94: Der passende Zauber

"Nein. Wenn ich sie ansehe, spüre ich, dass sie das Gleichgewicht durcheinander bringt.", antwortete meine Mutter mir nach kurzem Zögern ehrlich. "Aber das bedeutet noch lange nicht, dass ich sie umbringen möchte. Ich suche bereits nach einem Weg, wie ich das Gleichgewicht wieder herstellen kann, ohne dass jemand verletzt werden muss. Das Problem dabei ist nur, dass es nicht so einfach ist, einen passenden Zauber dafür zu finden. Zoë hat uns das ganze... ein wenig vereinfacht erklärt. Wenn ich spüre, dass es nötig ist, einen Zauber zu sprechen, gibt es gewisse Regeln. Ich darf nicht einfach einen Zauber sprechen, der sofort alles löst. Ich kann das Geschehen nur indirekt beeinflussen. Deswegen konnte Zoë Hope damals auch nicht einfach töten. Ich kenne nun den Grund, warum sie sie vorher gefoltert und uns gedroht hat: Sie wollte dafür sorgen, dass Hope ihren Lebenswillen verliert und sich somit selbst umbringt. Damit hätte Zoë nicht direkt eingegriffen und hätte dennoch ihr Ziel erreicht."

"Es... ist ziemlich gruselig zu hören, dass du Zoë jetzt verstehen kannst.", antworte ich ihr und sah mich unwohl um. Vielleicht hätte ich sie doch nicht fragen sollen.

"Versteh mich nicht falsch, Phil. Ich kenne den Grund für Zoës Handeln, aber das bedeutet noch lange nicht, dass ich sie verstehen kann. Das werde ich nämlich mit Sicherheit niemals. Ich fange nur langsam an, ihre Denkweise zu verstehen, damit ich eine andere Lösung finden kann."

"Hast du denn überhaupt schon einen Ansatz gefunden?", fragte ich sie, immer noch beunruhigt. Ich mache mir Sorgen, nicht nur um Hope, sondern auch um meine Mom.

"Ja, den habe ich. Ich habe eine passende Idee, mir fehlt nur noch der richtige Zauber."

Erleichtert atmete ich auf und lächelte sie dann schwach an. "Was für einen Ansatz? Und kann ich dir irgendwie mit dem Zauber helfen?"

"Ich versuche, Doppelgänger zu erschaffen. Als damals die ersten unsterblichen Wesen entstanden, noch vor unserer Familie, wurde als Ausgleich ein Zauber gesprochen, der die Doppelgänger von ihnen erschaffen hat. Der Zauber dafür ist seit langem verschollen, aber ich denke, dass es möglich ist, ihn zu rekonstruieren."

"Bist du dir sicher? Das ist mit Sicherheit extrem schwierig.", gab ich leise zu bedenken. Eine andere Alternative hatten wir aber auch nicht wirklich.

"Welche andere Möglichkeit haben wir? Keine. Ich schaffe das, vertrau mir, Kleiner."

"Bitte, Mom, lass mich dir helfen. Das ist doch nicht einmal gefährlich."

"Nein, vermutlich nicht, aber ich stehe nicht alleine mit dieser Aufgabe. Ich habe eine Freundin von mir angerufen, sie wird sich in ein paar Stunden mit mir treffen. Sie ist die beste Hexe, die ich kenne, die Zaubersprüche im Schlaf entwickeln kann. Vielleicht kannst du dich ja sogar an sie erinnern, sie heißt Christine. Wir haben sie vor fünfzehn Jahren besucht. Sie hatte eine Tochter, Aubrey, die nur zwei Jahre jünger als du war."

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