Chapter 88
Ja, es klang absurd. Wieso sollte ausgerechnet ich die Hölle leiten? Aber ich hatte keinen anderen Ausweg gesehen. Natürlich könnten wir warten, bis Cade starb und wir dann wieder freikamen, aber niemand wusste, wie lange das noch dauern würde. Es könnte morgen sein oder erst in einigen Jahren. Und wir würden diese ganze Zeit lang furchtbare Qualen aushalten müssen. Das würden wir nicht überstehen, Kat und ich würden beide durchdrehen. Aber Cade hatte mir ein äußerst verlockendes Angebot gemacht. Wenn ich ihn nach seinem Tod ersetzen würde, würden Kat und ich bis dahin in dieser Welt alles tun können, was immer wir wollten. Also hatte ich sein Angebot angenommen. Seitdem waren schon mehrere Monate vergangen und ich hatte meine Entscheidung noch immer nicht bereut. Cade hatte mir schon jetzt die volle Kontrolle über seine Höllen-Welt gegeben. Wo immer Kat und ich hingingen, verschwanden die Höllenflammen. Zugegeben, das Leben umgeben von Flammen, die uns nicht verletzen konnten, war ein wenig langweilig, aber alles war besser als uns verbrennen zu lassen.
Am Anfang hatten wir uns damit abgelenkt, bekannte Gesichter in der Hölle zu besuchen. Es war eine Erleichterung gewesen, als wir gesehen hatten, dass Nadia hier nirgendwo war. Das bedeutete, sie hatte ihren Frieden gefunden, und so fiel es Kat leichter, ihren Tod zu verarbeiten. Dafür hatten wir mit Silas gesprochen, mit der toten Schwester von Matt und mit einem Psychopathen namens Kai Parker, der nach meinem Tod meinen Brüdern das Leben schwer gemacht hatte. Ich hatte sogar meinen Vater gesehen, Giuseppe Salvatore. Vermutlich sollte ich nicht schadenfroh sein, dass er hier war, aber ich war es. Er hatte Stefan, Damon und mir so viel Grausames angetan, bis er uns schließlich ermordet hatte, als wir einer Freundin helfen wollten. Wenn es einen Menschen gab, der die Hölle mehr als verdient hatte, dann war er das. Kat hatte mich gefragt, ob ich mit ihm sprechen wollte, aber ich hatte mich dagegen entschieden. Ich hatte mich damit abgefunden, dass mein Vater ein Monster war. Ein Gespräch würde nichts ändern, er würde sich nicht ändern. Allein die Tatsache, dass er hier endlich das bekam, was er verdient hatte, ließ mich damit abschließen.
Ich hatte Besseres zu tun, als mich mit meinem Vater auseinanderzusetzen. Zum Beispiel mich um meine Hochzeit zu kümmern. Ja, mit meiner Hochzeit. Nur weil Kat und ich gestorben waren, bevor wir auch nur die Chance hatten, über einen Termin zu sprechen, hatte ich es nicht vergessen, dass wir verlobt waren. Ich gab zu, dass die Bedingungen in der Hölle nicht gerade optimal für eine Hochzeitsfeier waren, aber das war mir egal. Nicht einmal Cade konnte einfach so die Hölle verlassen, also würden wir wohl für den Rest unseres Lebens hier bleiben müssen. Aber das würde mich nicht davon abhalten, Kat zu heiraten. Cade hatte sich bereit erklärt, die Zeremonie durchzuführen. Erstaunlicherweise hatten wir uns in den letzen Monaten wirklich gut verstanden und irgendwie mochte ich ihn sogar. Er hatte mir von seiner Vergangenheit erzählt, und davon, wie es kam, dass er diese Welt erschaffen hatte. Früher war er ein guter Mensch gewesen, der immer an das Beste in jedem glaubte, bis sich sein ganzes Dorf wegen seiner magischen Fähigkeiten gegen ihn gewendet und ihn verbrannt hatte. Verständlich, dass er jetzt davon ausging, dass jeder Mensch von Grund auf verdorben war. Ich war froh, dass er mir die Chance gegeben hatte, mich und Kat vor dem Höllenfeuer zu retten. Und deshalb schien es mir auch richtig zu sein, dass er Kat und mich verheiratete. Mal ganz davon abgesehen, dass er hier die einzige andere Person war, die klare Worte sprechen konnte und nicht nur durchgängig vor Schmerzen schrie.
So kam es, dass ich jetzt vor Kat stand, inmitten eines Herzens aus Feuer. Ja, es war ein wenig kitschig, aber Cade schien stolz auf sein Werk zu sein. Und das war schließlich auch das einzige, was an eine klassische Hochzeit erinnerte, immerhin hatten wir immer noch die gleichen Klamotten an, in denen wir gestorben waren. Es gab nun mal einen Mangel an Brautkleidern in der Hölle. Zumindest hatte Cade uns zwei Ringe aus schwarzem Stein besorgt, die wir austauschen konnten. Unsere Tageslichtringe würden wir eh nicht mehr brauchen. Selbst wenn wir irgendwann aus dieser Hölle rauskommen würden, würde ich in der Sonne nicht mehr verbrennen. Als Herrscherin der Hölle war man so gut wie unsterblich. Das einzige, was mich dann noch verletzen könnte, wäre ein Dolch aus meinen eigenen Knochen. Ekelig. Und nach dieser provisorischen Zeremonie würde Kat automatisch auch zur Königin der Hölle werden. Zuerst war Cade dagegen gewesen. Er hielt es für eine schlechte Idee, sowohl Kat als auch mir nach seinem Tod die Kontrolle über seine Welt zu überlassen.
Es hatte einige Wochen gebraucht, Cade zu überzeugen, aber jetzt überreichte er uns mit einem Lächeln unsere Ringe. Ich sah jedoch kaum zu ihm, mein Blick war ganz auf Kat gerichtet. Auch wenn wir uns kaum aufstylen konnten, sah sie doch heute besonders toll aus. "Willst du, Emily Salvatore, die hier anwesende Katerina Petrova zu deiner Frau nehmen?"
Glücklich lächelte ich Kat an, während ich ihr ihren Ring aufsteckte. "Ja, ich will." Ich war froh, dass wir uns dagegen entschieden hatten, eigene Eheversprechen aufzusagen. Ich war so aufgeregt, dass ich kaum mehr herausbekommen hätte. Und nach allem, was wir schon zusammen durchgemacht hatten, war zwischen uns alles schon einmal gesagt worden. Wir wussten, was wir füreinander empfanden.
"Und willst du, Katerina Petrova..."
"Kat", unterbrach meine Noch-Verlobte Cade und grinste mich dabei leicht an. "Einfach nur Kat."
Auch Cade musste ein wenig lächeln und nickte etwas, bevor er sich korrigierte und weitersprach.
"Und willst du, Kat, die hier anwesende Emily Salvatore zu deiner Frau nehmen?"
"Ja, ich will. Nichts würde ich lieber tun."
Mein Herz schlug unwillkürlich schneller, als Kat mir den Ring ansteckte. Cade fing wieder an zu sprechen, aber ich nahm ihn kaum noch wahr. Ich konnte nur zwischen Kats Augen und den Ringen an unseren Fingern hin und her sehen. Erst als ich irgendetwas mit "Die Bräute dürfen sich jetzt küssen" hörte, kam ich wieder einigermaßen zu mir, aber da spürte ich auch schon Kats Lippen auf meinen und ich erwiderte ihren Kuss sofort. Unser erster Kuss als Verheiratete. Wenn mir das vor einigen Jahren jemand gesagt hätte, hätte ich gelacht. Ich hätte nie geglaubt, dass Kat auch nur ansatzweise das gleiche für mich empfinden könnte, was ich für sie empfand. Und doch waren wir jetzt hier. Vielleicht nicht unter den perfekten Umständen, aber zumindest waren wir zusammen und darüber hinaus jetzt auch noch unsterblich. Wir würden vielleicht die Ewigkeit in der Hölle verbringen, aber dann würden wir die eben zu unserem Zuhause machen. Solange wir zusammen waren, würde uns nichts und niemand aufhalten.
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