Kapitel 4 - Das gelüftete Geheimnis


Er wusste, dass ich es war?
Zögernd sah ich auf. Seine Augen strahlten eine merkwürdige Energie aus.

„Woher weißt du...?", fragte ich, wusste aber nicht, wie ich die Frage beenden sollte. „Victoria, nur weil ich ein Mann bin, bedeutet das nicht, dass ich blind bin", sagte James, „Und ich glaube auch nicht, dass alle anderen blind sind. Auf jeden Fall hat Sharp Eye dich gesehen, Victoria, nicht Henry."

Wer war denn jetzt Sharp Eye? Ich guckte ihn fragend an.
„Der Kerl, der gerade auf dich losgegangen ist. Und ich will mein Hemd zurück."
„Gib mir ein anderes und du kriegst es", murmelte ich. Eine Zeit lang starrten wir einfach nur in den trüben Regen, hörten dem Trommeln zu, das er auf dem Schiff hinterließ, und den nassen Bächen, die er auf unserer Haut hinterließ.

„Weißt du, Victoria, du kannst nicht auf einem Piratenschiff sein und keine Ahnung davon haben, wie man eine Schlägerei übersteht. Du musst üben."

„Du willst mir beibringen mich zu prügeln?", fragte ich mit hochgezogenen Augenbrauen. Sein Schweigen deutete ich als ja. Wieder lauschte ich eine Zeit lang dem Regen, ehe ich sagte: „Und wo hast du vor es mir beizubringen? Wir sind auf einem Schiff voller Leute." „Ehrlich gesagt habe ich keine Ahnung", gab James zu.
Erstklassiger Plan. Wirklich.
Ein Blitz erhellte die Umgebung.
Eine Sekunde später ertönte der Donner.
Die Wellen wurden höher und irgendwann flog die Tür des Caept'ns auf.

„Bill! Komm da runter!", brüllte er den Mast rauf. Dann fiel sein Blick auf uns.


„Die Segel müssen eingeholt werden."

Er ging übers Deck öffnete die Tür nach unten und brüllte etwas, das ich nicht verstehen konnte. Aber wenige Sekunden später kam der Rest der Crew hochgetrampelt. Sharp Eye mit einer blutenden Nase wie ich feststellen musste. Ich konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen. Alle rannten wild durcheinander und nach und nach schafften sie es sogar das Segel hochzuziehen.
Ich hing nur an der Reling und kämpfte mit meinem Magen. So stark wie das Schiff mittlerweile schaukelte, war ich froh, dass ich überhaupt noch stand. Eine weitere Welle schlug gegen das Schiff und jetzt musste ich mich wirklich übergeben.
Noch ein Blitz und etwas Schweres schlug durchs Deck. Ich lief wie die anderen auch zu dem Loch, das es hinterlassen hatte. Es war das obere Ende des Masts und Gott sei Dank hatte der Boden gehalten.

Und dann, ganz plötzlich, war das Gewitter vorbei.

Der Himmel färbte sich rosa vom beginnenden Morgen.
„Glück gehabt", sagte ich zu dem Loch im Deck.

„Glück nennst du das? Du hast das doch gemacht!", rief einer der Piraten zu mir hinüber. Was? Wie kam er dazu das zu sagen?

„Ja, seit dieses Weib hier ist, geschieht nur Schlechtes!", stimmte ein anderer zu.
„Ist das so?", fragte Ruthless aus dem Nichts. Stille trat ein. Bedrohliche Stille. Alle sahen mich an.
Wie hatte ich nur so leichtgläubig sein können zu denken, dass niemand bemerken würde, dass ich kein Mann war?
Gerade bei dem Regen mussten mich meine Körperformen verraten haben.

„Ich wusste doch, dass ich dich irgendwoher kenne. Du bist doch das Gör, dass so jämmerlich das Duell gegen mich verloren hat. Ich denke nicht, dass wir einen Unglücksbringer länger an Bord brauchen. Männer, fahrt den Steg raus!", den letzten Satz brüllte Ruthless fast.

Jetzt wuselten sie wieder alle durcheinander.
„Halt! Wartet! Ihr könnt das Mädchen doch nicht einfach so von Bord werfen!"
James hatte sich vor mich gestellt. Wenigstens hatte er Manieren.

„Ach ja? White, ist dir klar, dass du mir gerade den Tropfen geliefert hast, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat?"

Bill erschien neben uns. „Der Steg ist bereit, Caept'n."
„Fesselt White die Hände."
Ruthless wandte sich zum Gehen. Ein Fehler.
James sprang vor und zog Ruthless den Säbel vom Gürtel. Dieser wiederum sprang herum, riss mir, die ich wie versteinert dastand, den Degen aus der Hand und ging auf James los. James war gut. Das Problem war nur, dass sich die anderen mit in den Kampf einmischten. Und sie standen nicht auf James' Seite. Wenige Augenblicke später kniete James am Boden mit mehr als nur einer Klinge am Hals.

„Was machen wir jetzt mit ihm?", fragte einer aus der Menge.

„Fesselt und zeichnet ihn. Und hängt ihm den Degen um. Kein gestandener Pirat sollte ohne seine Waffe untergehen. Und du, Weib, kommst mit mir."
Er packte mich am Arm und zog mich auf ein Brett zu, dass sie über die Reling gelegt hatten. Ich versuchte mich zu wehren und zu James zurück zu laufen, aber ich hatte keine Chance. Mir blieb nichts als ihm hilflos zuzusehen wie sie ihm das Hemd am Rücken hochzogen und mit dem Messer über seinen Rücken gingen, während er vor Schmerzen schrie.
Auch ich schrie jetzt, drehte mich zu Ruthless um und schlug ihm mit aller Kraft ins Gesicht. Damit hatte er nicht gerechnet.
Er ließ mich los und ich rannte auf James zu.
Weit kam ich jedoch nicht.
Stattdessen fand ich mich auf dem Boden mit dem Gesicht nach unten wieder.
Jemand zog mir das Hemd hoch und ich spürte ein Messer in meine Haut ritzen.
Über meinen ganzen Rücken spürte ich einen Buchstaben.

R. Ruthless.

Ich wurde auf die Beine gezerrt. Mein schmerzender Rücken machte das Stehen allein schon zur Qual.
Tränen schossen mir in die Augen als ich auf das Brett gezerrt wurde.
Einen Augenblick später platschte ich ins Wasser und schrie. Vor Schmerzen. Tausend Messer schienen das R auf meinem Rücken einzubrennen.
Etwas später fiel James neben mir ins Wasser.

„Ich kann verstehen, dass du schreist, aber könntest du vielleicht mal das Ding von meinem Hals wegnehmen!"

James musste mich anschreien, damit ich aufhörte selbst zu schreien. Der Degen, der mit einem Seil um seinen Hals hing, zog ihn nach unten.
Ich nahm ihn ihm ab und bemühte mich das Seil, mit dem seine Hände gefesselt waren zu lösen. Es war schwer. Ich würde es nicht schaffen. Ich schrie noch einmal auf und setzte alle Kraft ein.
Das Seil riss und alles wurde schwarz.

Da war ein leises Rauschen.
Sand unter meinen Händen und an meiner Wange.
Wind strich über mich hinweg. Leise Schritte.
Die Luft war angenehm warm.
Ich streckte mich und zuckte sofort zusammen bei dem Schmerz, der durch meinen Rücken fuhr.
Ich riss die Augen auf und sprang auf, fiel aber fast wieder um, da mein Gleichgewicht das wohl nicht mitmachte.
Ich stand an einem Strand.
Die Sonne hatte den Zenit wohl bereits überschritten.

„Ah, du bist wach."

Ich drehte mich um.
James stand weiter oben am Strand im Schatten der Palmen, die die Insel weiter oben bewaldeten. Er hatte ziemlich viel Holz vor seinen Füßen liegen. Und dann fing ich einfach an zu weinen.
Ich hätte niemals mitgehen sollen. Mein Leben war ruiniert. Sofern ich jemals wieder nach Hause zurückkommen würde. Mit einem Mal stand James neben mir.

„Victoria, es ist alles gut. Wir sind in Sicherheit", sagte er ruhig.

Aber mich beruhigte es nicht. Mich machte es wütend.
„Für dich mag alles gut sein, James White. Mit einem hübschen Mädchen auf einer Insel festsitzen. Das muss eine Traumvorstellung für einen jeden Piraten sein. Aber nicht für mich. Du hast mir das Leben genommen, als du mich auf dieses Schiff gebracht hast. Wo ist mein Degen? Gib ihn mir!", ich schrie die ganze Zeit.
„Victoria, bitte beruhig dich..."

„Gib mir meinen Degen!"

Zu meiner Überraschung rückte er damit raus.
Ich schnappte ihm die Waffe weg und marschierte wütend und traurig an ihm vorbei auf den Wald zu.

„Die kommt sowieso wieder", murmelte James hinter mir.

„Nein! Tu ich nicht!", schrie ich zurück ohne mich auch nur umzudrehen.
Wütend schlug ich mit dem Degen Pflanzen aus dem Weg. Als ob ich zurückkommen würde. Zu ihm!
Niemals würde ich wieder zu ihm gehen und schon gar nicht würde ich auf ein Piratenschiff gehen.
Früher oder später würde hier schon ein anderes Schiff vorbei segeln, mit dem ich fahren konnte.

Leider war die Insel kleiner als gedacht, denn bevor die Sonne untergegangen war, stand ich wieder am Ausgangspunkt.

Trotzig aber nicht mehr wütend ging ich an James vorbei, stach den Degen in den Sand und setzte mich daneben.
„Guck an, die kleine Ausreißerin ist zurück. Wie war der Ausflug?", fragte James, der sich neben mich setzte.

„Wie sind wir hierhingekommen?", fragte ich zurück statt zu antworten.

„Du bist ohnmächtig geworden, als du meine Fesseln gelöst hast. Ich konnte eine Planke aus dem Heck des Schiffs nehmen und hab dich dann bis hierhin gezogen. Du hast geatmet, aber du bist für eine lange Zeit nicht aufgewacht. Du hast zwischendurch nach mir geschrien", erklärte James. Wenigstens musste ich ihm nicht alles aus der Nase ziehen.
Beim letzten Satz sah er mir tief in die Augen.
Im Abendlicht leuchtete das Blau so intensiv.
Ihm war ein Bart gewachsen über die paar Tage auf See.
Er begann zu lächeln, zog mich in seinen Bann.
Wenn ich jetzt nicht wegsah würde es um mich geschehen sein...
Ich riss mich von seinem Anblick los und mein Magen knurrte.
„Hast du hier schon irgendwas zu essen gefunden?", fragte ich schließlich um das Thema zu wechseln.

„Hier."

Er hielt mir eine halbe Kokosnuss hin. Leider ohne Kokosmilch.
„Und gibt's was zu trinken?" Eine Flasche mit einer goldbraunen Flüssigkeit erschien vor meiner Nase.
„Was ist das?", fragte ich und beäugte den Inhalt kritisch.

„Rum."

„Das Zeug ist widerlich!", stieß ich aus.
„Es ist das einzige was wir haben. Oder möchtest du Meerwasser trinken?"
James drückte mir die Flasche in die Hand.
Angewidert verzog ich das Gesicht und nahm einen Schluck. Es brannte wie die Hölle und ich hustete. James lachte. „So geht es jedem beim ersten Mal", sagte er grinsend.
Ich knabberte ein bisschen an der Kokosnuss herum, aber wirklich viel aß ich nicht.

„Wir werden hier sterben, oder?", fragte ich nach einiger Zeit.

„Nein, ich denke nicht. Ich bin schon aus schlimmeren Lagen entkommen. Ich habe angefangen ein Floß zu bauen. Du kannst es jetzt wo es dunkel wird nicht sehen, aber am Horizont sieht man schon die nächste größere Insel. Sobald das Floß fertig ist, machen wir uns auf den Weg dorthin", erklärte James.
„James, was ich eben...", begann ich, aber er unterbrach mich:

„Jim, bitte."

„Nun gut, Jim...", setzte ich erneut an, „Das was ich eben gesagt habe, war vielleicht ein bisschen harsch. Was ich eigentlich sagen wollte war danke. Danke, dass du mich gerettet hast. Du hättest mich auch sterben lassen können. Du brauchst mich ja für nichts."
Jim schüttelte den Kopf.

„Eben als du mich angeschrien hast, hatte ich schon fast gedacht, du wärst eine von uns gewesen. Undankbar, emotional, selbstsüchtig. Und jetzt kommst du damit an. Du machst mich fertig, Victoria", murmelte er.

„Ich bin froh, dass ich nicht bin wie du. Pirat." Doch das letzte Wort war kaum noch verachtend gemeint.
Ich hatte es hingenommen.
Piraten.
Sie würden nun mein Alltag sein.

„Pirat, ja", murmelte Jim und beugte sich zu mir hinüber, „Aber dennoch verdammt verführerisch."

Wieder lächelte er und kam noch näher. Er roch nach Meer und Schweiß.
„Warum kämpfst du gegen das Gefühl an, Victoria?", flüsterte er, nur noch eine Hand breit von meinem Gesicht entfernt. Mein Kopf war wie benebelt. Es schien nichts mehr zu geben auf der Welt außer Jim.

„Ich hab keine Ahnung, welches Gefühl du meinst. Du bist ein Verbrecher, deshalb darf ich dich nicht küssen", hauchte ich, „es ist verboten."

„Es ist schon verboten sich mit Piraten zu verbünden, Victoria."
Er hatte die Lippen ganz dicht an meinem Ohr. Ein Schauer lief über meinen Rücken. Der einzige Weg jetzt noch aus dieser Situation zu entkommen war sich nach hinten fallen zu lassen.
Und das tat ich auch.
Mit Abstand dürfte ich wieder klarer sein.
Jim aber wollte das wohl nicht verstehen, denn ganz langsam folgte er mir.

„Jim, nicht...", flüsterte ich.

„Wieso nicht? Niemand wird jemals davon erfahren", erwiderte er.
Möglichst unauffällig tastete ich nach dem Degen und schaffte es tatsächlich die Klinge zu finden und umzuwerfen.
Ich packte den Griff und zog die Waffe zwischen Jim und mich.
Genervt und, ja, ein bisschen traurig beäugte er den Degen.
Aber dann lächelte er.

„Du bist genau wie ich, Victoria", sagte er und setzte sich neben mich.

„Ich bin kein bisschen wie du", zischte ich und warf den Degen beiseite.
Ich stand auf und ging zum Wasser.
Wie schaffte Jim es mir so den Kopf zu verdrehen?
Ich liebte ihn nicht, da war ich sicher – wie könnte ich auch – aber trotzdem war da dieser Wunsch ihn zu berühren.
Zu wissen wie sich seine Lippen anfühlten.
Irgendwie wollte ich ihm gefallen. Er war anders als die anderen Männer, die ich bisher getroffen hatte. Gut, die waren auch alle sehr wohlerzogen und wagten es gar nicht auch nur die leiseste unschickliche Andeutung zu mach.

Langsam ging ich ins Wasser, ließ es meine Knöchel umspülen.

Es schien zu leuchten.
Es war wahrhaft magisch.
Ich ging tiefer hinein.
Bald schon reichte mir das Wasser bis zur Hüfte.
Irgendetwas war da an meinen Füßen.
„Victoria?", fragte Jim vom Ufer.
Ich drehte mich zu ihm um.

Es riss mich von den Füßen.

Ich fiel hin und wurde unter Wasser gezogen. Hilflos trat ich um mich. Versuchte mich loszureißen.
Erfolglos.
Es würde furchtbar brennen, aber ich musste die Augen öffnen. Zu meiner Überraschung tat es weder weh, noch war es dunkel hier unten.
Ich konnte alles sehen. Es leuchtete.
Ich sah zu meinen Füßen. Eine Meerjungfrau hielt meine Knöchel fest.

„Halt", blubberte ich in ihre Richtung.

Und tatsächlich ließ sie mich los.
„Tut mir leid", erwiderte sie. Ich konnte sie verstehen und sie mich!
„Erzähl ihm nichts von mir", bat sie.
Für mehr Wortwechsel war keine Zeit, obwohl ich sie wirklich gern gefragt hätte, warum wir einander verstanden.
Ich kämpfte mich durch die Wassermassen nach oben und sah eine dunkle Gestalt auf mich zu schwimmen. Das musste Jim sein.
Er packte mich am Arm und zog mich mit nach oben.
Es war ein herrliches Gefühl endlich wieder atmen zu können.

„Geht es dir gut?", fragte Jim. Ich nickte.

Leider suchte Jim meine Nähe nicht, sondern ging direkt aufs Ufer zu.
Er hatte sein Hemd ausgezogen, sodass ich nun das R auf seinem Rücken sehen konnte.
Mein Rücken. Warum hatte er nicht mehr gebrannt? Seltsam.
Und Meerjungfrauen gab es scheinbar wirklich.
Am Strand angekommen schnappte ich Jim die Rumflasche aus der Hand, trank zu schnell zu viel und bekam wieder einen fürchterlichen Hustenanfall.
Jim unterdessen hatte es geschafft ein Feuer zu entzünden.
Ich steckte die Flasche in den Sand.

„Warum hast du mich gerettet?", wollte ich wissen.

„Ich habe nicht dich sondern meine Ehre gerettet", erwiderte Jim. So viel zum Thema „anders als die anderen Männer".
„Du hast keine Ehre", sagte ich.
„Du genauso wenig", gab er zurück.

„Wie kannst du es wagen...?" Doch ich sollte die Frage nie beenden, da ich von Jim unterbrochen wurde, der seine Lippen auf meinen Mund gelegt hatte.

Dieser Nebel in meinem Kopf war wieder da. Drängte alles andere in den Hintergrund. „Mistkerl", murmelte ich. Aber es kam nicht mal halb so ernst aus mir heraus wie beabsichtigt.

„Pirat", flüsterte Jim zurück.

Ich hatte meine Hand an seine Wange gelegt und ließ sie nun nach unten gleiten, über seinen Hals und die Brust, vorbei an seinem Bauch zu seinem Hosenbund, den ich langsam mit einem Finger nachfuhr.
Jim drückte mich nach unten, sodass ich im Sand saß und setzte sich selbst neben mich. Langsam und um Erlaubnis fragend knöpfte er mein Hemd auf.

„Leg dich hin", sagte er. Ich gehorchte. Als er sich einen Weg von meinem Hals zu meinen Brüsten küsste, begann es zwischen meinen Beinen zu pochen.

Oh mein Gott, was machte Jim mit mir?

Kälte weckte mich. Ich setzte mich auf.
Die Sonne war noch nicht aufgegangen, aber ein heller Streifen bildete sich bereits am Horizont.
Kalt war mir, weil ich nackt war. Und mein Kopf schmerzte, aber das war wohl eher dem Rum zu Schulden gekommen als Jim.

Was hatte ich getan?

Ich sprang auf und rannte ins Meer, da ich auf einmal den Drang verspürte, mich zu waschen.
Jim von mir abzuwaschen.
Das einzige was mir blieb, war die Begründung, dass der Rum die letzte Nacht verursacht hatte.
Ich schrubbte mich so gut wie möglich mit Sand ab und zog mich dann an.
Jims Floß sah nicht besonders vertrauenserweckend aus.
Die Palmenteile waren alle ziemlich dünn und krumm. Wahrscheinlich würden wir absaufen.

Etwas Schwarzes fiel mir auf.

Es stand halb im Wasser. War das ein Boot? Ich lief hin.
Tatsächlich.
Da stand ein kleines Ruderboot.
Aber wenn hier ein Boot war, dann mussten andere Menschen hier gestrandet sein.
Jim und ich hatten aber von dieser Position aus sehr sichtbar neben einem Feuer geschlafen. Warum waren sie nicht zu uns gekommen oder hatten wenigstens das Boot versteckt?
Jim setzte sich auf er sah sich um, winkte mir kurz zu und zog dann seine Hose an.

Oh, Gott! Was hatte ich nur getan?

Als Jim auf mich zukam, drehte ich mich um und sah schon mal vorsorglich zu Boden.
„Was ist das für ein Boot?", fragte Jim. Ich zuckte mit den Schultern.
„Na dann wollen wir mal", sagte er und zog das Boot ins Wasser.

„Warte, warte, warte!", sagte ich, „Du kannst doch nicht wirklich das Boot klauen! Ich meine, die armen anderen Leute die dann hier festsetzen."

„Vicky, ich weiß nicht, ob es dir schon aufgefallen ist, aber das Boot bringt uns hier weg", sagte Jim eindringlich. „
Du hast ein Floß gebaut", erwiderte ich.

„Hast du dir das Ding mal angesehen? Das ist zum absaufen verurteilt." Das waren ja schöne Aussichten, wenn der Bauherr selbst von seinem Erbauten nicht überzeugt war. Ich sagte nichts dazu.

„Hol die restlichen Sachen und dann sind wir hier weg", sagte Jim. Eigentlich hätte ich mich geweigert, aber dann hätten wir meinen Degen hier zurückgelassen und das wollte ich nicht. Also rannte ich los, holte sein Hemd und die Waffe und sah den Rum an. Nein, das Teufelszeug würde ich nicht mehr anrühren. Stattdessen nahm ich noch zwei Kokosnüsse mit. Ich schmiss alles ins Boot und kletterte hinein.

In der Nähe sah ich einen großen Fischschwanz. Sicher war es eine Meerjungfrau.

Jim kletterte ins Boot und nahm die Ruder in die Hand. Mir wäre es lieber gewesen, er hätte sein Hemd angezogen, denn bei jedem Ruderschlag traten seine Muskeln hervor, was mein Herz zum Klopfen brachte. Hätte er nicht weniger attraktiv sein können?
„Jim, das letzte Nacht... das war ein Fehler", sagte ich schließlich.

„Wieso?", fragte er zurück.

„Es ist nur so, dass meine Jungfräulichkeit das Einzige ist, das mir noch an Unschuld geblieben ist. Ich fühle mich irgendwie so... schmutzig jetzt. Es muss am Rum gelegen haben, dass ich überhaupt so weit gegangen bin. Vergiss die letzte Nacht einfach."
Es fiel mir schwer das zu sagen. Ich starrte auf den Boden.
Weg konnte ich nicht.

„Ich glaube nicht, dass ich die Nacht so leicht vergessen kann", sagte Jim leise, „Mir hat es gefallen und ich glaube auch nicht, dass dich der Rum dazu gebracht hat. Ich weiß wie Frauen im Bett sind, die zu viel getrunken haben. Sie sind kaum ansprechbar und können nichts mehr machen außer zu liegen. Sie sind willenlos und sie empfinden nichts mehr. Du warst nicht so. Du warst wach und bei klarem Verstand. Lebendig. Beeindruckend. Ich habe mich gleichzeitig wie ein Verbrecher gefühlt und wie ein besserer Mensch."

Ich sah auf. Es klang wie ein Geständnis. Wie eine Entschuldigung.
„Ich werde ein bisschen wie du", sagte ich, „Das macht mir Angst."

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Peace Leute,
endlich mal ein neuer Teil. Leider hat die geschichte immer noch kaum Leser. ich hoffe das ändert sich jetzt.

Mit diesem Teil geht jetzt die handlung richtig los und es kommen Gefühle aller Art ins Spiel, wie ihr sicher schon gemerkt habt.

Im nächsten Teil werden wir die Handlung aus einer anderen Sicht erleben.

Generell gibt es ab jetzt immer wieder Perspektivsprünge.

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~BookEntertainment

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