Ⅶ
Jongho's Zwiespalt
Jongho schob mit geübten Bewegungen die schweren Holzkisten in den Lagerraum der Krankenstation. Gemeinsam mit Yeosang hatte er den Vormittag damit verbracht, die Regale aufzufüllen und die Betten neu zu beziehen. Der Duft von medizinischen Kräutern und frisch gewaschenen Laken erfüllte den Raum, während Jongho die letzten Vorräte an ihren Platz stellte.
„Fast fertig," sagte Yeosang sanft und überprüfte die Liste in seiner Hand. „Nur noch die Geräte reinigen, und wir sind für heute durch."
Jongho nickte und folgte Yeosang zu den medizinischen Geräten, die gründlich gesäubert werden mussten. Obwohl die Arbeit monoton war, genoss er es, in der Nähe seines Mates zu sein. Ihre Bindung war noch frisch, und jede Trennung – selbst für wenige Minuten – fühlte sich an, als würde ein Teil seiner Seele zerrissen werden. Seonghwa hatte ihnen versichert, dass sich diese intensive Sehnsucht mit der Zeit legen würde, doch im Moment schien das unvorstellbar.
„Wir schaffen das," murmelte Yeosang, als ob er Jongho's Gedanken gelesen hätte. Er schenkte ihm ein aufmunterndes Lächeln, das Jongho ein wenig beruhigte.
Als die Mittagssonne durch die Fenster fiel, klopfte es an der Tür der Krankenstation, und Yunho trat ein. „Kommt ihr? Das Mittagessen ist fertig."
Jongho wischte sich die Hände ab und folgte Yeosang in den großen Speisesaal. Der Duft von frisch gebackenem Brot und warmem Eintopf erfüllte den Raum. Die langen Tische waren bereits mit Essen gedeckt, und Jongho setzte sich neben Yeosang.
Während sie ihre Plätze einnahmen, bemerkte Jongho einen kleinen Jungen, der schüchtern neben Yunho stand. Der Junge hatte schneeweißes Haar und auffällige, lilablaue Augen. Jongho musterte ihn neugierig, seine Augen verengten sich, als er erkannte, dass es sich um einen Omega handelte.
Ein leises Knurren entwich seiner Kehle, kaum merklich, aber es reichte aus, dass Yeosang ihn verwundert ansah. „Jongho, was ist los?" fragte er leise.
Doch Jongho konnte den Worten seines Mates kaum Beachtung schenken. In seinem Kopf hallten die Lehren seiner Eltern wider: „Omegas bringen nur Unheil. Sie sind schwach und unzuverlässig. Sie gehören nicht an den Tisch mit Alphas und Betas."
Das Knurren wurde lauter, ein Ausdruck seiner inneren Ablehnung. Der kleine Omega zuckte zusammen und klammerte sich an Yunho, dessen Gesicht sich vor Sorge verzog. Yunho hob den Jungen kurzerhand auf seinen Schoß, doch der Omega versteckte sich zitternd in seinen Armen.
„Jongho, hör auf," sagte Yeosang streng und legte eine Hand auf seinen Arm.
Doch Jongho schüttelte sie ab, seine Augen funkelten vor Wut und Ablehnung. „Er hat hier nichts zu suchen," knurrte er, seine Stimme leise, aber schneidend.
„Das reicht," sagte Yeosang, diesmal mit mehr Nachdruck. Doch Jongho ließ sich nicht beruhigen, und der kleine Omega begann leise zu wimmern.
Als die Spannung im Raum unerträglich wurde, stand Yunho auf, den Jungen schützend an seine Brust gedrückt. „Komm, Joongie, wir gehen."
Mingi, der das Geschehen mit finsterer Miene beobachtet hatte, folgte ihnen aus dem Saal, ohne Jongho eines Blickes zu würdigen.
Zurück blieb eine unangenehme Stille. Jongho atmete schwer, seine Hände zu Fäusten geballt.
„Was hast du dir dabei gedacht?" fragte Yeosang schließlich, seine Stimme ruhig, aber enttäuscht.
Jongho blickte auf seine Hände, dann auf Yeosang. „Er ist ein Omega. Sie gehören nicht..."
„Hör auf," unterbrach Yeosang ihn scharf. „Das sind die Worte deiner Eltern, nicht deine. Du bist nicht wie sie, Jongho."
Yeosang's Worte trafen ihn härter, als er erwartet hatte. Jongho öffnete den Mund, um zu antworten, doch er wusste nicht, was er sagen sollte. Ein Teil von ihm wusste, dass Yeosang recht hatte, doch die Lehren seiner Kindheit waren tief in ihm verwurzelt.
Yeosang stand auf und nahm die leeren Teller. „Ich werde Seonghwa informieren. Du solltest nachdenken, Jongho. Über dich selbst – und über den Schaden, den du gerade angerichtet hast."
Mit diesen Worten ließ er Jongho allein zurück, inmitten eines Raumes, der sich plötzlich kälter und leerer anfühlte als je zuvor.
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