klinge des anderen Schwertes von meinem Körper fernzuhalten. "Alles okay!", schrie ich ihm zu. Da sah ich meinen Freund, aber lange hatte er keine Ruhe, denn er wurde schon angegriffen. Er stellte sich sehr gut an, doch schließlich versperrte mir mein Gegenüber die Sicht. Ich konzentrierte mich wieder auf den Dämon und versuchte, nicht zu sterben. Ich machte eine falsche Bewegung, und mein Feind schlug mir mit seiner Faust in den Magen, sodass ich zurücktaumelte und zu Boden plumste. Scheiße! Er ragte über mir auf und hob sein Schwert.
"Virginia!", rief Nike, mein Schwert. "Dreh dich zur Seite!" Das tat ich. Nur knapp verfehlte die silberne Klinge meine Schulter. Ich stand so schnell es ging wieder auf und weiter ging es. Plötzlich hörte ich ein Kreischen. Es hatte nach einem Mädchen geklungen. Doch ich konnte nicht nachsehen, weil der Mann mir gerade einen sehr schmerzhaften Schnitt am Oberarm verpasst hatte. Ich biss meine Zähne zusammen und schlug einfach weiter auf ihn ein. Ich muss ihn töten!, ging es mir durch den Kopf. Auch wenn es mir bei dem Gedanken den Magen umdrehte, er würde das gleiche mit mir tun! Also dachte ich an all die schlechten Erinnerungen, die ich bis jetzt erlebt hatte und drängte meinen Gegner immer weiter zurück, bis er an einen Baumstamm stieß. Klirr-Klirr-Klong! Die Wut packte mich. Ich dachte an meinen Großvater, der einfach aus dem Leben gerissen wurde. Ich dachte an alle Menschen, die von Dämonen getöten worden waren. Und schlussendlich schlug ich meinem Gegner mit dem Schwert seine Waffe aus der Hand, sodass er hilflos vor mir stand.
"Gut so, Virginia! Und jetzt bring ihn um!", schrie Nike voller Kampfeslust. Ich atmete einmal tief ein, dann warf ich mich nach vorne und beendete das Leben des Dämons mit einem Schnitt durch seine Kehle. Er sank schlaff zu Boden und rührte sich wenig später gar nicht mehr. Endlich konnte ich mich umsehen. Die zwei anderen Dämonen lagen ebenfalls auf dem Boden in einer Blutlarche. Ich erblickte Mike, der sich über irgendwas beugte. Ich lief zu ihm hin. Jill lag hier und blutete stark. Jemand hatte ihr eine klaffende Wunde an der Seite zugefügt.
"O, mein Gott Jill!" Ich kniete mich neben meinen Freund und sah ihn an.
"Hol du Hilfe, ich komm alleine klar!", befahl er mir. Ich nickte und lief los durch das Schultor auf den Campus. Von dort aus richtung Lehrerzimmer und dann schrie ich um Hilfe. Mrs. Crack, die Geschichteprofessorin kam zu mir. Ich brachte nur wenige Worte heraus: "Hilfe! Dämonen! Schüler verletzt!" Sofort tauchte auch noch Mr. Vic auf. Mit diesen beiden Lehrern rannte ich zurück zu meinen Freunden. Jill lag noch immer genau so dort. Als Mike uns hörte, stand er auf.
"Dämonen haben uns angegriffen. Es waren nur drei, wir haben sie umgebracht. Jill ist aber verletzt."
Mrs. Crack war nun diejenige, die sich über meine Freundin beugte und ihre Wunde ansah. Die Professorin hob ihre Hände und bewegte sie über Jills Körper, als würde sie irgendeinen Zauber auf sie anwenden. Ein goldenes Licht erschien und umhüllte die beiden Frauen. Fragend schaute ich Mike an.
"Sie hat die Gabe, Menschen zu heilen", beantwortete er mir. Ich nickte wissend. Nach ein paar Minuten senkte Mrs. Crack ihre Arme und erhob sich. Kurz darauf hustete jemand. Jill war aufgewacht. Ich näherte mich ihr und staunte. Von der Wunde war ganz nichts mehr zu sehen! Als wäre sie nie verletzt gewesen! Sie hielt sich ihre linke Schläfe, als würde sie Kopfschmerzen haben und stand dann auf.
"Was ist passiert? Hab ich was verpasst?", fragte sie.
"Ach, nur ein Dämon hat seine Waffe in deinen Bauch gestoßen und du wärst beinahe gestorben. Aber sonst ist alles okay", verkündete ich. Ich musste grinsen, weil ich einfach so froh war, dass es Jill wieder gut ging.
"Oh, okay. Also war nicht viel los", meinte meine Freundin schmunzelnd. Ich umarmte sie. Zu fünft kehrten wir auf das Schulgelände zurück und sofort fühlte ich mich sicherer. Die Nachricht verbreitete sich wie ein Lauffeuer in der Akademie und die Schüler tuschelten und knipsten Fotos von uns, als wären wir Promis.
Es dämmerte bereits und Jill und ich ließen uns von Mrs. Crack untersuchen, ob auch alles geheilt war. Mir war nicht viel passiert. Nur ein Schnitt an meinem Oberarm, den die Geschichteprofessorin in wenigen Sekunden geheilt hatte. Als die Wunde zugewachsen war, hatte es in meinem ganzen Körper so angenehm gekribbelt, doch Mrs. Crack war danach auch ziemlich erschöpft, weil sie jemanden in Lebensgefahr geheilt hatte. Jetzt waren Jill und ich auf den Weg zu Jacquelines Zimmer. Unsere Freundinnen wussten noch nichts davon. Nur ein paar Schüler waren vorhin aus ihren Schlafheimen gekommen, um Fotos von uns zu schießen und per SMS zu verschicken. Vielleicht wussten unsere Freundinnen ja doch schon davon?
"Wow, unser erster richtiger Kampf und ich sterbe beinahe."
"Wir können froh sein, dass es nicht noch schlimmer ausgefallen ist. Und wir haben uns alle tapfer geschlagen", widersprach ich ihr. Den restlichen Weg schwiegen wir. Als wir bei Jacqueline anklopften, machte sie die Tür auf und beschwerte sich erst einmal, warum wir so lange gebraucht haben.
"Giny, du bist doch so eine Nicht-Shoppingqueen. Also?"
"Ähm, wir sind nur von ein paar Dämonen angegriffen worden, deswegen hat es leider ein bisschen länger gedauert", antwortete ich. "Und Jill wäre dabei fast draufgegangen, doch Mrs. Crack hat sie geheilt." Unseren Freundinnen fielen die Kinnladen runter. Wir erzählten ihnen von dem Angriff.
"Ich hab es doch gewusst, dass das keine gute Idee ist, in der Stadt rumzulaufen", sagte Jacqueline, während pinke Funken aus ihren Fingerspitzen stoben.
"Was soll's. Jetzt ist es eben geschehen und man kann es nicht ändern", antwortete Jill. Wir redeten noch kurz über ein paar Einzelheiten, bis wir uns einem anderen Thema widmeten. Romy hatte jetzt auch endlich einen Freund. Luke hieß er. Er konnte jemanden mit jedem beliebigen Gegenstand zur Strecke bringen, genauso wie Jake. Er sah ziemlich gut aus und hatte zuvor schon einige Freundinnen gehabt. Jetzt hatten wir alle einen Freund. Unsere Clique wuchs und wuchs! Wir waren inzwischen zu zehnt.
"Also, wenn es wer wagt, uns zehn anzugreifen, dann hat er sich aber geschnitten", meldete sich Shery zu Wort.
"Na ja, was ist, wenn es doppelt so viele Dämonen sind? Zwanzig gegen zehn ist nicht gerade gerecht und würde uns nicht recht viel bringen", sprach ihr Jacqueline dagegen. Da hatte sie allerdings recht.
"Nun gut. Ich bin echt müde." Um meinen Worten noch mehr Ausdruck zu verleihen, gähnte ich herzzerreißend. "Ich gehe in mein Zimmer, okay?" Die anderen folgten meinem Beispiel. Wir machten zum Abschied unser 'Gruppenzeichen' und verschwanden dann in unseren eigenen Schlafräumen. Ich lehnte Nike gegen die Wand, damit sie den Raum überblicken konnte und zog meinen Pyjama an.
"Du hast heute gut gekämpft", lobte mich mein Schwert.
"Danke. Trotzdem macht mir Jill Sorgen. Was ist, wenn sie womöglich eine Kampfschwäche hat?"
"Ach, Virginia. Denk doch nicht an so etwas. Heute war euer allererster richtiger Kampf! Da ist es klar, dass man noch nicht so gut ist, aber mit der Zeit wird das schon. Glaub mir." Ich lächelte das Schwert an. Ich fand es noch immer unglaublich, dass eine Waffe mit mir sprach. Nike beobachtete mich noch kurz, dann schloss sie ihr Auge und schlief ein. Ich legte mich ins Bett und schrieb Mike eine SMS:
Hey, Mike!❤
Ich wünsche dir eine gute Nacht! Ich hoffe ganz fest, dass ich nicht von Dämonen, Göttern und anderen seltsamen Sachen träume, sondern von dir!!!!
Bis morgen!
Deine Virginia❤❤
Als Antwort bekam ich folgendes:
Na toll. Danke, Kampfprinzessin. Du hast mich aufgeweckt! Nein, Scherz. So ein cooler Typ wie ich schläft um diese Zeit noch lange nicht! Ich bin sehr stolz auf dich wegen heute. Du hast dich gut geschlagen und sogar einen Dämon getötet! Das ist mein Mädchen! Es war ein ziemlich großer Zufall, dass ich vorbeigekommen bin, sonst hättet ihr zu zweit auskommen müssen. Na gut, ich habe deine Gedanken gehört. So, und jetzt musst du schlafen, weil du noch ein sehr kleines Mädchen bist, das viel Schlaf braucht. Träum süß!
Dein Loser❤❤❤
Mit einem Lächeln auf den Lippen fiel ich ins Land der Träume. Am nächsten Tag hatten wir wieder Kampftraining. Jetzt wusste es wirklich jeder auf Mythos, dass die ersten Schüler bereits angegriffen worden waren. Wir. Bevor alle meine Mitschüler aus dem Turnsaal stürmen konnten, verkündete Mr. Vic noch, dass wir ab heute abends auch Training hatten. Er lobte Jill, Mike und mich für unsere Tapferkeit gestern. Wieder flüsterten die Schüler miteinander. Ich fühlte mich unwohl in meiner Haut. Endlich wurden wir entlassen und mussten in den normalen Unterricht. Ich war gerade auf dem Weg zum Geschichte-Saal, als mich jemand von hinten antippte. Ich blieb stehen und drehte mich um. Ein Mädchen mit großen grauen Augen und langen schwarzen Haaren stand vor mir. Sie war ziemlich groß. Mindestens einen Kopf größer als ich, und ich gehörte nicht gerade zu den Kleinsten.
"Darf ich dir eine Frage stellen?", wollte sie wissen.
"Okay. Schieß los", sagte ich.
"Also ... Wie ist es so, einen Menschen umzubringen?" Mir klappte die Kinnlade hinunter.
"Warum fragst du sowas?!"
"Ist es etwa nicht cool?"
"Cool?! Es ist schrecklich und eklig! Auch wenn es unsere Feinde sind, trotzdem ist es widerlich, das Blut eines anderen überall zu sehen. Und auch noch so viel ..." Ich bekam Bauchweh.
"Wenigstens sind sie tot. Um das geht's ja schließlich", meinte das Mädchen. "Aber wie war der Kampf selbst?"
"Anstrengend?" Das Mädchen schien schön langsam das Interesse an mir zu verlieren, weil sie ihre Augen verdrehte, als ich ihr nicht mehr antworten wollte. Nach nur ein paar Augenblicken seufzte sie und ging davon. Ich schüttelte meinen Kopf und machte mich wieder auf den Weg. Inzwischen wusste ich, dass ich zu spät kommen würde. Deswegen rannte ich. Doch rechtzeitig kam ich trotzdem nicht und Mrs. Crack warf mir einen strengen Blick zu, mehr aber Gott sei dank nicht. Meine MItschüler starrten mich an, als wäre ich ein Marsmännchen. Ich hatte nur gegen Dämonen gekämpft! Nach den drei Stunden Unterricht freute ich mich schon auf mein Zimmer. Ich holte mir nur schnell ein bisschen was zu essen aus der Cafeteria und schloss mich dann in meinem Zimmer ein. Nike schlief in ihrer Lederscheide, also legte ich sie aufs Bett, damit ich sie nicht aufweckte. Danach stieg ich unter die Dusche und genoss das kalte Wasser, das an meinem Körper hinunterlief. Später probierte ich meine Hausaufgaben zu erledigen, doch alles, was dabei herauskam, war, dass ich mich auf einmal auf Facebook befand und Bilder von Mike bewunderte. Ich ballte meine Hände zu Fäuste, doch schließlich musste ich über mich selbst lachen. Am späten Nachmittag bekam ich einen Anruf von Mama.
"Virginia, ich hab nicht viel Zeit, aber ich möchte dir sagen, dass Oma Lisa mit uns gesprochen hat. Rate über was!"
"Keine Ahnung, sag!"
"Über Mike. Sie findet ihn sehr nett und findet, dass er gut zu dir passt. Ist das nicht lustig?" Ich grinste.
"Ja, das ist es."
"Na gut, ich muss eh schon wieder auflegen. Papa wartet schon ungeduldig auf mich, weil er mich zum Arzt bringen möchte, obwohl ich nicht glaube, dass ich krank bin. Aber na ja ..."
"Was hast du denn?"
"Mach dir bitte keine Sorgen, Schatz. Ich hab nur ein bisschen Kopfschmerzen, sonst nichts. Du kennst ja Papa: Er fährt immer gleich zum Doktor! Also, bis bald!" Dann hatte sie auch schon aufgelegt. Nein, eigentlich fuhr Dad nicht gleich zum Arzt, wenn irgendwer Kopfweh hatte. Ich hatte bei dieser Sache ein sehr schlechtes Gefühl ...
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