ΙⅤ. 𝙻𝚎𝚝𝚣𝚝𝚎𝚛 𝙵𝚛𝚎𝚞𝚗𝚍

Triggerwarnung: Suizid und depressive Gedanken

Ich bin müde. Müde von diesem Leben. Erschöpft von meinen Gedanken. Ausgelaugt von Selbstzweifeln. Ich möchte dieses Leben nicht mehr. Ich will diese Gedanken loswerden. Und ich will diese Gefühle nicht mehr spüren.

Mit hängenden Schultern stehe ich auf einer verlassenen Straße mitten in der Nacht. Die schmale Mondsichel scheint fahl vom Himmel herab, bevor Wolken sich vor sie schieben.

Mein Leben wird so oder so enden. Ob jetzt oder erst in 70 Jahren, was macht das für einen Unterschied?

Warum kann ich meine Gedanken nicht abschalten? Sie sollen aufhören in meinem Kopf herumzugeistern. Mich in Ruhe lassen. Warum müssen sie mich immerzu nerven?
Bin ich so schwach, dass ich sie nicht hindern kann?

Was mache ich falsch?
Irgendwas muss ich nicht richtig gemacht haben, irgendetwas muss mit mir nicht stimmen. Ich verzweifle regelrecht an mir selbst.

Es muss doch einen Grund dafür geben, dass ich ständig meine sogenannten besten Freunde verliere. Es muss doch an mir liegen. Bei der Menge an gescheiterten Freundschaften mit mir... muss der Grund doch bei mir liegen - ganz sicher.
Ist es mein Aussehen? Finden sie mich auch hässlich? Hassen sie mein Gesicht so sehr wie ich auch?
Oder gefällt ihnen mein Verhalten nicht? Nerve ich sie? Unterhalte ich mich nicht genug mit ihnen?
Vertraue ich ihnen nicht genug?
Oder mögen sie ganz einfach meine Persönlichkeit nicht? Hab ich mich so sehr verändert, dass sie mich auf einmal nicht mehr als Freundin haben möchten? Bin ich am Ende einer Freundschaft wirklich so viel anders, als am Beginn?

Wahrscheinlich bin ich es einfach nicht wert. Ich bin es nicht wert, jemandes beste Freundin zu sein. Ich bin es nicht wert, von anderen geliebt zu werden. Ich bin es nicht wert, glücklich zu sein.

Ich bin nicht gut genug, um von jemandem wertgeschätzt zu werden. Ich bin zu schlecht, um für jemanden über meinen Klassenkameraden zu stehen. Ich bin gut genug, um allein zu sein.

Ich verdiene es nicht, gemocht zu werden. Ich verdiene niemandes Vertrauen. Verdiene ich dann überhaupt das Leben? Wie kann ich etwas verdienen, das ich gar nicht möchte?

Ich will weinen. Doch sogar die Tränen haben mich verlassen.

Warum bin ich so? Warum bin ich so wie ich bin? Warum kann ich mich nicht ändern, so wie ich möchte? Warum kann ich nicht jemand anderes sein? Warum?

Ich will schreien. Aber so bin ich nicht. Ich schreie nicht. Niemals. Also verlässt auch kein Laut meinen Mund.

Ich will dieses Leben nicht mehr, soll es mich doch auch einfach verlassen. Doch kann ich nicht gehen. Meine Gedanken, die sich mal wieder überschlagen, lassen es nicht zu. Meine Gefühle lassen mich nicht los. Meine Selbstzweifel stellen diesen Gedanken in Frage. Einerseits sagen sie mir, dass ich nicht einfach so jeden in dieser Welt verlassen kann. Andererseits bläuen sie mir doch immer wieder ein, dass mich niemand liebt. Dass ich niemandem etwas bedeute und niemand mich vermissen würde. Ich stehe mir, wie so oft, selbst im Weg. Mein Kopf sagt mir, dass es jemanden geben muss, der trauern würde. Aber mein Herz will es nicht glauben. Es hat sich schon an die Einsamkeit gewöhnt... Und hat das Vertrauen in die Gesellschaft verloren.

Ja, auch das Vertrauen hat sich davon gestohlen. Ich kann niemandem vertrauen. Jeder würde mich nur wieder hintergehen. Auch wenn das wahrscheinlich an mir liegt, kann ich keinem mein Vertrauen schenken. Nicht einmal mir. Schließlich will ich ja auch weg. Und ohne Vertrauen ist man nun mal einsam und alleine. Alleine mit seinen Gedanken und Gefühlen.

Warum atme ich noch? Ich will das nicht mehr. Warum kann ich nicht einfach aufhören. Warum hört mein Herz nicht auf zu schlagen? Sogar mein Körper betrügt mich.

Mühsam zwinge ich meine Beine sich zu bewegen. Sie sollen gefälligst weiter gehen und mich zum Meer bringen. Möchte ich nur einen Neuanfang? Alle Leute, die ich kenne und die mich kennen, hinter mir lassen. Oder will ich kein Leben mehr? Was möchte ich wirklich?

Endlich bin ich am Strand angekommen. Ich spüre den feuchten Sand unter meinen Füßen. Ich gehe weiter und weiter. Ich will das Wasser spüren. Fühlen wie es meine Haut berührt und mich umfängt. Merken, wie es nicht sofort zurückweicht, wenn ich in seine Nähe komme.

Deshalb laufe ich immer weiter. Doch umspült auch nach wenigen Minuten kein Wasser meine Füße. Ich begreife und will die Ebbe verfluchen. Aber ich fluche nicht, so bin ich nicht. Verzweifelt renne ich weiter durch das Watt. Bis ich auf einmal nicht mehr nur auf nassem Sand stehe.

Erleichtert verlangsame ich mein Tempo und atme tief durch. Endlich schaffe ich es zu lächeln. Ein Freudenschrei entwischt mir. Kälte zieht durch meine Haut. Das Wasser wäscht den Sand von meinen Beinen. Es umgibt mich und lässt mich nicht los. Neue und immer größere Wellen klatschen gegen mich. Ich fliehe nicht vor ihnen, ich gebe mich ihnen hin und umarme sie. Und es fühlt sich so an, als würde das Wasser mich an sich drücken. Wie es echte Freunde tun. Echte Freunde, die einander lieben und wertschätzen. Die sich nie wieder verlassen.

Der Wasserspiegel steigt und steigt, doch ich erfreue mich daran. Ich genieße es, nicht alleine zu sein. Keine Einsamkeit zu verspüren. Die Kälte stört mich kein bisschen. Auch sie ist wie ein weiterer Freund, der mich nicht so schnell wieder verlassen wird. Das Wasser reicht mir nun bis zum Hals und mir ist klar, dass ich mich entschieden habe. Ich will das hier.

Ich merke, dass ich nicht mehr auf dem Sand stehe, sondern im Wasser treibe. Es umgibt mich komplett. Meine Haare schweben um mein Gesicht herum. Meine Augen brennen, sodass ich sie wohl oder übel schließen muss. Aber ich entspanne mich. Ich verspüre den Drang zu atmen und gebe nach. Salzwasser füllt meine Lungen, aber die Kälte dämpft das Brennen in mir. Und spüre, wie ich immer tiefer sinke, mein Herzschlag langsamer wird und meine Gedanken verblassen. Wie das Leben mich endlich auch verlässt und nur noch das Wasser da ist.

[993 Wörter - 18. Jul 2021]

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Hey meine lieben Hobbitse,
wie geht's euch denn so? Wie ist die Wetterlage bei euch?
Dieser Oneshot ist tatsächlich ganz zufällig entstanden. Und in der Tat aus meinen Gedanken und Gefühlen. Ich hoffe, er war nicht zu deprimierend. Wann der nächste Oneshot kommen wird, ist noch ziemlich ungewiss. Ich habe gerade etwas mit meiner Fanfiction zu kämpfen und auch so ziemlich viel um die Ohren...
Schönen Tag noch
~LinaewenFinduilas

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