--12.2--

Mit all meiner Kraft hieb ich nach Viper, dessen Körper bereits zahlreiche Schnittwunden aufwies.

Ich fauchte, fletschte die Zähne und knurrte, wollte ihn tot sehen.
„Verdammt Seth, jetzt beruhige dich doch! Sie ist weg! Ich kann ihr jetzt nicht mehr wehtun!", keuchte er unter mir. Ich hatte mich über ihn gebeugt und hielt ihn am Boden.

„Wenn du mir nicht glaubst, dann trink mein Blut und vergewissere dich selbst, denn wenn du dich nicht bald aufmachst, verlierst du sie noch!" Das hatte gesessen.

Auf keinen Fall würde ich das Blut meines Freundes trinken und ihn somit entehren. Nein, nicht einmal ich konnte das. Und der Gedanke Miranda – meinen Engel – zu verlieren? Einfach ausgeschlossen! Das ließ ich nicht zu!

Grummelnd und mit mir selbst kämpfend ließ ich von ihm ab.

Viper richtete sich auf und sah mich wütend an. Dabei hielt er sich den Kopf, den ich mehrfach gegen den Boden geschlagen hatte.

„Fester hättest du mich nicht angehen können, oder? Mann, jetzt hab ich bestimmt ne Gehirnerschütterung."

„Gleich kommen auch noch ein paar gebrochene Rippen dazu, wenn du nicht aufhörst zu flennen. Dein Dickschädel wird doch sonst immer von allen angepriesen, als sollte dich so eine unwichtige Verletzung nicht allzu sehr mitbehmen.", merkte ich an.

„Hmpf, ich flenne nicht!", meinte er beleidigt.

„Wenn du meinst.", sagte ich nur abweisend. Meine Aufmerksamkeit hatte ich bereits dem zuvor benutzten Netbook gewidmet, das mutterseelenallein auf dem Schreibtisch stand. Er war noch angeschaltet.

„Ich weiß, wo sie ist.", sagte ich abrupt, nachdem ich mir den Suchverlauf angesehen hatte. Schnell zog ich mich um – meine Kleidung war ja voller Blut – und lief an Viper vorbei zur Tür.

„Hey Seth! Wo gehst du hin? Was ist mit dem Auftrag? Du sagtest, du würdest es machen!"

„Sei still! Das ist jetzt nicht wichtig! Wichtig ist jetzt nur Miranda." Sie ist alles was zählt!

Viper kam hinter mir hergelaufen und packte mich am Arm. Ähnlich wie er Miranda gepackt hielt. Sein Griff war fest und kalt. Kälter als von einem normalen Menschen, geschweige denn von Clanangehörigen.

„Und jetzt willst du ihr nachlaufen? Versteh doch! Die Kleine braucht ein bisschen Zeit für sich, um mit allem klar zu kommen. Lass sie doch einfach. Du hast weit Wichtigeres zu tun. Seth. Hey! Seth!" Mit wild glühenden Augen drehe ich mich um. „Was?"

„Willst du ihr wirklich so begegnen? Mit diesem Ausdruck?"

Stirnrunzelnd sah ich ihn an. Das Leuchten meiner Augen verschwand, bis sie wieder ihr normales Schwarz angenommen hatten. Ein Lächeln ziert mein Gesicht, als ich auch schon zu schrumpfen begann.

„Und du glaubst, dass sie dich in dieser Gestalt eher an sich heranlässt?", fragte mich Viper skeptisch.

Ich schaue nur mit meinen großen Katzenaugen unschuldig zu ihm hoch.

„Okay, schon gut! Wenn du dir so sicher bist. Aber komm bloß nicht angelaufen, sollte sie es merken. Denn dann wird das kleine Gänseblümchen ziemlich angepisst sein."

In Katzengestalt fauchte ich ihn an, was ungefähr so bedrohlich klang, wie es auch war. Natürlich nicht gerade schlau von Viper, meine Miranda als Gänseblümchen zu bezeichnen, denn er erlebte schnell, wie weh ein Katzenbiss tun konnte.

Während ich mich flitzend auf den Weg mache – immer in den Schatten – höre ich aus der Ferne noch einige heftige Flüche, die jedem Seemann Ehre gemacht hätten. Als Katze konnte ich nicht verbal lachen, hätte es aber am Liebsten getan. Es war aber auch urkomisch, Viper mal die Fassung verlieren zu sehen. Das geschieht ihm recht.

Ich bewegte mich weiterhin an den Schatten entlang, bis ein riesiges, in Trümmern liegendes Gebäude vor mir aufragte. Ein mir nur allzu bekannter Duft lag in der Luft. Rosen und Sturm. Mirandas Duft, der mir schon in Fleisch und Blut übergegangen war. Er traf mich mitten ins Herz und weckte meinen Beschützerinstinkt. Wieder einmal. Warte nur auf mich. Ich komme.

***

Als ich Miranda fand, war sie gerade dabei, etwas aus dem Schutt ihres Hauses zu bergen. Ich fühlte ein mir unbekanntes Gefühl, hatte ich doch mit Schuld am Geschehenen. Es erinnerte mich zu sehr an die Vergangenheit, also schloss ich es tief in mir ein.

Mit einem dreckigen Fotoalbum in den Händen setzte sie sich seufzend an eine der wenigen, noch stehenden Wände.

Sanft rieb ich mich an ihren Beinen, was ihr ein kichern entlockt.

„Wen haben wir denn da?", freute sie sich und nahm mich hoch, „Mein neuer Freund und Beisteher, was? Schön, dass du mich besuchen kommst, obwohl die Lage alles andere als gut aussieht. Wir werden das Kuscheln wohl oder übel verschieben müssen." Damit setzte sie mich wieder ab und streckte sich.

„Weißt du, ich hatte gehofft, hier ein paar Antworten zu finden, doch alles, was ich bis jetzt gesehen habe, wirft weitere Fragen auf." Sie blickte auf mich herab und lächelte traurig. „Jetzt ist es schon so weit mit mir, dass ich mit einem Kater rede, auch wenn du mir seltsam menschlich erscheinst, fast so, als würdest du mich verstehen." Ich miaute zustimmend.

„Das werte ich mal als ein Ja.", sie zwinkerte mir zu. „Vor einer Weile traf ich einen sehr herzlichen Mann. Von ihm habe ich auch das Armband, was mir gestern das Leben gerettet hat. Ich gehe jetzt zu ihm, dadurch erfahre ich vielleicht etwas mehr. Er hat da nämlich sowas angedeutet, was mich stutzig gemacht hat. Das heißt dann wohl auf Wiedersehen, Kater.", mit diesen Worten wollte sie mich schon verlassen, das Fotoalbum fest in der Hand. Natürlich würde ich mich nicht so schnell abschütteln lassen. Schließlich stand sie nun unter meinem Schutz, ob sie wollte oder nicht.

Das Ergebnis war ein Kater, der einer Menschenfrau im Schattenstil folgte. Bedeutet: Kater folgt Frau wie eigener Schatten.

Zunächst bemerkte es auch keiner, doch schon bald wurde mit dem Finger auf uns gezeigt, während die Blicke der Leute an uns hingen. Mit einem Brummen drehte sich Miranda schwungvoll um, sodass ihr langes dunkles Haar in alle Richtungen flog. Sie stampfte mit den Füßen auf den Boden und stemmte die Hände in die Hüfte, dabei bedachte sie alle Gaffer mit einem strengen Blick, der diese hastig weggucken ließ. Nicht schlecht.

Folglich wanderte ihr Blick abwärts, wobei dieser auf mich fiel. Ihr Gesicht hellte sich sofort auf, was mein kleines Katzenherz vor Freude heftig schlagen ließ.

„Du verrückter Kater, du. Bist du mir etwa den ganzen Weg gefolgt?" Weiterhin glücklich lächelnd nahm sie mich auf den Arm, wo ich es mir gemütlich machte und versuchte, so viel Wärme wie möglich an sie abzugeben.

Zusammen gingen wir durch die Innenstadt und kamen immer wieder an belebten Läden vorbei, bei denen ich jedes Mal erwartete, einer von ihnen wäre Mirandas Ziel. So kam es schließlich auch, doch anders als gedacht.

Der Laden vor uns verströmte eine seltsame Aura und wurde ganz ohne Zweifel von einem überaus mächtigen und alten Wesen geschützt. Eine böse Vorahnung machte sich in mir breit, doch da waren wir schon durch die Barriere ins Innere getreten, die ein Ziehen in meinem Inneren auslöste und hatte uns somit dem hier herrschenden Wesen restlos ausgeliefert.

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Hey Leute,
der Laden sollte euch doch allen noch bekannt vorkommen, oder?
Nur zu gerne würde ich jetzt wissen, was in euren hellen Köpfchen gerade so vorgeht. Naja, Hellseherin bin ich jedenfalls nicht, trotzdem hoffe ich darauf, dass es euch gefallen hat.
Wir lesen uns ;)

Eure GiulyanaBlue

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