23.

Jungkook's PoV.:

Am nächsten Morgen wurde ich von einem piksen unterhalb meiner Rippe geweckt. Die Stelle kribbelte und ich fuhr mir schlaftrunken mit der Hand darüber, ehe ich mich auf die andere Seite drehte und weiterschlief. Doch kurz darauf spürte ich erneut das Piksen. Es kam wieder und wieder, bis es mich vollends aus meinem Schlaf riss. Ich versuchte den Übeltäter – ganz offenbar Taehyung's Hand – zu schnappen. Schließlich hielt ich seinen Zeigefinger in meiner Faust und blinzelte müde zu dem Älteren hoch. Er hockte splitterfasernackt neben mir und trug ein selbstgefälliges Grinsen im Gesicht. „Guten Morgen", raunte er. „Das hat gekitzelt", schmollte ich, während meine Augenlider eine unvorstellbare Anziehungskraft entwickelten. Nicht nur wegen der Müdigkeit, sondern auch, weil ich nicht wusste wo ich hingucken sollte. Schließlich drehte ich mich mit geschlossenen Augen auf den Rücken und versteckte mein Gesicht in meiner Armbeuge.

„Ich glaube ich weiß, wie ich dich fortan aufwecken kann", hörte ich Taehyung sprechen. „Ganz sicherlich nicht. Es gibt schönere Wege", brummte ich. „Wie denn? Soll ich deine Wange streicheln und dich wach küssen?", fragte er und ich riss entsetzt die Augen auf. Ich hielt immer noch seinen Zeigefinger in meiner Faust, woraufhin ich ihn blitzschnell losließ. „Nein, auf keinen Fall! Wir sind kein Paar!", erwiderte ich. „Nicht? Dabei schlafen wir zusammen in einem Bett und gehen gemeinsam zur Arbeit...", scherzte er. Mein Mund wurde staubtrocken und eine unfassbare Hitze stieg meine Wangen hoch. Ich zog das Tierfell bis zu meiner Nase. „Jetzt deck dich nicht wieder ein", sagte Taehyung und zog das Fell gleich bis zu meinem Bauchnabel runter, „Wir müssen zur Arbeit. Komm, steh auf". Dann hievte er sich hoch und durchquerte den Dachboden, bis er in der hintersten Ecke bei seiner schrägen Kommode angekommen war. Ich beobachtete wie sich die Muskeln an seinen Schultern und dem Rücken bewegten, während er sich eine frische Tunika aus der Schublade suchte. Erst als er sich umdrehte und meinen Blick einfing, konnte ich mich von ihm losreißen und ebenfalls anziehen.

Natürlich hatte er soeben gescherzt. Trotzdem ließ die Vorstellung, eine Beziehung mit ihm zu haben, mein Herz schneller schlagen. Mit Sicherheit war er ein guter Freund. Die Art von Freund, der einem die Füße massierte, wenn man schmerzen hatte. Oder der einem Frühstück ans Bett brachte, nachdem man eine heiße Nacht miteinander verbracht hatte. Die Bilder in meinem Kopf brachten meine Wangen zum Glühen. Zeitgleich entstand eine abgrundtiefe Leere in meinem Herzen und plötzlich wünschte ich mir nichts sehnlicher, als eine Beziehung zu haben. Es musste ein wunderbares Gefühl sein. Ein Gefühl von Liebe, Geborgenheit und Sicherheit. Ich hatte so etwas noch nie gefühlt. Jedenfalls nicht mit einem Partner. Ich hatte noch nie jemanden geküsst, geschweige denn umarmt. Ich hatte auch noch nie mit jemandem Händchen gehalten. Dabei war das das mindeste, was man in meinem Alter getan haben sollte. Aber durch die vielen, langen Krankenhausaufenthalte, wurde mir das immer verwehrt. Und nun war ich durch und durch eine unglückliche Jungfrau. Wahrscheinlich würde ich auch als eine sterben.

„Kommst du?", riss mich Taehyung's Stimme aus den Gedanken. Der Ältere lief an mir vorbei zur Treppe und stieg die ersten Sprossen herunter. Es war schwer, aber ich hörte auf in Selbstmitleid zu baden und zog meine Tunika über den Kopf. Dann folgte ich ihm nach unten.

Taehyung's Mutter war an diesem frühen Morgen bereits voller Tatendrang. Sie stand am Esstisch und vor ihr lagen drei Fellknäul ausgebreitet. Es waren Hasen, wie ich schließlich erkannte. Hyojin nahm ihnen die Eingeweide raus und häutete sie. Ihre Hände und das Oberteil waren Blutverschmiert. Es sah barbarisch aus. Allerdings schien ihr das nichts auszumachen, denn sie schenkte uns ein fröhliches lächeln, als wir zu ihr nach unten kamen.

„Guten morgen ihr Zwei", begrüßte sie uns. „Guten Morgen", antworteten Taehyung und ich im Einklang. Dann schaute ich schnell weg, denn andernfalls wäre mir schlecht geworden. Ich hörte wie Taehyung ihr einen Kuss auf die Wange gab. „Du hast Hasen gekauft?", fragte er und klang dabei überrascht. „Ja, warum nicht? Ab und zu braucht ihr auch ein deftiges Essen. Ich werde heute Abend noch Reis dazu kochen", erwiderte sie. „Mir läuft jetzt schon das Wasser im Mund zusammen", ich hörte ein Lächeln in Taehyung's Stimme. „Fang bloß nicht an zu sabbern", kicherte seine Mutter und dann fragte sie neugierig, „Geht ihr heute Abend wieder zu Wolsook?".
„Wahrscheinlich ja. Wir sind gestern Abend nicht hingegangen und Jimin wird darauf bestehen", mutmaßte er. „Wirklich? Und wo wart ihr gestern Abend, wenn nicht bei Wolsook? Ihr wart doch so spät zu Hause", hakte seine Mutter nach. Ich erinnerte mich an das Feld mit den Glühwürmchen und biss mir verlegen auf die Unterlippe. Als ich einen heimlichen Blick in Taehyung's Richtung warf, bemerkte ich, dass er mich bereits anschaute. Auf seinen Lippen lag ein sanftes Lächeln.

„Ich habe Jungkook etwas gezeigt", war schließlich seine simple Antwort. Dann schnappte er sich zwei Äpfel und ging zur Haustür, um sich seine Schuhe anzuziehen. Ich folgte ihm eilig. „Na schön, dann werde ich mit dem Abendessen warten! Kommt aber nicht zu spät!", rief Hyojin uns hinterher. „Wir doch nicht", lachte Taehyung. Er gab mir einen Apfel ab, ehe er die Haustür aufmachte und ins Freie trat. „Schonmal vielen Dank für das Essen, Hyojin!", rief ich in den Raum und trat ebenfalls nach draußen.

Es schien in der Nacht wieder geregnet zu haben, denn die Erde war feucht und es zogen feine Nebelschwaden durch die Luft. Das Dorf wirkte unter dem weißen Schleier ruhig und friedlich. Ich genoss es. Zum ersten Mal stand mir nicht der Sinn zu reden. Taehyung schien es genauso zu gehen, denn er sagte kein Wort, während wir zu den Stallungen spazierten. Es herrschte eine angenehme Stille zwischen uns. Eine Stille, die ich bei jedem anderen Menschen als unangenehm empfunden hätte. Aber bei Taehyung nicht. Ich mochte ihn. Vielleicht ein bisschen mehr, als das. Mittlerweile wusste ich, dass er nicht nur gut aussah, sondern auch ein gutes Herz hatte. Vor allem der gestrige Abend hatte mich für ihn fallen lassen. Immer, wenn ich an all die Glühwürmchen und Taehyung's wunderschönes Lächeln zurückdachte, wurde mir warm ums Herz und ich verspürte den Drang vor Freude mit den Armen und Beinen zu strampeln.

„Leute!", riss mich urplötzlich Jimin's Stimme aus den Gedanken. Das dämliche Grinsen in meinem Gesicht wurde ausradiert, als ich sah wie der Ältere im Eingang zu den Stallungen stand und uns ungeduldig näher winkte. „Leute, kommt schnell! Ich habe interessante Neuigkeiten!", rief er. Taehyung und ich wechseln einen verwirrten Blick miteinander, ehe wir unsere Schritte beschleunigten und zu Jimin in die Stallungen traten. Seine Augen waren so groß wie Teller, als er uns beide jeweils an einem Arm schnappte und zu der Sitzecke zwischen den beiden Pferdeboxen zog. „Hey, was soll denn die ganze Aufregung so früh am Morgen", meckerte Taehyung ihn an und entzog sich Jimin's Griff. „Ich habe Neuigkeiten. Ich weiß, wieso der Bote von gestern in die Hauptstadt geritten ist", erklärte er aufgeregt. „Wirklich? Woher?", ich schaute ihn neugierig an. „Mein Vater arbeitet als Wächter in der Burg. Dort geht gerade das Gerücht rum, dass...", sagte Jimin und machte eine dramatische Pause. „Na sag schon!", forderte Taehyung und schlug ihm auffordernd gegen die Schulter. „Ey, schlag mich doch nicht!", schmollte dieser. „Dann sprich endlich! Ich hasse es, wenn du mich auf die Folter spannst", zickte Taehyung zurück. Ich hätte beinahe laut losgelacht, doch dann fuhr Jimin endlich fort.

„Es geht das Gerücht rum, dass der König von Silla sich auf einen Krieg gegen Baekje und Goguryeo vorbereitet. Angeblich hat er in Tang-China nach Hilfe gebeten und eine positive Rückmeldung bekommen. Jetzt mobilisiert er seine eigenen Dörfer, um eine riesige Streitmacht aufzubauen", erklärte Jimin. Ich verstand nur Bahnhof. Doch es schien eine ernste Situation zu sein, denn Taehyung bekam auf einmal ein kreidebleiches Gesicht. „Dann war der Brief gestern...", murmelte er nachdenklich. „Vermutlich war es die Zusage unseres Königs, dass wir unser Land im Krieg unterstützen", nickte Jimin. „Heißt das wir werden kämpfen?", fragte ich nach, um mir ein Stück Klarheit zu verschaffen. „Ja, leider. Wahrscheinlich standen in dem Brief unsere Namen geschrieben. Wir sind jetzt über 14 Jahre alt. Das heißt, dass wir dieses Mal an die Front müssen", erwiderte Jimin. Er presste die Lippen aufeinander und für einen kurzen Moment wurde alles still. Ich schaute zu Taehyung rüber, der immer noch kreidebleich im Gesicht war. Er starrte unentwegt auf die staubige Tischplatte. Ich fragte mich, worüber er nachdachte. Sicherlich nichts Schönes.

Mir ging es bei dem Gedanken an Krieg auch nicht gut. Schließlich war ich erst vor kurzem in diese Welt gekommen. Ich hatte noch längst nicht alles gesehen und erlebt, was ich mir vorgenommen hatte.

Je länger ich darüber nachdachte, desto bescheuerter kam mir die ganze Situation vor. Immerhin kam ich aus einer Welt, in der ich schon von Geburt an zum Sterben verurteilt war, ohne jemals richtig gelebt zu haben. Ich hatte mein Schicksal nach langem hin und her akzeptiert und mich dem Tod mit offenen Armen hingegeben. Doch dann kam ich hierher. In eine Art Traum, in dem ich kerngesund war. In einen Traum, von dem ich dachte das alles perfekt wäre, sodass ich endlich mein Leben genießen konnte. Doch auch hier blieb mir nicht genug Zeit. Auch hier war ich wieder von Anfang an zum Sterben verurteilt. Welch Ironie. Vielleicht war das hier doch ein Alptraum.

„Tut mir leid. Ich wollte die Stimmung so früh am Morgen nicht versauen", hörte ich Jimin sprechen. „Das wissen wir doch", antwortete Taehyung und seufzte tief, „Wir sollten kein Trübsal blasen. Lasst uns unsere Zeit lieber sinnvoll nutzen und noch ein bisschen Spaß haben, bevor der Ernst des Lebens uns aus den Schuhen tritt". Er lächelte. Ich konnte sehen, dass es ein aufgesetztes Lächeln war. Nichtsdestotrotz erwiederte ich es und nickte. „Tae hat recht. Wir sollten unsere Zeit genießen", stimmte ich zu. „Da habt ihr wohl... Moment mal. Hast du ihn gerade Tae genannt?", fragte Jimin überrascht. Ich blinzelte perplex, denn der Spitzname war mir über die Lippen gerutscht ohne, dass ich es bemerkt hatte. „Habe ich das?", hakte ich nach. „Hast du", sagte er. „Wirklich?", ich warf einen flüchtigen Blick zu Taehyung und stellte fest, dass er lächelte. Aber dieses Mal war es ein echtes Lächeln. Eines, welches seine Augen erreichte und ihn strahlen ließ. Ich wurde von seinem Anblick automatisch angesteckt und kam nicht drumherum zu Grinsen. Jimin's Kopf schnellte hin und her.

„Habe ich was verspasst? Was ist hier los? Ihr verheimlicht mir doch was!", rief er empört. „Nun komm mal runter. Wir sollten uns an die Arbeit machen, oder nicht? Wir sind schon spät dran. Na los", winkte Taehyung ab und marschierte zu den Schubkarren rüber. Ich folgte ihm. „Aber... Aber wartet mal! Weiht mich ein! Was ist gestern passiert?! Wo wart ihr?!", rief Jimin uns hinterher, doch wir ignorierten ihn geflissentlich.

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Es ist echt spannend wie viel gerade in der Kpop Welt abgeht. Eigentlich verfolge ich sowas gar nicht mehr bewusst, aber durch Twitter erfahre ich dann doch irgendwie alles xD

Idk was gerade los ist, aber es kommt einfach eine Tragödie nach der Nächsten ans Licht. Fast schon lustig, aber auch echt traurig...

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