Schock

Wir sollten hier gemeinsam sterben...

So dachte ich es zumindest. Mein dämliches Handeln hatte uns in Gefahr gebracht.
Innerlich rechnete ich schon damit in deren Spinnenweben eingewickelt und gefressen zu werden.
Doch da hörte ich nur noch ein Geräusch und plötzlich fingen alle Spinnen laut an zu schreien. Es war schmerzhaft, als hätte sie etwas verletzt. Vorsichtig öffnete ich meine Augen und sah wie eine Spinne nach der anderen zu Boden ging. Da waren überall Elbenkrieger, welche die Spinnen aus dem Hinterhalt angegriffen hatten.

Die letzte Spinne vor uns war noch am leben, achtete nicht groß auf ihre Geschwister, sondern war noch immer darauf konzentriert uns zu Futter zu machen. Sie holte aus um anzugreifen, doch da flog ein Schatten vom Himmel und ein mir bekannter Elb, stach dem Vieh mitten in den Kopf, drehte den Dolch einmal im Kreis und tötete somit den Gliedfüßer vor uns. Das unheimliche leuchten in den Augen der Spinne verschwand und somit landete sie tot zu Boden.
,,Tar am. (Steh auf) "sprach der Prinz ernst.

Wie er es befohlen hatte stand ich also auf und half Gimli dabei auf beiden Beinen zu stehen.
Er kam inzwischen wieder zur Besinnung und sah erst mich und dann Legolas an. Ich sah auch zu ihm, doch richteten wir unsere Blicke direkt wieder zu Boden. Sein Blick machte mir Angst, denn der Elbenprinz sah alles andere als begeistert aus. Er sah ernst und verärgert aus, aber das konnte ich mehr als verstehen. Mein Handeln glich dem eines Idioten, so viel stand fest.

,,Me lelya. (Wir gehen)"waren seine einzigen Worte und somit ging er voraus, gefolgt von den Wachen, sowie Gimli und meiner idiotischen Wenigkeit.
Legolas ging schnelle Schritte und sagte kein Wort, während wir zu den Hallen Thranduil's liefen. Ich hatte plötzlich ein so schlechtes Gefühl, wobei ich es eigentlich schon die ganze Zeit tief in mir hatte. Aber jetzt wo ich den jungen Elb so sah, kam dieses Gefühl in mir hoch. Wie Milch, die man nicht zu lange kochen durfte, stieg das schlechte Gewissen in mir. Immer schneller und höher.
An Elvenkings-Hall angekommen blieb Legolas stehen, während die anderen noch etwas weiter liefen, bis sie den plötzlichen halt ihres Kommandanten bemerkten.
,,Tog nogoth Gimli ned ea sam. (Bringt den Zwerg Gimli in sein Zimmer)"sagte Legolas und sah dann mich an.
,,Tye termar en sinome. (Du bleibst noch hier)"sagte er zu mir.
Die Wachen nickten daraufhin nur und begleiteten Gimli ins Innere der Halle. Er sah noch kurz mir, schenkte mir ein leichtes Lächeln, welches ich nur zurückgeben konnte.
Meine Kraft um Worte über meine Lippen zu kriegen, musste ich mir für das Gespräch mit Legolas aufbewahren.

Als Gimli und die anderen dann fort waren, sah ich beschämt zu Boden. Inzwischen war die Sonne auf dem weg zum Untergang. Es war wieder so unangenehm ruhig.
,,Ai nin erin. (Sieh mich an)"sagte er, doch ich traute mich nicht ihn anzusehen, auch wenn er mich darum gebeten hatte.
Allerdings wusste ich, dass es so nicht bleiben konnte. Ich hatte einen Fehler gemacht und darüber musste er mit mir reden.
Langsam traute ich mich den Blick zu heben und sah ihn an. Mit reue, Scham und Trauer.
Sein ernster Blick wurde etwas sanfter, doch nur ein bisschen.
,,Warum hast du das gemacht?"fragte er.
Ich linste zur Seite, spielte mit den Fingern und wusste nicht so recht wo ich anfangen sollte.
,,Als ich von der Patrouille kam, erzählte mir die Wache, dass du gegangen bist und nicht laut Abmachung wieder hier warst, als die Sonne hoch am Himmel stand."-,,I-ich...Ich wollte..."

,,Weißt du wie besorgt ich war?"
Überrascht sah ich zu ihm hoch. Sein ernster Blick war plötzlich verschwunden, stattdessen blickte ich in die besorgten Augen des Neri, der mir abermals das Leben rettete. Was muss ich doch für eine Last gewesen sein? Ich hatte viel trainiert und trotzdem war es Legolas, der mich immer wieder rettete. Mein Leben als Elbin ist wertlos, denn ich war niemandem eine Hilfe. Warum war ich hier? Ich verstand gar nichts mehr.
Etwas verwundert fasste ich mir an die Wange. Sie war nass, wobei es gar nicht am regnen war. Schnell wurde mir klar, dass es meine Tränen gewesen sind. Ich fing an zu weinen. Wann habe ich das letzte mal geweint?

...das war als ich noch ein Mensch gewesen bin...

Legolas sah mich mit großen Augen an, schien zu glauben, dass er etwas falsches gesagt haben könnte und wusste nicht so recht was er nun tun sollte.
Weinend sah ich zu ihm hoch.
,,Inye gar osse...Legolas... (Ich habe Angst Legolas)"
Meine Worte schafften es gerade so aus meinem Mund zu kommen, bevor sie von meinen Tränen überflutet wurden. Ich holte Luft, bevor ich mich wieder dazu zwang zu reden.
,,Ich sehe ihn vor mir...in dieser Zelle in der er mich gefangen hielt...Er wird wiederkommen und dann seid ihr alle in Gefahr...wenn ich weiterhin so schwach bin, dann kann ich nichts tun...um euch-"
Doch da unterbrach mich Legolas, indem er mich in seine Arme zog. Meine Augen waren weit offen, hinderten mich aber nicht daran weiterhin meine Tränen zu vergießen. Die warme salzige Flüssigkeit kullerte meine Wangen runter und ließ seine Tunika an einer Stelle nass werden.
,,Du bist nicht schwach..."fing er an.

,,Es gibt Momente, die man vorher noch nie erlebt hat...das gilt für alle Völker und Lebewesen...aber du hast Stärke und Mut bewiesen...Du bist anders als jede Nissi die ich in meinen tausenden von Jahren kennenlernte...und das macht dich so besonders...Du bist nicht allein...wir kämpfen mir dir..."
Traurig sah ich zu ihm hoch, während er sanft meine Strähnen aus meinem Gesicht strich, so wie er es bis jetzt immer tat. Ich sah in sein Gesicht, musste abermals feststellen wie schön er ist und was für eine liebevolle Art er hat.
Ich sah zu seinen Lippen, welche einen schönen rosa Ton mir einem leichten Rot Stich hatten. So soft und einen Spalt geöffnet - irgendwie einladend...

Was dachte ich da denn plötzlich? Schnell löste ich mich aus der Umarmung, was den Prinzen wohl etwas zu verwirren schien. Ich wischte mir meine restlichen Tränen weg und sah auf den nassen Fleck seiner grünen Tunika.
,,T-tut mir leid..."sagte ich nur.
Ich sah zu dem Fleck, fing aber dann an zu lächeln.
,,Tränen sind zum Teil Wasser. Das trocknet wieder."
Dann war es ruhig. Keiner von uns sagte etwas.
Wir wussten, dass es in dem moment nichts weiteres zu sagen gab. Legolas schien nicht böse gewesen zu sein. Er war nur besorgt und das zurecht.
Ein leichter Wind huschte zwischen uns durch, die Sonnenstrahlen ließen die Haare des Prinzen leuchten. Er stand da wahrhaftig wie ein Engel.

Legolas war wunderschön...

Schnell versuchte ich meine Gedanken beiseite zu schieben.
,,I-ich...ich gehe in mein Zimmer..."sagte ich nur. Ich verbeugte mich noch kurz vor dem Elbenprinzen und betrat dann die Halle, wo ich mich auf den direkten Weg in mein Zimmer begab. Schnell schnappte ich mir frische Kleidung und ein großes Tuch und begab mich dann wieder zu dem großen Wasserfall um mich dort zu reinigen.
Ich entledigte mich meiner Kleidung und ließ mich dann im Wasser nieder. Es war kalt, ließ jede einzelne Stelle meines Körpers schaudern, gab mir aber das Gefühl von Erfrischung und Reinigung.
Die Abendsonne färbte das Wasser, so als wäre es leicht goldig.
Ich reinigte meinen Körper und meine Haare, dachte dabei über den gesamten Tag nach.

Als Elbin habe ich heute überhaupt nicht gut gehandelt. Habe die bitte eines Prinzen ignoriert, ihn und seine Kameraden in Gefahr gebracht, sowie auch einen guten Freund von ihm und somit habe ich auch den König enttäuscht. Nicht nur Legolas.
Mir war klar, dass Thranduil über den heutigen Vorfall Bericht erhalten würde, daher war es nur eine Frage der Zeit bis er mich dafür bestraft. Ganz sicher würde er dies tun. Was würde mich erwarten? Ich wollte es mir in dem moment gar nicht vorstellen. Elvenkings-Hall war so schön, ich wollte diese Zeit hier genießen, bis ich eines Tages wieder zurück kann...zurück in...meine Welt...

Nachdem ich mich also nun gereinigt hatte, verließ ich das Wasser und machte mich trocken. Daraufhin zog ich mir die entspannte oder gestern gesagt lockere Kleidung an und begab mich wieder in mein Zimmer. Ich habe mir meine Haare getrocknet, mich vor den Spiegel gesetzt und sie dann gekämmt. Die Borsten einer Elbischen Bürste waren so weich. Sie sorgte für weiches und geschmeidiges Haar, ganz ohne Knoten. Ob Legolas auch so eine Bürste benutzt? Bei der Vorstellung wie sich der Prinz die Haare kämmt und flechtet, musste ich schmunzeln. Die Vorstellung war witzig aber auch irgendwie süß.

Da wurde mir wieder eines bewusst. Ich dachte in letzter Zeit sehr oft an den Elbenprinzen, fand ihn hübsch, äußerst attraktiv und liebevoll war er auch. Groß wie ein junger Baum, schlank, außerordentlich kräftig und schnell im Umgang mit Pfeil und Bogen sowie auch den Dolch, oder anderen Waffen.
Ich legte die Bürste beiseite, stand auf und begab mich zum Fenster um nach draußen zu sehen. Der Mond war inzwischen aufgegangen und grüßte mich mit seinem hellen Licht.
Mir hingegen wurde klar, dass ich anfing von Legolas zu schwärmen, was bei einem Neri wie ihm nicht ungewöhnlich war. Aber er...er war noch so viel mehr. Er hat sich um mich gekümmert, als ich hier gelandet bin, hat mir ein Zuhause geschenkt und war bis jetzt immer an meiner Seite.

War ich etwa dabei...mich in Legolas Thranduilion...

,,Du bist noch wach..."
Etwas erschrocken und völlig aus meinen Gedanken gerissen drehte ich mich um und sah in das Gesicht des Neri's der meine Gedanken und Gefühle gerade völlig durcheinander brachte.
,,So spät ist es doch noch gar nicht..."antwortete ich nur mit einem leichten Lächeln, während er auf mich zuging und sich zu mir ans Fenster gesellte.
,,Wie geht es Gimli?"-,,Er hat gerade ordentlich Wein getrunken. Wenn er das kann, dann geht es ihm gut."
Ich kicherte, während er mir wieder sein leichtes Lächeln schenkte. Gemeinsam blickten wir nach draußen zum Himmel. Inzwischen war es kalt geworden, die Blätter fielen von den Bäumen, der Herbst nahm Abschied. Bald wird der Winter anbrechen und Schnee würde sich auf dem Königreich niederlassen.
,,Du zitterst..."sagte er und wirkte dabei etwas erschrocken.
,,Es ist nur etwas kalt geworden..."gab ich als Antwort.

Schnell reagierte er und nahm die dünne Decke von meinem Bett - welche immer auf der dickeren Decke liegt - und legt diese auf meine Schultern. Mit einem dankenden Lächeln sah ich ihn an und richtete meinen Blick dann wieder nach draußen zum Mond, genau wie er.
Es war ein ruhiger Moment, aber doch wunderschön. Ich konnte Legolas atmen hören und lauschte dem Geräusch der Nachtigal Vögel.
,,Einen solch ruhigen Abend erlebe ich selten..."sagte ich. Ich versuchte irgendwie ein Gespräch anzufangen, damit es zwischen uns nicht zu ruhig ist.
Legolas drehte seinen Kopf daraufhin zu mir, um mich anzusehen.
,,Ist es bei dir nicht so ruhig?"-,,Nicht mal ansatzweise."kicherte ich.
,,Abends war es immer so laut draußen, weshalb ich nicht in Ruhe lesen konnte. Meine Großeltern haben sich oft laut mit den Nachbarn unterhalten und ich habe immer alles gehört, wenn mein Fenster offen war."

,,Erzähle mir mehr von deiner Welt..."
Legolas sah mich mit seinen Augen an, welche mir wahrhaftig seine Neugier zeigten. Er hatte quasi ein funkeln in ihnen. Es war wirklich süß ihn so wissbegierig zu sehen, wie ein kleines Kind. Er war über Tausend Jahre alt, schien im Endeffekt aber auch nicht alles zu wissen.

,,Wo fange ich an...?"
Ich musste wirklich stark überlegen. Warum auch immer es so war, es fiel mir schwer mich daran zu erinnern was es alles gab.
,,Also meine Welt unterscheidet sich nicht in allem..."fing ich an.
,,Wie meinst du das?"-,,Wir haben zum Beispiel auch verschiedene Völker, die auch andere Sprachen sprechen."
Legolas trat neugierig einen Schritt näher.
,,Habt ihr auch Königreiche?"fragte er, was mich kichern ließ.
So unschuldig der Prinz!
,,Jein, einige Länder haben noch die Monarchie...aber manche halt nicht. Außerdem ist unsere Kleidung ganz anders als eure...Manche tragen gerne sowas wie ihr, weil es ihnen gefällt. Und wir reisen nicht mit Pferden, sondern mit-"

Plötzlich brach ich mitten im Satz ab. Was war geschehen? Warum konnte ich das Wort nicht sagen. Welches Wort wollte ich überhaupt sagen?
Legolas sah mich etwas verwundert an.
,,Womit reist ihr denn?"-,,I-ich...ich weiß es nicht mehr..."
Kopfschmerzen meldeten sich bei mir und genauso auch die Panik. Meine Augen wurden größer und mir wurde dann schnell klar, was hier gerade eigentlich passiert. Etwas was sich so gut wie niemand wünscht.
,,Legolas..."
Erschrocken blickte ich zu ihn hoch, direkt in seine besorgten Augen.

,,Ich fange an meine Welt zu vergessen..."

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