ⅩΙΙΙ. 𝙳𝚎𝚊𝚛 𝚏𝚘𝚛𝚖𝚎𝚛 𝚏𝚛𝚒𝚎𝚗𝚍 𝟬𝟭
Liebe Ainur,
es tut mir so leid, dass unsere Wege sich im Sommer getrennt haben. Ich wünschte, es hätte anders enden können. Wer hätte gedacht, dass unsere Freundschaft einen solchen Ausgang haben muss. So gerne würde ich es rückgängig machen. Wir waren so gute Freunde, wie konnten wir eine solche Sache zwischen uns kommen lassen? Es tut mir leid, dass ich diese Sache zwischen uns kommen lassen habe. Vielleicht wäre es anders gekommen, hätte ich mich mehr um uns bemüht. Stattdessen sind wir nun schon seit einem halben Jahr nicht mehr befreundet. Ich hasse diese Stimmung zwischen uns, dass wir uns in unserer gegenseitigen Anwesenheit nicht wohlfühlen können, dass wir nicht natürlich nach unserem Charakter handeln können und anstelle dessen genau darüber nachdenken, welche Worte angebracht sind. Die anderen können schon wieder normal mit dir sprechen und du anscheinend auch mit ihnen, aber ich kann es nicht und du wohl auch nicht mit mir. Ich habe das Gefühl, dich am meisten von allen hintergangen zu haben. Wir waren so vertraut miteinander, immer füreinander da, aber trotzdem habe ich nicht ausreichend zu dir gehalten.
Ich hatte Angst, dass du völlig einsam und abgeschottet enden würdest. Damals warst du nur mit uns befreundet, mit den anderen Mädchen aus der Klasse haben wir nichts gemacht. Ich bin froh, dass du Anschluss bei ihnen gefunden hast. Und ich hoffe, dass du auch wirklich glücklich damit bist. Ich könnte mit den anderen Mädchen nicht viel anfangen. Wäre ich an deiner Stelle, würde ich mich nur komplett verstellt benehmen. Aber vielleicht sind sie wirklich aufrichtig mit dir befreundet und das wünsche ich dir auch. Es tut mir leid, dass du das im Sommer durchmachen musstest. Es war unsere Schuld, irgendwie haben wir uns alle gegenseitig in Unglücklichkeit versetzt. Nur warst du alleine, während wir noch zu fünft waren.
Es tat so weh, deine Tränen zu sehen. Wie sie ihre Spuren auf deinem dunkelblauen Kopftuch hinterlassen haben, als sie von deinem Gesicht getropft sind. Ich wollte dir so gerne helfen, dich umarmen. Aber ich habe mich nicht getraut. Sogar meine Freundin wusste, was los war - die Freundin, die du vor einem halben Jahr nicht mehr als beste Freundin haben wolltest. Die Auseinandersetzung zwischen euch beiden, hat uns schließlich alle entzweit. Ihr hast du es gesagt. Sie saß bei dir, aber deine angeblichen jetzigen Freunde haben dich keines Blickes gewürdigt. Später habe ich mitbekommen, warum du geweint hast. Du warst traurig, weil du im Sportunterricht immer draußen sitzen musst und nichts tun kannst. Ich weiß nicht, ob das der wirkliche Grund ist, aber ich kann es mir durchaus vorstellen. Es muss schwer sein, jede Woche den anderen Mädchen zuzuschauen, wie sie Spiele spielen oder andere Sportarten lernen und lachen, während du nur am Rand sitzen kannst. Ich kann mir so gut denken, wie einsam und allein und nutzlos du dich fühlen musst. Und ich wünschte, du wüsstest, dass du nicht alleine bist. Dass sogar ich noch da bin. Ich möchte dir helfen, aber ich kann nicht. Wir sind keine Freunde mehr, wie komisch wäre es, wenn du ausgerechnet mit mir über deine Sorgen und Gedanken sprichst und dir von mir helfen lässt. Wenn es doch nur wieder wie früher wäre, wo du vielleicht als erstes mit mir über so etwas geredet hast. Jetzt würde ich dir gerne sagen, was für eine tolle Person du doch bist.
Und irgendwie hat sich deine Beziehung zu den meisten in der Klasse verbessert. Mit deiner früheren besten Freundin, die du damals einfach nicht mehr akzeptieren wolltest, redest du wieder. Und zwar so, als wärt ihr noch immer Freunde, sehr gute Freunde. Und auch sie behandelt dich so. Ich freue mich für euch, ich finde es schön, dass ihr euch wieder versteht. Auch wenn ich nicht verstehe, wie ihr das auf einmal tun könnt. Mit fast allen Mädchen redest du wieder normal. Nur mit meiner besten Freundin und mir nicht. Es mag sein, dass es einfach an unserem Charakter liegt. Wir sind nun mal nicht so offen, sondern eher schüchtern und zurückgezogen. Aber mir kommt es so vor, als wäre nicht nur das der Grund. Es fühlt sich so an, als hättest du etwas gegen uns und würdest uns nicht verzeihen. Es tut weh, mitzubekommen, wie du mit allen so vertraut bist, nur mit mir nicht, dabei war ich eine deiner besten Freundin. Wir haben früher doch alles gemeinsam gemacht. Ich hatte mir eingebildet, über unser Auseinandergehen hinweg gekommen zu sein, aber jetzt kommen all die Gefühle und Tränen hoch. Es verletzt mich irgendwie, dass du alle anderen zu mögen scheinst außer mich. Habe ich denn so viel falsch gemacht?
Wahrscheinlich wirst du das hier nie lesen, geschweige denn davon wissen oder es zu Augen bekommen, aber du bist wundervoll. Einzigartig. Immer warst du für mich da, ich konnte mich voll auf dich verlassen, wie ich es noch immer nicht bei anderen tun kann. Niemand ist so zuverlässig wie du. Und deine Hilfsbereitschaft ist so bewundernswert. Egal wer es aus der Klasse ist und wie faul die Person ist, du hilfst, versorgst jeden mit Hausaufgaben und Hefteinträgen und übernimmst Verantwortung. Du kannst stolz auf dich sein. Du bist so mutig. Dass du nach unserem Auseinandergehen an der Schule und in der Klasse geblieben bist, obwohl viele damals gesagt haben, dass sie nichts mehr mit dir zu tun haben möchten, zeigt wie tapfer du bist. Irgendwie ist es gut, dass diese Personen nun sogar deine Freunde sind, obwohl es ein bisschen paradox ist. Das waren die Menschen, die dich zu hassen schienen. Ich war eine deiner besten Freundinnen und wir haben die ganze Zeit versucht, den Konflikt zu lösen, wir wollten dich nicht verletzen und unsere angerissene Freundschaft stattdessen wieder flicken. Und nun behandeln wir uns wie Luft, während die anderen mit dir klar kommen und für dich da sind.
Du hast mir so viel geholfen und meine Zeit mit dir war so schön. Wir haben so viel miteinander erlebt und diese Erinnerungen sind einerseits wunderschön und andererseits so traurig. Immer wenn ich Compass von Two Steps From Hell höre, muss ich an dich denken. Wir standen einmal im Aufzug und ich habe dir gesagt, dass ich einen Ohrwurm von Compass hätte. Und ich habe dieses Lied nicht aus meinem Kopf bekommen. Ich habe dir noch so oft gesagt, dass ich wieder einen Ohrwurm von dem Lied habe und wir haben beide darüber gelacht.
Ich hoffe, dass wir irgendwann wieder so wie früher miteinander umgehen können. Dass wir wenigstens wieder Freunde werden, wenn auch unsere Freundschaft nie wieder so wie früher werden wird. Die Auseinandersetzung vom letzten Sommer wird immer eine Wand zwischen uns darstellen, die wir nicht brechen können. Ich bin nicht imstande, das zu vergessen, was passiert ist. Es war eine so harte Zeit, die wir getrennt durchstehen mussten. Und ich kann deine Meinung, die du vertrittst und die uns unterscheidet, nicht teilen, nicht verstehen und eigentlich nicht akzeptieren, aber trotzdem bedeutest du mir noch immer etwas. Schließlich zeichnet dich nicht nur diese eine Meinung zu einem einzelnen Thema aus. Du bist so viel mehr als das. Du bist mir immer noch wichtig und es ist mir wichtig, dass du glücklich bist und nicht wie ich in der Vergangenheit festhängst und unglücklich bist. Ich hoffe so sehr, dass dich das Alleinsein nicht in die Tiefen des Selbsthasses gedrängt hat. Und dass du ehrliche Freunde hast, zu denen du mit deinen Problemen gehen kannst und die dir im Gegensatz zu mir helfen können. Hoffentlich erreichst du das, was du dir wünschst.
Ich weiß noch, wie du mir einst erzählt hast, du wollest ein Buch schreiben. Damals hielt ich das für eine Schnapsidee. Ein ganzes Buch schreiben, wie soll das gehen? Mittlerweile bin ich eines besseren belehrt, schreibe selbst und ein eigenes Buch gehört ebenfalls zu meinen Träumen. Liebend gerne würde ich dein Buch lesen, wenn du diesen Wunsch verwirklichst.
Wie geht es dir jetzt - wirklich? Diese Frage würde ich dir gerne stellen und eine ehrliche Antwort hören. Prägen dich die Erlebnisse des Sommers noch immer? Du wirkst immer so gefasst und stark, aber das Ganze mag ja auch eine Fassade sein. Womöglich zerbröckelst du dahinter und keiner kann deine Teile aufsammeln und dich wieder aufbauen. Wenn es so wäre, wäre ich gern die Person, die dich wieder zusammenbastelt, wenn du mich lässt.
Danke für die Zeit, die wir miteinander hatten. Ein Traum wäre es, hätte unsere Freundschaft nie ein Ende gefunden.
Ich wünschte, ich könnte dir all das hier wirklich sagen. Ich wünschte, du wüsstest einfach. Ich wünschte, wir könnten miteinander über unsere Gefühle und Gedanken reden wie Freunde es tun. Ich wünschte, wir könnten einander umarmen und zusammen Tränen vergießen. Ich wünschte, du könntest meine Tränen sehen und ich wünschte, du würdest mir die deinen zeigen. Ich wünschte, wir wären wieder für einander da. Ich wünschte, diese Vertrautheit wäre wieder da. Ich wünschte, du sähest mich wieder, würdest wieder einfach mit mir reden. Ich vermisse dich.
Deine Katharina
[1486 Wörter - 29. Jan 2022]
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Hey meine lieben Hobbitse 💙
mal wieder ein bisschen was anderes ^^
Die Namen sind quasi Pseudonyme. Ich möchte hier nicht die echten Namen verwenden.
~LinaewenFinduilas
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