33.
Jungkook's PoV.:
Mittlerweile hatte ich mich an die regelmäßigen Abende bei Wolsook gewöhnt. Es war immer voll. Es stank immer nach einer üblen Mischung aus Schweiß und Alkohol. Die Leute sprachen einen immer an, egal ob man sie kannte, oder nicht. Mindestens einmal am Abend wurde ein Lied gesungen und dazu getanzt. Die kultivierten Leute, die am Rand saßen und Shogi spielten, sahen uns immer an, als wären wir wildgewordene Tiere. Ich hatte gelernt, sie nicht zu beachten. Außer, wenn Taehyung bei ihnen saß. Dann starrte ich wie ein hoffnungsloser Romantiker rüber, bis Jimin mir in die Seite knuffte, um mich wieder in die Realität zu bringen.
An diesem Abend war es ähnlich. Der Laden war voll und die Stimmung war gut. Ich saß neben Taehyung, der wiederum neben Jimin saß. Sie unterhielten sich miteinander, während ich an meinem Bier nippte und jedes Mal eine Grimasse zog, wenn die bittere Flüssigkeit meinen Hals hinab rutschte. Ich bekam über die lauten Gespräche nur halbwegs mit, worüber die beiden sich unterhielten. Aber das war nicht schlimm. Ich war froh, dass sie nach den letzten Tagen überhaupt wieder miteinander redeten. Ich hatte schon befürchtet, sie für immer auseinander getrieben zu haben. Deswegen ließ ich sie auch in Ruhe. Stattdessen schaute ich durch den Raum und beobachtete die Menschen, die ausgelassen miteinander sprachen und lachten. Es war ein schöner Anblick, der mich selber ganz glücklich stimmte. Jedenfalls so lange, bis mein Blick auf einem mir allzu bekannten Mädchen landete. Es war Jooyeon, die zwei Tische weiter saß. Sie hatte mich wohl schon die ganze Zeit lang angestarrt, denn als sich unsere Blicke trafen, zuckte sie zusammen und lächelte schüchtern. Ich erwiderte das Lächeln, ehe ich wieder in mein Bierglas hinabschaute. Genau in diesem Moment ergriff Taehyung meine Hand unter der Bank. Ich riss erschrocken meinen Kopf in seine Richtung und starrte ihn aus großen Augen an.
„Alles okay?", fragte er. Seine dunklen Augen wirkten in dem dämmrigen Licht unheimlich beruhigend. „Ja, alles okay", antwortete ich und lächelte. „Bist du schon betrunken? Du musst das zweite Bier nicht trinken", sagte er und zog meinen Becher zu sich, um hinein zu schauen. Ich hatte bloß klitzekleine Schlucke daraus getrunken. Der Becher war also noch so gut wie voll. „Mir geht's gut. Aber ich werde das wohl nicht ganz austrinken", gestand ich ehrlich. Taehyung lachte und es war eine Schande, dass ich es aufgrund der Lautstärke im Raum nicht hören konnte. „Notfalls trinkt Jimin es aus. Der freut sich", meinte er dann. Ein charmantes Zwinkern folgte, woraufhin mein Herz schneller schlug und meine Wangen ganz warm wurden. Der Drang, ihn einfach hier und jetzt zu küssen, breitete sich in meinem Körper aus. Ich spürte, wie ich mich ihm entgegenlehnte. Taehyung's Blick fiel daraufhin auf meine Lippen und er schmunzelte amüsiert.
Für einen kurzen Moment glaubte ich wirklich, dass er mir entgegenkommen und es zulassen würde. Aber vielleicht war das auch nur der Alkohol, denn im nächsten Moment entfernte Taehyung sich von mir. Ich blinzelte perplex und erkannte, dass Jimin sich meinen Freund am Arm gekrallt hatte. Allerdings nicht, um uns vom Küssen abzuhalten, sondern um mit ihm zu singen. Bevor ich mich versah, wurde auch ich unter dem Arm gepackt und weggezogen. Taehyung, der meinen verwirrten Gesichtsausdruck gesehen hatte, begann zu lachen, ehe er sich bei mir einharkte. Im nächsten Moment schwenkte der ganze Tisch von links nach rechts. Sie fingen an das Lied zu singen, welches ich auch schon auf dem Totenfest gehört hatte. Es klang furchtbar aus all diesen betrunkenen Mündern und es wurde auch nicht besser, als die Leute von den anderen Tischen einstimmten. Schließlich sang der ganze Laden mit. Sogar die Töchter und Söhne von Wolsook.
„Ich kann den Text nicht!", rief ich überfordert an Taehyung gewandt. „Dann tu einfach so!", lachte er, ehe er weiter sang. „Oh man ey", jammerte ich kleinlaut. Die Situation war absurd. Sie war so absurd, dass ich es plötzlich unheimlich witzig fand und einfach anfing zu lachen. Taehyung lachte mit. Der unbekannte Typ gegenüber von mir lachte auch. Dann wurde der Gesang lauter und lauter und ich musste mich wieder zusammenreißen, um so zu tun, als würde ich mitsingen. Es war immer noch absurd, aber es erfüllte mich mit so viel Spaß und Freude, dass mein Herz aus meiner Brust zu springen drohte.
Plötzlich regte sich etwas neben mir. Es war Taehyung, der nicht mehr hin und her schwenkte, sondern Jimin dabei half, auf den Tisch zu klettern.
„Was macht er?", prustete ich, als ich den Älteren dabei beobachtete, wie er zwischen Bechern und Tellern halt suchte. Dann stand er und sang das Lied auf dem Tisch weiter. Er sang so laut, dass seine Halsschlagader zu sehen war. Ich hätte mich beinahe eingepinkelt vor Lachen. Den anderen Leuten ging es nicht anders. Ein paar Männer und Frauen wurden sogar von seiner Perfomance inspiriert und stellten sich ebenfalls auf die Tische. Unter anderem ein Mädchen aus der Gruppe, aus der auch Jooyeon stammte. Sie und Jimin sangen über die Tische hinweg zueinander. Ich kam mir vor wie bei High School Musical.
Nach einer Weile war das Lied dann endlich vorbei. Die Menge klatschte Beifall. Taehyung half Jimin wieder auf die Bank herunter und ich hielt mir den Bauch, der vom ganzen Lachen schmerzte.
„Weinst du etwa?", grinste Jimin, als er sah, wie ich mir über die Wangen wischte. „Das sind Lach-Tränen", verteidigte ich mich. „Tja, so einen Auftritt hast du wohl noch nie gesehen, was?", erwiderte er. „Es war großartig. Der beste Auftritt, den ich jemals gesehen habe", stimmte ich zu. „Nun schmeichle ihm nicht zu viel. Ansonsten steht er hier morgen Abend wieder auf den Tischen", warnte Taehyung mich. „Damit hätte ich kein Problem", sagte ich und musste unweigerlich lachen, als ich in Jimin's Gesicht sah. Eins wurde mir in diesem Moment klar. Ich würde niemals den Anblick vergessen, wie Jimin auf dem Tisch steht und sich die Seele aus dem Leib singt. Niemals.
„Was hast du nur mit meinem Freund angestellt", seufzte Taehyung, der mir beruhigend über den Rücken streichelte, während ich mich nicht mehr einkriegen konnte. Jimin gackerte ebenfalls, als gäbe es kein morgen mehr. „Jungs, beruhigt euch. Ich setz mich sonst weg", funkte Taehyung dazwischen, doch das machte die Situation nur lustiger. „Okay, das reicht, ich...", schnaubte er und wollte aufstehen. Doch dann hielt er inne: „Hey Jimin, du hast Besuch". Sowohl Jimin, als auch ich schauten auf. Wir mussten beide noch etwas lachen, bis uns die Anwesenheit der fremden Person bewusstwurde. Es war das Mädchen, welches mit Jimin gesungen hatte. „Ich hoffe, ich störe nicht?", fragte sie, während sie unsicher an ihrem Kleid fummelte. „Nein, nein, du störst nicht", winkte Jimin ab. „Ganz im Gegenteil. Wir wollten sowieso gerade gehen", meinte Taehyung und stand auf, „Du kannst dich gerne hier hinsetzen".
„Wir wollen gehen?", fragte ich und wischte mir weitere Lach-Tränen aus dem Gesicht. „Ja, es wird Zeit. Komm", er hielt mir seine Hand entgegen und ich zögerte keinen Augenblick, bevor ich sie an mich nahm. Er half mir von der Bank hoch, sodass sich das Mädchen neben Jimin setzen konnte. „Danke, Taehyung. Wir sehen uns dann morgen, ja?", fragte Jimin. Er grinste immer noch wie ein Honigkuchenpferd und ich musste mich wirklich zusammenreißen, um bei seinem Anblick nicht wieder loszulachen. „Diesmal sind wir pünktlich. Versprochen", erwiderte Taehyung. Die beiden gaben sich noch einen Handschlag. Dann gingen wir. Auf dem Weg nach draußen winkte ich Jimin noch zu. Solange, bis die Holztür hinter uns ins Schloss fiel und der laute Trubel nur noch gedämpft zu hören war.
„Das war mit Abstand der witzigste Abend bei Wolsook", platzte es aus mir heraus. Taehyung, dessen Antlitz vom Vollmond erleuchtet wurde, schenkte mir ein Lächeln. „Das sehe ich", er streichelte mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Kurz darauf folgte ein Moment der vollkommenen Ruhe. Es tat gut, nach all dem Lärm, den wir die letzten Stunden gehört hatten. Ich schloss die Augen und holte einmal tief Luft. Es war kalt, aber nicht unangenehm, sondern erfrischend. Der Nebel in meinem Kopf lichtete sich. Schließlich öffnete ich meine Augen wieder und wurde mit einem Blick tiefster Zuneigung getroffen. „Was ist?", flüsterte ich leise in die Stille hinein. „Du machst mich glücklich, Jungkook", antwortete Taehyung, als wäre es das einfachste der Welt, so etwas zu sagen. Ich griff nach seiner Hand, die mittlerweile auf meiner Wange ruhte und mir dort Wärme spendete. „Du machst mich auch glücklich, Taehyung", murmelte ich kleinlaut. Er schnaubte amüsiert. Dann stupste er mit dem Zeigefinger gegen meine Nasenspitze: „Komm, lass uns nach Hause gehen".
Seine Gesten waren süß, aber sie machten mich auch verrückt. Verrückt nach ihm. Plötzlich wollte ich nicht mehr der niedliche, kleine Jungkook sein, um den Taehyung herumtanzen musste. Ich wollte mehr, als nur zaghafte Berührungen und sanfte Küsse. Ich wollte alles von ihm. Ich wollte ihn spüren und ich wollte, dass er mich spürt. Eine unbändige Lust keimte in mir auf. Am liebsten wäre ich ihm hier und jetzt an die Wäsche gegangen, doch das ging natürlich nicht. Mein Unterleib rebellierte gefährlich, als ich schließlich einfach seine Hand nahm und des Weges ging, als hätte es zwischen uns keine Funken gesprüht.
Hatte es überhaupt Funken gesprüht? Vielleicht war ich der Einzige, der die anhaltende Spannung zwischen uns vernahm. Vielleicht war ich der Einzige, der mehr wollte. Aber wie findet man so etwas heraus? Ich wollte Taehyung nicht fragen. Zum einen, weil ich viel zu viel Angst vor seiner Antwort hatte und zum anderen, weil ich kein Wort zustande gebracht hätte. Wir hätten aufgehört, bevor es überhaupt beginnen konnte. So blieb mir nur noch die Möglichkeit, es selber zu initiieren. Sollte ich ihn einfach küssen? Oder sollte ich ihm zuerst die Klamotten ausziehen? Beides gleichzeitig? Was, zum Geier, tut man zuerst?!
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Nächstes Kapitel beinhaltet leichten smut. Wer es nicht mag, kann es überspringen, da nichts wichtiges an Story erwähnt wird ^^
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