~•°Verbrechen°•~

Ich öffnete die Badezimmertür und erschrak sofort zu Tode, als ich Thomas auf Micah sitzen sah, der ihm immer wieder versuchte ins Gesicht zu schlagen.

Voller Angst um meinen besten Freund lief ich zu den Beiden und versuchte Thomas an seinem Hemd von Micah herunterzuziehen, doch  er war wie im Wahn und beachtete mich überhaupt nicht.

"Hör auf!", schrie ich immer wieder und schlug ihm mehrmals verzweifelt auf den Rücken, doch er hörte nicht auf, auf Micah einzuschlagen, der zwar die Arme über seinem Gesicht hatte, doch trotzdem lief schon Blut an seinem Gesicht herunter.

"Du bringst ihn um!!! Hör auf!", weinte ich  und riss erneut an Thomas, was wieder nichts brachte.

Verzweifelt fasste ich mir ans Herz und sah dann neben  mir die Waffe am Boden liegen,  die ich zögerlich mit zitternden Händen aufhob.

"Ich werde schießen!", schrie ich, doch nichts passierte und das ließ mich meinen Verstand komplett ausschalten.

Wie unter Wasser hörte ich nur noch alles gedämpft, sah die Schläge und spürte mein Herz unkontrolliert in meiner Brust  schlagen.

Ich richtete die Waffe zitternd auf Thomas, schloss meine Augen kurz und atmete tief ein und aus, um ihn dann wieder ins Visier zu nehmen. Sekunden, die sich nach einer Ewigkeit anfühlten, zogen an mir vorbei und nachdem ich keinen anderen Ausweg mehr sah, drückte ich unter Tränen ab.

Das Geräusch des Schusses hallte durch den Flur und völlig entsetzt von mir selbst, ließ ich die Waffe fallen und sank auf die Knie, während ich in Zeitlupe dabei zusah, wie Thomas helles Hemd sich mit Blut füllte  und er seitlich von Micah auf den Boden fiel.

"Micah", hauchte ich und stand hastig wieder auf, um mich über ihn zu lehnen. Er atmete schnell, blutete aus der Nase, doch trotz Allem lächelte er mich an, während er meine Hand in seine nahm.

"Ich bin froh, dass dir nichts passiert ist", flüsterte er und hustete  dann, um sich erschöpft aufzusetzen. Wie konnte er nur so sein? Wegen mir wäre er fast gestorben und ihn interessierte nur, dass es mir gut ging.

"Micah, wir müssen hier weg", half ich ihm auf die Beine und stützte ihn dann, um mit ihm zur Haustür zu laufen. Würde meine Mutter uns so hier vorfinden, könnten wir sofort Kiyan Gesellschaft leisten und alles wäre umsonst gewesen.

"Warte kurz", ließ ich ihn los und schnappte mir dann noch schnell die blaue Mappe, um mit ihm vorsichtig zu seinem Fahrrad zu laufen.

"Kannst du fahren?", fragte ich ihn und kam mir dabei völlig unsensibel vor. Auch blieb mir die Luft, bei dem Gedanken weg, dass ich gerade jemanden erschossen hatte. Sicher würde ich gleich zusammenbrechen, sobald das Adrenanlin nachlassen würde, aber solange musste ich mich noch zusammenreißen, denn es war noch nicht vorbei.

Außerdem war es Notwehr, oder etwa nicht? Und er hatte es verdient... oder etwa nicht?

"Ja, ich kann fahren", riss Micah mich aus meinem Gefühlschaos und ich half ihm schnell dabei, auf sein Fahrrad zu steigen.

"Ich muss noch etwas erledigen. Fahr zu Zayn, er wird dir alles erklären."

Micah schaute mich irritiert an und schüttelte sofort mit dem Kopf, um sich dann mit dem Ärmel seiner Jacke das Blut aus dem Gesicht zu wischen. Seine Hand zitterte so stark, dass ich den Drang hatte, sie in meine zu nehmen.

"Er ist tot oder?", fragte er dann mit bebender Stimme und drehte sich zum Haus. Seine Augen huschten zwischen mir und der Haustür hin und her und er wirkte, als wäre er gar nicht richtig hier.

"Micah, ich muss-"
"Mir ist scheiß egal, was du musst! Ich lasse dich sicher nicht alleine, also steig auf und sag mir wohin!", platzte es plötzlich aus ihm heraus und er schaute mich so eindringlich an, das mir ein Schauer über den Rücken lief.

"Greenstreet", hauchte ich nur und setzte mich dann auf den Gepäckträger, um mit einer Hand die Mappe und mich mit der anderen an seinem bebenden Körper festzuhalten.

"Mein Gott, Mia. Was haben wir getan?", hörte ich ihn dann noch flüstern, ehe er losfuhr und ich meinen Kopf an seinen Rücken lehnte und die Augen schloss.

Ich genoss das Gefühl des Fahrtwinds auf meinem Körper, das Strahlen der Sonne, auf meiner Nasenspitze und den Geruch meines besten Freundes, gegenüber dem ich ein schlechtes Gewissen hatte. Ohne es wirklich zu wollen, hatte ich ihn in das Chaos mit reingezogen, dass mich umgab, doch ich sah keinen anderen Ausweg.

Kurze Zeit später kamen wir dann  an der Greenstreet an und ich stieg vorsichtig ab, um sofort in das große Gebäude einzutreten, doch Micah hielt mich plötzlich an Arm und zog mich in eine feste, wohltuende Umarmung.

Er sagte kein Wort, ich auch nicht, und doch fühlte ich mich sofort sicher und geborgen. Es tat so gut, dass ich fast alles um mich herum vergaß, doch ich hatte noch einiges zu erledigen und musste mich zusammenreißen. Für Kiyan, für mich und für eine Zukunft, die hoffentlich noch nicht verloren war.

"Ich bin gleich wieder da", teilte ich Micah mit und löste mich dann widerwillig von ihm. Er schaute mich mitfühlend an und ich sah in seinen Augen die absolute Verzweiflung, die ihn gerade vollkommen einnahm.

"Ich werde warten", sagte er leise und ließ mich dann los, damit ich ihm den Rücken zuwenden und in das Gebäude eintreten konnte.

Die Eingangshalle war riesengroß und ich fühlte mich zwar hilflos und alleine, doch da musste ich jetzt durch.

Eilig lief ich zu der älteren Dame am Empfang und reichte ihr meine Mappe.

"Ich würde gerne zu Mr. Johnson. Es geht um mein Praktikum."

Sie rückte ihre Brille zurecht, schaute mich flüchtig an und wandt ihren Blick dann auf die Mappe.

"Warten sie einen Moment", meinte sie dann und nahm den Hörer ihres Telefons, um einige Tasten zu drücken.

Ich drehte mich weg und schaute mich in der großen Halle um, in der viele Männer in Anzügen hin und herliefen. Trotz ihrer Eile brachten sie mir eine innere Ruhe, die mich einigermaßen entspannen ließ, auch wenn mir bewusst war, dass ich ab jetzt eine Mörderin war. Das alles schien so absurd, dass ich es selbst nicht glauben konnte.  Vielleicht würde ich, sobald ich Kiyan freibekommen hatte, mich freiwillig nochmal einweisen lassen.

"Mrs. Callahan?", hörte ich die Empfangsdame und drehte mich dann wieder zu ihr. "Er erwartet sie. Nehmen sie den Aufzug. 3. Stock Zimmer 187."

Zimmer 187 ... so ein scheiß Zufall!

Ich nickte, nahm die Mappe wieder entgegen und machte mich dann auf den Weg zum Aufzug, der sich auch sofort öffnete.

Oben angekommen suchte ich das Zimmer 187 und klopfte dann nach kurzem Sammeln daran an.

"Herein", hörte ich seine Stimme und trat dann zögerlich ein.

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1100 Wörter

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