30. Unerwarteter Besuch

„Ja, ich möchte gerne bei dir einziehen!", antworte ich Ben.

Wenn ich schon zu ihm nach München ziehe, dann können wir auch direkt vollständig zusammen ziehen. Ben lächelt mich breit an. Ich merke wie erleichtert ich bin, dass ich mich entschieden habe und dass wir uns einig sind. Wir essen unser Essen und erzählen von unseren Wochen. Während Ben viel trainiert, weil aktuell wieder Bundesligaspiele sind und dann in ein paar Monaten die WM losgeht, sitze ich viel im Büro.

Wir reden auch darüber, wie bald ich umziehen könnte. Wir sind uns einig, dass wir am liebsten sofort zusammen ziehen wollen. Aber wir bleiben realistisch, denn ich habe sofort gesagt, dass ich erst eine neue Arbeit in München finden möchte, bevor ich umziehe. Der Plan für die neue Woche ist somit, dass ich mit meinen Eltern spreche und ihnen von meinen oder eher unseren Plänen berichte und dass ich nach einem neuen Arbeitsplatz suche.

Ich möchte sehr gerne wieder in eine Kanzlei. Ich habe eine Ausbildung im kaufmännischen Bereich gemacht und hatte die Möglichkeit zwischendrin Wahlfächer zu belegen und habe da immer juristische Fächer belegt. Mich hat Recht immer interessiert, aber Anwältin oder gar Richterin konnte ich mir nie vorstellen. Daher bin ich so mit meinem Beruf sehr zufrieden und hoffe eine ähnliche Stelle in München finden zu können.

Nachdem wir gezahlt haben, beschließen wir noch zusammen ins Kino zu gehen. Das Kino ist nicht weit weg, weshalb wir zu Fuß gehen.

„Fährst du dieses Wochenende auch noch zu deinen Eltern?", frage ich Ben.

„Nein, das lohnt sich nicht, die Fahrt ist zu lang. Aber ich treffe mich morgen mit Leon, willst du mitkommen?", erklärt er mir. Leon ist sein Bruder und er wohnt auch hier in Hamburg.

„Genießt ihr ruhig eure Geschwisterzeit! So oft seht ihr euch ja auch nicht", lehne ich ab.

„Du bist jederzeit willkommen und Tina ist soweit ich weiß auch da."

Also nicke ich und stimme zu morgen mitzukommen. Tina, Leons Verlobte, und Leon habe ich an Weihnachten bereits kennengelernt. Danach habe ich die beiden aber nicht wieder gesehen.

„Wann heiraten die zwei eigentlich?", frage ich. Soweit ich weiß, sind die beiden seit fast einem Jahr verlobt.

„Im April. Habe ich dir das gar nicht gesagt?", fragt Ben irritiert. Ich schüttle nur meinen Kopf.

„Entschuldige! Ich wollte dir das eigentlich gesagt haben, weil ich natürlich hoffe, dass du mich begleitest!"

„Alles gut! So schlimm ist das nicht!", sage ich lachend, weil Ben so guckt, als hätte er wer weiß was gemacht. Ich ziehe ihn an seiner Hand näher und gebe ihm einen kurzen Kuss.

„Du bist die beste!", sagt er und gibt mir einen Kuss auf die Wange.

Ich lächle und freue mich schon jetzt auf die Hochzeit. Ich liebe Hochzeiten. Das Schönmachen, die Emotionalität in verschiedene Richtungen. Meistens vergieße ich einzelne Tränen während der Trauung. Und dann die ausgelassene Freude bei der Feier.

Wir kommen am Kino an und kaufen die Karten. Und obwohl wir bis gerade noch essen waren, holen wir uns noch eine Portion Nachos und Getränke. Nachos und Käsesauce gehören für mich einfach zum Kino dazu. Alternativ würde ich auch Popcorn mit Käsesauce nehmen, aber das bieten die leider nicht an.

Zwei einhalb Stunden später ist der Film zu Ende und wir fahren zu mir nach Hause.

„Weißt du, es ist mir egal, dass es vermutlich noch ein bisschen dauert, aber ich freue mich jetzt schon unfassbar darauf, wenn wir zusammen wohnen!", unterbreche ich die Stille im Auto. Es war keine unangenehme Stille, aber das lag mir gerade auf dem Herzen.

„Ich freue mich da auch schon drauf!", erwidert Ben. Er legt seine Hand auf mein Bein und ich lege meine Hand auf seine.

Um in unsere Tiefgarage zu kommen, reiche ich Ben die Karte rüber. Dann fährt er rein und parkt das Auto. Gemeinsam laufen wir zum Fahrstuhl und fahren in unsere Etage.

„Hallo ihr zwei!", werden wir beim Betreten der Wohnung von Linda begrüßt.

Gerade als ich die Begrüßung erwidern möchte, sehe ich, dass sie nicht alleine ist. Dass Moritz da ist, hätte ich mir denken können, da er in letzter Zeit ständig hier ist. Es stört mich eigentlich nicht, aber es zeigt mir immer wieder, was Ben und ich aktuell nicht haben können. Worüber ich aber eigentlich so verwirrt bin: Philip ist auch da!

Während ich nach wie vor verwirrt bin, schließt Ben die Tür und begrüßt die Runde. Wir ziehen unsere Jacken und Schuhe aus und setzen uns mit ins Wohnzimmer.

„Ich bin Ben", stellt Ben sich Philip vor. Dieser wendet den Blick von mir ab und erwidert: „Ich bin Philip".

Ich schaue zu Ben, um seine Reaktion zu sehen. Ich sehe einen Moment der Verwirrung, aber dann lächelt er. Ich bin nach wie vor zu verwirrt und gucke deshalb Linda an. Die ist jedoch keine Hilfe, da sie an Moritz klebt. Mensch die beiden sind wirklich wie Teenager! Normalerweise stört mich das nicht, aber jetzt ist es wirklich nicht hilfreich!

Also gut, dann muss ich das halt klären. Diese unangenehme Stille halte ich nämlich nicht mehr aus. „Was machst du hier?", platzt es aus mir heraus und gucke kurz zu Philip. Dann wende ich den Blick wieder ab und schaue überall und doch irgendwie nirgends hin. Um mich etwas zu beruhigen und fokussieren, greife ich nach Bens Hand. Er umschließt meine Hand sofort und streicht mit seinem Daumen über meinen Handrücken.

„Eigentlich wollte ich nur nochmal mit dir sprechen, Mia. Das ist alles nicht so gut gelaufen, finde ich. Und da wollte ich nochmal mit dir sprechen und vielleicht ein paar Dinge klären", antwortet Philip. Ich spüre seinen Blick auf mir. Gleichzeitig spüre ich auch Bens Blick auf mir und sehe, dass Moritz und Linda nach wie vor nur miteinander beschäftigt sind.

„Das ist heute schlecht", antworte ich überrumpelt. Warum will er denn jetzt wieder mit mir sprechen? Ich verstehe es nicht.

„Aber, ich würde das alles gerne mit dir klären!", erwidert er. Ben verfolgt das Gespräch still.

„Das habe ich verstanden! Aber wie du siehst habe ich Besuch! Vielleicht schaffen wir es unter der Woche!", ich möchte meine Zeit die ich mit Ben habe, nicht mit Philip verbringen. Ich sehe Philips verletzten Blick. Dann nickt er und verlässt ohne ein weiteres Wort die Wohnung.

Überfordert und verwirrt lehne ich meinen Kopf an Bens Schulter. Er legt einen Arm mich und wir schweigen erstmal.

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