32.
Jungkook's PoV.:
Am nächsten Tag war Jimin immer noch wütend. Zwar begrüßte er uns, aber er redete kein einziges Wort mit mir, als wir anfingen die Pferde zu füttern und die Boxen auszumisten. Ich versuchte ihn immer wieder in ein Gespräch zu verwickeln, indem ich von belanglosen Sachen redete, wie beispielsweise das schlechte Wetter, mein Hunger auf Kakipflaumen, oder dass meine Hände weh tun. Aber er reagierte nicht. Er schaute mich nicht einmal an. Es war, als würde ich mit einer Wand sprechen. Mit der Zeit wurde ich richtig frustriert. Ich verstand nicht, wieso Jimin sich so störrisch verhielt, anstatt einfach unsere Entschuldigung anzunehmen und weiterzuleben, wie bisher. Er sorgte für schlechte Laune. Auch Taehyung war mittlerweile genervt und funkelte seinen besten Freund böse an.
„Jungkook hat dich was gefragt", hörte ich ihn sprechen, während ich immer noch auf eine Antwort von Jimin wartete. Es ging um die Schubkarre, dessen Rad beim Schieben schlackerte. Jimin schaute auf. Erst funkelte er Taehyung an. Dann landete sein Blick auf mir. „Ich weiß nicht, ob man das reparieren kann. Ich schau mir das später an, okay?", sagte er und schaufelte den Pferdemist weiter. „Geht das auch in einem anderen Ton? Meine Güte, was ist denn los mit dir?", fragte Taehyung wütend. „Was mit mir los ist?", wiederholte Jimin und hörte auf den Pferdemist zu schippen, „Ich bin tierisch genervt. Von allen, aber ganz besonders von euch. Ihr geht mir auf den Sack, mit eurem romantischen Gelaber und Gehabe. Es kotzt mich an".
„Du willst mich doch verarschen. Das ist kein Grund so arschig zu sein", knurrte Taehyung und lehnte seine Mistgabel an die Box, ehe er zu uns reinkam. Er sah bedrohlich aus. Wie ein Bär, der sein nächstes Opfer erkoren hatte. Ich bekam Angst, dass er Jimin etwas antun würde, weswegen ich nach seinem Ärmel griff und ihn zurückhielt. Eine schlechte Idee, denn Jimin wurde darauf aufmerksam und gab ein abwertendes Schnauben von sich.
„Ich habe jedes Recht sauer zu sein. Schließlich bin ich derjenige, der unter eurem Gehabe leiden muss", murrte er. „Wieso musst du leiden? Aus welchem Grund musst du leiden?", fragte Taehyung aufgebracht. „Bitte?! Hast du schon vergessen, was gestern passiert ist?! Ich musste alles alleine machen! Ihr seid ständig zu spät und lasst die Arbeit auf mir sitzen! Und ihr geht ständig auf irgendwelche Abenteuerreisen, sodass ich zurückbleiben und auf die Pferde aufpassen muss! Kannst du dir auch nur ansatzweise vorstellen, wie sich das anfühlt?! Kannst du denn gar nicht verstehen, wie ich mich dabei fühle?!", nun traten Tränen in Jimin's Augen. Das machte sowohl Taehyung, als auch mich etwas stützig. Mit offenem Mund schaute ich dabei zu, wie Jimin die Mistgabel fallen ließ. Dann stürmte er an uns vorbei.
„J-Jimin, warte!", rief ich ihm hinterher, doch Taehyung packte mein Handgelenk und schüttelte den Kopf. „Vergiss es. Der lässt nicht mit sich reden", meinte er. „Ich muss es wenigstens versuchen", sagte ich und entzog mich seinem Griff. Ich konnte die schlechte Stimmung im Stall keinen Tag länger aushalten. Außerdem hatte ich das Gefühl, dass Jimin jemanden brauchte. Auch, wenn ich vielleicht die letzte Person war, die er in diesem Moment sehen wollte.
Ich rannte durch die beiden Doppeltüren nach draußen, in den Nieselregen. Dort, zwischen den ersten Wohnhäusern, konnte ich Jimin sehen. Er stapfte mit schnellen Schritten vorwärts, ohne auch nur einmal nach hinten zu sehen. Ich zögerte nicht und rannte ihm hinterher.
„Jimin! Jimin, jetzt warte doch mal!", rief ich und packte seine Schulter, als ich in Reichweite war. Der Ältere wirbelte zu mir herum. Seine Augen waren rot und glasig. Er weinte immer noch, doch das konnte man in dem Nieselregen kaum erkennen. „Was ist?", fragte er unter zusammengepressten Zähnen. „Ich will mit dir reden. Ich... Du... Es tut mir leid", stammelte ich unbeholfen. Er wischte sich über die Wangen: „Was solls. Das ist doch nur eine dumme Laune von mir".
„Nein, du hast recht. Ich kann verstehen, wie du dich fühlst. Es war nicht in Ordnung, dass wir dich so vernachlässigt haben", erwiderte ich und meinte es auch wirklich ernst. Er biss sich auf die Unterlippe, während sich seine Augen erneut mit Tränen füllten. „Ich... Ich verstehe nur nicht...", fing ich an und überlegte, wie ich mich am besten ausdrücken sollte, „Am Anfang warst du so vernarrt darauf, dass ich mit Taehyung zusammenkomme. Du hast mich unterstützt und mir geholfen. Aber jetzt hasst du mich deswegen. Das verstehe ich nicht. Ich verstehe nicht, woher plötzlich dieser Sinneswandel kommt".
„Ich hasse dich nicht", war alles, was er vorerst sagte. Ein kleines Lächeln umspielte meine Lippen: „Das erleichtert mich. Aber du musst es mir trotzdem erklären, Jimin. Wieso bist du plötzlich so sauer auf uns?".
„Ich weiß es nicht. Ich weiß es wirklich nicht, aber in eurer Gegenwart fühle ich mich wie das dritte Rad am Wagen. Ich fühle mich, als wäre ich gar nicht da. Ihr seid in eurer eigenen Welt und für mich ist da kein Platz mehr", er schmollte, was zwar ernst gemeint, aber einfach nur niedlich aussah. „Das stimmt nicht, Jimin. Du hast immer einen Platz in meinem Herzen. Du bist mein Freund. Mein bester Freund, verstehst du?", ich nahm seine Hand, auf der sich durch den Nieselregen ein nasser Film gelegt hatte. Ich hielt ihn mit beiden Händen fest.
„Findest du es wirklich so schlimm, dass Taehyung und ich zusammen sind?", fragte ich, als er nicht reagierte. „Ja. Nein. Ich weiß es nicht. Es ist komisch", murmelte er. „Und was können wir tun, damit du dich besser fühlst?", hakte ich nach. „Ich weiß es nicht", wiederholte er leise. Ich konnte nicht genau wissen, wie Jimin sich fühlte. Aber ich konnte es mir denken. Er war vermutlich traurig, wütend und enttäuscht. Er war verwirrt von seinen eigenen Gefühlen. Er wusste nicht wohin mit sich selbst. Wahrscheinlich war das auch der Grund, wieso er die ganze Zeit abhauen wollte. Es tat weh, ihn so zu sehen. Vor allem, weil Jimin normalerweise der Stimmungsmacher unter uns Dreien war. Ein Lächeln im Gesicht stand ihm viel besser, als die Tränen, die er gerade weinte.
Plötzlich hob der Ältere den Kopf. Ich versuchte es mit einem aufmunternden Lächeln, doch er sah mich nicht an. Stattdessen schaute er geradewegs an mir vorbei. Er verzog das Gesicht zu einer angestrengten Miene, während er versuchte, etwas zu erkennen. Daraufhin drehte ich mich um und folgte seinem Blick.
„Ist das etwa...?", sprach ich, als ich den Reiter sah, der gerade durch den Hintereingang in den Stall galoppierte. „Das ist der Bote", beendete Jimin meinen Satz. Er wischte sich die Tränen von den Wangen, festigte den Griff um meine Hand und rannte los. Wir rannten den Weg zurück und platzten völlig außer Atem in die Stallungen. Taehyung, der zurückgeblieben war, hatte den Boten bereits in Empfang genommen. Er hielt das braune Pferd fest, während sich der Bote aus dem Sattel schwang und mit einer eleganten Bewegung auf dem Boden landete. Kurz darauf richtete er seinen langen, schwarzen Mantel, der vom Regen ganz klamm aussah. Dann klopfte er dem Pferd auf den Hals und marschierte wortlos an uns vorbei. Wir sahen ihm aus großen Augen hinterher, bis er hinter der Tür, die in die Burg führte, verschwand.
„Das ging schnell", stellte ich fest. „Hat er irgendwas gesagt?", wollte Jimin wissen und sah neugierig zu Taehyung rüber. „Er hat gesagt, dass er gute Neuigkeiten für uns hat", antwortete Taehyung. „Gute Neuigkeiten? Was soll das heißen?", überlegte Jimin laut. „Keine Ahnung, aber ich glaube ich will es nicht wissen. Wer weiß, was er unter guten Neuigkeiten versteht", winkte Taehyung ab, ehe er das Pferd vorwärts führte. Er band es an einen Stützpfeiler und fing an die Sattelgurte zu lösen. Jimin ließ meine Hand los und kam ihm zur Hilfe. „Was meint ihr, wann wir davon erfahren werden?", fragte ich, als ich mich zu ihnen gesellte. Allerdings nicht, um beim absatteln zu helfen. Ich stand einfach nur daneben und streichelte das Pferd, dessen warmer Körper in der kalten Luft dampfte.
„Ich denke, dass es in den nächsten zwei Tagen eine Meldung geben wird", meinte Jimin. Er zog sowohl Sattel, als auch die Decke und das Schafsfell vom Pferderücken. Dann marschierte er zur Sattelkammer. „Wir sollten heute Abend zu Wolsook gehen!", rief Taehyung ihm hinterher. Der plötzliche Themenwechsel verwirrte mich so sehr, dass ich ihm einen merkwürdigen Blick zu warf. „Ich gebe eine Runde Bier aus!", fügte er hinzu. Jimin, der mitten auf dem Weg stehen geblieben war, drehte sich um. Ein kaum merkliches Lächeln breitete sich auf seinen Lippen aus. „Ich will zwei Runden Bier!", rief er zurück. „Dann eben zwei Runden!", stimmte Taehyung zu. Nun grinste Jimin bis über beide Ohren. Er drehte sich wieder um und setzte seinen Weg zur Sattelkammer fort. Ich blinzelte überrascht zwischen den beiden hin und her.
„Hätte ich das gewusst, hätte ich ihm auch ein Bier angeboten", murmelte ich. „Nein, du hast alles richtig gemacht. Es war eine gute Idee, dass du ihm hinterhergerannt bist", antwortete Taehyung. „Woher willst du das wissen?", ich runzelte die Stirn. „Ich weiß es einfach", er zwinkerte. „Na dann...", sagte ich, immer noch ein bisschen verwirrt. „Holst du mir ein Handtuch? Wir müssen das Pferd abtrocknen", bat er mich. „Ein Handtuch? Sind die in der Sattelkammer?", hakte ich nach. „Neben den Trensen, genau", er nickte und ich machte mich auf dem Weg, um ein Handtuch zu holen.
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So, Jimin konnte sich jetzt endlich mal auskotzen. Es muss aber auch echt anstrengend sein, wenn man immer das dritte Rad am Wagen ist. Ich war zum Glück noch nie in so einer Situation xD
Hehe und wir nähern uns dem Höhepunkt der Story!
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