Kapitel 14 ~ Prinz von Erebor
Am Ufer zum einsamen Berg angelangt blieben wir abermals stehen und blickten hinauf zum Erebor.
Etwas Düsteres lag auf diesem Land und ich spürte eine Kälte, die mir den Rücken hinunter kroch.
Dann ging es weiter.
Durch ödes Land und über steiniges Geröll, bis hin zum einst wunderschönen Städtchen Thal.
Damals, als Smaug den Berg angriff, verbrannte er die gesamte Stadt der Menschen gleich mit und die meisten Bewohner starben einen grauenvollen Tod. Es war ein trostloser Anblick. Alles war zerstört worden, überall lagen Trümmer herum und bei genauem Hinsehen erkannte man sogar noch einige Überbleibsel die Opfer.
„Das ist schrecklich …“ , murmelte ich, als ich vor einem Skelett stehen blieb, welches an einer Hauswand lag.
„Das ist es, wahrlich. Smaug nahm keinerlei Rücksicht und die Menschen waren ihm völlig gleichgültig. Er hatte es nur auf den Schatz abgesehen und tötete sie zum Spaß.“
Es war Balin, der nun neben mir stand und mit raunender Stimme zu mir sprach.
„Seit diesem Tag ist dieser Ort bloß noch als Smaug's Einöde bekannt und niemand der diesen Ort jemals betrat, kam lebend zurück.“
„Das macht mir nicht unbedingt Mut.“ Ich schluckte schwer.
„Mach dir keine Sorgen, Elennya. Das sind Geschichten und der Drache ward seit 60 Jahren nicht mehr gesehen. Vielleicht ist er unter all dem Gold einfach verhungert.“
Ich nickte. „Ja … vielleicht.“ Schaudernd sah ich zum Berg hinauf. Es blieben uns noch wenige Stunden, um die verborgene Zwergentür zu finden, denn die Sonne verschwand langsam hinter dem Gipfel.
„Hier entlang!“ , schrie Thorin plötzlich und führte uns hinaus aus Thal. Es war, als könne ich endlich wieder frei atmen, nachdem ich die Grenzen der Stadt verlassen hatte.
Wir liefen Thorin nach und er führte uns halb um den Berg herum, zu einer riesengroßen, in Stein gehauenen Statur, die direkt in den Berg gemeißelt war und einen Zwerg darstellte.
Ich nahm an, es war Thror, Thorin's Großvater, denn dieser war zuvor König unter dem Berge und das steinerne Gesicht ähnelte dem von Thorin sehr.
„Hier muss es irgendwo sein! Sucht nach Hinweisen!“ , rief Thorin uns allen zu und sah sich selbst hektisch um.
„Na hoffentlich ist das alles eine gute Idee …“ , murmelte ich mehr zu mir selbst und blickte Thorin aus einiger Entfernung an. Dann begann ich ebenfalls mit der Suche.
Stunde um Stunde verging, Niemand fand etwas.
Thorin's Laune verschlechterte sich fühlbar mit jedem Atemzug, doch es änderte nichts an der Situation. Ich hatte schon beinahe aufgegeben und mich mit dem Gedanken angefreundet, keinen Drachen und keinen Schatz zu sehen, als Bilbo plötzlich wie wild zu rufen begann.
„Hier ist es!!! Die Treppe führt hinauf! Sie ist in die Statur eingelassen! Ich habe den Weg gefunden!“
Alle liefen zu Bilbo hinüber, der am Fuße des steinernen Zwergenkönigs stand und hinauf deutete.
Er hatte Recht gehabt. An der Seite der Figur waren Stufen eingearbeitet, die man hinaufgehen konnte.
Dankend schaute Thorin Bilbo an und ein seltenes Lächeln umspielte seine Lippen.
„Lasst uns gehen, Brüder und Freunde.“ Thorin ging voran und wir eilten alle gemeinsam hinter ihm her.
Es war ein anstrengender, kräfteraubender Aufstieg, doch mir schien er nicht so zuzusetzen, wie den anderen. In solchen Momenten machte sich mein Elbenanteil wohl nützlich und geschwind nahm ich Stufe für Stufe.
Als Zweite, nach Thorin, nahm ich die letzte steinerne Stufe und fand mich auf einer Art Plattform wieder, die hoch über das Land ragte. Uns gegenüber befand sich eine gerade Wand und ich ahnte, dass dort die Tür verborgen sein musste. Dieser Meinung war Thorin scheinbar auch, denn sofort eilte er zu der Felswand und untersuchte diese.
Nachdem auch alle anderen den Anstieg geschafft hatten, sogar Bombur, der als letzter oben ankam, sah Thorin sich verzweifelt um.
„Wo ist die Tür?!“
Dwalin und Nori machten sich daran, mit Äxten und Fäusten gegen die Felswand zu schlagen, doch sie gab nicht nach.
Immer wieder starrte Thorin auf den Schlüssel, den er in der einen Hand hielt und auf die, mit Runen besetzte Karte, in der anderen Hand.
„Wenn die Drossel schlägt … Der letzte Strahl am Durinstag …“ , nuschelte er wieder und wieder vor sich hin.
Er tat mir leid, aber was sollten wir tun? Hier war keine Tür und auch kein Schlüsselloch.
Dann ging die Sonne gänzlich unter und wir waren ins Dunkel getaucht.
„Es ist zu spät …“ Mit einer entsetzlichen Traurigkeit in seinem Blick, lies Thorin den Schlüssel fallen und ging, ohne jemanden in die Augen zu sehen, die Treppe wieder hinab. Entmutigt und enttäuscht folgten die anderen ihm. Balin hatte Tränen in den Augen und sah sich noch mehrere Male um.
Nur ich und Bilbo, wir blieben ratlos oben auf der Treppe stehen.
„Wir sollten mit ihnen gehen …“
„Ja, das sollten wir wohl …“ , antwortete Bilbo und gerade, als ich den ersten Fuß auf die Treppe setzte, flog eine kleine Drossel an mir vorbei.
Sie flog genau zu der Stelle, an der wir die geheime Tür ahnten und schlug dort einen Stein gegen den Fels.
„Bilbo, sieh mal.“
Immer und immer wieder schlug die Drossel gegen die Wand und plötzlich wurde es hell um uns herum.
Der Mond kam hinter all den Wolken hervor und beleuchtete den Berg.
„Natürlich! Der letzte Strahl am Durinstag! Es ist das Licht des letzten Sommermondes!!!“ , rief Bilbo aufgeregt und beinahe wäre er in seiner Eile, die anderen zurückzurufen, die Treppe hinuntergestürzt.
„Kommt zurück!!!! Es ist das Licht des Mondes!!! Es ist hier!“
Doch keiner der Zwerge war noch zu sehen. Sicherlich waren sie bereits unten.
„Wir müssen den Schlüssel finden, bevor es zu spät ist!“, rief ich beinahe hysterisch und suchte den Boden ab. Wo hatte Thorin ihn fallen lassen? Er musste hier sein!
Noch immer war keiner der Zwerge zu sehen.
Dann sah ich den Schlüssel. Er lag hinter einem kleinen Stein, auf dem Boden, direkt an der Tür, vom Mondlicht beschienen.
Nun war auch ganz klar ein Schlüsselloch in der Felswand zu erkennen und ich hechtete vor, um den Schlüssel zu packen und die Tür zu öffnen.
Ich hob ihn auf und wandte mich um.
„Halt. Gib mir den Schlüssel.“ Thorin und die anderen waren wieder hinaufgekommen und standen vor mir und dem Hobbit.
„Natürlich, ich wollte bloß … bevor es zu spät ist …“ , nuschelte ich verlegen und reichte Thorin den Schlüssel.
Er nickte mir zu und trat an die Wand heran.
Alles hielt den Atem an, als er den Schlüssel in das Schlüsselloch steckte, ihn langsam drehte und sich anschließend gegen den Fels stemmte. Die Tür bewegte sich und öffnete sich nach innen.
Wir hatten es tatsächlich geschafft!
„Erebor.“ , flüsterte Thorin mit rauer, tiefer Stimme und sah hinein. Dann sah er mich und Bilbo an. Wie erstarrt hatte ich ihm zugesehen und schrak nun instinktiv zurück. Doch er kam mit einem Lächeln auf uns zu.
„Ich danke euch beiden. Ein weiteres Mal haben sich der Hobbit und auch unser Elbenmädchen als sehr nützlich erwiesen. Dann umarmte er uns plötzlich beide und ich glaubte, Tränen in seinen Augen zu sehen.
„Lasst uns gehen.“ , sagte er dann an die anderen gewandt und schritt voran. Bilbo und ich hielten uns dennoch zurück. Ich war der Meinung, die Zwerge hatten jedes Recht, diesen Berg vor uns zu betreten und der Hobbit schien meine Meinung zu teilen.
Sie alle gingen durch die große Tür hindurch und verschwanden in der Dunkelheit. Kili und Fili blieben mit uns draußen stehen und warteten ebenfalls.
„Nun mal los, Bruder. Es wird mal unser Königreich werden.“ , sagte Fili und ich hatte das Gefühl, etwas missmutiges in seiner Stimme zu hören, doch ich konnte mich auch irren.
„Wohl eher dein Königreich, werter Bruder. Halt mich aus diesen Angelegenheiten bloß raus.“
Fili seufzte tief und schritt erhobenen Hauptes durch das Tor.
„Kommt, ihr beiden.“ , sagte Kili an mich und Bilbo gewandt und zwinkerte mir zu.
„Einladen darf ich euch trotzdem.“
Ich trat an ihn heran und Seite an Seite betraten wir den Berg.
Es war sehr dunkel, die Wände waren aus blankem Stein und mit Runen besetzt.
„Was ist das?“ , fragte Bilbo hinter uns und deutete auf ein Bild, über dem Tor. Es zeigte einen Thron und darüber etwas ovales, was zu leuchten schien.
„Es ist der Arkenstein, das Königsjuwel und der Grund, lieber Meisterdieb, warum du mitgekommen bist.“ , antwortete Thorin wenige Meter von uns entfernt, in der Dunkelheit.
Bilbo schluckte schwer und Angst zeigte sich in seinem Blick. Balin nahm sich seiner an und erklärte ihm etwas von einem großen, weißen Stein, der über aller maßen wertvoll zu sein schien und den es zu finden galt. Bilbo sollte also hinunter, in die Kammern des Drachen steigen und dort nach diesem Edelstein suchen. Ohje.
Freundschaftlich, aber bestimmend, führte Balin den Hobbit den Weg entlang und wir blieben vor einen abzweigendem Gang stehen.
„Bilbo wird ihn finden.“ , sagte Thorin an uns gewandt.
„Und was ist mit dem Drachen?“ , fragte ich ängstlicher als beabsichtigt.
„Wenn dort unten wirklich ein lebender Drache ist, sollte er ihn ganz einfach nicht wecken.“ , war Thorin's Antwort darauf und wir warteten, dass Balin zurückkehrte.
Wenige Augenblicke später tat er dies auch. „Er ist auf dem Weg nach unten, unser mutiger Meisterdieb. Jetzt müssen wir warten.“
Thorin nickte. „Lasst uns draußen auf ihn warten und vielleicht noch etwas Schlaf bekommen.“
Wir gingen den engen Gang zurück und ich war sehr erleichtert, endlich wieder frische Luft atmen zu können.
Draußen sah ich mich erst um und setzte mich dann, abseits der anderen, zu Kili, der an einer Felswand lehnte. Ich kniete vor ihm und sah ihn an. Er lächelte, schien aber mit seinen gedanken ganz wo anders zu sein.
„Ziemlich beängstigend hier.“ , flüsterte ich ihm zu und zu meiner Überraschung nickte er.
„Es ist wie ein Grab. An diesem Ort starben eine Menge Zwerge. Ich erinnere mich kaum an etwas. Bloß, dass Fili mich aus den Feuern trug und somit rettete.“
„Ihr seit hier gewesen?“ , fragte ich erschaudernd.
„Ja. Unsere Eltern starben in den Drachenflammen. Fili lief hinaus und versteckte uns in den Felsen. Dann suchte er Thorin und wir blieben bei ihm.“
„Deshalb hat Thorin auch solch Erwartungen an ihn, richtig?“
„Ist dir nicht entgangen, was? Ja, es stimmt. Nach Thorin ist Fili der nächste König unter dem Berge, doch es graut ihm davor und ich habe das Gefühl, er wäre lieber ein Krieger, als ein König. Ich kann es verstehen.“
„Der Arme …“ , ich sah mich um und entdeckte Fili, der gerade mit Thorin zu diskutieren schien.
„Fili ist stark, stärker als ich und auch weiser. Er wird einmal ein guter König werden.“ Kili seufzte.
Ich spürte ganz deutlich, dass ihm das alles nicht behagte und er mit seinem Bruder litt.
„Ihr seit beide weise und stark und ich denke, Thorin wird noch lange leben und er wird ein großer König sein.“
Ich erntete ein Lächeln von Kili und er nahm meine Hand. „Was würden wir bloß ohne dich tun, Elbenmädchen. Was würde ich ohne dich tun?“
„Ich weiß nicht, vielleicht immer noch in Gefangenschaft sitzen?“ , witzelte ich und zuckte mit den Schultern, ohne ihm direkt in die Augen zu sehen. Ich brauchte meinen Verstand noch.
Dann zog er mit einem kräftigen Ruck an meiner Hand und ich fiel, zwischen seine Beine direkt auf ihn. Wie gelähmt lag ich mit meinen Kopf auf seiner Brust, doch ich genoss es.
„Ohne dich wäre wir nicht hier, Elennya.“ , flüsterte er mir in mein Ohr und legte seine Hand auf meinen Rücken. Ich atmete tief ein und blickte zu ihm hinauf. Sein Lächeln raubte mir den letzten Nerv und mein Bauch begann zu kribbeln.
„Wir sollten etwas Schlaf bekommen.“ , hauchte er und strich mir über meine Haare.
Zustimmend nickte ich, schloss meine Augen und lauschte seinem Herzschlag.
Ich schlief ein, träumte von Königen und Gold, von Zwergen und Elben und von einem Drachen. Plötzlich bebte die Erde.
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top