19.
Jungkook's PoV.:
Ich fragte mich wirklich, wie Taehyung auf die wahnwitzige Idee gekommen war, mir reiten beizubringen. Es klang absurd. Ich hatte mich noch nie für Pferde interessiert, geschweige denn eines gesehen. Erst Jimin hatte mir die Grundlagen zur Pferdepflege beigebracht. Aber das war auch alles, was ich wusste. Ich konnte sie füttern, streicheln und führen, sowie aufsatteln. Aber reiten? Davon hatte ich keine Ahnung. Und ich war mir nicht sicher, ob ich mein Wissen dahingehend erweitern wollte.
Andererseits hatte ich mir auf dem Totenfest geschworen, meine Zeit hier in diesem Dorf zu nutzen. Ich wollte neue Dinge lernen und mich selbst herausfordern, um meine Grenzen zu testen. Mindestens einen Versuch war es Wert, oder nicht?
Mir blieb sowieso keine Wahl, denn nachdem wir die Pferde gefüttert und ihre Boxen sauber gemacht hatten, holte Taehyung eine Trense aus der Sattelkammer. Ich schaute ihm mit rasenden Herzen hinterher, während er durch den Stall marschierte.
„M-Machen wir das wirklich? Hier und jetzt?", stammelte ich unsicher. „Hier und jetzt", stimmte Taehyung zu, ehe er die Hintertür auf zog und nach draußen verschwand, um ein Pferd von der Weide zu holen. Ich schluckte trocken und schaute in Jimin's Richtung. Dieser lehnte mit verschränkten Armen an einem Stützpfeiler. Er fand meine Reaktion wohl sehr lustig, denn er grinste so breit, dass man seine Augen nicht mehr sehen konnte. „Ich finde die Idee toll", meinte er, als er meinen hilfesuchenden Blick bemerkte. „Gerade wolltest du noch einen Dreier haben!", entgegnete ich gereizt. „Den würde ich auch immer noch bevorzugen. Aber ich bezweifle, dass du zustimmst", seine Stimme klang wie dickflüssiger Honig. Verführerisch und herausfordernd zugleich. Unsere Blicke trennten sich, als er sich vom Stützpfeiler stieß und Taehyung entgegen lief. Dieser kam nämlich mit einem auserwählten Pferd zurück. Es war ein weißes Pferd, mit einem grauen Muster auf den Beinen und dem Hintern. Es wirkte sehr gelassen, dafür das man es gerade einfach so von der Weide geholt hatte.
„Jungkook", hörte ich Taehyung's Stimme sprechen. Er fing meinen Blick auf. In seinen Augen lag etwas Ruhiges und Geduldiges. Etwas, was ich so noch nie an ihm gesehen hatte. Es besänftigte mich ein bisschen. „Jungkook, du hast mir gestern Abend erzählt, dass du ständig an deine Freunde denken musstest, als sie Spaß hatten und du nicht. Ich gehe mal davon aus, dass du noch nicht so viel in deinem Leben erlebt und gesehen hast. Ich möchte das ändern. Ich kann dir zwar nicht deine verschwendete Zeit zurückgeben, aber ich kann dafür sorgen, dass deine Zeit hier bei uns spannend und lustig wird. Also...?", er schenkte mir ein klitzekleines Lächeln, dass sich geradewegs durch meine Brust und in mein Herz bohrte. Dort wurde es elektrisierend warm. Ich hielt den Atem an, als ich spürte, wie mein ganzer Körper auf sein Lächeln reagierte.
Ich fragte mich, woher sein plötzlicher Sinneswandel kam. Nicht nur, dass er mir gerade die Möglichkeit geben wollte, einen Teil meiner eigenen Fähigkeiten und Grenzen zu erkunden. Sondern auch, dass er heute Morgen versucht hatte, mich freundlich zu wecken. Schlimm genug, dass er so hübsch aussah. Musste er jetzt auch noch seinen tollen Charakter raushängen lassen?
„Komm schon her, Jungkookie", gurrte Jimin und ich setzte mich ganz langsam in Bewegung. „Dürfen wir die Pferde überhaupt reiten?", fragte ich nach, während ich auf das Pferd zu lief. Ich ging langsam und bedacht. Als ich vor dem Tier stand, streckte ich eine Hand danach aus und streichelte den Kopf. Es schnupperte daraufhin interessiert an meinem Oberteil. „Am Anfang hat man mir versichert, dass es erlaubt ist", antwortete Jimin, „Immerhin brauchen die Pferde auch Auslauf. Die wenigen Jagdausritte reichen da nicht".
„Aber ich habe euch noch nie reiten sehen", merkte ich an. „Wir reiten auch meistens nur im Frühling, denn da ist es weder zu heiß, noch zu kalt", Jimin zuckte mit den Schultern. „Mh", machte ich und ging langsam um das Pferd herum. Ich streichelte den Hals und über den Rücken. Das Fell war weich und warm. Eigentlich ganz harmlos.
„Halt mal fest", sagte Taehyung und zog Jimin zu sich. Er drückte ihm die Zügel in die Hand und trat dann neben mich. „Soll ich dir eine Räuberleiter geben? Oder willst du hochspringen?", fragte er nach. „Lieber die Räuberleiter. Ich will dem Pferd keine Angst machen", erwiderte ich kleinlaut. „Es wird keine Angst vor dir haben. Es kennt Menschen schon sehr lange", versicherte er mir. Er faltete seine großen Hände zusammen und setzte sich in die Hocke. Ich stellte meinen linken Fuß in seine Handfläche. „Und was ist, wenn ich auf der anderen Seite runterfalle?", ich krallte mich verbittert an der weißen Mähne fest. „Wirst du nicht. Vertrau mir", erwiderte Taehyung. Seine dunklen Augen blickten mich zuversichtlich unter seinen ebenso dunklen Wimpern an. Er pustete sich eine Locke aus der Stirn und verfestigte den Griff um meinen Fuß. Ich nahm bloß beiläufig wahr, wie seine Adern unter der goldbraunen Haut hervortraten.
„Ich bewerfe dich mit Pferdescheiße, wenn du mich nicht auffängst", warnte ich ihn und meinte das vollkommen ernst. Er lachte. Ich hörte es zum ersten Mal. Es klang so schön, dass es einen Schwall Schmetterlinge in mir freisetzte. Und plötzlich fühlte ich mich, als könnte ich selber fliegen. Ich wandte mich wieder dem Pferderücken zu. Dann hüpfte ich und Taehyung drückte meinen Fuß so weit hoch, dass ich auf den Pferderücken rutschte. Ich warf mein Bein rüber. Mit den Händen krallte ich mich nach wie vor an der Mähne fest.
„Du sitzt!", rief Jimin fröhlich. „Er sitzt wie ein gebrechlicher Mann. Du musst dich aufsetzen, komm", forderte Taehyung und drückte seine Finger in meinen Rücken. Ich versuchte seinen Worten nachzukommen und machte ein Hohlkreuz. Mir zitterten die Beine, doch dann saß ich vernünftig. Und ich saß so weit oben, dass ich auf Jimin's Kopf und in die Boxen der anderen Pferde hineinschauen konnte. Ich hätte auch mit Sicherheit die Balken berühren können, die über meinem Kopf den Heuboden hielten. Aber ich traute mich nicht den Arm zu heben, geschweige denn die weiße Mähne loszulassen.
„Und wie ist die Luft da oben?", grinste Jimin zu mir hoch. „Staubig?", antwortete ich knapp, doch ich konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen. „Sollen wir mal den Gang runter laufen?", fragte er. Ich bekam keine Zeit für eine Antwort, denn er lief bereits los. Das Pferd setzte sich ebenfalls in Bewegung und ich krallte mich so stark an seiner Mähne fest, dass meine Knöchel weiß hervortraten. Eine Mischung aus Quietschen und Jammern verließ meine Kehle. „Alles okay?", grinste Taehyung und erst da bemerkte ich seine Hand auf meinem Oberschenkel. „Meine Eier werden eingequetscht", antwortete ich. „Das ist normal", antwortete er. „Was meinst du wie sehr es weh tut, wenn man galoppiert", fügte Jimin hinzu. „Das probieren wir nicht aus", ich versuchte ihm böse Blicke zuzuwerfen, doch das endete in einer schmerzhaften Grimasse, weil mein Schritt wirklich schlimm weh tat. „Wie ist es sonst so?", wollte Taehyung wissen. Seine Hand lag immer noch auf meinem Oberschenkel. Wahrscheinlich, um mir Sicherheit zu geben. „Es wackelt", erklärte ich, „Und es ist sehr weit oben".
„Gefällt es dir denn?", hakte er nach. „Naja, bis auf das meine Eier gerade absterben...", murmelte ich. Wieder lachte Taehyung. Und wieder ging es mir durch Mark und Bein. Es klang so schön, dass ich für einen Moment die Schmerzen vergessen konnte.
„Achtung, wir drehen", kündigte Jimin an und Taehyung's Griff um meinen Oberschenkel wurde fester. Ich riss die Augen auf, als Jimin das Pferd wendete. Die Hufe schabten laut über den Boden und ich gab ein kehliges Fiepen von mir, denn es ging für meinen Geschmack etwas zu schnell. Schließlich hatten wir es geschafft und wir trotteten zurück in Richtung Sattelkammer und Treppe. Ich gab ein erleichtertes Seufzen von mir.
Schließlich blieben wir vor der Sattelkammer stehen. Das Pferd schnaubte und Jimin klopfte ihm zur Belohnung den Hals. „Okay und wie komme ich jetzt wieder runter?", ich schaute überfordert auf Taehyung herab. „Du nimmst das rechte Bein hoch und schiebst es über den Pferderücken auf die linke Seite. Dann musst du nur noch runterrutschen", erklärte er. „Das klingt gefährlich", merkte ich an. „Ich fang dich auf", er zwinkerte charmant. „Besser ist das. Sonst gehe ich zum Misthaufen und hole mir Pferdescheiße", erinnerte ich ihn. „Hör auf mich mit Pferdescheiße zu bedrohen und komm runter", der Ältere streckte beide Hände nach mir aus. Innerlich fluchte ich. Dann nahm ich allen Mut zusammen, um mein rechtes Bein zu heben. Ich winkelte es an und schob es ganz langsam über den grauen Pferdehintern. Noch bevor ich runterrutschen konnte, spürte ich Taehyung's Hände an meinen Hüften. Er hielt mich fest, ließ mich langsam rutschen und zog mich stützend an seine Brust, als ich ungeschickt auf dem Boden landete.
„Geschafft", sagte er, wobei ich seinen Atem in meinem Nacken spürte. Ich schälte mich eilig aus seinem Griff und ratterte ein schnelles: „Danke", herunter.
„Was für eine Aufregung am Morgen. Ich finde das sollten wir jetzt jeden Tag machen. So lange, bis Jungkook selbstständig aufsteigen und reiten kann", grinste Jimin. „Ich weiß ja nicht...", ich schaute auf meine Kronjuwelen herab, die endlich wieder durchblutet wurden. „Das nächste Mal satteln wir richtig auf. Vielleicht können wir ja auch die letzten schönen Tage ausnutzen, bevor die Sonne weg ist", schlug Taehyung vor. Aus seinem Mund klang das Ganze schon viel verlockender. Für ihn würde ich blaue Eier riskieren, nur um gemeinsam in den Sonnenuntergang zu reiten. „Na gut", ich lächelte verlegen, „Das klingt machbar".
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Ach ja, wer würde schon nicht blaue Eier für Taehyung riskieren xD
Und im nächsten Kapitel erleben wir den Flirt-Fail des Jahrhunderts ^^
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