43. Kleines Mädchen
"Du bist was?", ruft meine Mama außer sich. Mein Papa guckt mich nur mit großen Augen an, wobei ich das Gefühl habe, dass es um seine Mundwinkel herum verdächtig zuckt. Und Sophie guckt überall hin nur nicht zu mir.
Sofort spüre ich Bens Hand auf meinem Oberschenkel, was mich zumindest ein wenig beruhigt. Während Bens Familie auf die Babybome zwar überrascht, aber glücklich reagiert hat, zeigt meine Familie außer Schock überhaupt keine Reaktion.
"Mama?", wende ich mich an meine Mama und gucke sie schüchtern an. Sie schüttelt nur den Kopf und ich sehe, wie ihr die Tränen in die Augen schießen.
"Papa?", schaue ich dann zu meinem Papa. Sofort liegt seine ganze Aufmerksamkeit auf mir.
"Ich werde Opa. Und meine kleine wird Mutter! Ich bin sprachlos", spricht dann endlich mein Papa.
"Ich freue mich so für euch und wünsche euch nur das Beste!", sagt mein Papa und nimmt mich fest in die Arme. Sofort fällt mir ein Stein vom Herzen und ich lasse mich in seine Arme fallen. Dabei finden die ersten Tränen ihren Weg aus meinen Augen.
"Thomas!", ruft meine Mama entsetzt. Mein Papa löst sich ein Stück aus der Umarmung und wischt sich eine Träne aus dem Augenwinkel.
Mein Papa lässt mich vollständig los und geht zu meiner Mama. Sofort ist Ben an meiner Seite und legt einen Arm um meine Taille.
"Ach Maria! Die beiden lieben einander, dass kannst du unmöglich nicht sehen. Und ja, ihre Liebesgeschichte ist nicht traditionell, aber es sind auch einfach andere Zeiten. Ich denke, dass nichts zwischen die beiden kommen kann", spricht mein Papa auf meine Mama ein, während sie ihn skeptisch anschaut. "Aber"- setzt meine Mama an, wird aber von meinem Papa unterbrochen.
"Aber du machst dir Sorgen um deine kleine Tochter, dass weiß ich. Aber Mia ist Erwachsen. Sie ist nicht mehr die kleine Mia. Und so schwer es uns oft fällt, wir müssen lernen loszulassen. Und wer weiß, vielleicht gibt es dann bald zwei Mini-Mias. Dann können wir zwei kleine Kinder von vorne bis hinten verwöhnen und wenn sie zickig werden, wie ihre Mama, können wir sie einfach abgeben!", die letzten Worte von meinem Papa bringen uns alle zum Lachen. Selbst meine Mama hat ein schmunzeln auf den Lippen. Sie steht auf und kommt zu mir.
"Ach Mia! Natürlich freue ich mich unfassbar für dich, für euch! Aber du bist einfach mein kleines Mädchen und wenn du jetzt deine eigenen Kinder bekommst, wirst du merken, dass es keine stärkere Bindung gibt, als die einer Mutter mit ihren Babys."
"Ich werde immer dein kleines Mädchen sein. Und es gibt für mich nichts wichtigeres als die Familie. Deshalb ist es für mich keine neue Familie. Sondern unsere Familie, die wächst!"
"Ich hab dich so lieb! Und ich freue mich wirklich für euch. Und wehe ich sehe meine Enkelkinder nicht regelmäßig!", erwidert meine Mama und nimmt erst mich und dann Ben in den Arm.
"Da musst du dir keine Sorgen machen, Maria. Meine Mutter fordert auch schon regelmäßige Besuche, von daher werden wir vermutlich regelmäßig wieder hier im Norden sein."
"Na dann ist ja gut!"
Während wir uns alle, vor allem meine Mama und ich, ein paar Tränen aus den Augen streichen, fällt mir auf, dass Sophie noch gar nichts gesagt hat. Mit einem Blick zu ihrem Platz weiß ich auch wieso: sie ist weg.
"Wo ist Sophie hin?", frage ich die Anderen irritiert. Alle Augen richten sich auf Sophie Platz, aber keiner weiß, wo sie hin ist.
"Weißt du, Mia, deine Schwester ist in letzter Zeit ganz merkwürdig", fängt mein Papa an, während meine Mama aus dem Raum geht, um nach Sophie zu schauen. Wir setzen uns wieder an den Tisch und ich frage: "Wie meinst du das?"
"Naja, als du in dem Alter warst, hast du mal rumgezickt und es sind ein paar Türen geflogen. Und ich weiß auch, dass du auf ein paar Partys warst, aber du warst immer ehrlich zu uns. Aber ich bin mir sicher, dass Sophie uns eine Menge verheimlicht. Deine Mutter und ich wissen nicht so wirklich, was los ist und haben keine Ideen mehr, was wir machen sollen", erklärt mein Papa.
"Sie ist in ihrem Zimmer und hört laute Musik mit ihren Kopfhörern und möchte nicht mit mir sprechen!", seufzt meine Mama und setzt sich wieder an den Tisch. Ich sehe in ihrem Blick, dass sie nicht weiter weiß. Mein Papa legt ihr einen Arm auf die Schulter.
"Auf jeden Fall haben wir schon alles mögliche versucht, um ihr Vertrauen zu bekommen, aber keine Chance", schließt mein Papa die Erzählung.
"Erlaubt ihr ihr deshalb, dass sie heute bei Leona schlafen darf?", frage ich.
"Ja. Sie hat kaum noch Kontakt zu ihren alten Freundinnen. Sie trifft sich hauptsächlich mit Kyle und Leona. Oder aber "den Mädels". Aber die kennen wir auch nicht wirklich", erklärt jetzt meine Mama.
"Ich befürchte, dass ihr nicht viel tun könnt. Sophie will glaube ich dazu gehören. Sie will Teil der Coolen in der Schule sein. Und deshalb tut sie all das, was sie glaubt, was sie cool machen würde", versuche ich meine Schwester zu verstehen.
"Kannst du mit ihr sprechen?", fragt meine Mama mich.
"Ich kann es probieren, aber das funktioniert nicht immer so gut", erwidere ich.
Dankbar und erwartungsvoll schauen meine Eltern mich an. Ich merke, dass es hier nicht um ein Gespräch für die Tage mal geht, sondern um genau jetzt. Ich schaue kurz zu Ben, der mich aufmunternd anschaut und stehe dann auf.
Ich gehe zu Sophies Zimmer und klopfe an ihrer Tür an. Wie erwartet, kommt keine Antwort, weshalb ich die Tür vorsichtig öffne. Sophie sitzt mit Kopfhörern auf ihrem Bett und guckt mich an. Ich höre ihre Musik bis hier hin. Ich schließe die Tür und gehe auf sie zu. Dann deute ich auf ihr Bett, was sie nur mit einem Schulterzucken kommentiert, weshalb ich mich ihr mehr oder weniger gegenüber setze.
Sie behält die Kopfhörer auf und guckt mich weiterhin an. Ich mache nichts, außer sie ebenfalls anzugucken. Wir verharren einige Zeit in dieser Position.
Was ist nur mit Sophie los. Mir war schon immer klar, dass besonders Kyle keinen guten Einfluss auf sie hat. Und ich weiß auch, dass sie ein Teil der Coolen sein will, aber irgendwas ist anders an ihr.
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