~•°Überraschung°•~
"Vielleicht solltest du mal deinen Vater anrufen, ihm alles erklären", meinte Kiyan nach einer Weile des Schweigens, während ich an seine Brust gekuschelt neben ihm auf der Couch saß.
"Was soll das bringen? Meine Mutter würde sowieso alles so biegen und wenden, wie sie es will und dann würde mein Vater sich Sorgen machen, obwohl er sowieso schon so viel Stress hat wegen der Arbeit."
Kiyan atmete tief durch und zog mich enger an sich, um mir sanft über den Rücken zu streicheln.
"Trotzdem solltest du ihm alles erzählen. Er liebt dich und hat die Möglichkeiten, dich da raus zu holen. Ich muss ab Montag wieder arbeiten und kann mir nicht vorstellen, dich auch nur eine Sekunde mit Thomas alleine zu lassen."
Neugierig erhob ich mich von seiner Seite und schaute ihn fragend an.
"Wo arbeitest du denn?"
Sein Blick wurde traurig und er lehnte sich nach vorne, um nervös mit dem Ärmel seiner Jeansjacke zu spielen.
"Naja, es ist keine Arbeit. Ich habe damals erfahren, dass das Baby der Frau ins Kinderheim gekommen ist. Ich hab mich dann dort freiwillig gemeldet, um den Kindern Tischtennis beizubringen und den Kleineren vorzulesen. Daraus ist dann irgendwann ein Ferienjob entstanden und da ich dieses Jahr die Schule abgeschlossen habe, fange ich da ab Montag richtig an", erklärte er und schaute dabei die ganze Zeit nach unten, als würde er sich dafür schämen.
Ich konnte mir nicht vorstellen, wie es wäre, etwas so schlimmes getan zu haben, aber er versuchte es wieder gut zu machen, was mehr war, als Chloe tat.
"Dann muss ich dich wohl mitnehmen, denn ich lasse sicher nicht zu, dass Thomas und deine Mutter dir nochmal etwas antun."
Er lächelte mich traurig an und nahm dann meine Hand, um mir mit der anderen sanft über meine Wange zu streicheln.
"Du hast das alles nicht verdient", flüsterte er dann und ich konnte nicht anders, als seinem Blick auszuweichen. Ich tat mir irgendwie selbst leid, doch sah keinen Ausweg aus der Situation zu Hause. Das er mir anbot, mich mitzunehmen, war mehr als ich erwarten konnte, aber das war ja auch keine Lösung auf Dauer.
"Du spielst Tischtennis?", versuchte ich dann das Thema in eine andere Richtung zu lenken und sofort strahlte er über das ganze Gesicht, was auch mich zum Lächeln brachte.
"Mein Vater hat es mir beigebracht, da war ich noch klein. Ich kann es ganz gut könnte man sagen, aber die Kinder im Heim gewinnen auch oft", erzählte er und holte dann sein Handy heraus, um auf die Uhrzeit zu schauen.
"Kannst du es mir auch beibringen?", fragte ich ihn dann, doch er starrte nur geistesabwesend auf sein Handy.
Chloe... das war mein erster Gedanke und als ich dann genervt Luft ausstieß, schaute er sofort zu mir rüber.
"Thomas meint, deine Mutter sucht dich und macht sich wahnsinnige Sorgen. Mia, wenn du nicht nach Hause willst, bleib ich bei dir. Wenn du nach Hause willst, geh ich mit dir. Es ist deine Entscheidung und egal was du vorhast, ich bin bei dir, wenn du das möchtest."
Dankend gab ich ihm einen Kuss auf die Wange und schüttelte dann den Kopf.
"Ich gehe ganz sicher nicht nach Hause. Wenn ich jetzt einfach zurückgehe, dann wird sie das immer wieder tun. So langsam sollte ich ihr mal zeigen, dass ich mir nicht mehr alles gefallen lasse."
Er nickte und stand dann auf, um rüber zum Fenster zu laufen und nach draußen zu schauen.
"Wir können so in zwei Stunden los. Ich gehe kurz zum Auto. Ich hab da noch die Sachen von Bäcker und so", meinte er dann und verließ schnellen Schrittes die Wohnung.
Ich ließ mich auf der Couch zurückfallen und machte mir Sorgen darüber, ob ich nicht doch nach Hause sollte, aber was würde es bringen? Sie war eindeutig zu weit gegangen und das sollte sie auch spüren...
Meine Gedanken schweiften dann zu dem, was Kiyan gesagt hatte. Ich sollte meinen Vater vielleicht wirklich in alles einweihen. Vielleicht gab es ja wirklich eine kleine Chance, dass ich zu ihm könnte, auch wenn er kein Geld hatte.
Ein Klopfen an der Tür riss mich aus meinen Gedanken und schnell stand ich auf, um sie zu öffnen.
Kiyan stand da mit zwei großen Tüten und einer kleinern zwischen den Zähnen, die ich ihm dann abnahm.
"Hast du den Bäcker leer gekauft?", grinste ich und lief ihm vorraus zur Couch zurück, um die kleinere Tüte auf dem Tisch abzulegen und mich hinzusetzen.
"Nicht ganz", lachte er und zeigte auf die kleine Tüte vor mir. "Da sind Croissants und Brezeln drinnen."
Er kam zu mir und stellte die zwei anderen Tüten genau vor mich.
"Und hier sind einige Kleinigkeiten für dich. Ich weiß, es macht nichts davon was passiert ist wieder gut, aber ich dachte es würde dir gefallen."
Ich schaute ihn verwirrt an und öffnete dann die erste Tüte, in der mehrere Zeichenblöcke in verschiedenen Größen waren, um dann mit großen Augen die zweite zu öffnen, in der sich eine blaue Mappe befand.
"Was ist das Kiyan?", fragte ich ihn und er ging vor mir in die Hocke, um mir die Mappe zu reichen, die ich dann neugierig öffnete.
"Das ist ein Vertrag für ein Praktikum beim besten Architekten hier in Riverside. Du musst nur unterschreiben, den Rest habe ich geklärt. Er ist ... war ein guter Freund meines Vaters."
Meine Hände fingen leicht an zu zittern und ich spürte die Tränen, die sich in meinen Augen sammelten. Ich kannte den Namen Fred Johnson. Er war so begabt und schon lange ein Vorbild für mich, doch nichtmal im Traum hätte ich mir vorstellen können, überhaupt eine Chance auf ein Praktikum bei ihm zu bekommen, erst recht, da meine Mutter sowieso dagegen gewesen wäre, oder eher gesagt, immernoch dagegen war.
"Kiyan, meine Mutter... ", sagte ich leise und wischte mir die Tränen weg. "Sie würde das nicht erlauben."
"Sie muss es ja nicht wissen", meinte er und legte dann den Vertrag und die Mappe zur Seite auf den Tisch, um sich neben mich auf die Couch zu setzen. "Ich lasse mir da schon was einfallen", streichelte er dann über meinen Rücken und ich drehte mich zu ihm, um ihn fest in meine Arme zu schließen.
"Danke", schluchzte ich und so langsam kam ich mir schon blöd vor, immer nur zu weinen, doch diesesmal weinte ich wenigstens aus Freude.
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1049 Wörter
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