21.
Jungkook's PoV.:
Am nächsten Morgen regnete es. Die dicken Tropfen fielen in solch einer Masse, dass die Erde sie gar nicht schnell genug aufsaugen konnte. Viele der Dorfbewohner stellten ihre Kübel und Eimer raus, um das Regenwasser aufzufangen. Und dort, wo das Regenwasser nicht aufgefangen wurde, bildeten sich schlammige Pfützen. Man konnte kaum zehn Schritte gehen, ohne mindestens einmal auszurutschen. Dementsprechend war auf den Straßen auch kaum etwas los. Selbst der Marktplatz stand leer. Es gab lediglich ein paar Bettler, die betrunken an den Wänden der Wirtshäuser hockten und irgendein wirres Zeug vor sich her redeten. Abgesehen davon wirkte das kleine Dorf wie ausgestorben. Es war merkwürdig, fast schon gruselig. Aber ich konnte die Menschen verstehen, denn ich wäre bei dem Wetter auch nicht gerne rausgegangen.
Zu meinem Glück mussten die Pferde heute drinbleiben. Jimin erklärte mir, dass das nicht nur etwas mit Gemütlichkeit, sondern auch mit der Gesundheit der Pferde zutun hatte. Ich fragte nicht weiter nach, sondern hielt mich an seine Anweisungen und band ein jedes Pferd vor seiner Box fest, bevor wir mit Schubkarre und Mistgabel hinein gingen. Vielleicht lag es an dem schlechten Wetter, denn wir ließen es an diesem grauen Tag langsam angehen. Keine Hektik, kein Stress. Alles wurde mit einer Ruhe und Gelassenheit erledigt, sodass ich nicht einmal müde war, als wir uns schließlich in der Sitzecke zwischen den beiden Pferdeboxen niederließen.
„So könnte es immer sein", seufzte ich und lehnte meinen Kopf an die Holzdielen. „Ich hasse Regen", brummte Jimin daraufhin. Er hatte sich neben mir auf die Bank gelegt. Seine Beine lagen über meinem Schoß. „Der Regen ist doch schön", erwiderte ich und als der Ältere mich daraufhin mit einem merkwürdigen Blick musterte, fuhr ich fort, „Naja, er ist vielleicht kalt und nass. Aber dafür klingt er sehr beruhigend. Und die Erde riecht immer so herrlich, wenn es vorbei ist".
„Du hast doch einen Knall", grinste er, ehe er wieder an die Decke starrte. „Ich kann Jungkook verstehen. Ich finde den Regen auch sehr beruhigend", meldete Taehyung sich zu Wort. Ich sah zu ihm rüber. Seine Haare waren immer noch ein bisschen nass. Sie hingen ihm in feinen, lockigen Strähnen ins Gesicht. Er hielt den Blick in seinen Schoß gerichtet und ich vermutete, dass er dort wieder schnitzte. Gerade, als ich ihn fragen wollte, ob er mir seine Schnitzerei zeigen könne, donnerte es. Allerdings stammte der Donner nicht von einem Gewitter, sondern von der Tür, die neben der Sattelkammer in die Burg führte. Jemand hatte sie aufgestoßen und kam mit langen Schritten auf uns zugelaufen. Taehyung und Jimin sprangen auf. Ich hinterher.
Der unbekannte Besucher war ein Mann mittleren Alters. Er hatte schmale Augen und einen Bart. Über seinen Schultern hing ein dunkler, schwerer Mantel.
„Ich brauche umgehend ein Pferd. Das schnellste das ihr habt", sagte er und zupfte seine Ärmel zurecht. „Taehyung, hol das Pferd aus der vorletzten Box raus", sagte Jimin, ohne den Blick von dem unbekannten Besucher zu nehmen. Taehyung gehorchte. Er drehte sich um und eilte den Gang hinab, bis er bei der vorletzten Box angekommen war. Ich beobachtete, wie er ein braunes Pferd herausführte. „Aus welchem Grund reitet Ihr?", wollte Jimin wissen und ich riss den Kopf wieder zurück. „Ich bin im Auftrag des Königs unterwegs. Ich soll in die Hauptstadt reisen und eine wichtige Botschaft überbringen", antwortete der Unbekannte. „In Ordnung. Wir werden das Pferd gemäß deiner Reise aufsatteln", sagte Jimin. Mittlerweile hatte Taehyung das braune Pferd an einen Stützpfeiler angebunden. Er schien Jimin's Worte gehört zu haben, denn er rauschte wie der Wind an uns vorbei und in die Sattelkammer. Wenig später kam er mit einem Sattel und der dazu passenden Decke zurück. Jimin löste sich von meiner Seite, um Taehyung zu helfen.
Ich blieb auf der Stelle stehen, wie bestellt und nicht abgeholt. Ein Teil von mir wollte auch helfen, aber ich wusste nicht wie. Und deswegen hielt ich es für eine gute Idee einfach abzuwarten. Zumal ich keine Ahnung hatte, was hier gerade vor sich ging. Ich hatte noch nie einen Botschafter des Königs gesehen, geschweige denn ein Pferd für ihn aufgesattelt. Und der Ort, zu dem er reisen würde, schien sehr weit weg zu sein. Jedenfalls lag unter dem Sattel ein dickes Schafsfell und an der Seite baumelten mehrere kleine Taschen. Außerdem trug der Mann ziemlich viele Klamotten. Eine schwarze Tunika, darüber eine lederne Rüstung und den dicken Mantel, der fast bis zum Boden reichte. Ich konnte auch festes Schuhwerk an seinen Füßen erkennen.
Der Mann schien meinen neugierigen Blick bemerkt zu haben, denn plötzlich starrte er mich an. „Und wofür wird er bezahlt? Fürs rumstehen?", sprach er barsch. Ich blinzelte perplex, ehe ich hilfesuchend zu Jimin und Taehyung rüber sah. Taehyung war gerade dabei die Riemen der Trense zu befestigen. „Oh, er ist neu hier", erklärte Jimin und gesellte sich wieder zu uns. „Habt ihr denn so viel zu tun?", der Unbekannte schaute sich um. „Ja, haben wir. Deswegen ist Jungkook uns eine große Unterstützung", der Ältere lächelte mich an und ich erwiderte es zögerlich. „Das sehe ich", brummte der Unbekannte. Er schien nicht gerade überzeugt. Mir blieb keine Zeit ihn umzustimmen, denn sein Pferd war fertig gesattelt. Der Unbekannte näherte sich dem Tier, öffnete seinen Umhang und holte ein weißes Bündel heraus. Er stopfte es in eine der Satteltaschen. Als er es sicher verwahrt hatte, stülpte er sich die Kapuze seines Mantels über den Kopf und schwang sich mit einem eleganten Satz in den Sattel. Das Pferd schnaubte, während er die Zügel kürzer nahm.
„Wünscht mir eine gute Reise. Auf das ich unversehrt zurück komme", sagte er und trieb das Pferd an. Es warf den Kopf hoch und trabte zügig durch die Stallungen, bis es draußen angekommen war. Dann galoppierte es los. So schnell, dass der Schlamm in den Pfützen hoch spritzte. Wir sahen ihnen stillschweigend hinterher. Jimin rührte sich schließlich als erstes. Er stieß etwas von seiner angestauten Luft aus.
„Der Typ hat mich echt erschreckt. Ich hasse es, wenn sie unangekündigt im Stall stehen", sagte er. „Ich auch. Aber wir haben gut reagiert. Das Pferd war schnell aufgesattelt", erwiderte Taehyung und gab seinem Freund ein High-Five. „War er wirklich ein Botschafter des Königs?", fragte ich nach, während wir alle zurück zur Sitzecke trotteten. „Ja, der Kerl kommt öfter her", antwortete Jimin und ließ sich schwerfällig auf die Bank fallen. Ich setzte mich wieder neben ihn und hakte nach: „Was überbringt er für eine Botschaft? Was will er in der Hauptstadt?".
„Das ist eine gute Frage", der Ältere warf Taehyung einen ernsten Blick zu. „Ich weiß es auch nicht, aber es hat bestimmt etwas mit der Zusammenführung von Baekje und Goguryeo zu tun", mutmaßte Taehyung. „Meinst du? Vielleicht geht es auch einfach nur um den Zehnt", da war ein kleines bisschen Hoffnung in Jimin's Stimme. „Was ist der Zehnt?", funkte ich dazwischen. „Das sind die Abgaben, die ein jeder König an den Großkönig leisten muss", erklärte Jimin und mir wurde wieder einmal bewusst, dass ich im Geschichtsunterricht nicht gut genug aufgepasst hatte. „Nein, ich bin mir sicher", wiedersprach Taehyung und schaute in seinen Schoß herab, „Der Botschafter hatte eine Schriftrolle mit einem roten Siegel in seinem Gürtel stecken. Es muss also eine Information von großer Wichtigkeit sein. Wie zum Beispiel die Zustimmung dafür, dass unser Dorf im Namen von Silla gegen Baekje und Goguryeo kämpft".
„Ich mag gar nicht dran denken", murmelte Jimin und hielt sich den Bauch. „Heißt das, dass bald wieder Krieg ausbricht?", ich sah die beiden Stalljungen abwechselnd an. „Wenn Taehyung recht hat... Und er liegt meistens richtig...", es schien, als würde Jimin den Satz nicht zu Ende sprechen wollen. Er war plötzlich ganz bleich im Gesicht und starrte irgendeinen Punkt auf dem staubigen Tisch an. Auch Taehyung schien in Gedanken zu sein. Die Stille wirkte entsetzlich laut.
Krieg. Hier, in diesem Land. Nein, hier in diesem Traum. Ich hätte es niemals für möglich gehalten, vor allem nicht, weil das hier doch bloß ein Traum war. Aber, wenn Taehyung recht behielt... Unmöglich. Das durfte nicht passieren. Was würde aus mir werden? Würde ich sterben? Hier, in diesem Traum? Nachdem ich hierhergekommen war, um auf meinen gesunden Beinen ein erfülltes Leben zu führen, würde ich sterben? Das war doch lächerlich. Unmöglich. Undenkbar. Ich hatte noch längst nicht alles von dieser Welt gesehen. Ich hatte noch längst nicht alles erlebt, was ich erleben wollte. Es gab noch so viel zu tun, so viel zu entdecken und zu erleben. Das hier durfte nicht das Ende sein. Nicht, nachdem ich hierhergekommen war, um meine verlorene Zeit aufzuholen.
Ich spürte, wie mir die Luft zum Atmen genommen wurde. Es war, als würden sich zwei unsichtbare Hände um meinen Hals schließen und mir die Luft zum Atmen nehmen. Mein Herz schlug so schnell, dass ich es bis in meinen Magen spürte. Mir wurde schlecht. Als ich die Augen zukniff, tanzten Bilder vom Krankenhaus in meinem Kopf.
„Jungkookie? Hey, alles okay?", hörte ich Jimin's sanfte Stimme sprechen und das zog mich wieder zurück ins hier und jetzt. Ich starrte den Älteren an. Er hatte eine Hand auf meinen Oberschenkel gelegt und die Wärme, die davon ausging, beruhigte mich ungemein. „Ja, alles gut", hauchte ich leise. „Du siehst so blass aus. Lass uns das Thema wechseln", schlug er vor. Er lächelte so liebevoll, dass ich nicht anders konnte, als das Lächeln zu erwidern. Doch es war kein echtes Lächeln und es tat weh, denn ich musste nach wie vor über den Krieg nachdenken. Die Sorge ließ sich nicht aufhalten. Und mit der Sorge um mein Leben, kam auch die Angst.
•°•°•
°•°•°
Entschuldigt, das erst heute ein Update kommt. Ich war am Dienstag so müde von dem Konzert, dass ich zu nichts zu gebrauchen war. Und ich war erst echt spät zuhause :(
Was haltet ihr davon, dass Jungkook in Katar auftritt? Mich persönlich regt es schon seit Tagen auf. Ich verstehe immer noch nicht, wieso Bighit das zulässt. Gefühlt die halbe Welt ist gegen die WM in Katar und will nicht einschalten, weil das einfach ekelige Menschen sind. Aber Bighit nicht, nein. Wieso auch, wenn es gut Kohle gibt. Einfach nur traurig...
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top